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Cultures and Ethics of Sharing - Universität Innsbruck

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212 Michael Funk„Die Lösung, die Platon für diese Paradoxie anbot, best<strong>and</strong> darin, daß allesEntdecken ein Wiedererinnern an früheres Leben sein sollte. Diese Erklärungist kaum je akzeptiert worden, aber es wurde auch kaum je eine <strong>and</strong>ere Lösungvorgebracht.“ (Ebd.)Hierin liegt die Pointe. Platon scheint die Rolle des menschlichen Leibes soweit abzuwerten,dass er durch seine Seelenw<strong>and</strong>erungslehre „leibliches Wissen“ auf vergessene theoretischeIdeen reduzieren will. Persönliches Erinnern an Körpergesten, sinnliche Wahrnehmungenoder individuell erlebte Episoden blendet er aus. An dem Punkt setzt Polanyian. Sein Entwurf geht mit einer epistemischen Anerkennung leiblicher Kompetenzen überdie Philosophie Platons hinaus. Das lässt sich mit drei Zitaten aus Knowing <strong>and</strong> Beingillustrieren. Zuerst ist Wissen demnach kein statischer Begriff („wahrer, gerechtfertigterGlauben“), sondern ein aktiver Prozess: „Knowledge is an activity which would be betterdescribed as a process <strong>of</strong> knowing.” (Polanyi 1969, S. 132) Die Erläuterung eines Problemsbzw. Objektes ist verbunden mit dem Meistern bestimmter Fertigkeiten: „There is aclose analogy between the elucidation <strong>of</strong> a comprehensive object <strong>and</strong> the mastering <strong>of</strong> askill.” (Ebd., S. 123) Damit einher geht die enge Verbindung von Epistemologie und Hermeneutik,denn Kompetenzen, Wissen und Verstehen sind im vorsprachlichen Bereich engverzahnt:„Though we may prefer to speak <strong>of</strong> underst<strong>and</strong>ing a comprehensive object orsituation <strong>and</strong> <strong>of</strong> mastering a skill, we do use the two words nearly as synonyms.Actually, we speak equally <strong>of</strong> grasping a subject or an art. A peculiarcombination <strong>of</strong> skillful doing <strong>and</strong> knowing is present in the working <strong>of</strong> oursenses.” (Ebd., S. 126)Kompetenzen und Sinnlichkeit erhalten eine grundsätzliche epistemische Aufwertung.„Wissen leiblicher Form“ ist ein eigener Bereich, der sich nicht auf mögliche Rechtfertigungsfunktionenfür propositionales „Wissen theoretischer Form“ reduzieren lässt. Andiese Einsicht schließt Bernhard Irrgang methodische Überlegungen an:„Kompetenzen sind also aus der Perspektive der Postphänomenologie derSchlüsselbegriff für menschlich-leibliche Geistigkeit, die bis in die Emotionalitäthineinreicht und nicht Selbstbewusstsein oder logisches Schlussfolgern.Implizite und explizite Kompetenzen geistiger Art ermöglichen nichtnur Praxis, sondern ein Sich Verständigen Können über Praxis schon vor derexpliziten Sprachfähigkeit […].“ (Irrgang 2009a, S. 61)Irrgang entwickelt eine phänomenologisch-hermeneutische Philosophie des menschlichleiblichenGeistes. Dabei bilden nicht Bewusstsein und propositionales Wissen das alleinigemethodische Fundament einer aktuellen Phänomenologie (nach Don Ihde „Postphänomenologie“[Ihde 1993]), sondern auch das von Michael Polanyi gesehene impliziteWissen. Diese methodischen Überlegungen reichen zurück auf eine epistemische Wende,

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