- 40 -umsetzt (BVerfGE 11, 283, 293). Normen müssen in ihrem Inhalt entsprechend ihrerZielsetzung in ihrer Ausgestaltung widerspruchsfrei sein“ (BVerfG vom 9. April 2003 -1 BvL 1/01 et al. = juris-Rdnr. 61). Das Rechtsstaatsprinzip ist im weiteren Sinne einWillkürverbot.Diese innere Widerspruchsfreiheit sieht der Senat, wie vorstehend erörtert, schonwegen der gleichzeitigen Schaffung des § 6a BKGG aber nicht. Darüber hinaus ist zumeinen noch festzustellen, dass die im Gesetz festgelegte Referenzgruppe weder diesoziale Realität in der gesamten Gesellschaft widerspiegelt, noch eine Relevanz beiden Sozialhilfeempfängerhaushalten hat. Denn Familien mit mehr als zwei Kindernwerden selten. Ausweislich der Daten der Volkszählung 1961 gab es damals10.357.400 Familien. Davon hatten 49 Prozent ein Kind, 32 Prozent zwei Kinder und20 Prozent drei oder mehr Kinder. Im Jahr 2007 zählte man ausweislich des aktuellenMikrozensus 12.283.000 Familien mit folgender Verteilung: 52 Prozent ein Kind,37 Prozent zwei Kinder und nur noch 12 Prozent drei oder mehr Kinder. InAbsolutzahlen gab es 1961 2.040.000 Familien mit drei oder mehr Kindern, 2007waren es 1.453.000. Speziell Familien mit drei Kindern gab es 1961 ca. 13 Prozent(1.290.500) und 2007 nur noch 9 Prozent (1.147.000). Auf Haushalte bezogenumfasste die im Gesetz genannte Gruppe der Fünf-Personen-Haushalte bereits zumStart der bis heute geltenden Fassung des Lohnabstandgebots zum 1. August 1996weniger als zwei Prozent aller Haushalte, die damals laufende Hilfe zumLebensunterhalt erhielten (Wenzel, Gerd, Zur Festsetzung der Regelsätze nach derReform des Sozialhilferechts, NDV 1996, S. 306). Zum anderen stellt der Senat fest,dass sowohl die Ermittlung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs ebenso wie dieErmittlung des Vergleichseinkommens schon deswegen nicht mit der notwendigenEindeutigkeit möglich ist, weil dabei jeweils Faktoren eine Rolle spielen, deren Werteschwanken und die nichts mit der eigentlichen Zielsetzung zu tun haben, denArbeitsanreiz zu sichern. Die Lohnabstandsgrenze ist deshalb ebenfalls nicht sicher zubestimmen. Nach Wenzel (aaO, S. 307) spiegelt die im Gesetz festgelegteReferenzgruppe nach allem weder die soziale Realität in der gesamten Gesellschaftwider, noch habe sie eine Relevanz bei den Sozialhilfeempfängerhaushalten: „Sie istwillkürlich gesetzt und kann nur damit erklärt werden, dass bewusst eineReferenzgruppe gewählt worden ist, bei der sich ein Lohnabstandsproblem überhaupterst ergeben kann“ (vgl. hierzu auch Sartorius, aaO , S. 126 - 129; fernerBreuer/Engels, Bericht und Gutachten zum Lohnabstandsgebot, Band 29 derSchriftenreihe des Bundesministeriums für Familie und Senioren, Köln 1994,- 41 -
- 41 -S. 100 ff.). Den Senat überzeugt diese Auffassung, zumal die Bundesregierung selbstvorrechnet, dass der Kreuzungspunkt zwischen SGB II-Leistungen undArbeitseinkommen spätestens bei der vierköpfigen Familie mit einem Bruttoeinkommenvon 1.566 Euro erreicht ist (in 2008, vgl. BT-Drucks. 16/10004 v. 15. Juli 2008, S. 5 f.).Tatsache ist jedenfalls auch, dass bereits eine vierköpfige Einverdiener-Familie mitDurchschnittseinkommen mit ihrem verfügbaren Erwerbseinkommen das (steuerliche)Existenzminimum im Jahr 2005 deutlich unterschritten hat (vgl. die nachfolgendeTabelle).Steuerliches Existenzminimum und verfügbares Nettoeinkommen verschiedenerHaushaltstypen bei Durchschnittsbruttoeinkommen (2005)*led., 0vh.,0Vh,1vh.KinderKinderKind2 KinderBrutto 30.000 30.000 30.000 30.000-Lohnsteuer 4.860 1.634 1.634 1.634-Soli 237 0 0 0-Kirchensteuer 389 131 37 0-Sozialversicherung (AN-Anteil) 6.465 6.465 6.390 6.390+Kindergeld 1.848 3.696Netto 18.049 21.770 23.787 25.672Existenzminimum Erwachsene 7.664 15.328 15.328 15.328Sächliches EM Kinder 3.648 7.296Betreuung, Erziehung, Ausbildung 2.160 4.320Frei verfügbares Einkommen 10.385 6.442 2.651 -1.272* Die Bezugsgröße gemäß § 18 SGB Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für dieSozialversicherung (SGB IV) (= Durchschnittsentgelt des vorvergangenen Kalenderjahres) lag 2006 und2007 bei 29.400.- Euro.Erläuterungen: Gültig bis 30. Juni 2005. Es wurde der Beitragssatz der AOK Baden-Württemberg zuGrunde gelegt. Quelle: Landesfamilienrat Baden-Württemberg/Stresing- 42 -