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Cultures and Ethics of Sharing - Universität Innsbruck

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Zerstört Offenheit den Wettstreit? 231Demoszene (für detaillierte Darstellungen vgl. Tasajärvi 2004, Polgár 2005, Reunanen2010, Botz 2011).Die Gründe für das Knacken, Kopieren und Verteilen der S<strong>of</strong>tware stellen sich retrospektivmannigfaltig dar. Angesichts der prekären Quellenlage, die der Anonymität der Subkulturgeschuldet, aber Basis jeder Ausein<strong>and</strong>ersetzung mit der Crackerszene ist, sind diespekulativen Anteile einer solchen Aufstellung nolens volens eingest<strong>and</strong>en. Insgesamtoszillieren sie zwischen (1) den finanziellen Nöten der Jugendlichen, die gerne fortwährendneue Computerspiele nutzten, deren Preis aber nicht zahlen konnten und (2) derThematisierung der szeneintern kritisch bewerteten Mechanismen der S<strong>of</strong>tware-Industrieund damit der Förderung der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit für den Diskurs um Informationsfreiheit.Das Kopieren von Programmen wurde als Selbstverständlichkeit angesehen,statt von einem Unrechtsbewusstsein begleitet zu sein; kriminelle Absichten verfolgtendie Cracker in der Regel nicht. Neben diesen beiden als ökonomisch und gesellschaftspolitischzu klassifizierenden Aspekten, die die Cracker-Szene spezifisch gegenüberder Demoszene abgrenzen, sind heute in der Demoszene vor allem (3) die Lust amtechnischen Erforschen nach autodidaktischer Manier, (4) das Prahlen mit erlangten Erfolgenund der dafür gezollten Anerkennung in der Gemeinschaft und (5) die Relevanz vonZugehörigkeit und freundschaftlichen Bindungen innerhalb der Szene als soziale Aspekteder Subkultur vorrangig (vgl. Walleij 1998, o.S.; McC<strong>and</strong>less 2001, S. 39; Medosch 2001,S. 120, 126). Die Wurzeln dieser Motivationen lassen sich allerdings tiefer zurückverfolgenund zwar bis in die späten 1950er Jahre.4. Hackerkultur und Hacker-EthikEnde der 1950er Jahre formt sich die Computer-Hackerkultur am Massachusetts Institute<strong>of</strong> Technology (MIT) in Cambridge. Die Mitglieder des dort angesiedelten und noch heuteaktiven Vereins Tech Model Railroad Club wählten die Selbstbezeichnung ‛Hacker’. Eswaren vornehmlich naturwissenschaftlich und technisch interessierte Studenten, die vomelitären Klima des MIT angezogen wurden. Ihre technische Neugier befriedigten sie zunächstmit der Automatisierung von Prozessen der Modelleisenbahn-Steuerung, ehe sie inden 1960er Jahren Zugang zu Computern erlangten (vgl. Levy 1984, S. 17–38). In derFolge erwuchsen aus dem Geist dieser frühen Hackerkultur international zum Beispiel dieFreie S<strong>of</strong>tware-Bewegung, die Amateurbewegung um die frühen Heimcomputer sowie derChaos Computer Club. Sie alle agieren – mehr oder weniger explizit und in unterschiedlicherGewichtung – nach vergleichbaren Grundsätzen.Steven Levy hat in seiner 1984 erstmals erschienenen Chronik der US-amerikanischen Hackerkulturender 1950er-1970er Jahre sechs ihrer impliziten Ideale extrahiert. BorisGröndahl hat darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen Prinzipien nicht um ein beschlossenes,universelles Selbstverständnis, sondern um Levys „nachträgliche Interpretation“(Gröndahl 2000, S. 11) der H<strong>and</strong>lungsweisen h<strong>and</strong>elt. Levys Studie fußt letztlich auf zahl-

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