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Vorlagebeschluss - Hartz4-Plattform

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- 43 -Sozialleistungen insgesamt zu hoch sind, sondern dass die Kinderkosten so hoch undunverändert privatisiert sind (so überzeugend Lenze, aaO, die das Lohnabstandsgebotfolgerichtig als verfassungswidrig ansieht). Solange also die vom BVerfG 1992 im„Trümmerfrauen“- (BVerfGE 87, 1) und 2001 im „Pflegeurteil“ verlangten Korrekturen inden Transfersystemen nicht konsequent umgesetzt sind, perpetuiert die Anwendungdes Lohnabstandsgebots im Ergebnis jedenfalls den vom BVerfG bereits festgestelltenVerfassungsverstoß. Nach Überzeugung des Senats muss das Lohnabstandsgebotals Maßstab zur Bemessung des Existenzminimums ebenso wie für die Beurteilungder „Vertretbarkeit“ der vorliegenden Gesetzgebung deshalb ausscheiden.7. Ebenso wie diese Begrenzung nach oben erscheint nach Ansicht des erkennendenSenats auch die vom BSG für den Korridor der legislativen Gestaltungsfreiheitbeschriebene Untergrenze des „physischen Existenzminimums“ („nacktes Überleben“,B 1 KR 10/07 R) mit dem Grundgesetz unvereinbar, da diese Untergrenze schon ausdem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GGfolgt. Das Bundesverfassungsgericht versteht den Begriff der Menschenwürdehingegen als tragendes Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte (vgl.BVerfGE 6, 32, 36, 41; 45, 187, 227); Menschenwürde in diesem Sinne ist nicht nur dieindividuelle Würde der jeweiligen Person, sondern die Würde des Menschen alssoziales Gattungswesen (vgl. Beschluss vom 20. Oktober 1992 - 1 BvR 698/89). Ist mitdem Begriff der Menschenwürde jedoch der soziale Wert- und Achtungsanspruch desMenschen als soziales Gattungswesen verbunden, folgt hieraus nach Auffassung deserkennenden Senats zugleich, dass das Existenzminimum dann über die bloßeSicherung der „nackten Existenz“ hinaus ein Verbot sozialer Ausgrenzung enthaltenund deshalb im Sinne eines „soziokulturellen Existenzminimums“ deutlich über demdas „nackte Überleben“ sichernden physischen Existenzminimum liegen muss.8. Im Übrigen lässt das BSG die Tatsache unbeachtet, dass der Gesetzgeber desSGB II durch die Bezugnahme auf das SGB XII von einem bestimmten oderzumindest bestimmbaren soziokulturellen Existenzminimum ausgegangen ist. Denn inder Gesetzesbegründung des SGB II wird ausdrücklich auf das „soziokulturelleExistenzminimum“ im Sinne der früheren Rechtsprechung des BVerwG und dasSGB XII als Referenzsystem Bezug genommen, welches in § 28 Abs. 3 SGB XIIwiederum auf die Lebensverhältnisse der „unteren Einkommensgruppen“ und die EVSals Datengrundlage Bezug nimmt. Damit hat der Gesetzgeber des SGB II, wenn auchauf Umwegen, offenkundig aber die Maßstäbe für das Existenzminimum als empirisch-- 44 -

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