Komme ich aus einer Krebsfamilie? - Mamma Mia!
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Das brustkrebsmagazin<br />
www.mammamia-online.de<br />
Das brustkrebsmagazin<br />
<strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong><br />
<strong>Krebsfamilie</strong>?<br />
informationen für männer und frauen<br />
zum familiären brust- und eierstockkrebs<br />
Ratgeber 1/2009<br />
mit freundl<strong>ich</strong>er unterstützung durch das<br />
Deutsche Konsortium für „familiären brust- und eierstockkrebs“
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Dieser Ratgeber zum familiären Brust- und<br />
Eierstockkrebs ist all denjenigen Menschen<br />
gewidmet, die es durch ihr Einverständnis<br />
überhaupt erst mögl<strong>ich</strong> gemacht haben,<br />
dass Wissenschaft und Forschung an ihrem<br />
Leben mit diesem Krankheitsbild teilhaben<br />
durften beziehungsweise noch haben dürfen.<br />
Mit ihrer Studienteilnahme haben sie<br />
die Basis der heutigen Standards geschaffen.<br />
Mögen s<strong>ich</strong> ihre Wünsche, insbesondere<br />
die Hoffnung auf wirksame Behandlungswege,<br />
vor allem aber auf eine effektive und<br />
sanfte Prophylaxe bald erfüllen.
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
<strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> <strong>Krebsfamilie</strong>?<br />
– Inzwischen weiß <strong>ich</strong>, dass s<strong>ich</strong><br />
fast jeder Krebspatient diese Frage<br />
stellt, der diese Krankheit n<strong>ich</strong>t nur<br />
am eigenen Leib, sondern auch<br />
bei seinen nächsten Verwandten,<br />
Eltern, Kindern, Geschwistern, Tanten<br />
oder Onkeln erlebt hat. Aber<br />
diese Sorge trifft auch diejenigen<br />
Familienmitglieder, die gesund sind.<br />
Diese Ungewissheit für s<strong>ich</strong> allein<br />
genommen stellt bereits eine große<br />
seelische Belastung dar. In solchen<br />
Situationen können nur Informationen<br />
für Klarheit sorgen. Diese<br />
Informationen sind die Antworten<br />
auf weitere Fragen, die s<strong>ich</strong> dann<br />
stellen: Wann besteht der Verdacht<br />
<strong>einer</strong> erbl<strong>ich</strong>en Belastung? Wer kann<br />
mir dabei helfen, mein persönl<strong>ich</strong>es<br />
Risiko abzuschätzen?<br />
Im besten Fall stellt s<strong>ich</strong> bereits bei<br />
<strong>einer</strong> Erstberatung her<strong>aus</strong>, dass es<br />
keinen Anhaltspunkt für ein erhöhtes<br />
Erkrankungsrisiko gibt und die Rat<br />
suchende Person demselben Risiko<br />
<strong>aus</strong>gesetzt ist wie die Allgemeinbevölkerung.<br />
Ist jedoch eines der der-<br />
zeitigen Einschlusskriterien des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ für einen<br />
Gentest gegeben, so folgt quasi eine<br />
Lawine weiterer Fragestellungen, die<br />
es im Vorfeld <strong>einer</strong> etwaigen genetischen<br />
Testung zu bedenken und<br />
mögl<strong>ich</strong>st zu beantworten gilt. Dass<br />
es bereits eine Her<strong>aus</strong>forderung sein<br />
kann, allein die mögl<strong>ich</strong>erweise betroffenen<br />
Themen zu kennen, zeigt<br />
der Umfang dieses Ratgebers. Die<br />
Kenntnis aller Fakten, aber auch die<br />
Perspektive hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Optionen,<br />
die s<strong>ich</strong> bieten, falls der Gentest n<strong>ich</strong>t<br />
die erhoffte, aber durch<strong>aus</strong> mögl<strong>ich</strong>e<br />
Entlastung bringt, erlauben meines<br />
Erachtens überhaupt erst eine fundierte<br />
Entscheidung für oder gegen<br />
die Durchführung des Tests.<br />
Dieser Ratgeber ist chronologisch<br />
aufgebaut. So schließen s<strong>ich</strong> für<br />
diejenigen, die letztendl<strong>ich</strong> tatsächl<strong>ich</strong><br />
als Hochrisiko-Patienten eingestuft<br />
werden, noch drei w<strong>ich</strong>tige<br />
Aspekte an. Zum einen finde <strong>ich</strong> es<br />
w<strong>ich</strong>tig zu wissen, dass man einen<br />
eigenen Beitrag dazu leisten kann,<br />
sein persönl<strong>ich</strong>es Erkrankungsrisiko<br />
zu minimieren. Zum anderen tut<br />
es gut zu wissen, dass es andere<br />
Betroffene in ähnl<strong>ich</strong>er Situation<br />
gibt, mit denen über das neu gegründete<br />
BRCA-Netzwerk oder das<br />
Internet ein Aust<strong>aus</strong>ch mögl<strong>ich</strong> ist.<br />
Schließl<strong>ich</strong> stellt s<strong>ich</strong> noch die Aufgabe,<br />
seine Familienangehörigen<br />
darüber zu informieren, dass sie<br />
gegebenenfalls auch ein erhöhtes<br />
Erkrankungsrisiko tragen.<br />
Ich freue m<strong>ich</strong>, dass die Idee, das<br />
bewährte Konzept der <strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!<br />
in einen umfangre<strong>ich</strong>en Ratgeber zu<br />
diesem besonderen Thema zu überführen,<br />
auf so viel positive Resonanz<br />
gestoßen ist. So halten Sie heute das<br />
erste <strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>! Spezial in Ihren<br />
Händen. Bei meinen Recherchen<br />
durfte <strong>ich</strong> einige interessante Gespräche<br />
mit sehr vielen netten und<br />
engagierten Menschen führen und<br />
<strong>ich</strong> habe dabei selbst viel gelernt.<br />
Dies hat schließl<strong>ich</strong> meinen Blick<br />
für die anzusprechende Zielgruppe<br />
dieses Ratgebers geweitet. Ich<br />
würde es deshalb begrüßen, wenn<br />
ihn n<strong>ich</strong>t nur Betroffene und Rat<br />
Suchende zur Hand nehmen würden,<br />
sondern auch all diejenigen,<br />
die diesen Menschen typischerweise<br />
dann begegnen, wenn ihnen diese<br />
erste Frage (allmähl<strong>ich</strong>) in den<br />
Sinn kommt: „<strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong><br />
<strong>Krebsfamilie</strong>?“<br />
Ich hoffe nun, dass Sie die Antworten<br />
auf Ihre Fragen zum familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs in diesem<br />
Ratgeber finden werden. Sollten Sie<br />
s<strong>ich</strong> weitergehende Informationen<br />
wünschen, freue <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> auf Ihre<br />
Hinweise und Anregungen.<br />
Ihre Anne Mönn<strong>ich</strong><br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
Vorwort<br />
Auf dem Gebiet des erbl<strong>ich</strong>en<br />
Brust- und Eierstockkrebses hat es<br />
im letzten Jahrzehnt revolutionäre<br />
Fortschritte gegeben. Die in den<br />
folgenden Kapiteln aufgeführten<br />
Entwicklungen und Mögl<strong>ich</strong>keiten<br />
der Diagnostik und Prävention sind<br />
ein her<strong>aus</strong>ragendes Beispiel dafür,<br />
wie schnell wissenschaftl<strong>ich</strong>e Erkenntnisse<br />
mittlerweile in die Klinik<br />
gelangen und wie w<strong>ich</strong>tig klinische<br />
Forschung für die Betreuung der<br />
betroffenen Menschen ist.<br />
Noch zu Beginn der neunziger<br />
Jahre wurde daran gezweifelt, ob<br />
es überhaupt eine erbl<strong>ich</strong>e Form<br />
des Brustkrebses und Risikogene<br />
gibt oder ob es s<strong>ich</strong> bei den familiär<br />
gehäuften Fällen n<strong>ich</strong>t um<br />
einen reinen Zufall handelt. Schon<br />
Mitte der neunziger Jahre hielt die<br />
wissenschaftl<strong>ich</strong>e Welt dann den<br />
Atem an, als klar wurde, dass die<br />
Entdeckung des ersten Hochrisiko-<br />
Gens unmittelbar bevor stand.<br />
Nach der Entdeckung beider Gene,<br />
BRCA1 und BRCA2 in den Jahren<br />
1994 und 1995 waren es dann<br />
Ärzte und Wissenschaftler, die gemeinsam<br />
nach <strong>einer</strong> Einbettung der<br />
Gendiagnostik in ein umfassendes<br />
Beratungskonzept verbunden mit<br />
dem Angebot präventiver Maßnahmen<br />
riefen. Denn was bringt der<br />
Nachweis eines hohen Erkrankungsrisikos,<br />
wenn man n<strong>ich</strong>t weiß, was<br />
dann zu tun ist? Es dauerte n<strong>ich</strong>t<br />
einmal ein Jahr, bis s<strong>ich</strong> in Deutschland<br />
zwölf Zentren formiert hatten,<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
die nach intensiver Diskussion und<br />
<strong>einer</strong> strengen Begutachtung durch<br />
die Deutsche Krebshilfe gefördert<br />
wurden. Kriterien für die Förderung<br />
waren eine maximale Patientenorientierung<br />
und das Angebot<br />
präventiver Maßnahmen, die, da<br />
sie in ihrem Nutzen noch n<strong>ich</strong>t<br />
evaluiert waren, in begleitenden<br />
Untersuchungen überprüft wurden.<br />
Die Krebshilfe hat hier eine Vorreiterrolle<br />
übernommen, da durch<br />
den Aufbau der Zentren ein wildes<br />
Testen mit Hinterlassen ratloser und<br />
verängstigter Menschen, wie dies<br />
in anderen Ländern der Fall war,<br />
weitestgehend vermieden wurde.<br />
Wo stehen wir jetzt? Darüber geben<br />
die folgenden Artikel <strong>aus</strong>führl<strong>ich</strong><br />
Auskunft. In den Zentren für<br />
erbl<strong>ich</strong>en Brust- und Eierstockkrebs<br />
wird eine umfassende Beratung<br />
durch Humangenetiker und Gynäkologen<br />
angeboten. Die betroffenen<br />
Frauen sollen somit in die Lage versetzt<br />
werden, eine eigenständige<br />
Entscheidung für oder gegen den<br />
Gentest und die verschiedenen<br />
prophylaktischen Mögl<strong>ich</strong>keiten<br />
zu treffen. Durch ein langjähriges<br />
begleitendes Forschungsprojekt<br />
der Psychoonkologen haben wir<br />
gelernt, dass eine intensive Aufklärung<br />
über die bestehenden Risiken<br />
n<strong>ich</strong>t zu mehr Ängsten, sondern im<br />
Gegenteil, zu <strong>einer</strong> Reduktion der<br />
Angst bei den Betroffenen führt.<br />
Dies deckt s<strong>ich</strong> mit der alltägl<strong>ich</strong>en<br />
Erfahrung bei der Betreuung der<br />
Frauen. Oftmals empfinden sie es<br />
bei einem ersten Gespräch bereits<br />
als Erle<strong>ich</strong>terung, dass die Ärzte ihre<br />
Sorge um die vielen Erkrankungsfälle,<br />
die in der Familie aufgetreten<br />
sind, ernst nehmen und dies n<strong>ich</strong>t<br />
mit beruhigenden Sätzen abtun. Ein<br />
w<strong>ich</strong>tiges Thema für die Mutationsträgerinnen<br />
ist neben dem Umgang<br />
mit dem eigenen Erkrankungsrisiko<br />
und den eigenen Ängsten besonders<br />
die Sorge um die Kinder und<br />
die Frage, ob sie ihnen die Veränderung<br />
vielle<strong>ich</strong>t vererbt haben.<br />
Ein weiteres w<strong>ich</strong>tiges Thema bei<br />
der Beratung stellt die Frage nach<br />
<strong>einer</strong> mögl<strong>ich</strong>en Diskriminierung<br />
bei Nachweis <strong>einer</strong> Mutation dar.<br />
Mit dem derzeit in der Bearbeitung<br />
befindl<strong>ich</strong>en Gendiagnostikgesetz<br />
sollen die betroffenen Personen<br />
vor solchen etwaigen Benachteiligungen<br />
geschützt werden. Mit<br />
dieser w<strong>ich</strong>tigen Thematik der Beratung,<br />
selbständigen Entscheidung<br />
und dem Schutz vor Diskriminierung<br />
beschäftigen s<strong>ich</strong> gle<strong>ich</strong> mehrere<br />
Artikel.<br />
Im Beitrag von Prof. Meindl wird auf<br />
die genetischen Hintergründe eingegangen.<br />
Neben den Genen BRCA1<br />
und BRCA2 sind zwischenzeitl<strong>ich</strong><br />
weitere Risikogene gefunden worden,<br />
eine ganze Reihe gibt es noch<br />
zu entdecken. Bei diesen neuen<br />
Genen handelt es s<strong>ich</strong> um weniger<br />
gefährl<strong>ich</strong>e Gene, die vermutl<strong>ich</strong><br />
miteinander interagieren, um so<br />
den Brustkrebs <strong>aus</strong>zulösen. Eine
Einführung in die klinische Diagnostik<br />
kommt dann in Betracht, wenn<br />
wir klare Risikovorhersagen damit<br />
machen können. In den Zentren<br />
werden entsprechende assoziierte<br />
Forschungsprojekte durchgeführt.<br />
Zu warnen ist an dieser Stelle vor allerlei<br />
genetischen Untersuchungen,<br />
deren klinische Relevanz noch völlig<br />
unklar ist.<br />
Wir wissen mittlerweile auch, dass<br />
die erbl<strong>ich</strong>en Tumoren sowohl in<br />
der Bildgebung als auch unter dem<br />
Mikroskop ein ganz spezifisches<br />
Aussehen haben. Durch die Entdeckung<br />
dieser Charakteristika<br />
konnte die Früherkennung nochmals<br />
deutl<strong>ich</strong> verbessert werden. Hierzu<br />
kommen die Referenzpathologen<br />
Univ.-Prof. Dr. med. Rita Schmutzler<br />
Koordinatorin des Deutschen Konsortiums für<br />
„Familiären Brust- und Eierstockkrebs“<br />
und Referenzradiologen zu Wort.<br />
Spannend sind neuere Untersuchungen,<br />
die darauf hindeuten,<br />
dass die erbl<strong>ich</strong>en Tumoren von<br />
anderen Therapien als die sporadischen<br />
Tumoren profitieren.<br />
So gibt es seit kurzem ein erstes<br />
Molekül, welches gezielt mutierte<br />
Tumorzellen angreift, während es<br />
die gesunden Zellen praktisch n<strong>ich</strong>t<br />
schädigt. Diese so genannten PARP-<br />
Inhibitoren werden seit einem Jahr<br />
im Rahmen von klinischen Studien<br />
in einigen der Zentren erprobt und<br />
im Artikel von Dr. Kast dargestellt.<br />
Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend<br />
und lassen darauf<br />
hoffen, dass die BRCA-bedingten<br />
Tumoren künftig besser behandelt<br />
werden können.<br />
Prof. Dr. rer. nat. Alfons Meindl<br />
Die jüngste Entwicklung ist die Etablierung<br />
<strong>einer</strong> Frauenselbsthilfe <strong>aus</strong><br />
dem Kreis der in den Zentren betreuten<br />
Frauen und Männer. Denn<br />
alle ärztl<strong>ich</strong>e Aufklärung kann das<br />
Gespräch mit anderen Betroffenen<br />
n<strong>ich</strong>t ersetzen. Dies gilt besonders,<br />
wenn es um so schwerwiegende Entscheidungen<br />
wie zum Beispiel eine<br />
prophylaktische Brustdrüsenentfernung<br />
geht. Dr. Fromm und Gundel<br />
Kamecke schildern das neue Netzwerk<br />
<strong>aus</strong> der S<strong>ich</strong>t von Betroffenen<br />
und verdeutl<strong>ich</strong>en auch die enthusiastische<br />
Aufbruchsstimmung. Auf<br />
die noch engere Zusammenarbeit<br />
mit den betroffenen Frauen und<br />
Männern im gemeinsamen Kampf<br />
gegen den Krebs setzen auch wir<br />
Ärzte große Hoffnung.<br />
Sprecher der Molekulargenetiker des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
Inhalt<br />
Einleitung<br />
3 EDITORIAL<br />
4 VORWORT<br />
6 INHALT<br />
1. <strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> <strong>Krebsfamilie</strong>?<br />
9 GENETISCHE ASPEKTE DES BRUSTKREBSES<br />
12 ZWöLF SPEZIALISIERTE ZENTREN FüR BETROFFENE<br />
Das Verbundprojekt der Deutschen Krebshilfe hat viel erre<strong>ich</strong>t<br />
2. Welche Arten <strong>einer</strong> familiären Belastung gibt es?<br />
15 MUTATIONEN, ERBGÄNGE UND ERKRANKUNGSRISIKEN<br />
3. Sind familiäre Tumoren etwas Besonderes?<br />
21 PATHOLOGISCHE BESONDERHEITEN DES ERBLICHEN BRUSTKREBSES<br />
Mikroskopische Diagnostik von BRCA-Tumoren<br />
23 PATHOLOGISCHE BESONDERHEITEN DES ERBLICHEN EIERSTOCKKREBSES<br />
Vererbungsmodus n<strong>ich</strong>t allein durch mikroskopische Untersuchung erkennbar<br />
25 RADIOLOGISCHE BESONDERHEITEN FAMILIÄRER TUMOREN<br />
Das radiologische Früherkennungskonzept<br />
4. Bin <strong>ich</strong> etwa selbst betroffen?<br />
31 INFORMATIONEN ZUR BERATUNG, GENANALySE UND KOSTENüBERNAHME<br />
36 GENDIAGNOSTIK UND MEDIZINISCHE BETREUUNG VON RISIKOPATIENTEN<br />
Kostenübernahme durch die private Krankenvers<strong>ich</strong>erung<br />
5. Wie kann <strong>ich</strong> seelisch mit <strong>einer</strong> familiären Belastung umgehen?<br />
41 ÄNGSTE UND SORGEN<br />
Zum seelischen Umgang mit <strong>einer</strong> Genmutation<br />
44 KINDER UND JUGENDLICHE IN DER RISIKOFAMILIE<br />
6. Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
49 GENANALySE UND DATENSCHUTZ<br />
52 GUT ZU WISSEN!<br />
Die vers<strong>ich</strong>erungsrechtl<strong>ich</strong>e Brisanz von Gentests<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
67 NACHGEFRAGT<br />
Berücks<strong>ich</strong>tigung der familiären Belastung als Behinderung?<br />
7. Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
69 DIE BEHANDLUNG FAMILIÄRER TUMOREN<br />
73 RISIKOMINIMIERUNG<br />
Vorsorgl<strong>ich</strong>e Maßnahmen bei familiärem Krebsrisiko<br />
78 DER FAMILIÄRE EIERSTOCKKREBS<br />
44 KINDER UND JUGENDLICHE IN DER RISIKOFAMILIE<br />
8. Soll <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> testen lassen? – Entscheidungshilfen<br />
83 ANGST BEIM GENTEST?<br />
Ergebnisse <strong>aus</strong> dem Projekt der Deutschen Krebshilfe<br />
85 ENTSCHEIDUNGSHILFEN<br />
Pro & Contra<br />
44 KINDER UND JUGENDLICHE IN DER RISIKOFAMILIE<br />
9. Welchen Beitrag kann <strong>ich</strong> selbst leisten?<br />
89 MöGLICHKEITEN ZUR MINIMIERUNG DES ERKRANKUNGSRISIKOS<br />
93 DIE SIMONTON-ARBEIT ALS RETTUNGSSEIL IM LEBEN<br />
Was kann <strong>ich</strong> bei <strong>einer</strong> Krebserkrankung oder familiären Belastung für meine Seele tun?<br />
44 KINDER UND JUGENDLICHE IN DER RISIKOFAMILIE<br />
10. Wo kann <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> mit anderen Betroffenen <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen?<br />
97 DAS BRCA-NETZWERK<br />
Hilfe für Betroffene <strong>aus</strong> Brust- und Eierstockkrebsfamilien<br />
99 ANONyMER AUSTAUSCH IM INTERNET<br />
44 KINDER UND JUGENDLICHE IN DER RISIKOFAMILIE<br />
11. Wie sage <strong>ich</strong> es meinen Verwandten?<br />
101 ANREGUNGEN ZUR KOMMUNIKATION IN DER FAMILIE<br />
44 KINDER UND JUGENDLICHE IN DER RISIKOFAMILIE<br />
12. Anhang<br />
107 DIE BUNDESWEITEN ZENTREN FüR „FAMILIÄREN BRUST- UND EIERSTOCKKREBS“<br />
Gynäkologische, humangenetische und psychoonkologische Beratung und Betreuung<br />
für Betroffene und Angehörige<br />
110 AUTORENVERZEICHNIS<br />
113 GLOSSAR<br />
118 IMPRESSUM<br />
119 WIR DANKEN<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
1<br />
<strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong><br />
<strong>Krebsfamilie</strong>?<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Genetische Aspekte<br />
des Brustkrebses<br />
Erkranken mehrere Frauen in <strong>einer</strong><br />
Familie an Brustkrebs, kommt bei<br />
manchen Familienmitgliedern die<br />
überlegung auf, ob der Krebs in<br />
der Familie liegen könnte. Die folgenden<br />
Erläuterungen sollen Ihnen<br />
grundlegende Informationen geben<br />
und Sie ermutigen, s<strong>ich</strong> von einem<br />
Experten <strong>aus</strong>führl<strong>ich</strong> zu Ihrem individuellen<br />
Risiko beraten zu lassen.<br />
DIE MEISTEN BRUSTKREBS-<br />
ERKRANKUNGEN SIND<br />
POLyGEN-MULTIFAKTORIELL<br />
BEDINGT<br />
Meistens ist Brustkrebs polygen-multifaktoriell<br />
bedingt, das bedeutet,<br />
dass mehrere Erbanlagen und zusätzl<strong>ich</strong>e<br />
Faktoren zur Entstehung<br />
der Krankheit beitragen. Von den<br />
einzelnen Erbanlagen, die weitgehend<br />
unbekannt sind, trägt jede für<br />
s<strong>ich</strong> nur wenig zur Krankheitsentstehung<br />
bei. Vielmehr ist es das Zusammenwirken<br />
dieser Erbanlagen, das<br />
die Erkrankung hervorruft. Von den<br />
zusätzl<strong>ich</strong>en Faktoren sind einige<br />
bekannt: Ein frühes Einsetzen der<br />
Pubertät, eine späte letzte Regelblutung,<br />
keine Schwangerschaft,<br />
übergew<strong>ich</strong>t, Alkoholkonsum, ein<br />
d<strong>ich</strong>tes Brustdrüsengewebe und vor<br />
allem das Alter erhöhen das Brustkrebsrisiko.<br />
Bei <strong>einer</strong> polygen-multifaktoriellen<br />
Vererbung ist man für<br />
die Angabe eines Wiederholungsri-<br />
sikos auf statistische Analysen angewiesen.<br />
In der Praxis stehen dafür so<br />
genannte Risikotabellen und Computerprogramme<br />
zur Verfügung,<br />
die auf unterschiedl<strong>ich</strong>en Modellen<br />
beruhen. Im Rahmen <strong>einer</strong> solchen<br />
polygen-multifaktoriellen Genese<br />
kommt es n<strong>ich</strong>t selten vor, dass in<br />
<strong>einer</strong> Familie eine oder mehrere<br />
Frauen betroffen sind.<br />
BRUSTKREBS KANN AUCH<br />
DURCH EINE EINZELNE<br />
ERBANLAGE BEDINGT SEIN<br />
Das gehäufte Auftreten von Brust-<br />
und/oder Eierstockkrebs in <strong>einer</strong><br />
Familie kann allerdings auch ein<br />
Hinweis auf eine erbl<strong>ich</strong>e Form<br />
der Erkrankung sein, die durch<br />
eine einzelne Erbanlage bedingt<br />
ist. Man spr<strong>ich</strong>t in diesem Fall<br />
von monogener Vererbung. Weitere<br />
Hinweise auf eine monogene<br />
Form sind unter anderem ein frühes<br />
Erkrankungsalter (vor dem 50. Lebensjahr),<br />
ein beidseitiges Auftreten<br />
oder multifokale, also an mehreren<br />
Stellen auftretende Tumoren sowie<br />
eine Brustkrebserkrankung beim<br />
Mann.<br />
Etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle<br />
von Brust- und/oder Eierstockkrebs<br />
haben eine solche monogene Ursache.<br />
Bei etwa der Hälfte der Betroffenen<br />
in dieser Gruppe werden<br />
1 | <strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> <strong>Krebsfamilie</strong>?<br />
Mutationen, also Veränderungen im<br />
BRCA1- oder BRCA2-Gen, nachgewiesen.<br />
BRCA1- und BRCA2-Mutationen<br />
werden autosomal-dominant<br />
mit variabler Expressivität und<br />
verminderter Penetranz vererbt. Bei<br />
<strong>einer</strong> autosomal-dominant erbl<strong>ich</strong>en<br />
Erkrankung genügt das Vorhandensein<br />
<strong>einer</strong> veränderten Erbanlage<br />
auf einem der beiden homologen<br />
(von Vater und Mutter ererbten)<br />
Chromosomen, damit es zur Ausprägung<br />
der Krankheit kommt. Die<br />
Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit für die Weitergabe<br />
der veränderten Erbanlage an<br />
ein Kind beträgt 50 Prozent. Variable<br />
Expressivität bedeutet, dass ein<br />
dominantes Gen bei verschiedenen<br />
Trägern unterschiedl<strong>ich</strong> <strong>aus</strong>geprägt<br />
auftreten kann. Unter verminderter<br />
Penetranz (Durchschlagkraft <strong>einer</strong><br />
Mutation) versteht man in diesem<br />
Zusammenhang die Tatsache, dass<br />
n<strong>ich</strong>t alle Träger <strong>einer</strong> Mutation erkranken.<br />
Bei BRCA1-Mutationsträgerinnen<br />
kommt es bei etwa 60 bis 80 Prozent<br />
aller Fälle zu Brust- und bei etwa<br />
40 bis 55 Prozent zu Eierstockkrebs.<br />
BRCA2-Mutationsträgerinnen entwickeln<br />
in etwa 45 bis 80 Prozent der<br />
Fälle Brust- und in etwa zehn bis 20<br />
Prozent der Fälle Eierstockkrebs. Bei<br />
Männern mit BRCA2-Mutation beträgt<br />
das Risiko <strong>einer</strong> Brustkrebserkrankung<br />
etwa sieben Prozent.<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
10<br />
Bei <strong>einer</strong> BRCA1-Mutation dürfte das<br />
Brustkrebsrisiko für Männer auch<br />
erhöht sein, wenn auch eine Bezifferung<br />
derzeit n<strong>ich</strong>t mögl<strong>ich</strong> ist. Auch<br />
das Risiko für eine weitere Krebserkrankung<br />
der Brust oder der Eierstöcke<br />
ist bei Mutationsträgerinnen<br />
signifikant erhöht und abhängig vom<br />
Ersterkrankungsalter. Bei Ersterkrankung<br />
vor dem 50. Lebensjahr entwickeln<br />
nach zehn Jahren rund 40<br />
Prozent der Betroffenen erneut Brustkrebs,<br />
bei Ersterkrankung nach dem<br />
50. Lebensjahr etwa zwölf Prozent.<br />
Zusätzl<strong>ich</strong> besteht bei Personen mit<br />
<strong>einer</strong> BRCA1-Mutation ein erhöhtes<br />
Risiko für andere Krebsarten wie unter<br />
anderem Magen-Darm-, Prostata-,<br />
Hautkrebs und Leukämie. Bei <strong>einer</strong><br />
BRCA2-Mutation ist außerdem das<br />
Risiko für Bauchspe<strong>ich</strong>eldrüsenkrebs<br />
erhöht.<br />
WANN IST EINE GEN-<br />
DIAGNOSTIK SINNVOLL?<br />
Durch eine molekulargenetische Analyse<br />
(DNA-Analyse) bei <strong>einer</strong>/einem<br />
Betroffenen kann festgestellt werden,<br />
ob eine Veränderung in einem der<br />
beiden genannten Gene als Ursache<br />
für das gehäufte Auftreten des Brust-<br />
und/oder Eierstockkrebses in <strong>einer</strong><br />
Familie verantwortl<strong>ich</strong> ist. Hierfür ist<br />
eine Blutentnahme erforderl<strong>ich</strong>. Derzeit<br />
wird im Rahmen des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären Brust-<br />
und Eierstockkrebs“ ein Gentest für<br />
BRCA1/BRCA2 angeboten, wenn<br />
unter Verwandten <strong>einer</strong> (väterl<strong>ich</strong>en<br />
oder mütterl<strong>ich</strong>en) Familie eines der<br />
Einschlusskriterien vorliegt (siehe<br />
Kasten).<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Unter Verwandten <strong>einer</strong> (väterl<strong>ich</strong>en oder mütterl<strong>ich</strong>en) Familie<br />
liegt eine der folgenden Konstellationen vor:<br />
� drei Frauen mit Brustkrebs, unabhängig vom Alter<br />
� zwei Frauen mit Brustkrebs, davon eine Erkrankung vor dem 51.<br />
Lebensjahr<br />
� eine Frau mit Brustkrebs und eine Frau mit Eierstockkrebs<br />
� zwei Frauen mit Eierstockkrebs<br />
� eine Frau und ein Mann mit Brustkrebs<br />
� eine Frau mit Eierstockkrebs und ein Mann mit Brustkrebs<br />
� eine Frau mit Brustkrebs vor dem 36. Geburtstag<br />
� eine Frau mit bilateralem Brustkrebs, wobei die Ersterkrankung<br />
vor dem 51. Geburtstag war<br />
� eine Frau mit Brust- und Eierstockkrebs<br />
Derzeitige Einschlusskriterien des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs<br />
für einen BRCA-Gentest.<br />
Bei diesen Konstellationen ist die<br />
Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit, eine Mutation<br />
im BRCA1- oder BRCA2-Gen zu<br />
finden, größer als zehn Prozent.<br />
Die Untersuchung sollte bei <strong>einer</strong><br />
Betroffenen durchgeführt werden.<br />
Wir sprechen in diesem Fall von<br />
einem/<strong>einer</strong> Indexpatienten/-patientin.<br />
Wenn mehrere betroffene Verwandte<br />
zur Verfügung stehen, sollte<br />
man den/die als Indexpatient(in)<br />
<strong>aus</strong>wählen, bei der/dem am ehesten<br />
eine Mutation vermutet werden<br />
kann, also zum Beispiel die Person<br />
mit dem frühesten Erkrankungsalter.<br />
Abgesehen von wenigen wiederkehrenden<br />
Mutationen sind die meisten<br />
Mutationen familienspezifisch, so<br />
dass die Sequenzierung von BRCA1<br />
und BRCA2 erforderl<strong>ich</strong> ist, was<br />
geraume Zeit dauern kann. Bei der<br />
Gendiagnostik können auch Genvarianten<br />
festgestellt werden, die n<strong>ich</strong>t<br />
krankheitsrelevant sind und als Polymorphismen<br />
beze<strong>ich</strong>net werden. Es<br />
können auch so genannte unklassifizierte<br />
Varianten nachgewiesen<br />
werden, deren Bedeutung derzeit<br />
noch unklar ist.<br />
WAS IST DER SINN EINES<br />
GENTESTS?<br />
Durch den Nachweis <strong>einer</strong> Mutation<br />
in einem BRCA-Gen erhält man Gewissheit<br />
über ein deutl<strong>ich</strong> erhöhtes<br />
Risiko für Brust- beziehungsweise<br />
Eierstockkrebs. Zudem können in<br />
diesem Fall auch gesunde Familienmitglieder<br />
im Rahmen eines prädiktiven<br />
Gentests auf das Vorliegen<br />
dieser Mutation untersucht werden.<br />
Dar<strong>aus</strong> wird die Problematik eines<br />
prädiktiven Gentests ers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>,<br />
wenn kein(e) Indexpatient(in) untersucht<br />
werden kann. Findet man zum
Beispiel in einem solchen Fall keine<br />
Mutation bei der getesteten Person,<br />
so kann ein hohes Risiko n<strong>ich</strong>t <strong>aus</strong>geschlossen<br />
werden, da es n<strong>ich</strong>t<br />
klar ist, ob durch diesen Test die bei<br />
dem/der Indexpatienten/-patientin<br />
vorgelegene Mutation <strong>aus</strong>geschlossen<br />
wurde.<br />
Für betroffene und gesunde Personen,<br />
bei denen eine Mutation in<br />
einem BRCA-Gen festgestellt wurde,<br />
stehen unterschiedl<strong>ich</strong>e Optionen<br />
zur Verfügung: Früherkennungsmaßnahmen<br />
durch regelmäßige Untersuchungen<br />
bezügl<strong>ich</strong> des eventuellen<br />
Auftretens eines Brust- beziehungsweise<br />
Eierstocktumors und/oder<br />
präventive, also vorsorgl<strong>ich</strong>e operative<br />
Maßnahmen wie die Entfernung<br />
des Brustdrüsenkörpers und/oder<br />
der Eierstöcke (siehe Seite 73).<br />
Wenn keine Mutation in einem der<br />
beiden BRCA-Gene nachgewiesen<br />
wird, ist dennoch eine monogen<br />
erbl<strong>ich</strong>e Ursache des Brustkrebses<br />
n<strong>ich</strong>t <strong>aus</strong>geschlossen, so dass<br />
für weitere Angehörige Früherkennungsmaßnahmen<br />
trotzdem<br />
zu empfehlen sind. Ein fehlender<br />
Mutationsnachweis kann dadurch<br />
bedingt sein, dass eine Mutation<br />
in einem BRCA-Gen n<strong>ich</strong>t erkannt<br />
wurde, da unter anderem nur die<br />
kodierenden Sequenzen dieser<br />
Gene untersucht werden und auch<br />
andere größtenteils unbekannte<br />
Gene in Frage kommen.<br />
Wenn im Rahmen <strong>einer</strong> prädiktiven<br />
Gendiagnostik die in der Familie<br />
vorkommende krankheitsrelevante<br />
Mutation bei <strong>einer</strong> verwandten<br />
Person <strong>aus</strong>geschlossen wurde, sind<br />
die übl<strong>ich</strong>en Vorsorgemaßnahmen<br />
zu empfehlen, da das allgemeine<br />
Brustkrebsrisiko (zehn Prozent) bestehen<br />
bleibt.<br />
WAS GESCHIEHT BEI DER<br />
GENETISCHEN BERATUNG?<br />
Bei der genetischen Beratung wird<br />
zunächst ein Stammbaum über<br />
mindestens drei Generationen<br />
erhoben. Dabei sollten alle in<br />
der Familie vorgekommenen Tumorerkrankungen<br />
mit jeweiligem<br />
Erkrankungsalter der Betroffenen<br />
registriert werden. Aus diesen<br />
Daten sollten zunächst folgende<br />
Punkte geklärt werden:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Gibt es einen Hinweis für eine<br />
monogen erbl<strong>ich</strong>e Erkrankung?<br />
Im Falle <strong>einer</strong> monogen erbl<strong>ich</strong>en<br />
Tumorerkrankung sollte abgeschätzt<br />
werden, ob es s<strong>ich</strong> um<br />
einen erbl<strong>ich</strong>en Brustkrebs per<br />
se oder um eine übergeordnete<br />
Tumorerkrankung handelt, bei der<br />
der Brustkrebs eine der Krebserkrankungen<br />
<strong>aus</strong> dem Tumorspektrum<br />
dieser Erkrankung darstellt.<br />
Die Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit <strong>einer</strong><br />
Brustkrebserkrankung oder eines<br />
überträgerstatus sollte berechnet<br />
werden, da s<strong>ich</strong> dar<strong>aus</strong> die Empfehlungen<br />
zu Früherkennungsmaßnahmen<br />
ableiten.<br />
Es sollte festgestellt werden, ob ein<br />
Gentest angeboten werden kann.<br />
1 | <strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> <strong>Krebsfamilie</strong>?<br />
Falls Letzteres zutrifft, sollten die Konsequenzen<br />
und Grenzen eines Gentests<br />
erläutert werden. Dabei sollte<br />
klar gemacht werden, dass im Falle<br />
<strong>einer</strong> Mutation in einem BRCA-Gen<br />
ein deutl<strong>ich</strong> erhöhtes Erkrankungsrisiko<br />
besteht, aber dass andererseits<br />
aufgrund der verminderten Penetranz<br />
n<strong>ich</strong>t alle Mutationsträgerinnen<br />
erkranken. Da mit <strong>einer</strong> solchen Diagnostik<br />
eine psychische Belastung<br />
für die Rat Suchenden und deren<br />
Familie auftreten kann, ist eine <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>ende<br />
Bedenkzeit vor <strong>einer</strong> genetischen<br />
Testung empfehlenswert.<br />
Eine psychologische Begleitung wird<br />
in diesem Zusammenhang angeboten.<br />
Wie bei jedem Gentest ist die<br />
Freiwilligkeit der Inanspruchnahme<br />
hervorzuheben („Recht auf N<strong>ich</strong>twissen“).<br />
AUTOR<br />
Univ.-Prof. Dr. med. Peter<br />
Wieacker<br />
Sprecher der Humangenetiker<br />
des Deutschen Konsortiums für<br />
„Familiären Brust- und Eierstockkrebs“;<br />
Direktor des Instituts für<br />
Humangenetik Universitätsklinikum<br />
Münster<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 11
1<br />
Zwölf spezialisierte<br />
Zentren für Betroffene<br />
DAS VERBUNDPROJEKT DER DEUTSCHEN KREBSHILFE<br />
HAT VIEL ERREICHT<br />
Um Risikofamilien mit erbl<strong>ich</strong> bedingtem<br />
Brust- und Eierstockkrebs<br />
zu helfen, hat die Deutsche Krebshilfe<br />
1996 nach der Entdeckung der<br />
Brustkrebs-Gene BRCA1 und BRCA2<br />
das Verbundprojekt „Familiärer<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ initiiert: In<br />
bundesweit zwölf universitären Zentren<br />
werden seitdem Rat suchende<br />
Frauen und ihre Familien beraten,<br />
betreut und begleitet. Ziel war es,<br />
den erbl<strong>ich</strong> bedingten Brustkrebs<br />
zu erforschen und den betroffenen<br />
Familien umfangre<strong>ich</strong>e Hilfe anbieten<br />
zu können. Bis zu dieser Neugründung<br />
gab es keine auf diesem<br />
Feld spezialisierten Einr<strong>ich</strong>tungen.<br />
Frauen, in deren Familien Brustkrebs<br />
bereits aufgetreten ist oder<br />
die befürchten, erbl<strong>ich</strong> betroffen zu<br />
sein, können s<strong>ich</strong> seitdem in einem<br />
der zwölf Verbund-Zentren in Berlin,<br />
Düsseldorf, Dresden, Hannover,<br />
Heidelberg, Kiel, Köln/Bonn, Leipzig,<br />
München, Münster, Ulm und<br />
Würzburg beraten und behandeln<br />
lassen. Bis zum Jahr 2004 förderte<br />
die Deutsche Krebshilfe dieses Verbundprojekt<br />
mit insgesamt 14,5 Millionen<br />
Euro. Im Jahr darauf wurde<br />
es in die Regelfinanzierung durch<br />
die Krankenkassen übernommen.<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
VERNETZTE<br />
ZUSAMMENARBEIT<br />
Im Rahmen des Verbundes wurde<br />
ein Beratungs- und Betreuungskonzept<br />
etabliert. Frauenärzte,<br />
Humangenetiker, Molekulargenetiker<br />
und Psychologen arbeiten<br />
eng zusammen und betreuen die<br />
besorgten Familien nach einem<br />
bundesweit einheitl<strong>ich</strong>en Konzept.<br />
Zudem kooperieren alle an dem<br />
Verbund teilnehmenden Zentren mit<br />
den involvierten Referenzzentren<br />
– beispielsweise für Datenmanagement<br />
und Pathologie. Jährl<strong>ich</strong><br />
finden Treffen statt, an denen<br />
Vertreter aller Zentren teilnehmen<br />
und Zwischen<strong>aus</strong>wertungen vornehmen,<br />
Erfahrungen diskutieren,<br />
Leitlinienpapiere erstellen sowie<br />
Qualitätskontrollen durchführen.<br />
MEDIZINISCHE<br />
UND PSyCHOSOZIALE<br />
BETREUUNG<br />
Eine definitive Aussage darüber, ob<br />
eine erbl<strong>ich</strong> bedingte Brustkrebserkrankung<br />
vorliegt, ist nur mit einem<br />
Gentest mögl<strong>ich</strong>. Die Entscheidung<br />
für oder gegen einen solchen Test<br />
ist für viele Frauen n<strong>ich</strong>t einfach zu<br />
treffen. Daher wird vor jeder molekulargenetischen<br />
Untersuchung ein<br />
<strong>aus</strong>führl<strong>ich</strong>es Beratungsgespräch<br />
geführt, an dem auch ein Psychologe<br />
beteiligt ist. Erst dann kann eine<br />
Frau selbst entscheiden, ob ein Gentest<br />
für sie in Frage kommt. über 90<br />
Prozent der beratenen Frauen <strong>aus</strong><br />
Hochrisiko-Familien entscheiden<br />
s<strong>ich</strong> für einen Gentest. Entgegen<br />
den landläufigen Erwartungen stellt<br />
das Testergebnis eine deutl<strong>ich</strong>e psychische<br />
Entlastung für die Familien<br />
dar. Erfahrungen zeigen, dass eher<br />
diejenigen Frauen psychologische<br />
Hilfe benötigen, die den Gentest<br />
ablehnen.<br />
UNTERSCHIEDLICHE<br />
BEHANDLUNGSOPTIONEN<br />
Den Frauen, die eine genetische<br />
Veranlagung für die Entstehung<br />
von Brustkrebs tragen, werden verschiedene<br />
Handlungsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />
angeboten: Prophylaktisch, also<br />
vorbeugend, können Brustdrüse<br />
und/oder Eierstöcke entfernt werden.<br />
Während die prophylaktische<br />
Eierstock- und Eileiterentfernung<br />
um das 40. Lebensjahr von vielen
Informationsangebot auf der Interseite der Deutschen Krebshilfe www.krebshilfe.de.<br />
Frauen in Anspruch genommen<br />
wird, entscheiden s<strong>ich</strong> nur fünf bis<br />
zehn Prozent für eine Brustdrüsenentfernung.<br />
Die meisten betroffenen<br />
Frauen nehmen jedoch das Angebot<br />
der engmaschigen Früherkennungsuntersuchungen<br />
wahr. Im Rahmen<br />
des Verbundes wurden über 7.000<br />
Familien beraten und bei über<br />
5.600 Familien Gentests durchgeführt.<br />
Davon konnten viele bereits<br />
im Erstgespräch beruhigt werden:<br />
Aufgrund ihrer Familienkonstellation<br />
ist kein erhöhtes Brustkrebsrisiko<br />
anzunehmen. Ein weiteres<br />
w<strong>ich</strong>tiges Ergebnis: 75 Prozent der<br />
Frauen, die erstmals die Tumorrisikosprechstunde<br />
aufsuchten, schätzten<br />
ihr Erkrankungsrisiko zu hoch ein<br />
- nur zehn Prozent von ihnen lagen<br />
mit der eigenen Einschätzung r<strong>ich</strong>tig.<br />
Dies zeigt: Allein durch eine<br />
adäquate Beratung kann der größte<br />
Teil der Frauen hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> ihres<br />
Krebserkrankungsrisikos beruhigt<br />
werden.<br />
IN DIE REGELVERSORGUNG<br />
üBERNOMMEN<br />
Bereits seit ihrer Gründung im Jahr<br />
1974 ist es der Deutschen Krebshilfe<br />
ein großes Anliegen, innovative und<br />
w<strong>ich</strong>tige Entwicklungen in der Krebsbekämpfung<br />
schnell zu erkennen und<br />
entsprechend zu fördern. Das Projekt<br />
„Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“<br />
ist ein besonders erfolgre<strong>ich</strong>es Verbundvorhaben<br />
der gemeinnützigen<br />
Organisation. Das <strong>aus</strong> dem Verbund<br />
entstandene Konsortium hat während<br />
der Förderung so überzeugende<br />
Standards erarbeitet, dass das Projekt<br />
2005 in die Regelfinanzierung<br />
1 | <strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> <strong>Krebsfamilie</strong>?<br />
der Krankenkassen überführt werden<br />
konnte. So können s<strong>ich</strong> auch in Zukunft<br />
beunruhigte Menschen an die<br />
zwölf Zentren wenden, in denen sie<br />
eine weltweit einzigartige, intensive<br />
Betreuung bekommen. Die Kostenübernahme<br />
der Beratungen und Untersuchungen<br />
wird individuell mit der<br />
Krankenkasse geklärt.<br />
INFORMATIONEN DER<br />
DEUTSCHEN KREBSHILFE<br />
Die Adressen der Zentren stehen<br />
im Internet unter www.krebshilfe.de.<br />
Dort können auch die Faltblätter<br />
zum Thema Familiärer Brust- und<br />
Eierstockkrebs („Familienangelegenheit“<br />
und „Fragen Sie nach Ihrem<br />
Risiko“) heruntergeladen oder<br />
kostenlos bestellt werden. Weitere<br />
Informationen finden s<strong>ich</strong> auf der<br />
Internetseite des BRCA-Netzwerks<br />
www.brca-netzwerk.de, das von<br />
der Deutschen Krebshilfe unterstützt<br />
wird.<br />
AUTORIN<br />
Dr. med. Eva M. Kalbheim<br />
Pressesprecherin<br />
Deutsche Krebshilfe e. V. Bonn<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
x | Welche Arten <strong>einer</strong> familiären Belastung gibt es?<br />
2<br />
1 Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Welche Arten <strong>einer</strong> familiären<br />
Belastung gibt es?
Nach der Untersuchung von mehr<br />
als 6.000 Familien nach Mutationen<br />
in den beiden Genen BRCA1<br />
und BRCA2 innerhalb der zwölf<br />
Zentren des Deutschen Konsortiums<br />
für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“<br />
sind für Rat suchende Familien<br />
jetzt hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> genetischer<br />
und klinischer Risiken präzisere<br />
Aussagen mögl<strong>ich</strong> als noch vor<br />
zehn Jahren.<br />
ZWEI UNTERSCHIEDLICHE<br />
ERBGÄNGE BEI FAMILIÄREM<br />
BRUSTKREBS<br />
Im Wesentl<strong>ich</strong>en können wir nun<br />
zwei genetische Belastungen unterscheiden,<br />
die wiederum in zwei Kategorien<br />
unterteilt werden können.<br />
Mutationen in einem hochpenetranten<br />
Gen (monogener<br />
Erbgang)<br />
Mutationen in einem hochpenetranten<br />
Gen sind in der Regel<br />
heterozygot <strong>aus</strong>geprägt, das heißt<br />
sie befinden s<strong>ich</strong> nur auf <strong>einer</strong> von<br />
zwei Genkopien. Hochpenetrant<br />
geht einher mit <strong>einer</strong> deutl<strong>ich</strong>en<br />
Risikoerhöhung für Brust- oder Eierstockkrebs<br />
(siehe Abbildung 1).<br />
Kategorie I: Die beiden Hauptvertreter<br />
dafür sind die Gene BRCA1<br />
und BRCA2. Sie kodieren für Prote-<br />
| Welche Arten <strong>einer</strong> familiären Belastung gibt es?<br />
Mutationen, Erbgänge<br />
und Erkrankungsrisiken<br />
ine mit 1863 (BRCA1) beziehungsweise<br />
3416 Aminosäuren (BRCA2).<br />
Die Aufgabe dieser beiden BRCA-<br />
Proteine ist die DNA-Reparatur in<br />
der Zelle. In einem erbl<strong>ich</strong>en Tumor<br />
der Brust oder des Eierstocks ist eine<br />
DNA-Kopie von Geburt an defekt,<br />
wurde also verändert vererbt. Die<br />
zweite Kopie, die n<strong>ich</strong>t verändert<br />
ist, geht erst später, im Erwachsenenalter,<br />
verloren. Damit kann eine<br />
solche Zelle die DNA-Schäden n<strong>ich</strong>t<br />
mehr reparieren, was die entscheidende<br />
Ursache für die Tumorentstehung<br />
ist.<br />
Eines dieser beiden Gene zeigt bei<br />
circa 30 Prozent der untersuchten familiären<br />
Fälle eine eindeutige oder<br />
sehr wahrscheinl<strong>ich</strong>e pathogene<br />
Mutation. Als sehr wahrscheinl<strong>ich</strong><br />
pathogen gelten Veränderungen,<br />
bei denen nur eine Aminosäure <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht<br />
wird, die aber die Funktion<br />
des Proteins stark beeinflusst und<br />
die innerhalb dieser Familien zu<br />
mehr als 70 Prozent bei erkrankten<br />
Frauen gefunden wurde. Es ist n<strong>ich</strong>t<br />
überraschend, dass die Häufigkeit<br />
an Mutationen in diesen beiden<br />
Genen mit der Anzahl der vor<br />
dem 50. Lebensjahr an Brustkrebs<br />
erkrankten Frauen und der Anzahl<br />
an Eierstockkrebs erkrankten Frauen<br />
innerhalb <strong>einer</strong> Familie zunimmt<br />
(Variation von circa zehn bis 70<br />
Prozent). Frauen mit <strong>einer</strong> Mutation<br />
im BRCA1-Gen haben eine lebenslange<br />
Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit von bis<br />
zu 80 Prozent, an Brustkrebs und<br />
bis zu 45 Prozent an Eierstockkrebs<br />
zu erkranken. Frauen mit <strong>einer</strong> Mutation<br />
im BRCA2-Gen haben eine<br />
lebenslange Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit von<br />
ebenfalls 80 Prozent, an Brustkrebs<br />
und circa 27 Prozent an Eierstockkrebs<br />
zu erkranken. Streng genommen<br />
gilt dies aber nur für Frauen<br />
<strong>aus</strong> Hochrisiko-Familien. Bei Frauen<br />
ohne stark <strong>aus</strong>geprägten familiären<br />
Hintergrund liegen die jeweiligen Risiken<br />
niedriger. Die Risiken für eine<br />
n<strong>ich</strong>t familiär belastete Frau, also<br />
auch N<strong>ich</strong>t-Mutationsträgerinnen,<br />
betragen dagegen zehn Prozent<br />
für Brustkrebs und weniger als ein<br />
Prozent für Eierstockkrebs.<br />
W<strong>ich</strong>tig zu wissen ist aber, dass die<br />
Risiken erst im Laufe des Lebens stark<br />
ansteigen und für jede Dekade unterschiedl<strong>ich</strong>e<br />
Wahrscheinl<strong>ich</strong>keiten<br />
existieren (Abb. 1). So beträgt zum<br />
Beispiel das Risiko, an Brustkrebs zu<br />
erkranken, für eine BRCA1-Mutationsträgerin<br />
bis zum 30. Lebensjahr<br />
circa drei Prozent und bis zum 50.<br />
Lebensjahr circa 40 Prozent. Hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />
des Risikos, an Eierstockkrebs<br />
zu erkranken, sind es null<br />
beziehungsweise etwa 20 Prozent.<br />
Für eine BRCA2-Mutationsträgerin<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
1<br />
„Mit Hilfe neuer molekulargenetischer<br />
Methoden werden in den kommenden Jahren<br />
weitere solcher prädisponierender Gene oder<br />
Varianten für Brust- und Eierstockkrebs<br />
identifiziert werden können.“<br />
lauten die entsprechenden Zahlen<br />
null und 34 Prozent bezügl<strong>ich</strong> des<br />
Brustkrebsrisikos sowie bezogen auf<br />
das Eierstockkrebsrisiko bis zum 30.<br />
Lebensjahr null und bis zum 50.<br />
Lebensjahr etwa fünf Prozent. Das<br />
bedeutet, dass BRCA1-Mutationsträgerinnen<br />
in der Regel früher an<br />
Brust- und Eierstockkrebs erkranken<br />
als BRCA2-Mutationsträgerinnen<br />
(Abb. 1).<br />
Kategorie II: Es gibt noch weitere<br />
hochpenetrante Gene, die allerdings<br />
sehr selten in den familiären Fällen<br />
verändert sind. Oft sind diese Gene<br />
auch mit bestimmten, selten vorkommenden<br />
Syndromen assoziiert, die<br />
deswegen ebenfalls in der Routinediagnostik<br />
gegenwärtig keine Rolle<br />
spielen, wenn n<strong>ich</strong>t eine bestimmte<br />
Symptomatik klar auf eines der genannten<br />
Syndrome hinweist. Damit ist<br />
klar, dass s<strong>ich</strong> die Hoffnung auf ein<br />
weiteres, häufiger verändertes Gen<br />
bei erbl<strong>ich</strong>em Brustkrebs („BRCA3“)<br />
bis jetzt n<strong>ich</strong>t erfüllt hat. Aufgrund<br />
der jeweils niedrigen Zahlen ist es<br />
hier noch n<strong>ich</strong>t mögl<strong>ich</strong>, präzise<br />
Erkrankungswahrscheinl<strong>ich</strong>keiten<br />
für die einzelnen Lebensdekaden<br />
anzugeben, die Lebenszeitrisiken<br />
für Brustkrebs sind aber durch<strong>aus</strong> mit<br />
denen von BRCA1/2 zu vergle<strong>ich</strong>en.<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Insgesamt sind circa fünf Prozent der<br />
familiären Fälle auf solche syndromassoziierten<br />
Gene zurückzuführen.<br />
Aufgrund aktueller Forschungsergebnisse<br />
des Konsortiums kann aber<br />
davon <strong>aus</strong>gegangen werden, dass<br />
mindestens weitere 15 Prozent der<br />
familiären Fälle durch zusätzl<strong>ich</strong>e<br />
hochpenetrante, aber noch unbekannte<br />
Gene, verursacht werden.<br />
Wie sind nun aber die restl<strong>ich</strong>en<br />
(etwa 50 Prozent) auftretenden familiären<br />
Fälle zu erklären? Das führt<br />
uns zu <strong>einer</strong> zweiten genetischen<br />
Belastung:<br />
Kombinierte Mutationen oder<br />
Varianten in Genen mit mode-<br />
rater oder niedriger Penetranz<br />
(polygener Erbgang)<br />
Mutationen in moderat penetranten<br />
Genen treten in der Regel, wie bei<br />
BRCA1/2, heterozygot auf, Veränderungen<br />
in den niedrig penetranten<br />
Genen können auch homozygot<br />
auftreten, das heißt, sie befinden<br />
s<strong>ich</strong> auf beiden Genkopien. Die<br />
Erkrankungswahrscheinl<strong>ich</strong>keiten<br />
für Frauen mit diesem komplexeren<br />
Erbgang sind noch n<strong>ich</strong>t eindeutig<br />
belegt, betragen aber sehr wahrscheinl<strong>ich</strong><br />
die Hälfte der BRCA1/2-<br />
Mutationsträgerinnen.<br />
Kategorie I: Die moderat penetranten<br />
Gene, wie zum Beispiel<br />
CHEK2, ATM, BRIP1 und PALB2,<br />
spielen wie BRCA1/2 eine Rolle<br />
in der DNA-Reparatur, aber die<br />
Auswirkung der gefundenen klassischen<br />
heterozygoten Mutation<br />
ist geringer (Risikoerhöhung für<br />
weibl<strong>ich</strong>en Brustkrebs um zehn<br />
bis 20 Prozent). Außerdem sind<br />
diese Gene ebenfalls nur selten in<br />
den familiären Fällen verändert.<br />
Mutationen in einem dieser Gene<br />
müssen s<strong>ich</strong> deshalb (ob additiv<br />
oder multiplikativ ist noch unklar)<br />
mit mehreren Niedrigrisikovarianten<br />
(Risikoerhöhung für eine Frau von<br />
zwei bis zehn Prozent) kombinieren.<br />
Die w<strong>ich</strong>tigsten Vertreter dafür sind<br />
Varianten im FGFR2- und im TOX3-<br />
Gen. Es gibt zwar noch mindestens<br />
fünf weitere solcher Niedrigrisikovarianten<br />
(siehe Tabelle 1), aber diese<br />
sind noch n<strong>ich</strong>t so eindeutig validiert<br />
wie diese beiden. W<strong>ich</strong>tig zu<br />
verstehen ist dabei, dass es s<strong>ich</strong> bei<br />
den Niedrigrisikovarianten um so<br />
genannte Normvarianten handelt,<br />
die n<strong>ich</strong>t nur bei erkrankten, sondern<br />
auch gesunden Frauen gefunden<br />
werden. Allerdings kommt die<br />
Niedrigrisikovariante bei erkrankten<br />
Frauen häufiger vor als bei N<strong>ich</strong>terkrankten.<br />
Interessant ist auch, dass
diese Niedrigrisikovarianten n<strong>ich</strong>t<br />
das jeweilige Protein verändern<br />
(wie die klassische genetische Mutation),<br />
sondern nur die Menge des<br />
Proteins. So führt das Vorhandensein<br />
<strong>einer</strong> Niedrigrisikovariante im<br />
Intron 2 des FGFR2-Gens, das einen<br />
„fibroblast growth factor receptor“<br />
(Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor)<br />
kodiert, dazu, dass weniger<br />
davon in der Zelle zur Verfügung<br />
steht. Weitere Niedrigrisikovarianten,<br />
die nach dem gle<strong>ich</strong>en Prinzip<br />
funktionieren, wurden inzwischen<br />
auch für andere Tumorerkrankungen<br />
(wie zum Beispiel Prostatakrebs)<br />
oder andere häufige Erkrankungen,<br />
wie zum Beispiel Fettleibigkeit („Adipositas“),<br />
gezeigt.<br />
Kategorie II: Für diese Kategorie<br />
müssen noch weitere moderat penetrante<br />
Gene gefunden werden.<br />
Vermutl<strong>ich</strong> kodieren diese Proteine<br />
auf anderen Stoffwechselwegen,<br />
die mit der Entstehung von Tumoren<br />
in Verbindung stehen, wie zum<br />
Beispiel Apoptose (Zelltod) oder Angiogenese<br />
(Versorgung des Tumors<br />
mit Sauerstoff). Außerdem müssen<br />
noch weitere Niedrigrisikovarianten<br />
gefunden werden. Dazu werden<br />
gegenwärtig genomweite Assoziationsstudien<br />
in mehreren t<strong>aus</strong>end<br />
erbl<strong>ich</strong>en Fällen, die keine Mutation<br />
in den BRCA-Genen zeigten, durchgeführt.<br />
So lange aber für diese<br />
Kategorie die verursachenden Gene<br />
beziehungsweise Varianten n<strong>ich</strong>t<br />
gefunden sind, ist für die genetische<br />
und klinische Risikoeinschätzung<br />
ein errechneter Wert (siehe Seiten<br />
9 und 32) maßgebend.<br />
Abbildung 1: Erkrankungsrisiko für Brust- beziehungsweise Eierstockkrebs<br />
bei Trägerinnen von Mutationen im BRCA1- oder BRCA2-Gen.<br />
%<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
%<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
| Welche Arten <strong>einer</strong> familiären Belastung gibt es?<br />
3%<br />
0%<br />
MaCa<br />
(
1<br />
KLINISCHE KONSEQUENZEN<br />
FüR MÄNNER<br />
Mutationen oder Varianten in den<br />
beschriebenen oder erwähnten<br />
Genen betreffen, wie oben dargestellt,<br />
hauptsächl<strong>ich</strong> Frauen.<br />
Männl<strong>ich</strong>e Mutationsträger haben<br />
nach den bis jetzt vorliegenden<br />
Daten nur bei <strong>einer</strong> vorliegenden<br />
BRCA2-Mutation deutl<strong>ich</strong> oder<br />
le<strong>ich</strong>t erhöhte Risiken für bestimmte<br />
Tumorerkrankungen. Männer mit<br />
<strong>einer</strong> BRCA2-Mutation haben zum<br />
Beispiel ein etwa zehnprozentiges<br />
lebenslanges Risiko an Brustkrebs<br />
zu erkranken, das erst nach dem<br />
50. Lebensjahr deutl<strong>ich</strong> ansteigt.<br />
Das Risiko für Männer ohne Mutation<br />
ist kl<strong>einer</strong> als ein Promille! Außerdem<br />
zeigen Männer mit <strong>einer</strong><br />
BRCA2-Mutation statistisch signifikante,<br />
aber trotzdem nur ein le<strong>ich</strong>t<br />
erhöhtes Risiko, für die Entstehung<br />
von Prostatakrebs, Dickdarm- und<br />
Bauchspe<strong>ich</strong>eldrüsenkrebs (letz-<br />
terer ist allerdings sehr selten).<br />
Deshalb sollten Männer mit <strong>einer</strong><br />
BRCA2-Mutation neben der Untersuchung<br />
der Brust durch Tasten und<br />
Ultraschall ab dem 50. Lebensjahr<br />
auch die gesetzl<strong>ich</strong>en Vorsorgeuntersuchungen<br />
für Prostata und<br />
Dickdarmkrebs wahrnehmen.<br />
Welches Erkrankungsrisiko Söhne<br />
von Männern haben, die aufgrund<br />
polygener Varianten erkrankt sind,<br />
ist noch n<strong>ich</strong>t klar. Es liegt aber sehr<br />
wahrscheinl<strong>ich</strong> unter fünf Prozent.<br />
Tabelle 1: Risikoerhöhungen bei Mutationen oder Varianten mit moderater oder niedriger Penetranz für<br />
weibl<strong>ich</strong>en Brustkrebs.<br />
A Selten mutierte Gene mit moderater Risikoerhöhung<br />
Gen Funktion Risikoerhöhung (heterozygot)<br />
ATM DNS-Reparatur (ca. 14% bei het. Mutation)<br />
BRIP1 DNA-Reparatur (ca. 10% bei het. Mutation)<br />
CHEK2 DNA-Reparatur (ca. 10% bei het. Mutation)<br />
PALB2 DNA-Reparatur (ca. 13% bei het. Mutation)<br />
B Häufig veränderte Varianten mit niedriger Risikoerhöhung<br />
Gen Funktion Risikoerhöhung (hetero-/homozygot)<br />
FGFR2 östrogenstoffwechsel (ca. 2% het.; ca. 6% hom.)<br />
TNRC9 Regulierung Zelltod (ca. 3% het.; ca. 6% hom.)<br />
LSP1* Immunregulation (ca. 1% het.; ca. 2% hom.)<br />
MAP3K1 unbekannt (ca. 1% het.; ca. 3% hom.)<br />
2q35 unbekannt (ca. 1% het.; ca. 4% hom.)<br />
6q22.33 unbekannt (ca. 2% het.; ca. 5% hom.)<br />
CASP8 unbekannt (ca. 1% het.; ca. 2% hom.)<br />
Legende: Homozygote Veränderungen in den Genen unter A führen zu schweren Erkrankungen im<br />
Kindheitsalter; die Häufigkeit der Varianten in den Genen unter B liegt zwischen zehn und 50 Prozent!<br />
Als lebenslanges Basisrisiko für jede Frau wurde ein Wert von zehn Prozent angenommen.<br />
*In diesem Gen gibt es vermutl<strong>ich</strong> noch stärkere Varianten.<br />
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BEDEUTUNG FüR KINDER<br />
Was bedeuten Veränderungen in<br />
diesen Genen oder Varianten für<br />
die Nachkommen, das heißt für die<br />
Kinder? BRCA1- und BRCA2-Mutationen<br />
werden mit <strong>einer</strong> Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit<br />
von 50 Prozent vererbt. Falls<br />
Töchter oder Söhne die Mutation<br />
n<strong>ich</strong>t vererbt bekommen, sind die<br />
Töchter von den hohen Erkrankungsrisiken<br />
für Brust- oder Eierstockkrebs<br />
entlastet und die Söhne können sie<br />
n<strong>ich</strong>t mehr an ihre eigenen Töchter<br />
weitervererben. Falls eine Tochter<br />
die Mutation vererbt bekommen<br />
hat, ist mit ihr aufgrund der hoch<br />
assoziierten Erkrankungsrisiken für<br />
Brust- und/oder Eierstockkrebs über<br />
prophylaktische Operationen und/<br />
oder alternativ über intensivierte<br />
Früherkennungsmaßnahmen zu<br />
sprechen (siehe Beitrag von Frau<br />
Prof. Rita Schmutzler Seite 73). Da<br />
vor dem 18. Lebensjahr Brustkrebs<br />
praktisch gar n<strong>ich</strong>t und vor dem 25.<br />
Lebensjahr nur sehr selten auftritt,<br />
findet eine genetische Untersuchung<br />
n<strong>ich</strong>t vor dem 18. Lebensjahr und<br />
eine klinische Betreuung in der Regel<br />
n<strong>ich</strong>t vor dem 25. Lebensjahr<br />
statt.<br />
Söhne, die eine BRCA1-Mutation<br />
vererbt bekommen haben, zeigen<br />
nach den gegenwärtigen Erkenntnissen<br />
auch keine le<strong>ich</strong>t erhöhten Risiken<br />
für Prostata-, Dickdarm-, Brust-<br />
oder Bauchspe<strong>ich</strong>eldrüsenkrebs.<br />
Dies kann s<strong>ich</strong> aber vor allem für<br />
die beiden ersten Tumorarten noch<br />
(le<strong>ich</strong>t) ändern. Sie können aber die<br />
BRCA1-Mutation an eine Tochter<br />
vererben, die dann wiederum hohe<br />
Erkrankungsrisiken für Brust- und<br />
Eierstockkrebs hätte.<br />
Was die Vererbung der polygenen<br />
Varianten betrifft, ist das Risiko für<br />
die Nachkommen noch n<strong>ich</strong>t zufriedenstellend<br />
geklärt. So wird zwar<br />
die einzelne moderat wirkende<br />
Mutation mit <strong>einer</strong> Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit<br />
von 50 Prozent und die<br />
Niedrigrisikovariante manchmal<br />
sogar mit <strong>einer</strong> Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit<br />
von 100 Prozent vererbt (wenn sie<br />
zum Beispiel bei der erkrankten<br />
Mutter homozygot vorliegt), aber<br />
mit welcher Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit ein<br />
„polygenes Set“ von hinre<strong>ich</strong>enden<br />
Mutationen und/oder Varianten<br />
bei den Nachkommen „ankommt“,<br />
ist noch unklar. Allerdings ist sehr<br />
wahrscheinl<strong>ich</strong>, dass weibl<strong>ich</strong>e<br />
Nachkommen ein circa 40-prozentiges<br />
Risiko haben, an Brustkrebs<br />
zu erkranken. Das gilt allerdings<br />
streng genommen nur für weibl<strong>ich</strong>e<br />
Nachkommen <strong>aus</strong> Familien mit drei<br />
oder mehr Fällen von Brustkrebs,<br />
die keine Mutation im BRCA1/2-<br />
Gen zeigen. Solchen Frauen steht<br />
ebenfalls unter Umständen ein<br />
intensiviertes Früherkennungsprogramm<br />
zu.<br />
AUSBLICK<br />
| Welche Arten <strong>einer</strong> familiären Belastung gibt es?<br />
Mit Hilfe neuer molekulargenetischer<br />
Methoden (Chiptechnologie, noch<br />
schnelleres und billigeres Entschlüsseln<br />
einzelner Genome) werden in<br />
den kommenden Jahren weitere solcher<br />
prädisponierender Gene oder<br />
Varianten für Brust- und Eierstock-<br />
krebs identifiziert werden können,<br />
was die Risikoeinschätzung von Rat<br />
Suchenden <strong>aus</strong> Familien, die keine<br />
Mutationen in den bekannten hochpenetranten<br />
Genen zeigen, weiter<br />
verbessern wird.<br />
AUTOR<br />
Prof. Dr. rer. nat. Alfons<br />
Meindl<br />
Sprecher der Molekulargenetiker<br />
des Deutschen Konsortiums für<br />
„Familiären Brust- und<br />
Eierstockkrebs“,Leiter der Abteilung<br />
für gynäkologische Tumorgenetik<br />
Frauenklinik und Poliklinik der<br />
Technischen Universität München<br />
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3 Sind familiäre Tumore Tumoren etwas<br />
Besonderes?<br />
0 Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Pathologische Besonderheiten<br />
des erbl<strong>ich</strong>en Brustkrebses<br />
MIKROSKOPISCHE DIAGNOSTIK VON BRCA-TUMOREN<br />
Ein w<strong>ich</strong>tiges Ziel der pathologischanatomischen<br />
Forschung auf dem<br />
Gebiet des erbl<strong>ich</strong>en Brustkrebses<br />
(<strong>Mamma</strong>karzinoms) stellt die Erkennung<br />
von Gewebemerkmalen dar,<br />
welche eine klare diagnostische<br />
Abgrenzbarkeit gegenüber sporadischen,<br />
also vereinzelt auftretenden<br />
Geschwülsten (Karzinomen) ermögl<strong>ich</strong>en.<br />
Bislang sind ledigl<strong>ich</strong> für die<br />
mit <strong>einer</strong> BRCA1-Mutation einhergehenden<br />
<strong>Mamma</strong>karzinome charakteristische<br />
histologische 1 und immunhistochemische<br />
2 Merkmale bekannt,<br />
n<strong>ich</strong>t jedoch für BRCA2 Tumoren.<br />
BRUSTTUMOREN, DIE AUF<br />
EINE BRCA1-MUTATION<br />
ZURüCKZUFüHREN SIND,<br />
BESITZEN CHARAKTERIS-<br />
TISCHE FEINGEWEBLICHE<br />
MERKMALE<br />
Diese Merkmale sind per se kein<br />
Beweis für BRCA1-Tumoren, da<br />
sie auch in sporadischen <strong>Mamma</strong>karzinomen<br />
auftreten können.<br />
Dennoch sind sie in der Gruppe<br />
der BRCA1-Karzinome signifikant<br />
häufiger zu beobachten und geben<br />
| Sind familiäre Tumoren etwas Besonderes?<br />
insbesondere in Kombination mit<br />
den entsprechenden klinischen Befunden,<br />
wie beispielsweise einem<br />
frühen Erkrankungsalter vor dem<br />
40. Lebensjahr, w<strong>ich</strong>tige Hinweise<br />
auf eine erbl<strong>ich</strong>e Entstehung. Makroskopisch,<br />
also mit bloßem Auge,<br />
unterscheiden s<strong>ich</strong> weder BRCA1<br />
noch BRCA2 assoziierte <strong>Mamma</strong>karzinome<br />
pathologisch-anatomisch<br />
von sporadisch aufgetretenen.<br />
BRUSTTUMOREN, DIE AUF<br />
EINE BRCA1-MUTATION<br />
ZURüCKZUFüHREN SIND,<br />
SIND SCHLECHT DIFFEREN-<br />
ZIERTE TUMOREN VOM<br />
DUKTALEN TyP<br />
Der histologische Differenzierungsgrad<br />
beze<strong>ich</strong>net die Ähnl<strong>ich</strong>keit<br />
eines Tumors mit seinem<br />
Ursprungsgewebe und gibt Hinweise<br />
auf sein Wachstumsverhalten.<br />
Man unterscheidet nach der Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO gut<br />
differenzierte Tumoren (G1) von<br />
mäßig (G2) und gering (G3) differenzierten.<br />
Letztere ze<strong>ich</strong>nen s<strong>ich</strong><br />
durch den Verlust typischer Archi-<br />
tekturmuster des Ursprungsgewebes<br />
(zum Beispiel Drüsenbildung), Vielgestaltigkeit<br />
(Pleomorphie) der Zellen<br />
mit deutl<strong>ich</strong>er Größendifferenz<br />
der Zellkerne sowie eine gesteigerte<br />
Zellteilungsrate (Proliferation) <strong>aus</strong>.<br />
BRCA1-Karzinome sind in der Regel<br />
gering differenziert (G3) und vom<br />
so genannten duktalen Typ, welcher<br />
in den Milchgängen entsteht.<br />
Gering differenziertes <strong>Mamma</strong>karzinom<br />
bei BRCA1-Mutation.<br />
Normales Drüsenläppchen mit regelrechter<br />
Architektur.<br />
1 Histologie beze<strong>ich</strong>net den feingewebl<strong>ich</strong>en, nur mikroskopisch s<strong>ich</strong>tbaren Aufbau eines Gewebes.<br />
2 Immunhistochemie beze<strong>ich</strong>net das S<strong>ich</strong>tbarmachen von gewebstypischen Strukturen (Antigene) durch einen farbmarkierten,<br />
bindungsspezifischen Antikörper unter dem Mikroskop.<br />
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BRUSTTUMOREN, DIE AUF<br />
EINE BRCA1-MUTATION<br />
ZURüCKZUFüHREN SIND,<br />
SIND „TRIPLE NEGATIVE“<br />
TUMOREN UND BILDEN<br />
SO GENANNTE „BASALE“<br />
MARKER<br />
Eine w<strong>ich</strong>tige Rolle im Rahmen der<br />
pathologisch-anatomischen Diagnostik<br />
von <strong>Mamma</strong>karzinomen<br />
spielt die immunhistochemische<br />
Untersuchung der Hormonrezeptoren<br />
sowie des Her2-neu Status<br />
im Hinblick auf mögl<strong>ich</strong>e Therapieoptionen.<br />
Hierbei wird an die Zielstruktur,<br />
beispielsweise den östrogenrezeptor,<br />
mittels histotechnischer<br />
Methoden ein Antikörper gebunden,<br />
welcher wiederum durch einen farbmarkierten<br />
Antikörper erkannt wird.<br />
Unter dem Mikroskop erscheint die<br />
interessierende Zielstruktur farbl<strong>ich</strong><br />
hervorgehoben und lässt s<strong>ich</strong> qualitativ<br />
und semiquantitativ bestimmen.<br />
BRCA1-Karzinome ze<strong>ich</strong>nen s<strong>ich</strong><br />
sehr häufig (über 80 Prozent) durch<br />
einen vollständigen Verlust des östrogen-<br />
und Progesteronrezeptors<br />
sowie des Her2-neu Rezeptors <strong>aus</strong>,<br />
sind also immunhistochemisch dreifach<br />
negativ (triple negativ).<br />
a) östrogenrezeptor.<br />
Des Weiteren bilden die Tumorzellen<br />
auf ihrer Oberfläche bestimmte<br />
Moleküle, so genannte Zytokeratine,<br />
<strong>aus</strong>. Diese finden s<strong>ich</strong> ebenfalls auf<br />
den Zellen des zugehörigen, n<strong>ich</strong>t<br />
erkrankten Gewebes und zeigen somit<br />
die Verwandtschaft des Tumors<br />
mit seinem Ursprungsgewebe an.<br />
Die Zellen der BRCA1 assoziierten<br />
<strong>Mamma</strong>karzinome bilden überproportional<br />
häufig jene Zytokeratine<br />
<strong>aus</strong>, welche s<strong>ich</strong> auf der Oberfläche<br />
der gesunden Basalzellen und Myoepithelzellen<br />
des Brustdrüsengewebes<br />
finden. Diese beiden Zelltypen<br />
liegen in der zweiten Reihe unter<br />
den eigentl<strong>ich</strong>en Drüsenzellen, welche<br />
das Sekret bilden und in die<br />
Drüsengänge abgeben. Die Myoepithelzellen<br />
besitzen hierbei die<br />
Eigenschaft von Muskelzellen, s<strong>ich</strong><br />
zusammen zu ziehen, und unterstützen<br />
somit die Sekretion.<br />
FAZIT<br />
Die Erstellung eines BRCA1/2 spezifischen<br />
Tumorprofils durch die<br />
Identifizierung weiterer histomorphologischer<br />
und immunhistochemischer<br />
Marker bleibt zukünftig ein wesentl<strong>ich</strong>er<br />
Bestandteil der pathologisch-<br />
anatomischen Erforschung des Brustkrebses<br />
mit dem Ziel <strong>einer</strong> einfachen<br />
und präzisen mikroskopischen Diagnostik<br />
dieser Tumoren.<br />
AUTOREN<br />
Prof. Dr. med. H.-H. Kreipe<br />
Referenzpathologe des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären Brust-<br />
und Eierstockkrebs“, Direktor des<br />
Instituts für Pathologie Medizinische<br />
Hochschule Hannover<br />
Philipp Ahrens<br />
Arzt, Institut für Pathologie<br />
Medizinische Hochschule Hannover<br />
Immunhistochemie eines triple negativen <strong>Mamma</strong>karzinoms bei BRCA1-Mutation<br />
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b) Progesteronrezeptor. c) Her2/neu, jeweils mit Positivkontrolle (Inlet).
Etwa 9.000 Frauen erkranken in<br />
Deutschland jährl<strong>ich</strong> an bösartigen<br />
Tumoren der Eierstöcke (Ovarien).<br />
Eine familiäre Häufung ist in fünf bis<br />
zehn Prozent aller Fälle zu beobachten.<br />
Hinweise auf einen erbl<strong>ich</strong>en<br />
Aspekt finden s<strong>ich</strong> meist in der<br />
eigenen Krankengesch<strong>ich</strong>te oder<br />
der familiären Vorgesch<strong>ich</strong>te. Sind<br />
beispielsweise beide Eierstöcke betroffen,<br />
liegt das Erkrankungsalter<br />
vor dem 40. Lebensjahr oder sind<br />
bereits mehrere Familienmitglieder<br />
erkrankt, kann dies für eine Erbl<strong>ich</strong>keit<br />
der Krebserkrankung sprechen.<br />
90 Prozent aller erbl<strong>ich</strong>en Ovarialtumoren<br />
gehen mit <strong>einer</strong> Veränderung<br />
der Gene BRCA1 oder BRCA2<br />
einher.<br />
PATHOLOGISCHE<br />
KRITERIEN ZUR BEUR-<br />
TEILUNG BöSARTIGER<br />
OVARIALTUMOREN<br />
Bei der Beurteilung des Krankheits<strong>aus</strong>maßes,<br />
der Einschätzung des<br />
weiteren Krankheitsverlaufes und<br />
der Festlegung <strong>einer</strong> optimalen Behandlung<br />
nimmt die pathologische<br />
Untersuchung von Tumorgewebe<br />
eine zentrale Stellung ein. Im Vor-<br />
dergrund stehen bei der pathologischen<br />
Begutachtung bösartiger<br />
Ovarialtumore der histologische<br />
Tumortyp, die Ausdehnung des<br />
Tumors, das Wachstumsmuster der<br />
entarteten Zellen sowie der Grad<br />
ihrer Entartung, die so genannte<br />
Differenzierung.<br />
TUMORTyP<br />
| Sind familiäre Tumoren etwas Besonderes?<br />
Pathologische Besonderheiten<br />
des erbl<strong>ich</strong>en Eierstockkrebses<br />
VERERBUNGSMODUS NICHT ALLEIN DURCH MIKROSKOPISCHE<br />
UNTERSUCHUNG ERKENNBAR<br />
Krebserkrankungen sind das Ergebnis<br />
unkontrollierten Wachstums<br />
körpereigener Zellen. Je nachdem,<br />
von welchen Zellen der Tumor seinen<br />
Ausgang genommen hat, lassen<br />
s<strong>ich</strong> verschiedene Tumortypen<br />
unterscheiden:<br />
Vollständiges Ovar mit großem<br />
Tumor. In der linken Bildhälfte<br />
erkennt man ein seröses Ovarialkarzinom<br />
(gestr<strong>ich</strong>elte Umrandung),<br />
welches über das Ovar<br />
hin<strong>aus</strong>zuwachsen droht. Der<br />
übrige Eierstock mit typischer<br />
Unterteilung in einen der Oberfläche<br />
zugewandten Anteil (Rinde)<br />
und einen innen gelegenen<br />
Anteil (Mark). Innerhalb der<br />
Markregion sind ältere, narbig<br />
umgewandelte Gelbkörperreste<br />
zu sehen (Sterne).<br />
1.) Tumoren, die s<strong>ich</strong> von den Oberflächenzellen<br />
des Eierstocks herleiten<br />
(Karzinome)<br />
2.) Tumoren, die <strong>aus</strong> dem stützenden<br />
Bindegewebe des Eierstocks entstehen<br />
(Stromatumoren)<br />
3.) Tumoren, die in den Eizellen<br />
ihren Ursprung nehmen (Keimzelltumoren)<br />
Weiterhin ist es insbesondere in Anbetracht<br />
prophylaktischer Maßnahmen<br />
von Bedeutung, dass bösartige<br />
Veränderungen auch von Deckzellen<br />
der Eileiter <strong>aus</strong>gehen können.<br />
Im Vergle<strong>ich</strong> zu Ovarialkarzinomen<br />
werden diese Tumoren häufiger in<br />
frühen Stadien entdeckt.<br />
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Unauffällige Ovaroberfläche. Man erkennt<br />
kleine, regelmäßig geformte Oberflächenzellen<br />
(Pfeil), die in <strong>einer</strong> Reihe dem<br />
faserigen Bindegewebe der Ovarrinde<br />
aufsitzen.<br />
WACHSTUMSMUSTER UND<br />
DIFFERENZIERUNG<br />
Entartete Zellen können unterschiedl<strong>ich</strong>e<br />
Eigenschaften aufweisen. Im<br />
Falle des Ovarialkarzinoms werden<br />
folgende Varianten unterschieden:<br />
Flüssigkeitabsondernde (seröse),<br />
verschleimende (muzinöse), endometrioide(Gebärmuttergewebeähnl<strong>ich</strong>e),<br />
klarzellige und undifferenzierte<br />
Formen. Je nach Grad der<br />
Entartung verlieren Tumorzellen die<br />
Eigenschaften der Ursprungszelle.<br />
Unterschieden werden können gut<br />
differenzierte (G1), der Ausgangszelle<br />
noch relativ ähnl<strong>ich</strong>e Tumoren,<br />
von mäßig (G2) und schlecht (G3)<br />
differenziertem Krebsgewebe. Eine<br />
schlechte Differenzierung wird mit<br />
<strong>einer</strong> schlechteren Prognose in Verbindung<br />
gebracht.<br />
TUMORAUSDEHNUNG<br />
Die Tumor<strong>aus</strong>dehnung zum Zeitpunkt<br />
der Erstdiagnose stellt im Hinblick<br />
auf den weiteren Krankheitsverlauf<br />
das w<strong>ich</strong>tigste Kriterium dar.<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Seröses Ovarialkarzinom. Die Oberflächenzellen<br />
wirken unregelmäßig (Pfeil),<br />
wachsen übereinander und in mehreren<br />
Sch<strong>ich</strong>ten, das Bindegewebe ist fingerförmig<br />
<strong>aus</strong>gezogen.<br />
Hat s<strong>ich</strong> der Tumor bereits über den<br />
Eierstock hinweg <strong>aus</strong>gebreitet, kann<br />
er das Bauchfell befallen (Peritonealkarzinose)<br />
oder Streuherde (Metastasen)<br />
in anderen Organen bilden.<br />
Je weiter s<strong>ich</strong> ein Tumor im Körper<br />
<strong>aus</strong>gedehnt hat, desto schwerer ist<br />
er zu behandeln.<br />
FAZIT<br />
Bei erbl<strong>ich</strong>em Eierstockkrebs handelt<br />
es s<strong>ich</strong> in den meisten Fällen<br />
um mäßig bis schlecht differenzierte<br />
seröse, seltener auch muzinöse oder<br />
endometrioide Ovarialkarzinome.<br />
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung<br />
findet s<strong>ich</strong> zudem häufig ein bereits<br />
fortgeschrittenes Tumorstadium; n<strong>ich</strong>t<br />
zuletzt da keine charakteristischen<br />
Frühsymptome auftreten und das Alter<br />
der betroffenen Frauen wesentl<strong>ich</strong><br />
unter dem typischen Erkrankungsalter<br />
liegen kann. Da all diese Merkmale<br />
allerdings ebenso auf n<strong>ich</strong>t-erbl<strong>ich</strong>e<br />
Ovarialtumoren zutreffen können,<br />
lässt s<strong>ich</strong> ein Vererbungsmodus n<strong>ich</strong>t<br />
allein mittels <strong>einer</strong> pathologischen<br />
Untersuchung identifizieren. Die<br />
Muzinöses Ovarialkarzinom. Hier erscheinen<br />
die Oberflächenzellen verlängert und<br />
aufgrund der Schleimproduktion sehr hell<br />
(Pfeil). Ab und zu lassen s<strong>ich</strong> Schleimtropfen<br />
erkennen (Pfeilspitzen).<br />
Diagnose eines erbl<strong>ich</strong>en Eierstockkrebses<br />
kann nur zusammen mit klinischen<br />
Kriterien und eventuell <strong>einer</strong><br />
genetischen Analyse erfolgen.<br />
AUTOREN<br />
Prof. Dr. med.<br />
Reinhard Büttner<br />
Referenzpathologe des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären Brust-<br />
und Eierstockkrebs“;<br />
Leiter des Instituts für Pathologie,<br />
Universitätsklinikum Bonn<br />
Heidrun Gevensleben<br />
Ärztin, Institut für Pathologie<br />
Universitätsklinikum Bonn
Im Unterschied zu den spontanen<br />
Formen des Brustkrebses erkranken<br />
Frauen mit <strong>einer</strong> erbl<strong>ich</strong>en Belastung<br />
für ein <strong>Mamma</strong>karzinom häufig<br />
deutl<strong>ich</strong> früher, die Trägerinnen <strong>einer</strong><br />
BRCA-Mutation oft bereits vor<br />
dem 40. Lebensjahr. Die Tumoren<br />
besitzen vielfach ungünstigere und<br />
biologisch aggressivere, histopathologische<br />
Eigenschaften. Es handelt<br />
s<strong>ich</strong> überwiegend um undifferenzierte<br />
und multifokal (mit mehreren<br />
Herden) auftretende, schnell wachsende<br />
Karzinome.<br />
Bekannt ist, dass bei den mit <strong>einer</strong><br />
BRCA1-und BRCA2-Mutation einhergehenden<br />
Karzinomen das Risiko<br />
eines Zweitkarzinoms fünffach erhöht<br />
ist im Vergle<strong>ich</strong> zu den Patientinnen<br />
mit <strong>einer</strong> n<strong>ich</strong>t vererbten Form<br />
eines <strong>Mamma</strong>karzinoms. Durch<br />
eine prophylaktische Entfernung<br />
des Brustdrüsengewebes oder der<br />
Eierstöcke kann das Erkrankungsrisiko<br />
deutl<strong>ich</strong> gesenkt werden. Diese<br />
Maßnahmen sollten aber nur bei<br />
nachgewiesenen Mutationen und<br />
nach abgeschlossener Familienplanung<br />
in Betracht gezogen werden.<br />
So bleibt eine n<strong>ich</strong>t unerhebl<strong>ich</strong>e<br />
Anzahl an Frauen, die keine s<strong>ich</strong>ere<br />
Prophylaxe durchführen kann. Dem<br />
frühzeitigen Erkennen eines Mam-<br />
| Sind familiäre Tumoren etwas Besonderes?<br />
Radiologische Besonderheiten<br />
familiärer Tumoren<br />
DAS RADIOLOGISCHE FRüHERKENNUNGSKONZEPT<br />
makarzinoms mittels intensivierter<br />
Früherkennung kommt daher eine<br />
vorrangige Bedeutung zu.<br />
Leider ist die Aussagekraft der<br />
klinischen Untersuchung und<br />
bildgebenden Verfahren bei der<br />
Entdeckung des Eierstockkrebses<br />
deutl<strong>ich</strong> eingeschränkt. Man kann<br />
eigentl<strong>ich</strong> nur die Entfernung der<br />
Eierstöcke und Eileiter als einzige<br />
s<strong>ich</strong>ere sinnvolle Methode zur Verhinderung<br />
von Ovarialkarzinomen<br />
empfehlen. Den bildgebenden Verfahren<br />
entgehen regelmäßig auch<br />
fortgeschrittene Ovarialkarzinome.<br />
Die Aussagekraft der Untersuchung<br />
ist sehr abhängig von der Erfahrenheit<br />
des Untersuchers. Wenn<br />
man s<strong>ich</strong> dieser Einschränkungen<br />
bewusst ist, ist die Sonographie,<br />
also die Ultraschalluntersuchung der<br />
Eierstöcke, dennoch unter Umständen<br />
eine sinnvolle Ergänzung. Sie<br />
wird allerdings n<strong>ich</strong>t mehr generell<br />
empfohlen (siehe Seite 76).<br />
STRUKTURIERTES FRüHER-<br />
KENNUNGSPROGRAMM<br />
FüR RISIKOPATIENTEN<br />
Aufgrund des frühen Erkrankungsalters<br />
und dem in Studien belegten<br />
Nutzen <strong>einer</strong> intensiven Früherken-<br />
nung bereits vor dem 50. Lebensjahr<br />
wurde im Verbundprojekt mit<br />
Unterstützung durch die Deutsche<br />
Krebshilfe ein strukturiertes Früherkennungsprogramm<br />
einger<strong>ich</strong>tet<br />
und beurteilt. Die alleinige Mammographie<br />
ist teilweise unbefriedigend,<br />
da zum Beispiel eine niedrige<br />
Entdeckungsrate bei d<strong>ich</strong>tem<br />
Drüsengewebe besteht. Daher ist<br />
es notwendig, die Effektivität der<br />
Brustkrebsfrüherkennung in diesem<br />
Risikokollektiv durch den Einsatz von<br />
ergänzenden hochempfindl<strong>ich</strong>en<br />
Untersuchungsmethoden (Sonographie<br />
und Magnetresonanztomographie)<br />
zu erhöhen, um eine deutl<strong>ich</strong>e<br />
Vorverlegung der Brustkrebsdiagnose<br />
zu ermögl<strong>ich</strong>en. Das Konzept<br />
wird aktuell von zwölf auf familiären<br />
Brustkrebs spezialisierten Zentren in<br />
Berlin, Köln/Bonn, Dresden Düsseldorf,<br />
Hannover, Heidelberg, Kiel,<br />
Leipzig, München, Münster, Ulm<br />
und Würzburg angeboten.<br />
Die Empfehlungen zur Untersuchung<br />
von männl<strong>ich</strong>en Mutationsträgern<br />
sind n<strong>ich</strong>t ganz einheitl<strong>ich</strong>.<br />
Da ein <strong>Mamma</strong>karzinom beim<br />
Mann schon sehr gut in der klinischen<br />
Untersuchung entdeckt werden kann,<br />
sollte auf jeden Fall eine regelmäßige<br />
Selbstuntersuchung der Brust durch-<br />
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geführt werden. Zu dem Nutzen von<br />
apparativen Untersuchungen liegen<br />
allerdings keine wissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Ergebnisse vor. Bei klinischen Auffälligkeiten<br />
ist eine sonographische und<br />
gegebenenfalls mammographische<br />
Abklärung erforderl<strong>ich</strong>.<br />
Bei Frauen mit einem anhand des<br />
Familienstammbaums ermittelten<br />
mittleren Risikos, im Laufe des Lebens<br />
an einem <strong>Mamma</strong>karzinom<br />
zu erkranken (Erkrankungsrisiko<br />
von 15 bis 30 Prozent), wird eine<br />
jährl<strong>ich</strong>e Ultraschalluntersuchung<br />
und Mammographie ab dem 40.<br />
Lebensjahr empfohlen.<br />
Bei Frauen mit nachgewiesener<br />
BRCA1- oder BRCA2-Mutation und<br />
einem Erkrankungsrisiko von mehr<br />
als 30 Prozent oder einem Risiko<br />
der Mutationsträgerschaft (Heterozygotenrisiko)<br />
von mehr als 20<br />
Prozent werden folgende Untersuchungen<br />
empfohlen:<br />
KLINISCHE UNTERSUCHUNG<br />
Eine regelmäßige klinische Untersuchung,<br />
durchgeführt durch einen<br />
erfahrenen Arzt, ist seit langem<br />
ein fest etablierter Bestandteil der<br />
Brustkrebsfrüherkennung. Die klinische<br />
Untersuchung gibt darüber<br />
hin<strong>aus</strong> dem betreuenden Arzt die<br />
Mögl<strong>ich</strong>keit, die verschiedenen<br />
Früherkennungsmaßnahmen zu<br />
koordinieren und Probleme, die<br />
im Rahmen der Brustselbstuntersuchung<br />
aufgefallen sind, zu klären.<br />
Aus dem amerikanischen „Breast<br />
Cancer Detection Demonstration<br />
Project“ ist außerdem bekannt, dass<br />
ein Teil aller <strong>Mamma</strong>karzinome<br />
mammographisch auch bei optimaler<br />
Untersuchungstechnik n<strong>ich</strong>t zur<br />
Darstellung kommen und nur durch<br />
einen auffälligen Tastbefund in der<br />
Selbstuntersuchung beziehungsweise<br />
klinischen Untersuchung entdeckt<br />
werden. Dieser Prozentsatz liegt bei<br />
Frauen unter 50 Jahren mit etwa 13<br />
Alter Untersuchung Häufigkeit<br />
Unabhängig vom Alter Selbstuntersuchung der<br />
Brust<br />
Ab dem 25. Lebensjahr<br />
beziehungsweise 5 Jahre<br />
vor dem Erkrankungsalter<br />
der jüngsten Betroffenen<br />
in der Familie<br />
Tastuntersuchung von<br />
Brust und Eierstöcken<br />
monatl<strong>ich</strong><br />
halbjährl<strong>ich</strong><br />
Sonographie der Brust halbjährl<strong>ich</strong><br />
Ab dem 30. Lebensjahr Mammographie jährl<strong>ich</strong><br />
Vom 25. bis circa zum 55.<br />
Lebensjahr (in Abhängigkeit<br />
von der Brustd<strong>ich</strong>te)<br />
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Magnetresonanz-<br />
tomographie (MRT)<br />
der Brust<br />
jährl<strong>ich</strong><br />
Prozent höher als bei Frauen über<br />
50 Jahren (7 Prozent).<br />
! Ein auffälliger Tastbefund<br />
oder auffällige Hautveränderungen<br />
müssen weiter abge-<br />
klärt werden, auch wenn alle<br />
bildgebenden Verfahren unauf-<br />
fällig sind, da sie das einzige<br />
Ze<strong>ich</strong>en eines Brustkrebses sein<br />
können.<br />
SONOGRAPHIE (ULTRA-<br />
SCHALLUNTERSUCHUNG)<br />
Die Ultraschalluntersuchung ist ein<br />
einfach durchzuführendes und ungefährl<strong>ich</strong>es<br />
Verfahren zur Untersuchung<br />
der Brust, das ohne Bedenken<br />
auch bei jungen Frauen einsetzbar<br />
ist. Mehrere Studien ergaben, dass<br />
insbesondere bei Anwendung hochauflösender<br />
Ultraschallsonden mit <strong>einer</strong><br />
Frequenz von 7,5 MHz und mehr<br />
auch sehr kleine, n<strong>ich</strong>t tastbare Karzinome<br />
mit <strong>einer</strong> Größe von mehr als<br />
einem Zentimeter nachgewiesen werden<br />
können. Vor allem bei d<strong>ich</strong>tem<br />
Brustdrüsengewebe ist die Empfindl<strong>ich</strong>keit<br />
der Mammographie reduziert<br />
(teilweise sogar unter 50 Prozent bei<br />
extrem d<strong>ich</strong>tem Drüsengewebe). Der<br />
Ultraschall erre<strong>ich</strong>t bei diesen Frauen<br />
eine Empfindl<strong>ich</strong>keit von über 75<br />
Prozent. Auch bei jungen Patienten ist<br />
der Ultraschall der Mammographie<br />
überlegen. Dennoch gibt es einzelne<br />
Veränderungen, wie zum Beispiel Mikroverkalkungen,<br />
die ein Ze<strong>ich</strong>en von<br />
Krebsfrühformen darstellen können,<br />
oder lobulär invasive Karzinome,<br />
die n<strong>ich</strong>t s<strong>ich</strong>er durch den Ultraschall<br />
nachgewiesen werden können.
! Durch eine Kombination von<br />
Mammographie und Ultraschall<br />
lässt s<strong>ich</strong> die Entdeckungsrate von<br />
Karzinomen erhöhen. Allerdings<br />
muss man beachten, dass die Ultraschalluntersuchung<br />
ein sehr untersucherabhängiges<br />
Verfahren darstellt<br />
und nur von einem erfahrenen spezialisierten<br />
Untersucher durchgeführt<br />
werden sollte. Auch ähneln die<br />
Tumoren bei jungen Frauen auf-<br />
grund ihrer häufig sehr schnel-<br />
len Wachstumsgeschwindigkeit<br />
und daher häufig glatt erschei-<br />
nenden Begrenzung gutartigen<br />
Tumoren und werden von uner-<br />
fahrenen Untersuchern häufig<br />
mit Fibroadenomen (gutartigen<br />
Geschwülsten) verwechselt.<br />
Bei der Untersuchung <strong>einer</strong> Hochrisikopatientin<br />
muss die erhöhte<br />
Karzinomwahrscheinl<strong>ich</strong>keit in der<br />
Entscheidungsfindung berücks<strong>ich</strong>tigt<br />
werden. Daher ist eine Erhebung<br />
der Familienanamnese unabdingbar<br />
und auch die Mögl<strong>ich</strong>keit eines<br />
Karzinoms bei <strong>einer</strong> sehr jungen<br />
Patientin zu bedenken, gerade<br />
wenn es zu einem schnellen Wachstum<br />
eines Knotens oder eines neu<br />
aufgetretenen Befundes während<br />
oder nach <strong>einer</strong> Schwangerschaft<br />
gekommen ist.<br />
Anders als zum Beispiel in der Mammographie,<br />
bei der eine nachträgl<strong>ich</strong>e<br />
Analyse des Vorbefundes beim<br />
Auftreten von Intervallkarzinomen<br />
mögl<strong>ich</strong> ist, kann eine nachträgl<strong>ich</strong>e<br />
Qualitätskontrolle des Untersuchers<br />
in der Sonographie n<strong>ich</strong>t durchgeführt<br />
werden.<br />
MAMMOGRAPHIE<br />
| Sind familiäre Tumoren etwas Besonderes?<br />
„Die Mammographie ist bisher das einzige<br />
Die Mammographie ist bisher das<br />
einzige Verfahren zur Brustkrebsfrüherkennung,<br />
für das in randomisierten<br />
Studien eine eindeutige<br />
Verfahren zur Brustkrebsfrüherkennung,<br />
für das in randomisierten Studien eine<br />
eindeutige Senkung der Sterbl<strong>ich</strong>keitsrate<br />
(Mortalität) nachgewiesen werden konnte.“<br />
Senkung der Sterbl<strong>ich</strong>keitsrate<br />
(Mortalität) nachgewiesen werden<br />
konnte. Dies gilt besonders für die<br />
Altersgruppe zwischen 50 und 70<br />
Jahren. In der Altersgruppe zwischen<br />
40 und 50 Jahren ist der positive<br />
Effekt der Mammographie geringer,<br />
aber immer noch deutl<strong>ich</strong>. Dies wird<br />
zum einen dadurch erklärt, dass bei<br />
jungen Frauen aufgrund des in der<br />
Regel d<strong>ich</strong>teren Drüsengewebes<br />
die mammographische Beurteilung<br />
erschwert ist, zum anderen ist das<br />
Auftreten eines <strong>Mamma</strong>karzinoms<br />
in der Allgemeinbevölkerung bei<br />
jungen Frauen niedriger als bei<br />
Frauen über 50 Jahren. Da in Studien<br />
gezeigt werden konnte, dass<br />
rund 18 Prozent der im Screening<br />
entdeckten Karzinome nur in der<br />
Mammographie auffällig waren,<br />
darunter mehr als 50 Prozent präinvasive<br />
Läsionen (Veränderungen<br />
im Vorstadium), muss die Mammographie<br />
auch weiterhin unverz<strong>ich</strong>t-<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
arer Bestandteil des Screeningprogramms<br />
bleiben. Da bei dem<br />
familiären <strong>Mamma</strong>karzinom das<br />
Erkrankungsalter deutl<strong>ich</strong> niedriger<br />
liegt als bei den spontanen Formen,<br />
herrscht prinzipiell Einigkeit<br />
darüber, dass für Frauen mit <strong>einer</strong><br />
genetischen Disposition der Beginn<br />
eines mammographischen Screenings<br />
vorverlegt werden sollte. Aufgrund<br />
des schnelleren Wachstums<br />
der Karzinome in diesem Alter sollte<br />
die Mammographie jährl<strong>ich</strong> durchgeführt<br />
werden. Jedoch erscheint<br />
wegen der erhöhten Strahlensensibilität<br />
des Brustdrüsengewebes bei<br />
jungen Frauen, insbesondere bei<br />
Frauen unter 30 Jahren, eine regelmäßige<br />
mammographische Untersuchung<br />
vor dem 30.Lebensjahr n<strong>ich</strong>t<br />
sinnvoll. Da die digitale Mammographie<br />
nachweisl<strong>ich</strong> eine bessere<br />
Beurteilbarkeit vor allem bei Frauen<br />
mit d<strong>ich</strong>tem Drüsengewebe und bei<br />
jungen Frauen ermögl<strong>ich</strong>t, sollte<br />
diese Technik in der Früherkennung<br />
des <strong>Mamma</strong>karzinoms bei Frauen<br />
mit erhöhtem Erkrankungsrisiko vorrangig<br />
eingesetzt werden.<br />
MAGNETRESONANZ-<br />
TOMOGRAPHIE (MRT)<br />
Die dynamische Magnetresonanztomographie<br />
nach intravenöser Kontrastmittelgabe<br />
ze<strong>ich</strong>net s<strong>ich</strong> durch<br />
eine sehr hohe Entdeckungsrate,<br />
auch Sensitivität genannt, für Veränderungen<br />
der Brust <strong>aus</strong>. So lassen<br />
s<strong>ich</strong> mit diesem Verfahren invasive<br />
Karzinome bereits ab <strong>einer</strong> Größe<br />
von etwa fünf Millimetern zuverlässig<br />
nachweisen. Problematisch an<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
diesem Verfahren ist jedoch, dass<br />
insbesondere bei jungen Frauen<br />
auch das normale Drüsengewebe<br />
eine kräftige Kontrastmittelanre<strong>ich</strong>erung<br />
aufweisen kann, welche<br />
die Erkennung von kleinen <strong>Mamma</strong>karzinomen<br />
erschweren kann<br />
oder zusätzl<strong>ich</strong>e Befunde auffällig<br />
erscheinen lässt, die n<strong>ich</strong>t bösartig<br />
sind (S<strong>ich</strong>erheit, dass bösartig<br />
bewertetes auch wirkl<strong>ich</strong> bösartig<br />
ist), bedingt durch eine hohe Anzahl<br />
fälschl<strong>ich</strong>erweise als krebsverdächtig<br />
eingestuften gutartigen<br />
Befunden.<br />
Mehrere Gründe sprechen jedoch für<br />
einen Einsatz der MRT zur regelmäßigen<br />
Brustkrebsfrüherkennung unter<br />
streng kontrollierten Bedingungen bei<br />
jungen Frauen mit <strong>einer</strong> genetischen<br />
Prädisposition für ein <strong>Mamma</strong>karzinom.<br />
Wie oben erwähnt, ist die<br />
mammographische Beurteilbarkeit<br />
bei jüngeren Frauen, insbesondere<br />
vor dem 40. Lebensjahr, zum Teil<br />
deutl<strong>ich</strong> eingeschränkt. Nur mit der<br />
MRT kann in dieser Altersgruppe untersucherunabhängig<br />
s<strong>ich</strong>ergestellt<br />
werden, dass alle Brustdrüsenanteile<br />
<strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end erfasst werden. Durch<br />
die regelmäßige Anwendung im<br />
Verlauf ist zu erwarten, dass insbesondere<br />
die Spezifität der MRT verbessert<br />
werden kann. Wird die MRT,<br />
wie von einigen Autoren vorgeschlagen,<br />
nur zur Problemlösung bei unklaren<br />
klinischen, sonographischen<br />
oder mammographischen Befunden<br />
eingesetzt, entfällt der diagnostische<br />
Zugewinn. Ein Einsatz der MRT als<br />
primäres Screeningverfahren, also<br />
n<strong>ich</strong>t nur zur weiteren Abklärung von<br />
bereits durch ein anderes Verfahren<br />
nachgewiesenen Läsionen (Veränderungen),<br />
setzt jedoch vor<strong>aus</strong>, dass<br />
mit der MRT entdeckte Läsionen,<br />
die mit keinem anderen Verfahren<br />
erfassbar sind, auch mit Hilfe der<br />
MRT biopsiert beziehungsweise präoperativ<br />
markiert werden können.<br />
! W<strong>ich</strong>tig für die Durchführung<br />
von MRT-Untersuchungen ist<br />
die Untersuchung am . bis 1 .<br />
Zyklustag, da bei <strong>einer</strong> Unter-<br />
suchung zu einem anderen Zy-<br />
kluszeitpunkt auch die Aussa-<br />
gekraft der MRT aufgrund von<br />
hormonell bedingter vermehr-<br />
ter Kontrastmittelaufnahme<br />
des Drüsengewebes deutl<strong>ich</strong><br />
eingeschränkt wird.<br />
Auch sollte darauf geachtet werden,<br />
dass schnelle Sequenzen mit <strong>einer</strong><br />
hohen Ortsauflösung eingesetzt<br />
werden.<br />
NEUE TECHNIKEN<br />
Immer wieder taucht die Frage<br />
nach neuen Untersuchungstechniken<br />
auf. Hier muss man generell<br />
darauf hinweisen, dass es bisher<br />
keine ges<strong>ich</strong>erten Untersuchungen<br />
zu dem wirkl<strong>ich</strong>en Nutzen dieser<br />
Methoden gibt. Es ist zwar bekannt,<br />
dass mit der Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie<br />
(PET-CT) zufällig entdeckte Läsionen<br />
häufig sehr frühe Stadien des Brustkrebs<br />
darstellen, aber die Untersuchung<br />
hat eine sehr viel höhere<br />
Strahlenbelastung als zum Beispiel<br />
die Mammographie zur Folge. Der
Nutzen dieser potentiell Krebs bewirkenden<br />
Strahlung ist noch n<strong>ich</strong>t<br />
bewiesen. Auch ist eine etwas<br />
höhere Strahlenempfindl<strong>ich</strong>keit bei<br />
nachgewiesenen BRCA-Mutationen<br />
bekannt. Zudem ist das Gewebe bei<br />
jüngeren Patienten insgesamt noch<br />
deutl<strong>ich</strong> strahlenempfindl<strong>ich</strong>er, so<br />
dass man von dieser Methode als<br />
Screening-Methode vorerst Abstand<br />
nehmen sollte. Als Staging-Methode<br />
und Verlaufskontrolle gewinnt dies<br />
PET-CT allerdings zunehmend an<br />
Bedeutung.<br />
FAZIT<br />
Ein Früherkennungsprogramm sollte<br />
die betroffenen Frauen so wenig<br />
wie mögl<strong>ich</strong> belasten. Die verschiedenen<br />
Untersuchungen sollten<br />
mindestens im selben Zyklus und in<br />
enger räuml<strong>ich</strong>er Nähe durchgeführt<br />
werden. Auffällige Befunde<br />
bei der klinischen Untersuchung<br />
oder in einem der bildgebenden<br />
Verfahren müssen mit den Ergebnissen<br />
der anderen Untersuchungsverfahren<br />
gemeinsam beurteilt und<br />
in Beziehung gesetzt werden. Nur<br />
so kann erre<strong>ich</strong>t werden, dass die<br />
betroffenen Frauen n<strong>ich</strong>t durch<br />
falsch-positive („Falscher Alarm“)<br />
Befunde veruns<strong>ich</strong>ert werden.<br />
Wenn die einzelnen Untersuchungsverfahren<br />
an unterschiedl<strong>ich</strong>en Orten<br />
durchgeführt werden, kann dies<br />
unter Umständen problematisch<br />
sein und zu unnötiger Veruns<strong>ich</strong>erung<br />
der Frauen führen. Auch kann<br />
durch die Korrelation ein in einem<br />
Verfahren vermeintl<strong>ich</strong> bösartiger<br />
| Sind familiäre Tumoren etwas Besonderes?<br />
Befund relativiert werden. Die erforderl<strong>ich</strong>e<br />
Abklärung eines Befundes<br />
sollte wenn immer mögl<strong>ich</strong> durch<br />
eine wenig invasive Stanzbiopsie,<br />
sonographisch, mammographisch<br />
oder durch MRT gesteuert, erfolgen.<br />
Unverz<strong>ich</strong>tbar sind entsprechende<br />
Qualitätss<strong>ich</strong>erungsmaßnahmen<br />
und eine sorgfältige wissenschaftl<strong>ich</strong>e<br />
Begleitung des Programms,<br />
um dieses bei neuen Erkenntnissen<br />
gegebenenfalls entsprechend anzupassen.<br />
Aus den Erfahrungen mit<br />
dem Mammographiescreening ist<br />
bekannt, wie w<strong>ich</strong>tig Qualitätss<strong>ich</strong>erungsmaßnahmen<br />
für das Gelingen<br />
eines Früherkennungsprogramms<br />
sind. Hierzu gehören <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>ende<br />
Standards für die Untersuchungsgeräte<br />
ebenso wie für die Ausbildung<br />
des medizinischen Personals. Daher<br />
sollte ein solches Konzept zunächst<br />
wenigen spezialisierten Zentren vorbehalten<br />
bleiben, in denen die erforderl<strong>ich</strong>e<br />
multidisziplinäre Betreuung<br />
durch Gynäkologen, Psychologen,<br />
Humangenetiker, Pathologen und<br />
Radiologen <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end gewährleistet<br />
ist.<br />
Das hier vorgestellte Früherkennungskonzept<br />
ist ohne weiteres<br />
auch auf andere spezielle Hochrisikogruppen<br />
übertragbar. Hierzu<br />
gehören zum Beispiel Patientinnen<br />
nach Strahlentherapie bei Morbus<br />
Hodgkin (bösartiger Tumor des<br />
Lymphsystems) im Kindes- beziehungsweise<br />
frühen Erwachsenenalter,<br />
bei denen das Risiko, bereits<br />
vor dem 40. Lebensjahr an einem<br />
<strong>Mamma</strong>karzinom zu erkranken,<br />
ebenfalls deutl<strong>ich</strong> erhöht ist.<br />
AUTOREN<br />
Dr. med. Eva Maria<br />
Fallenberg<br />
Oberärztin, Team Manager<br />
<strong>Mamma</strong>diagnostik,<br />
Spezialsprechstunde:<br />
„Intensivierte Früherkennung“,<br />
Universitätsmedizin Charité<br />
Berlin<br />
Prof. Dr.med. Ulr<strong>ich</strong> Bick<br />
Sprecher der Radiologen des<br />
Deutschen Konsortiums „Familiärer<br />
Brust- und Eierstockkrebs“,<br />
Stellvertretender Leiter des Instituts<br />
für Radiologie, Universitätsmedizin<br />
Charité Berlin<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
4<br />
0 Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Bin <strong>ich</strong> etwa selbst betroffen?
Informationen zur<br />
Beratung, Genanalyse<br />
und Kostenübernahme<br />
Nachdem Sie s<strong>ich</strong> mit der Fragestellung<br />
<strong>aus</strong>einandergesetzt haben, ob<br />
Sie vielle<strong>ich</strong>t <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> <strong>Krebsfamilie</strong><br />
stammen könnten, stellt s<strong>ich</strong> Ihnen<br />
vielle<strong>ich</strong>t inzwischen die Frage: „Bin<br />
<strong>ich</strong> womögl<strong>ich</strong> selbst betroffen?“<br />
Oder Sie wissen bereits, dass Sie<br />
selbst Träger(in) <strong>einer</strong> BRCA1- oder<br />
BRCA2-Mutation sind, und überlegen<br />
nun, ob Sie diese familiäre Belastung<br />
an Ihre Kinder weitergegeben<br />
haben. Ist es überhaupt mögl<strong>ich</strong><br />
und gestattet, sein minderjähriges<br />
Kind hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> eines erhöhten<br />
Risikos für Brust- und Eierstockkrebs<br />
genetisch untersuchen zu lassen?<br />
Dieser Beitrag soll Ihnen Antworten<br />
beziehungsweise Informationen geben,<br />
wie und wo Sie diese Fragen<br />
klären können.<br />
BERATUNG IN DER TUMOR-<br />
RISIKOSPRECHSTUNDE<br />
Um zu erfahren, ob Sie tatsächl<strong>ich</strong><br />
ein erhöhtes Risiko tragen, an Brust-<br />
oder Eierstockkrebs zu erkranken,<br />
sollten Sie s<strong>ich</strong> an eines der zwölf<br />
universitären Zentren des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären Brust- und<br />
Eierstockkrebs“ in Berlin, Düsseldorf,<br />
Dresden, Hannover, Heidelberg,<br />
München, Kiel, Köln / Bonn, Leipzig,<br />
Münster, Ulm oder Würzburg<br />
wenden. Dort werden Sie <strong>aus</strong>führl<strong>ich</strong><br />
beraten. Die Anschriften der einzelnen<br />
Zentren und Telefonnummern für<br />
eine Terminvereinbarung finden Sie<br />
im Anhang dieses Ratgebers.<br />
Bei diesen Zentren handelt es s<strong>ich</strong><br />
um die in der Interdisziplinären S3-<br />
Leitlinie für die Diagnostik, Therapie<br />
und Nachsorge des <strong>Mamma</strong>karzinoms<br />
erwähnten spezialisierten<br />
und interdisziplinär <strong>aus</strong>ger<strong>ich</strong>teten<br />
klinischen Einheiten. Hier arbeiten<br />
Humangenetiker, Gynäkologen und<br />
Radiologen eng zusammen.<br />
Einige Brustzentren oder auch<br />
onkologische beziehungsweise gynäkologische<br />
Praxen überweisen<br />
ihre Patienten zur Durchführung<br />
des Gentests anstelle an eines der<br />
zwölf universitären Zentren an eine<br />
humangenetische Praxis oder lassen<br />
den Test durch ein humangenetisches<br />
Institut durchführen. Leider gibt es<br />
immer wieder Fälle, in denen den<br />
Patienten das Testergebnis anschließend<br />
n<strong>ich</strong>t <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end erläutert<br />
wird. Dies betrifft insbesondere die<br />
| Bin <strong>ich</strong> etwa selbst betroffen?<br />
individuelle Beratung über mögl<strong>ich</strong>e<br />
präventive Maßnahmen und deren<br />
Vor- und Nachteile. Ganz gle<strong>ich</strong>,<br />
wo und wie Sie von Ihrem erhöhten<br />
Risiko für Brust- und Eierstockkrebs<br />
aufgrund <strong>einer</strong> genetischen Veränderung<br />
erfahren haben. W<strong>ich</strong>tig ist<br />
in jedem Fall, s<strong>ich</strong> auch bei einem<br />
bereits vorliegenden Gentestergebnis<br />
von erfahrenen Experten beraten<br />
und betreuen zu lassen, die auf die<br />
familiären Varianten dieser Krebserkrankungen<br />
spezialisiert sind. Die<br />
nachhaltigsten Erfahrungen auf<br />
diesem Gebiet sind in den zwölf<br />
universitären Zentren des Konsortiums<br />
für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“<br />
gesammelt worden. Auf<br />
dieser Basis werden dort spezielle<br />
Früherkennungsprogramme und vorbeugende<br />
Maßnahmen angeboten.<br />
Für die Beratung werden einige<br />
Informationen zu Ihrer Famili-<br />
envorgesch<strong>ich</strong>te benötigt, wie<br />
zum Beispiel:<br />
� welche Ihrer Verwandten an Krebs<br />
erkrankt sind oder waren,<br />
� an welcher Art von Krebs Ihre<br />
Verwandten erkrankt sind oder<br />
waren,<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
�<br />
�<br />
wie alt Ihre Verwandten zum Zeitpunkt<br />
der Diagnose waren,<br />
ob, und falls ja, in welchem<br />
Lebensalter Ihre Verwandten verstorben<br />
sind.<br />
Die Zentren unterstützen Sie bei der<br />
Einholung der Befunde auch von vor<br />
längerer Zeit verstorbenen Familienangehörigen.<br />
Mit diesen Informationen kann abgeschätzt<br />
werden, ob Sie ein erhöhtes<br />
Erkrankungsrisiko haben. Bei einem<br />
erhöhten Risiko wird Ihnen eine weitergehende<br />
Beratung angeboten,<br />
die auch eine molekulargenetische<br />
Untersuchung (Genanalyse) der<br />
BRCA1- und BRCA2-Gene einschließen<br />
kann.<br />
VORAUSSETZUNG FüR<br />
DIE MOLEKULARGENE-<br />
TISCHE UNTERSUCHUNG<br />
(GENANALySE)<br />
Laut S3-Leitlinie setzt die Genanalyse<br />
umfassende Beratungsgespräche<br />
in einem der zwölf Zentren vor<strong>aus</strong>.<br />
Eine multidisziplinäre Beratung und<br />
genetische Testung soll dort dann<br />
angeboten werden, wenn bestimmte<br />
Einschlusskriterien erfüllt sind (siehe<br />
Seite 10).<br />
Eine humangenetische, gynäkologische<br />
und gegebenenfalls eine<br />
psychologische Beratung gehen der<br />
Blutabnahme zur molekulargenetischen<br />
Untersuchung grundsätzl<strong>ich</strong><br />
vor<strong>aus</strong>. In der humangenetischen<br />
Beratung wird über die Erstellung<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
WENN SIE EINE BERATUNG IN DER TUMORRISIKO-<br />
SPRECHSTUNDE IN ANSPRUCH NEHMEN WOLLEN,<br />
WERDEN FOLGENDE INFORMATIONEN BENöTIGT:<br />
Von allen an Krebs erkrankten Familienangehörigen*:<br />
� Geburtsdatum, Erkrankungsalter, gegebenenfalls Sterbedatum<br />
� betroffenes Organ, histologischer Befund und Therapie der<br />
Krebserkrankung oder das behandelnde Krankenh<strong>aus</strong><br />
� ggf. Ergebnis <strong>einer</strong> genetischen Untersuchung<br />
* nach Einholung des Einverständnisses der Angehörigen.<br />
Von allen gesunden Familienmitgliedern:<br />
� Alter<br />
� ggf. Ergebnis <strong>einer</strong> genetischen Untersuchung<br />
Benötigte Informationen zur Ermittlung des persönl<strong>ich</strong>en Risikoprofils<br />
des Familienstammbaums und Anwendung<br />
von Risikoberechnungsprogrammen<br />
das persönl<strong>ich</strong>e Risikoprofil<br />
berechnet. Mit der Erstellung<br />
des Stammbaums erfolgt zugle<strong>ich</strong><br />
die Ermittlung des/der so genannten<br />
Indexpatienten/-patientin.<br />
Etwa die Hälfte der Rat Suchenden<br />
können bereits im Erstgespräch beruhigt<br />
werden. Wenn anhand der<br />
Stammbaum-Analyse zu sehen ist,<br />
dass es s<strong>ich</strong> nur um eine zufällige<br />
Häufung von Krebsfällen in der Familie<br />
handelt, werden die Menschen<br />
in die reguläre Krebs-Früherkennung<br />
entlassen. Wenn s<strong>ich</strong> jedoch der Verdacht<br />
erhärtet, dass in der Familie<br />
eine Gen-Veränderung vererbt wird,<br />
dann erfolgen weitere Beratungen<br />
und medizinische Untersuchungen.<br />
In der gynäkologischen Beratung<br />
werden Vorsorge- und Früherkennungsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />
wie die Teil-<br />
nahme am intensivierten Früherkennungsprogramm<br />
oder die eigene<br />
Lebensführung besprochen. Die<br />
Mögl<strong>ich</strong>keit prophylaktischer Operationen<br />
der Brust oder der Eierstöcke<br />
oder eine antihormonelle Therapie<br />
werden in Abhängigkeit vom<br />
individuellen Risiko diskutiert. Auf<br />
Wunsch bietet die psychologische<br />
Beratung Unterstützung im Hinblick<br />
auf Ängste im Zusammenhang mit<br />
dem Nachweis <strong>einer</strong> krankheitsverursachenden<br />
Mutation in der Familie<br />
an. Da die Betroffenen oder<br />
Rat Suchenden durch ihre Familiengesch<strong>ich</strong>te<br />
oder auch die eigene<br />
Erkrankung im hohen Maße belastet<br />
sind, werden außerdem bei Bedarf<br />
individuelle Bewältigungsstrategien<br />
erarbeitet.<br />
W<strong>ich</strong>tig ist, dass die Beratung<br />
n<strong>ich</strong>t-direktiv ist, das heißt, die Rat<br />
Suchenden erhalten alle Informationen<br />
an die Hand, die ihnen eine
eigenständige Entscheidung für<br />
oder gegen den Gentest ermögl<strong>ich</strong>en<br />
sollen. Daher sollte auch eine<br />
angemessene Bedenkzeit von mindestens<br />
vier Wochen nach den ersten<br />
Beratungen gewährleistet sein.<br />
Ein Gentest wird n<strong>ich</strong>t durchgeführt,<br />
wenn der/die Betroffene diesen<br />
n<strong>ich</strong>t wünscht oder eine Kontraindikation<br />
besteht.<br />
DURCHFüHRUNG DER<br />
GENANALySE<br />
Der Test auf BRCA-Mutationen wird<br />
<strong>aus</strong> <strong>einer</strong> Blutprobe <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> Armvene<br />
durchgeführt. Er erfordert keine<br />
Entnahme von Gewebeproben <strong>aus</strong><br />
Brust oder Eierstöcken. Die DNA<br />
für die Suche nach Mutationen in<br />
den BRCA-Genen wird dabei <strong>aus</strong><br />
weißen Blutzellen gewonnen. Sie<br />
dauert unterschiedl<strong>ich</strong> lang, je nachdem,<br />
ob in der Familie bereits eine<br />
BRCA1- oder BRCA2-Mutation nachgewiesen<br />
wurde oder n<strong>ich</strong>t. Wenn<br />
dies n<strong>ich</strong>t der Fall ist, dauert die<br />
molekulargenetische Untersuchung<br />
länger, da es keinen Anhaltspunkt<br />
für den genauen Ort der Veränderung<br />
auf den Genen gibt.<br />
FOLGENDE LEISTUNGEN SIND GEGENSTAND DER VERTRAGLICHEN VEREINBARUNGEN<br />
MIT DEN ZENTREN FüR „FAMILIÄREN BRUST- UND EIERSTOCKKREBS“:<br />
Leistungsbere<strong>ich</strong> Beschreibung<br />
Risikofeststellung und<br />
interdisziplinäre Beratung<br />
� Interdisziplinäres Beratungsgespräch (Humangenetik, Gynäkologie und<br />
Psycho-Onkologie) inklusive Stammbaumerfassung und individuelle<br />
Risikokalkulation<br />
� Vermittlung vertragl<strong>ich</strong> festgelegter Gesprächsinhalte unter Berücks<strong>ich</strong>tigung<br />
der individuellen Situation<br />
� Schriftl<strong>ich</strong>e Dokumentation des Gesprächs<br />
Genanalyse Unterscheidung zwischen kompletter Genuntersuchung bei <strong>einer</strong> an<br />
Brust- oder Eierstockkrebs erkrankten Frau in der Familie der Rat Suchenden<br />
(Indexfall) und gezielter Teiluntersuchung hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der mutierten<br />
Gensequenz bei der gesunden Rat Suchenden (prädiktiver Test)<br />
Durchführung <strong>einer</strong> standardisierten Genanalyse bei folgenden<br />
Vor<strong>aus</strong>setzungen:<br />
� Einschlusskriterien erfüllt<br />
� Abgeschlossene interdisziplinäre Beratung<br />
� Bedenkzeit von 4 Wochen<br />
� Vorliegen <strong>einer</strong> Einwilligungserklärung der Patientin<br />
Früherkennungsmaßnahmen Früherkennungsuntersuchungen werden unter folgenden Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />
angeboten:<br />
� Nachweis <strong>einer</strong> Mutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 oder<br />
� Hochrisikosituation definiert als lebenslanges Risiko von 30 Prozent<br />
oder höher oder einem Risiko der Mutationsträgerschaft (Heterozygotenrisiko)<br />
von 20 Prozent oder höher<br />
Quelle: Die Ersatzkasse 3/2005 - Verbandszeitschrift des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek).<br />
| Bin <strong>ich</strong> etwa selbst betroffen?<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
Für manche ist die Wartezeit auf das<br />
Testergebnis eine wahre Nervenprobe,<br />
weshalb es immer wieder Diskussionen<br />
um die unterschiedl<strong>ich</strong>e Dauer<br />
der Genanalyse gibt. So führen die<br />
niedergelassenen humangenetischen<br />
Institute ihre Schnelligkeit bei der<br />
Untersuchung als Hauptargument<br />
im Vergle<strong>ich</strong> mit den universitären<br />
Zentren ins Feld. Sie kalkulieren bis<br />
zur Befunderstellung etwa sechs Wochen<br />
ein. Die Genanalyse bei den<br />
weiteren Familienmitgliedern kann<br />
dann wesentl<strong>ich</strong> schneller, das heißt<br />
in etwa zwei Wochen durchgeführt<br />
werden. Die Zentren für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ halten<br />
dem ein effizienteres Arbeiten im<br />
Sinne aller Krankenvers<strong>ich</strong>erten<br />
entgegen. So werden dort die Blutproben<br />
zunächst gesammelt und<br />
hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> ihrer klinischen Relevanz<br />
unterschieden. Wird das Testergebnis<br />
also für die Entscheidung über<br />
weitere therapeutische Maßnahmen,<br />
wie zum Beispiel über die Frage <strong>einer</strong><br />
ein- oder beidseitigen Entfernung<br />
der Brustdrüsen oder die Teilnahme<br />
an <strong>einer</strong> Studie für Mutationsträger,<br />
kurzfristig benötigt, so wird die<br />
Genanalyse schnellstmögl<strong>ich</strong> ebenfalls<br />
innerhalb von zwei bis sechs<br />
� Barmer Ersatzkasse (BARMER)<br />
� Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK)<br />
� Hamburg-Münchener Krankenkasse (HMK)<br />
� Handelskrankenkasse (hkk)<br />
� HEK – Hanseatische Krankenkasse (HEK)<br />
� Kaufmännische Krankenkasse – KKH (KKH)<br />
� Techniker Krankenkasse (TK)<br />
� Gmünder ErsatzKasse (GEK)<br />
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Wochen durchgeführt. Ansonsten<br />
kann es durch<strong>aus</strong> mehrere Monate,<br />
maximal jedoch 8 Monate dauern,<br />
bis den oder die Getesteten die<br />
Nachr<strong>ich</strong>t über das Vorliegen des<br />
Testergebnisses erre<strong>ich</strong>t. Ist die Mutation<br />
in der Familie bereits bekannt,<br />
dauert die Testung weiterer Familienangehöriger<br />
nur noch wenige<br />
Tage bis Wochen. Die endgültige<br />
Entscheidung, ob und wann das<br />
Testergebnis entgegengenommen<br />
wird, liegt immer bei der getesteten<br />
Person. W<strong>ich</strong>tig zu wissen ist, dass<br />
es keine Pfl<strong>ich</strong>t gibt, das Testergebnis<br />
entgegenzunehmen, selbst wenn<br />
die Genanalyse bereits veranlasst<br />
wurde („Recht auf N<strong>ich</strong>twissen“).<br />
KOSTENüBERNAHME<br />
Im Jahr 2005 wurde zwischen den<br />
Spitzenverbänden der gesetzl<strong>ich</strong>en<br />
Krankenkassen (GKV) und den zwölf<br />
Zentren im Konsortium für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ ein<br />
Mustervertrag über die ambulante<br />
Erbringung hochspezialisierter Leistungen<br />
sowie zur Behandlung seltener<br />
Erkrankungen und Krankheiten<br />
mit besonderen Krankheitsverläufen<br />
abgestimmt. Kernbere<strong>ich</strong>e des Ver-<br />
trages sind die spezifische Beratung,<br />
Gendiagnostik und Früherkennung,<br />
die jeweils mit <strong>einer</strong> entsprechenden<br />
Vergütungsp<strong>aus</strong>chale abgegolten<br />
werden. Dieser Mustervertrag wurde<br />
jeweils auf Länderebene unterschiedl<strong>ich</strong><br />
umgesetzt, so dass aufgrund<br />
verschiedener Rechtsgrundlagen <strong>aus</strong><br />
dem Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes<br />
Buch (V) vertragl<strong>ich</strong>e Vereinbarungen<br />
zwischen den zwölf Zentren und den<br />
jeweiligen Landesvertretungen der<br />
Krankenkassen bestehen.<br />
Die meisten gesetzl<strong>ich</strong>en Krankenvers<strong>ich</strong>erungen<br />
übernehmen die<br />
Kosten für die vertragl<strong>ich</strong> vereinbarten<br />
und in den Zentren erbrachten<br />
Leistungen. Allerdings entfällt bei<br />
zweimaliger N<strong>ich</strong>tdurchführung<br />
der empfohlenen Früherkennungsmaßnahmen<br />
der Anspruch auf Kostenübernahme.<br />
Folgende gesetzl<strong>ich</strong>e Krankenkassen<br />
übernehmen bundesweit die Kosten<br />
für die multidisziplinäre Beratung,<br />
Gendiagnostik und Früherkennung<br />
in einem der Zentren für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ aufgrund<br />
vertragl<strong>ich</strong>er Vereinbarung (Stand<br />
April 2009):<br />
� Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) – n<strong>ich</strong>t bundesweit,<br />
nur in: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg,<br />
Bremen/Bremerhaven, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Niedersachsen, Rheinland/Hamburg, Saarland, Sachsen/<br />
Thüringen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein<br />
� Betriebs- und Innungskrankenkassen – n<strong>ich</strong>t bundesweit<br />
� Knappschaft – n<strong>ich</strong>t bundesweit<br />
� landwirtschaftl<strong>ich</strong>e Krankenkassen – n<strong>ich</strong>t bundesweit
Bei den hier n<strong>ich</strong>t genannten gesetzl<strong>ich</strong>en<br />
Krankenkassen bedarf es<br />
im Zweifelsfall <strong>einer</strong> so genannten<br />
Einzelfallentscheidung. Die Zentren<br />
für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“<br />
sind bei der Beantragung<br />
<strong>einer</strong> Kostenübernahme behilfl<strong>ich</strong>.<br />
Wie s<strong>ich</strong> die Situation für Mitglieder<br />
<strong>einer</strong> privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erung<br />
(PKV) darstellt, erläutert Professor Fritze<br />
<strong>aus</strong>führl<strong>ich</strong> in seinem Beitrag ab<br />
Seite 36. Diese Informationen sind<br />
auch für die Beihilfeberechtigten von<br />
Bedeutung, denn die Bund-Länder-<br />
Kommission für das Beihilferecht hat<br />
dem Betreuungskonzept des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ zugestimmt<br />
und s<strong>ich</strong> der Rahmenvereinbarung<br />
des Verbandes der privaten<br />
Krankenvers<strong>ich</strong>erung e.V. mit dem<br />
Kölner Zentrum angeschlossen.<br />
KEINE BRCA-GENTESTUNG<br />
BEI MINDERJÄHRIGEN ODER<br />
AN EMBRyONEN<br />
Rein medizinisch betrachtet, ist es<br />
mögl<strong>ich</strong>, eine Veränderung in den<br />
Genen BRCA1 und BRCA2 bereits<br />
bei Kindern sowie Jugendl<strong>ich</strong>en festzustellen.<br />
Einige Länder, wie zum<br />
Beispiel Großbritannien oder Belgien,<br />
bieten einen solchen Gentest<br />
bereits im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik<br />
(PID) an, bei der<br />
es darum geht, genetische Defekte<br />
eines Embryos zu erkennen. Die bei<br />
<strong>einer</strong> künstl<strong>ich</strong>en Befruchtung gewonnenen<br />
Embryonen werden vor<br />
dem Einsetzen in die Gebärmutter<br />
auf Genmutationen untersucht und<br />
selektiert. PID wird in etwa zehn<br />
europäischen Staaten und den USA<br />
praktiziert. In der Bundesrepublik<br />
Deutschland ist das Verfahren bisher<br />
n<strong>ich</strong>t zugelassen.<br />
Für genetische Untersuchungen vor<br />
der Geburt insgesamt gilt mit der<br />
Verabschiedung des Gendiagnostikgesetzes<br />
(GenDG) nunmehr eine<br />
Beschränkung auf rein medizinische<br />
Zwecke. Das heißt, es dürfen dabei<br />
nur Eigenschaften festgestellt<br />
werden, die die Gesundheit des<br />
ungeborenen Kindes vor oder nach<br />
der Geburt beeinträchtigen können,<br />
n<strong>ich</strong>t erst später in seinem Leben,<br />
wie dies zum Beispiel bei <strong>einer</strong><br />
BRCA-Mutation der Fall ist.<br />
Eine BRCA-Gentestung bei Minderjährigen<br />
sollte entsprechend der<br />
Leitlinie „Genetische Diagnostik bei<br />
Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en“ der Deutschen<br />
Gesellschaft für Humangenetik<br />
e. V. (dfh) auch n<strong>ich</strong>t auf dringenden<br />
Wunsch der Eltern erfolgen. Denn<br />
für eine erst im Erwachsenenalter<br />
auftretende Erkrankung wie Brust-<br />
oder Eierstockkrebs sollte bei einem<br />
gesunden Kind grundsätzl<strong>ich</strong> keine<br />
prädiktive Diagnostik durchgeführt<br />
werden. Können keine anerkannten,<br />
für die Gesundheit des Kindes w<strong>ich</strong>tigen,<br />
medizinischen Interventionen<br />
angeboten werden, hat grundsätzl<strong>ich</strong><br />
der Respekt vor der individuellen<br />
Entscheidungsautonomie des Kindes<br />
hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Inanspruchnahme<br />
von genetischen Untersuchungen<br />
Vorrang vor den eventuellen Wünschen<br />
Dritter und damit auch der Eltern.<br />
Die prädiktive Diagnostik sollte<br />
| Bin <strong>ich</strong> etwa selbst betroffen?<br />
immer und so lange zurückgestellt<br />
werden, bis das Kind n<strong>ich</strong>t nur den<br />
genetischen Sachverhalt, sondern<br />
auch die emotionalen und sozialen<br />
Konsequenzen der verschiedenen<br />
mögl<strong>ich</strong>en Untersuchungsergebnisse<br />
verstehen kann. Auch die „R<strong>ich</strong>tlinie<br />
zur prädiktiven genetischen Diagnostik“<br />
der Bundesärztekammer vom<br />
14.02.2003 fordert, dem minderjährigen<br />
Patienten in einem solchen<br />
Fall das Recht auf Selbstbestimmung<br />
(auch auf N<strong>ich</strong>twissen) n<strong>ich</strong>t vorzeitig<br />
zu nehmen. Dies gilt n<strong>ich</strong>t nur für<br />
Minderjährige, sondern sinngemäß<br />
auch für vor<strong>aus</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t dauerhaft<br />
einwilligungsunfähige Patienten.<br />
Im übrigen gilt der Grundsatz, dass<br />
die Sorgeberechtigten, dies sind<br />
in der Regel die Eltern, hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />
ihrer Zustimmung dem Wohl des<br />
Patienten verpfl<strong>ich</strong>tet sind.<br />
Diese bisher in den Leitlinien gegebenen<br />
Handlungsempfehlungen finden<br />
s<strong>ich</strong> im Ergebnis in §14 des kürzl<strong>ich</strong><br />
verabschiedeten Gendiagnostikgesetzes<br />
(GenDG – Gesetzentwurf der<br />
Bundesregierung vom 13.10.08 -<br />
Drucksache 16/10532) wieder.<br />
AUTORIN<br />
Anne Mönn<strong>ich</strong><br />
Redakteurin <strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!<br />
Das Brustkrebsmagazin<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
Gendiagnostik und medizinische<br />
Betreuung von Risikopatienten<br />
KOSTENüBERNAHME DURCH DIE PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG<br />
Hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> <strong>einer</strong> Kostenübernahme<br />
durch eine private Krankenvers<strong>ich</strong>erung<br />
(PKV) ist zunächst einmal<br />
danach zu unterscheiden, ob Betroffene<br />
(bereits Erkrankte) oder<br />
Rat Suchende (n<strong>ich</strong>t Erkrankte <strong>aus</strong><br />
<strong>einer</strong> Risikofamilie) Leistungen in<br />
Anspruch nehmen.<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
BETROFFENE<br />
Lassen s<strong>ich</strong> Betroffene nach <strong>einer</strong><br />
entsprechenden Beratung genetisch<br />
testen, handelt es s<strong>ich</strong> um einen so<br />
genannten diagnostischen Test, mit<br />
dem nach <strong>einer</strong> genetischen Ursache<br />
für eine bereits bestehende, klinisch<br />
manifestierte Krankheit gesucht<br />
wird. Diese Leistungen sind als medizinisch<br />
notwendige Heilbehandlung<br />
vom privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erungsschutz<br />
erfasst. Gle<strong>ich</strong>es gilt für die<br />
Teilnahme an einem intensivierten<br />
Früherkennungsprogramm, wie es<br />
in den Zentren des deutschen Kon-
sortiums für „Familiären Brust- und<br />
Eierstockkrebs“ durchgeführt wird,<br />
sowie für die empfohlenen prophylaktischen<br />
Maßnahmen. Die in<br />
Anspruch genommenen Leistungen<br />
werden, wie gesetzl<strong>ich</strong> vorgeschrieben,<br />
gemäß der Gebührenordnung<br />
für Ärzte (GOÄ) den Betroffenen in<br />
Rechnung gestellt. Soweit einzelne<br />
Leistungen in der GOÄ n<strong>ich</strong>t in originären<br />
Gebührenpositionen abgebildet<br />
sind, werden diese wie beim<br />
Mammographie-Screening analog<br />
§ 6 Absatz 2 GOÄ in Rechnung<br />
gestellt. Die Kosten werden den<br />
Betroffenen von der PKV erstattet,<br />
wobei im individuellen Tarif vereinbarte<br />
Selbstbehalte sowie mögl<strong>ich</strong>e<br />
Auswirkungen auf die Beitragsrückerstattung<br />
zu berücks<strong>ich</strong>tigen sind.<br />
RAT SUCHENDE<br />
Für die Rat Suchenden, also die<br />
n<strong>ich</strong>t Erkrankten in <strong>einer</strong> Hochrisiko-Familie,<br />
stellt s<strong>ich</strong> die gesamte<br />
Situation hingegen anders dar.<br />
Primärprävention ist eine vers<strong>ich</strong>erungsfremde<br />
Leistung insofern als<br />
jeder vernünftige Mensch solche<br />
Leistungen in Anspruch nehmen<br />
wird, weshalb es ökonomisch<br />
irrational ist, dafür Vers<strong>ich</strong>erungsschutz<br />
beanspruchen zu wollen.<br />
Vers<strong>ich</strong>erbar sind nur zufällige,<br />
seltene Risiken. Deshalb fallen Vorsorgeuntersuchungen<br />
grundsätzl<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t unter den Schutz der PKV – es<br />
sei denn, die Präventionsleistung ist<br />
gesetzl<strong>ich</strong> eingeführt (zum Beispiel<br />
das Mammographie-Screening der<br />
50- bis 69-Jährigen). Mangels eines<br />
entsprechenden Beschlusses des<br />
Gemeinsamen Bundes<strong>aus</strong>schusses<br />
(G-BA) besteht bislang kein gesetzl<strong>ich</strong>er<br />
Anspruch der gesetzl<strong>ich</strong><br />
vers<strong>ich</strong>erten Rat Suchenden auf die<br />
Durchführung eines prädiktiven Gentests<br />
zur Feststellung <strong>einer</strong> erbl<strong>ich</strong>en<br />
Veranlagung für Brust- und Eierstockkrebs,<br />
die noch n<strong>ich</strong>t klinisch manifestiert<br />
ist. Entsprechendes gilt für<br />
die Teilnahme an dem intensivierten<br />
Früherkennungsprogramm sowie für<br />
die empfohlenen prophylaktischen<br />
Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund<br />
können die Rat Suchenden für<br />
derartige Präventionsleistungen von<br />
ihrem privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erer<br />
grundsätzl<strong>ich</strong> keine Kostenerstattung<br />
erwarten. Die gesetzl<strong>ich</strong>en<br />
Krankenkassen haben jedoch mit<br />
den spezialisierten Früherkennungszentren<br />
eine Vereinbarung geschlossen,<br />
<strong>aus</strong> der s<strong>ich</strong> ein Anspruch der<br />
gesetzl<strong>ich</strong> vers<strong>ich</strong>erten Frauen mit<br />
Risiko eines familiären Brust- und<br />
Eierstockkrebses ergibt.<br />
Um n<strong>ich</strong>t nur den Betroffenen,<br />
sondern auch den Rat Suchenden<br />
<strong>einer</strong> Risikofamilie die Teilnahme<br />
an einem intensivierten Früherkennungsprogramm<br />
und etwaige<br />
prophylaktische Maßnahmen zu<br />
ermögl<strong>ich</strong>en, hat der Verband der<br />
privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erung e.V.<br />
mit dem Klinikum der Universität<br />
zu Köln für dessen Zentrum für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“<br />
eine Rahmenvereinbarung über das<br />
Screening, die Gendiagnostik und<br />
| Bin <strong>ich</strong> etwa selbst betroffen?<br />
die gegebenenfalls indizierten Vorsorgeuntersuchungen<br />
geschlossen,<br />
der inzwischen die Mehrzahl der<br />
anderen Zentren des Deutschen<br />
Konsortiums und der insgesamt 47<br />
Unternehmen der privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erung<br />
beigetreten sind, so<br />
dass eine Kostenerstattung erfolgt,<br />
obwohl diese Vorsorge n<strong>ich</strong>t gesetzl<strong>ich</strong><br />
eingeführt ist und unverändert<br />
ein Forschungsprojekt darstellt. In<br />
jedem Falle sollten Rat Suchende<br />
zuvor eine Kostenübernahmeerklärung<br />
ihres PKV Unternehmens<br />
einholen.<br />
SORGEN UNBEGRüNDET<br />
Etwaige Bedenken bereits privat<br />
vers<strong>ich</strong>erter Betroffener und Rat Suchender,<br />
dass ihr PKV Unternehmen<br />
durch die Einholung <strong>einer</strong> Kostenübernahmeerklärung<br />
oder durch die<br />
Vorlage der Belege zur Kostenerstattung<br />
Kenntnis von der (geplanten)<br />
Durchführung eines Gentests erlangt<br />
und <strong>aus</strong> dieser Kenntnis Nachteile<br />
für den Vers<strong>ich</strong>erten entstehen, sind<br />
unbegründet. Dies gilt zum einen für<br />
den eigenen bestehenden privaten<br />
Krankenvers<strong>ich</strong>erungsschutz. Denn<br />
es gibt in der PKV keine nachträgl<strong>ich</strong>e<br />
Erhöhung des Vers<strong>ich</strong>erungsbeitrages<br />
aufgrund von Erkrankungen<br />
nach Vers<strong>ich</strong>erungsbeginn<br />
und keine Kündigungsmögl<strong>ich</strong>keit<br />
des PKV Unternehmens aufgrund <strong>einer</strong><br />
Vorerkrankung oder Disposition,<br />
die nach Vers<strong>ich</strong>erungsbeginn eingetreten<br />
beziehungsweise erkannt<br />
worden ist. Problematisch sind ledig-<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
Ethisch kann nur geboten<br />
sein, dass die Gendiagnostik<br />
<strong>aus</strong>schließl<strong>ich</strong> im Forschungs-<br />
l<strong>ich</strong> die Fälle,<br />
in denen Vorerkrankungen<br />
und<br />
Untersuchungsergebnisse<br />
beim Antrag auf Vers<strong>ich</strong>erung<br />
n<strong>ich</strong>t erwähnt wurden. Zum<br />
anderen bedeutet diese Kenntnis<br />
auch für die Angehörigen der Betroffenen<br />
kein Risiko, denn selbst für<br />
den n<strong>ich</strong>t zuletzt wegen des durch<br />
die „Freiwillige Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung<br />
des Gesamtverbands der<br />
Deutschen Vers<strong>ich</strong>erungswirtschaft<br />
e.V. (GDV)“ (auch Moratorium<br />
genannt) 1 bestehenden Verwertungsverbots<br />
kaum vorstellbaren<br />
Fall, dass ein PKV Unternehmen<br />
einen Vers<strong>ich</strong>erungsantrag eines<br />
n<strong>ich</strong>t selbst erkrankte Angehörigen<br />
<strong>aus</strong> diesem Grund ablehnen<br />
wollte, müsste es diese Ablehnung<br />
begründen. Ohne eine Nennung<br />
der Ablehnungsgründe stünde dem<br />
Antragsteller zudem der Rechtsweg<br />
offen. Hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> neugeborener<br />
Kinder von privat Krankenvers<strong>ich</strong>erten<br />
besteht für das betreffende PKV<br />
Unternehmen ein so genannter Kontrahierungszwang,<br />
das heißt es hat<br />
für sie einen Vers<strong>ich</strong>erungsschutz<br />
ohne Risikoprüfung anzubieten. Im<br />
Falle eines Wechsels in einen anderen<br />
Vers<strong>ich</strong>erungstarif oder von<br />
der GKV in die PKV oder zu einem<br />
anderen PKV Unternehmen sind bei<br />
kontext durchgeführt wird.<br />
<strong>einer</strong> (erneuten) Risikoprüfung die<br />
zwischenzeitl<strong>ich</strong> durchgeführten<br />
medizinischen Maßnahmen selbstverständl<strong>ich</strong><br />
anzugeben, n<strong>ich</strong>t aber<br />
der bei – gesunden – Rat Suchenden<br />
gegebenenfalls durchgeführte<br />
prädiktive Gentest oder gar dessen<br />
Ergebnis.<br />
KEIN PLATZ FüR WILDES<br />
GEN-SCREENING<br />
Inzwischen gibt es leider einen<br />
Trend, das genetische prädiktive<br />
Screening bei Verdacht auf familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs von<br />
Einr<strong>ich</strong>tungen außerhalb der Zentren<br />
des Deutschen Konsortiums von<br />
in freier Praxis niedergelassenen<br />
Ärzten und Laboratorien durchführen<br />
zu lassen. Dies führt erkennbar zu<br />
<strong>einer</strong> Indikations<strong>aus</strong>weitung. Zumindest<br />
einige Anbieter halten s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t<br />
an die s<strong>ich</strong> <strong>aus</strong> der Familienanamnese<br />
ergebenden Einschlusskriterien<br />
und beschränken die Gendiagnostik<br />
n<strong>ich</strong>t auf die etablierten Gene<br />
BRCA1 und BRCA2. Als Ergebnis<br />
werden die betroffenen Frauen mit<br />
letztl<strong>ich</strong> uninterpretierbaren Untersu-<br />
chungsergebnissen konfrontiert,<br />
die nur zu ihrer nachhaltigen Veruns<strong>ich</strong>erung<br />
führen können. Das ist<br />
ethisch zumindest fragwürdig, auch<br />
weil es s<strong>ich</strong> grundsätzl<strong>ich</strong> unverändert<br />
um Forschung am Menschen<br />
handelt, die ethisch nur vertretbar<br />
ist, wenn sie mit wissenschaftl<strong>ich</strong>em<br />
Erkenntnisgewinn verbunden ist,<br />
den Privatanbieter n<strong>ich</strong>t gewährleisten<br />
können. Ethisch kann nur geboten<br />
sein, dass die Gendiagnostik<br />
<strong>aus</strong>schließl<strong>ich</strong> im Forschungskontext<br />
durchgeführt wird. Dies kann nur<br />
durch die etablierten Zentren für familiären<br />
Brust- und Eierstockskrebs<br />
gewährleistet werden, n<strong>ich</strong>t aber<br />
durch niedergelassene Ärzte.<br />
AUTOR<br />
Prof. Dr. med. Jürgen Fritze<br />
Leitender Verbandsarzt<br />
PKV Verband der privaten<br />
Krankenvers<strong>ich</strong>erung e.V. Köln<br />
1 www.gdv.de/Themen/Lebensvers<strong>ich</strong>erungAltersvorsorge/Altersvorsorgepolitik/Lebensvers<strong>ich</strong>erung___Altersvorsorge/<br />
inhaltsseite15706.html<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Folgende Unternehmen der privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erung sind der Rahmenvereinbarung<br />
zwischen dem PKV Verband und dem Kölner Zentrum beigetreten:<br />
�<br />
�<br />
ARAG Krankenvers<strong>ich</strong>erungs-AG, 81628 München<br />
AXA Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, 50592 Köln<br />
� Barmenia Krankenvers<strong>ich</strong>erung a.G., 42094 Wuppertal<br />
� Bayerische Beamtenkrankenkasse AG, 81537 München<br />
� Central Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, 50593 Köln<br />
� Concordia Krankenvers<strong>ich</strong>erungs-AG, 30621 Hannover<br />
� DBV-Winterthur Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, 65178 Wiesbaden<br />
� Debeka Krankenvers<strong>ich</strong>erungsverein auf Gegenseitigkeit, 56058 Koblenz<br />
� Deutscher Ring Krankenvers<strong>ich</strong>erungsverein a.G., 20449 Hamburg<br />
� DEVK Krankenvers<strong>ich</strong>erungs-AG, 50729 Köln<br />
� DKV Deutsche Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, 50594 Köln<br />
� Gothaer Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, 50598 Köln<br />
� Hallesche Krankenvers<strong>ich</strong>erung a.G., Postfach 10 60 17, 70049 Stuttgart<br />
� HUK-COBURG-Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, Postfach 18 02, 96408 Coburg<br />
� Inter Krankenvers<strong>ich</strong>erung a.G., Postfach 10 16 62, 68016 Mannheim<br />
� LVM Krankenvers<strong>ich</strong>erungs-AG, 48126 Münster<br />
� Mannheimer Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, 68127 Mannheim<br />
� MÜNCHENER VEREIN Krankenvers<strong>ich</strong>erung a.G., 80283 München<br />
� SIGNAL Krankenvers<strong>ich</strong>erung a.G., 44121 Dortmund<br />
� Süddeutsche Krankenvers<strong>ich</strong>erung a.G., Postfach 19 23, 70709 Fellbach<br />
� uniVersa Krankenvers<strong>ich</strong>erung a.G., 90333 Nürnberg<br />
� Württembergische Krankenvers<strong>ich</strong>erung AG, 70163 Stuttgart<br />
Folgende sieben Zentren für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“ sind der Rahmenvereinba-<br />
rung zwischen dem PKV Verband und dem Kölner Zentrum beigetreten:<br />
� Berlin<br />
� Düsseldorf<br />
� Köln/Bonn<br />
� München<br />
� Kiel<br />
� Ulm<br />
� Würzburg<br />
| Bin <strong>ich</strong> etwa selbst betroffen?<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
x5 Wie kann kann <strong>ich</strong> seelisch <strong>ich</strong> mit <strong>einer</strong> seelisch familiären Belastung mit <strong>einer</strong> umgehen?<br />
familiären Belastung umgehen?<br />
0 Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Nach der Entscheidung für eine<br />
Genanalyse hat die erste Phase der<br />
Auseinandersetzung mit <strong>einer</strong> Genmutation<br />
schon stattgefunden. Wenn<br />
dann tatsächl<strong>ich</strong> die Bestätigung<br />
kommt, stellt s<strong>ich</strong> die Situation noch<br />
einmal anders dar, insbesondere<br />
auch im Hinblick auf die Familie<br />
oder die noch anstehende Familienplanung.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>! sprach<br />
mit Professorin Dr. Elisabeth Gödde,<br />
Fachärztin für Humangenetik<br />
und Psychotherapeutin in Datteln,<br />
über die psychischen Aspekte <strong>einer</strong><br />
Genmutation.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Frau Professorin<br />
Gödde, welche Empfehlungen geben<br />
Sie <strong>einer</strong> betroffenen Person im<br />
Zusammenhang mit der Mitteilung<br />
über einen Mutationsbefund in psychotherapeutischer<br />
Hins<strong>ich</strong>t?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Das Gespräch<br />
über den Befund der Genuntersuchung<br />
findet in der Regel erst<br />
dann statt, wenn schon Gespräche<br />
über die Indikationsstellung <strong>aus</strong><br />
medizinischer S<strong>ich</strong>t, aber auch<br />
– und ganz besonders – <strong>aus</strong> der individuellen<br />
S<strong>ich</strong>t der Rat suchenden<br />
Person, der Blutentnahme und der<br />
Genanalyse vor<strong>aus</strong>gegangen sind.<br />
Die Mitteilung des Befundes knüpft<br />
an diese Gespräche an. Selbstverständl<strong>ich</strong><br />
entscheidet die Patientin,<br />
| Wie kann <strong>ich</strong> seelisch mit <strong>einer</strong> familiären Belastung umgehen?<br />
Ängste und Sorgen<br />
ZUM SEELISCHEN UMGANG MIT EINER GENMUTATION<br />
ob der Befund mitgeteilt wird und<br />
an wen.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Welche Entscheidungshilfen<br />
können Sie bei <strong>einer</strong><br />
noch <strong>aus</strong>stehenden Familienplanung<br />
anbieten? Ist eine Genmutation<br />
ein Grund, s<strong>ich</strong> gegen Kinder zu<br />
entscheiden?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Die Frage<br />
„Kinder – ja oder nein?“ ist eine sehr<br />
komplexe und zutiefst persönl<strong>ich</strong>e<br />
Frage. Neben den „sachl<strong>ich</strong>en“,<br />
also medizinischen, wirtschaftl<strong>ich</strong>en,<br />
gesellschaftl<strong>ich</strong>en Argumenten kann<br />
eine formale Familienplanung nur<br />
dann zum emotionalen Hafen Familie<br />
führen, wenn der gemeinsame<br />
Kinderwunsch in <strong>einer</strong> Paarbeziehung<br />
Raum greift. Das Gespräch mit<br />
psychotherapeutisch <strong>aus</strong>gebildeten<br />
Humangenetikern hat in diesem<br />
Zusammenhang als Kernthemen<br />
die Schwangerschaftschancen in<br />
Abhängigkeit vom Alter der Frau<br />
sowie die genetischen Altersrisiken<br />
und den mögl<strong>ich</strong>en Umgang damit.<br />
Diese Gespräche können auch das<br />
Abwägen von Nutzen und Risiken<br />
der Tumortherapien, die die Chancen,<br />
schwanger zu werden, beeinflussen,<br />
unterstützen. Eines sollten<br />
diese Gespräche allerdings s<strong>ich</strong>er<br />
n<strong>ich</strong>t: bestimmte Entscheidungen<br />
empfehlen. Ob das Wissen um<br />
eine krankheitsrelevante Mutation<br />
ein Grund für oder gegen Kinder<br />
ist, können nur die Menschen entscheiden,<br />
die die Konsequenzen in<br />
ihr Leben integrieren müssen. Und<br />
das sind mit S<strong>ich</strong>erheit n<strong>ich</strong>t die<br />
Berater!<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Was raten Sie Eltern<br />
hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Abklärung, ob die<br />
Genmutation auf ihre Kinder übertragen<br />
wurde? Sollten Eltern ihre<br />
Kinder hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> <strong>einer</strong> familiären<br />
Brustkrebsveranlagung humangenetisch<br />
testen lassen? Macht es Sinn,<br />
dies so früh wie mögl<strong>ich</strong> zu tun oder<br />
wann wäre Ihrer Ans<strong>ich</strong>t nach ein<br />
sinnvoller Zeitpunkt?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Die Erkrankungsrisiken<br />
durch die krankheitsrelevanten<br />
Mutationen in den<br />
BRCA-Genen treten nach dem heutigen<br />
Stand der Erkenntnis frühestens<br />
ab dem jungen Erwachsenenalter<br />
ein. Auch wenn es manchen Eltern<br />
n<strong>ich</strong>t so vorkommt: Dies ist durch<strong>aus</strong><br />
ein Alter, in dem junge Menschen<br />
verantwortungsbewusst entscheiden<br />
können. Es ist n<strong>ich</strong>t notwendig,<br />
der nächsten Generation diese<br />
Entscheidung abzunehmen. Eltern<br />
sind s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t gezwungen, den<br />
Konflikt zwischen ihrer Verantwortungspfl<strong>ich</strong>t<br />
und dem Entscheidungsrecht<br />
ihrer Kinder alleine zu lösen.<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
Die Kinder erleben in der Familie,<br />
wie ihre Eltern mit der Diagnostik<br />
umgegangen sind beziehungsweise<br />
wie sie damit umgehen. Dies gibt<br />
eine Orientierung vor.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Neben der Sorge um<br />
die Familie(nplanung) kommt für die<br />
betroffene Person die Frage nach<br />
den optimalen Vorsorgemaßnahmen<br />
auf. Für Mutationsträgerinnen kann<br />
„Generell gilt:<br />
Eine Intervention zum<br />
individuell falschen<br />
Zeitpunkt ist langfristig<br />
vermutl<strong>ich</strong> schädl<strong>ich</strong>er<br />
als keine Intervention.“<br />
nach Expertenmeinung eine maximale<br />
Risikoreduktion nur mit prophylaktischen<br />
Operationen erre<strong>ich</strong>t<br />
werden. Welche Entscheidungshilfe<br />
kann man <strong>einer</strong> Mutationsträgerin<br />
<strong>aus</strong> psychotherapeutischer S<strong>ich</strong>t<br />
an die Hand geben, um s<strong>ich</strong> für<br />
oder gegen einen solchen Eingriff<br />
entscheiden zu können?<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Die beiden<br />
prophylaktischen Operationen<br />
sind massive Eingriffe sowohl in die<br />
körperl<strong>ich</strong>e als auch in die seelische<br />
Unversehrtheit. Sie haben als Trauma<br />
ihre Bedeutung auf unterschiedl<strong>ich</strong>en<br />
Ebenen: Die Entfernung der<br />
Brüste zerstört das Körperbild, der<br />
Schaden ist offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>. Gle<strong>ich</strong>zeitig<br />
wird das Selbstwertgefühl<br />
beschädigt, wobei hier der Einfluss<br />
durch das gesellschaftl<strong>ich</strong>e Bild<br />
der weibl<strong>ich</strong>en Brust n<strong>ich</strong>t vernachlässigt<br />
werden sollte. Außerdem<br />
muss die Bedeutung der Brüste im<br />
individuellen Erleben von Sexualität<br />
sowie Schwangerschaft und Stillzeit<br />
berücks<strong>ich</strong>tigt werden. Die Entfernung<br />
der Keimdrüsen und weiterer<br />
innerer Geschlechtsorgane ist zwar<br />
n<strong>ich</strong>t so offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>, als Trauma<br />
jedoch tief greifend. Zum einen<br />
wird das kreative Potenzial, an der<br />
Entstehung neuen Lebens beteiligt zu<br />
sein, abgeschnitten. Zum anderen<br />
wird das individuelle Hormonsystem<br />
erhebl<strong>ich</strong> beschädigt, was bei allem<br />
Nutzen im Sinne der Tumorprophylaxe<br />
das körperl<strong>ich</strong>e Wohlbefinden,<br />
die sexuelle Erlebnisfähigkeit sowie<br />
die Persönl<strong>ich</strong>keit – kurz: die individuelle<br />
Lebensqualität, massiv<br />
beeinflusst. Und: Lebensqualität ist<br />
das, was die Betroffene für s<strong>ich</strong> gut<br />
findet. Grundsätzl<strong>ich</strong> sollte davon<br />
<strong>aus</strong>gegangen werden, dass die Entscheidungen<br />
über prophylaktische<br />
Operationen Reifungsprozesse sind,<br />
die ihre individuelle Zeit benötigen.<br />
Generell gilt: Eine Intervention zum<br />
individuell falschen Zeitpunkt ist<br />
langfristig vermutl<strong>ich</strong> schädl<strong>ich</strong>er<br />
als keine Intervention.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Sollte eine Betroffene<br />
ihren Partner in ihre Entscheidung<br />
mit einbeziehen? Wie könnte sie<br />
dies am besten tun?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Welche<br />
Personen in diese Entscheidungen<br />
mit einbezogen werden, ist ebenfalls<br />
eine individuelle Entscheidung,<br />
für die es keine Patentrezepte gibt.<br />
Frauen, die bereits eine Krebserkrankung<br />
haben und für die es um<br />
eine Sekundärprophylaxe geht,<br />
wägen s<strong>ich</strong>er anders ab als Frauen,<br />
die bisher n<strong>ich</strong>t erkrankt sind.<br />
Im Rahmen der psychotherapeutischen<br />
Betreuung muss auch geklärt<br />
werden, ob <strong>aus</strong> psychischer S<strong>ich</strong>t<br />
Kontraindikationen bestehen.
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der<br />
prophylaktischen beidseitigen<br />
Entfernung von Eierstöcken und<br />
Eileitern heißt es, dass Frauen bei<br />
deren Durchführung vor dem 40.<br />
Lebensjahr am meisten profitieren<br />
würden. Dieser Zeitpunkt betrifft ein<br />
Alter, in dem s<strong>ich</strong> Frauen gegebenenfalls<br />
noch mit einem unerfüllten<br />
Kinderwunsch zu befassen haben.<br />
Welche psychotherapeutischen<br />
Empfehlungen können Sie diesen<br />
Frauen konkret geben?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Zunächst<br />
sollte berücks<strong>ich</strong>tigt werden, dass ab<br />
dem 40. Lebensjahr für alle Frauen<br />
die Chance, spontan schwanger zu<br />
werden, deutl<strong>ich</strong> geringer wird. Damit<br />
stellt die zur operativen Prophylaxe<br />
empfohlene Altersgrenze 40.<br />
Lebensjahr keine schwerwiegend<br />
andere Grenzziehung dar. Im Einzelfall<br />
kann die Beurteilung eines<br />
optimalen Zeitpunktes allerdings<br />
anders <strong>aus</strong>sehen: Sind Verwandte<br />
deutl<strong>ich</strong> vor dem 40. Lebensjahr<br />
erkrankt oder gibt es zur individuellen<br />
Mutation Hinweise auf ein<br />
besonders frühes Erkrankungsalter,<br />
so kann es zu Konflikten kommen:<br />
Der Kinderwunsch kollidiert mit dem<br />
Wunsch nach S<strong>ich</strong>erheit. Die prophylaktischen<br />
Operationen stellen<br />
ein körperl<strong>ich</strong>es und ein seelisches<br />
Trauma dar: Der Körper wird verstümmelt,<br />
die Fruchtbarkeit und<br />
damit eine Lebensperspektive gehen<br />
verloren. Dies bedingt <strong>einer</strong>seits<br />
den Abschied vom heilen Selbstbild<br />
und bringt andererseits neues<br />
Heil, das reduzierte Krebsrisiko.<br />
Diese kontrollierte Destruktion zur<br />
| Wie kann <strong>ich</strong> seelisch mit <strong>einer</strong> familiären Belastung umgehen?<br />
Angstbewältigung sollte von einem<br />
kompetenten Gesprächspartner<br />
begleitet werden. Welche Psychotherapie<br />
im Einzelfall „die r<strong>ich</strong>tige“<br />
ist, hängt von vielen Faktoren ab:<br />
Welche Lebenserfahrung hat die<br />
Frau? Besteht bereits ein Vertrauensverhältnis<br />
zu einem bestimmten<br />
Therapeuten? Wie tief möchte die<br />
Frau in ihre Seele „einsteigen“? Und<br />
n<strong>ich</strong>t zu vergessen ganz praktische<br />
Ges<strong>ich</strong>tspunkte: Welche Angebote<br />
gibt es wohnortnah? Wie sieht die<br />
Finanzierung <strong>aus</strong>?<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Wie kann die Betroffene<br />
mit der vorzeitig eintretenden<br />
Menop<strong>aus</strong>e und ihren Symptomen<br />
umgehen? Können die Wechseljahresbeschwerden<br />
vielle<strong>ich</strong>t dadurch<br />
reduziert werden, dass s<strong>ich</strong><br />
die Betroffene gut auf die prophylaktische<br />
Operation vorbereitet und<br />
s<strong>ich</strong> zum Beispiel vor dem geplanten<br />
Eingriff seelisch „positiv“ einstellt?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Frühzeitig<br />
und abrupt in die Menop<strong>aus</strong>e zu fallen<br />
kann, auch wenn es geplant ist,<br />
eine zieml<strong>ich</strong>e Belastung sein. Hilfre<strong>ich</strong><br />
sind s<strong>ich</strong>er alle Maßnahmen,<br />
die auch für die anderen Frauen, die<br />
s<strong>ich</strong> mit Menop<strong>aus</strong>enbeschwerden<br />
<strong>aus</strong>einandersetzen, zur Verfügung<br />
stehen. Dies geht bis zur kontrollierten<br />
Estrogensubstitution, die über<br />
einen definierten Zeitraum, zum<br />
Beispiel mehrere Monate, verordnet<br />
und dann <strong>aus</strong>geschl<strong>ich</strong>en, also<br />
allmähl<strong>ich</strong> reduziert und schließl<strong>ich</strong><br />
wieder abgesetzt wird. Eine positive<br />
Einstellung ist s<strong>ich</strong>er gut, aber keine<br />
Garantie für gutes Gelingen.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Bei der Mastektomie<br />
wird der Verlust der weibl<strong>ich</strong>en Attribute<br />
s<strong>ich</strong>tbar, auch wenn er durch<br />
entsprechende Prothetik kaschiert<br />
werden kann. Gelten hier psychotherapeutische<br />
Besonderheiten?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: N<strong>ich</strong>t nur<br />
die äußerl<strong>ich</strong> getragene Prothese,<br />
auch ein gut operierter Brustaufbau<br />
ersetzt n<strong>ich</strong>t wirkl<strong>ich</strong> die verlorene<br />
Brust. Die „Nutzen-Trauma-Abwägung“<br />
ist ein w<strong>ich</strong>tiges Thema<br />
n<strong>ich</strong>t nur für die Betroffene selbst,<br />
sondern auch für die Partnerschaft<br />
und auch die Kinder, insbesondere<br />
die Töchter.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Wie kann eine Frau<br />
während der Partnersuche mit all<br />
diesen Themen umgehen?<br />
Prof. Dr. Elisabeth Gödde: Ehrl<strong>ich</strong>,<br />
vor allem ehrl<strong>ich</strong> mit s<strong>ich</strong> selbst,<br />
auch wenn dies einsam machen<br />
kann ...<br />
AUTORIN<br />
Prof. Dr. med. habil.<br />
Elisabeth Gödde<br />
Fachärztin für Humangenetik und<br />
Psychotherapeutin, Datteln<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e in<br />
der Risikofamilie<br />
Beschäftigt man s<strong>ich</strong> mit erbl<strong>ich</strong>en<br />
Krebserkrankungen, so stehen<br />
zuallererst die Betroffenen im Vordergrund:<br />
Wie fühlen sie s<strong>ich</strong>? Wie<br />
bewältigen sie die Information,<br />
Mutationsträger(in) und dadurch<br />
mit der Diagnose „Krebs“ konfrontiert<br />
zu sein? Außerdem müssen sie<br />
s<strong>ich</strong> mit der Frage <strong>aus</strong>einandersetzen,<br />
ob sie diese Information ihren<br />
Familien und damit ihren Kindern<br />
mitteilen oder n<strong>ich</strong>t.<br />
Betroffene kämpfen mit komplexen<br />
ethischen Dilemmata, wenn sie<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
s<strong>ich</strong> entscheiden, die genetische<br />
Information ihrem Nachwuchs mitzuteilen:<br />
Sie fühlen eine moralische<br />
Verpfl<strong>ich</strong>tung (weil die Kinder das<br />
Recht haben, Bescheid zu wissen),<br />
aber gle<strong>ich</strong>zeitig auch das Bedürfnis,<br />
die Kinder vor diesen Neuigkeiten<br />
zu beschützen.<br />
Auch die Kinder befinden s<strong>ich</strong> in<br />
<strong>einer</strong> sehr schwierigen Situation.<br />
Wenn ein Elternteil an erbl<strong>ich</strong>em<br />
Brustkrebs erkrankt ist, geht es<br />
zunächst darum, diese ernsthafte<br />
und oft bedrohl<strong>ich</strong>e Erkrankung<br />
des Elternteils zu verarbeiten. In<br />
einem zweiten Schritt taucht mögl<strong>ich</strong>erweise<br />
die Frage auf: Ist das<br />
ansteckend? Bekomme <strong>ich</strong> das jetzt<br />
auch? Muss <strong>ich</strong> sterben? Auf diese<br />
Fragen gibt es keine einfachen vorgefertigten<br />
Antworten.<br />
Etwas anders sieht die Situation<br />
<strong>aus</strong>, wenn es „nur“ um die Mitteilung<br />
eines positiven Befundes eines<br />
Elternteils geht, der Elternteil aber<br />
n<strong>ich</strong>t erkrankt ist. Hier stellt s<strong>ich</strong> die<br />
Frage: Muss <strong>ich</strong> den Befund meinem<br />
Kind überhaupt mitteilen? Ab wel-
chem Alter versteht mein Kind, was<br />
eine genetische Erkrankung ist?<br />
Ziel dieses Beitrags ist es, s<strong>ich</strong> mit<br />
der speziellen Situation von Kindern<br />
und Jugendl<strong>ich</strong>en in der Risikofamilie<br />
<strong>aus</strong>einander zu setzen – zum einen<br />
die Situation von Kindern und<br />
Jugendl<strong>ich</strong>en mit einem an Krebs<br />
erkrankten Elternteil, zum anderen<br />
die besondere Dynamik in <strong>einer</strong><br />
Risikofamilie.<br />
WIE GEHT ES KINDERN UND<br />
JUGENDLICHEN?<br />
Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e reagieren<br />
sehr unterschiedl<strong>ich</strong> auf die<br />
Krebserkrankung eines Elternteils:<br />
Einige sind traurig oder wütend.<br />
Andere zeigen keine Gefühle oder<br />
sind fröhl<strong>ich</strong>. Manche sind starken<br />
Stimmungsschwankungen <strong>aus</strong>gesetzt.<br />
Häufig haben Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e<br />
Schuldgefühle bezügl<strong>ich</strong><br />
der Erkrankung des Elternteils, aber<br />
auch die Befürchtung, selbst krank<br />
zu werden.<br />
Insgesamt gelten bis zu 50 Prozent<br />
der Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>en mit<br />
einem an Krebs erkrankten Elternteil<br />
als belastet, viele reagieren mit<br />
Angst und fühlen s<strong>ich</strong> alleingelassen.<br />
Vor allem die Jugendl<strong>ich</strong>en<br />
wollen die Eltern n<strong>ich</strong>t zusätzl<strong>ich</strong><br />
mit ihren Sorgen belasten und ziehen<br />
s<strong>ich</strong> lieber zurück. Die Fragen<br />
und Ängste jedoch bleiben. Das<br />
Gefühl, n<strong>ich</strong>t informiert zu werden<br />
oder n<strong>ich</strong>t helfen zu können, belastet<br />
zusätzl<strong>ich</strong>. Die Belastung der<br />
Jugendl<strong>ich</strong>en durch die Eltern wird<br />
| Wie kann <strong>ich</strong> seelisch mit <strong>einer</strong> familiären Belastung umgehen?<br />
oft unterschätzt, da sie ihre Sorgen<br />
n<strong>ich</strong>t nach außen zeigen, sondern<br />
versuchen, selbst zurechtzukommen.<br />
Besonders jugendl<strong>ich</strong>e Mädchen<br />
von erkrankten Müttern beschreiben<br />
s<strong>ich</strong> als belastet.<br />
DIE SPEZIELLE SITUATION IN<br />
DER RISIKOFAMILIE<br />
Fünf bis zehn Prozent der Brustkrebserkrankungen<br />
sind auf eine<br />
Genmutation zurückzuführen. In diesen<br />
Familien stellt s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t nur die<br />
Frage nach der Verarbeitung <strong>einer</strong><br />
Krebserkrankung beziehungsweise<br />
des erhöhten Erkrankungsrisikos,<br />
sondern auch der Umgang damit,<br />
dass mögl<strong>ich</strong>erweise Kinder betroffen<br />
sind.<br />
Da BRCA-bezogener Krebs vor dem<br />
25. Lebensjahr selten ist und es potentielle<br />
negative Aspekte der frühen<br />
Anwendung risikoreduzierender Interventionen<br />
gibt, werden im Zusammenhang<br />
mit BRCA1/2-Mutationen<br />
genetische Testungen bei Kindern<br />
n<strong>ich</strong>t routinemäßig durchgeführt<br />
und sind auch für die Altersgruppe<br />
der 18- bis 25-Jährigen umstritten.<br />
Da stellt s<strong>ich</strong> die<br />
Frage, ob Eltern<br />
ihre Kinder<br />
über einen positiven Testbefund<br />
aufklären müssen. Hierzu gibt es<br />
in der Forschung wenige Untersuchungen.<br />
WER WIRD INFORMIERT?<br />
Die Studien, die es bisher zum Thema<br />
gibt, beschäftigen s<strong>ich</strong> vor allem<br />
damit, ob der Befund mitgeteilt wurde<br />
oder n<strong>ich</strong>t, welche Faktoren dies<br />
beeinflussen und wie Kinder und<br />
Jugendl<strong>ich</strong>e die Befundmitteilung im<br />
Rückblick betrachten. Nahezu n<strong>ich</strong>ts<br />
ist darüber bekannt, wie s<strong>ich</strong> die<br />
Mitteilung auf die Kinder <strong>aus</strong>wirkt.<br />
Erste Ergebnisse dieser Studien zeigen,<br />
dass die Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>en<br />
keine besorgniserregenden<br />
Reaktionen auf die Mitteilung des<br />
Befundes zeigen.<br />
Durchgängig zeigt s<strong>ich</strong>, dass ungefähr<br />
die Hälfte der Frauen den Kindern<br />
den positiven Befund mitteilt,<br />
die andere Hälfte tut dies n<strong>ich</strong>t.<br />
Älteren Kindern werden die Ergebnisse<br />
oft früher mitgeteilt. Keinen<br />
Einfluss scheint das Geschlecht der<br />
„Das Gefühl, n<strong>ich</strong>t<br />
informiert zu werden oder<br />
n<strong>ich</strong>t helfen zu können,<br />
belastet zusätzl<strong>ich</strong>.“<br />
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„Ungefähr die Hälfte der<br />
befragten Kinder sorgt s<strong>ich</strong><br />
über ihre Gesundheit.“<br />
Kinder zu haben – sowohl Jungen<br />
als auch Mädchen werden über das<br />
Ergebnis informiert. Ein positiver<br />
Kommunikationsstil scheint eine Befundmitteilung<br />
zu fördern.<br />
WELCHE GRüNDE HABEN<br />
ELTERN FüR DAS MITTEILEN<br />
BEZIEHUNGSWEISE NICHT-<br />
MITTEILEN IHRES BEFUNDES?<br />
Fragt man die Mütter nach den<br />
Gründen für das Mitteilen, so ber<strong>ich</strong>tet<br />
die Mehrzahl der Mütter von<br />
der Befundmitteilung <strong>aus</strong> Respekt<br />
vor dem Recht ihrer Kinder davon<br />
zu erfahren und <strong>aus</strong> einem Verantwortungsgefühl,<br />
diese Information<br />
ihrem Kind weiterzugeben. Ein<br />
kl<strong>einer</strong>er Anteil der Mütter teilte den<br />
Befund <strong>aus</strong> Sorge um den emotionalen<br />
Zustand des Kindes und der<br />
Eltern-Kind-Beziehung mit. Zu den<br />
Gründen der Befundmitteilung von<br />
Brustkrebsuntersuchungen zählte<br />
in <strong>einer</strong> anderen Untersuchung die<br />
Bedeutsamkeit für den offenen Aust<strong>aus</strong>ch<br />
solcher Informationen und<br />
der Versuch, den Stress der Kinder<br />
zu reduzieren.<br />
Mütter, die ihren positiven Befund<br />
n<strong>ich</strong>t mitteilen, ber<strong>ich</strong>ten von Bedenken,<br />
die das Alter, den Reifegrad,<br />
den emotionalen Zustand und das<br />
Interesse der Kinder an den Ergebnissen<br />
betreffen. Die Hoffnung,<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Fragen zu Krebs und Sterben zu<br />
vermeiden und die Kinder vor Stresserleben<br />
zu bewahren kann ebenso<br />
dazu führen, dass über Befunde<br />
n<strong>ich</strong>t gesprochen wird.<br />
WIE GEHT ES KINDERN UND<br />
JUGENDLICHEN NACH DER<br />
BEFUNDMITTEILUNG?<br />
Fragt man Jugendl<strong>ich</strong>e nach ihrer Reaktion<br />
auf die Mitteilung, so gaben<br />
in <strong>einer</strong> Untersuchung die meisten<br />
Befragten an, dass sie die Informationen<br />
gut verstanden hatten. Nur<br />
wenige waren von der Mitteilung<br />
überrascht. Einige Kinder ber<strong>ich</strong>teten<br />
von ihrer Sorge über das gesteigerte<br />
Risiko <strong>einer</strong> Krebserkrankung<br />
(entweder in Bezug auf s<strong>ich</strong> selbst<br />
oder auf Eltern und andere Familienmitglieder).<br />
Dennoch ber<strong>ich</strong>teten die<br />
meisten eine angemessene Reaktion<br />
auf die Mitteilung. Ein w<strong>ich</strong>tiger<br />
Einflussfaktor scheint hier das Alter<br />
zu sein: Jugendl<strong>ich</strong>e erleben die<br />
meisten Probleme, wobei Töchter<br />
eine besondere Risikogruppe zu<br />
sein scheinen.<br />
Generell kann gesagt werden, dass<br />
die Mehrheit keine signifikanten<br />
Einflüsse der Mitteilung auf ihre<br />
emotionale Gesundheit ber<strong>ich</strong>tet.<br />
übereinstimmend wurden keine<br />
negativen Auswirkungen auf die<br />
Beziehungen innerhalb und außer-<br />
halb der Familie angibt. Interessanterweise<br />
scheint die Mitteilung<br />
auch keinen Einfluss auf eigene<br />
Nachwuchspläne zu haben. Viele<br />
ber<strong>ich</strong>teten von Einflüssen auf das<br />
eigene Gesundheitsverhalten: das<br />
Rauchen aufzugeben und allgemein<br />
„gesund zu leben“. Allerdings handelt<br />
es s<strong>ich</strong> hierbei um Ber<strong>ich</strong>te, die<br />
Betroffene später einschätzten.<br />
Ungefähr die Hälfte der befragten<br />
Kinder sorgt s<strong>ich</strong> über ihre Gesundheit.<br />
Diese Angabe ist vergle<strong>ich</strong>bar<br />
mit internationalen Ber<strong>ich</strong>ten alltägl<strong>ich</strong>er<br />
gesundheitl<strong>ich</strong>er Besorgnisse<br />
in durchschnittl<strong>ich</strong>en St<strong>ich</strong>proben.<br />
EMPFEHLUNGEN<br />
Auf die Frage „In welchem Alter sollten<br />
Kinder informiert werden?“ gibt<br />
es derzeit noch keine Empfehlung<br />
<strong>aus</strong> fachl<strong>ich</strong>er S<strong>ich</strong>t. In der Literatur<br />
gibt es keine Angaben über das<br />
„r<strong>ich</strong>tige“ Alter der Kinder, um die<br />
Mutationsinformation mitzuteilen.<br />
Betroffene geben als Alter, in dem<br />
Kinder informiert werden sollen, die<br />
Spanne zwischen 13 und 18 Jahren<br />
an. Andere meinen, das beste Alter<br />
hierfür läge zwischen 19 und 25<br />
Jahren.<br />
Spr<strong>ich</strong>t man mit Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en<br />
über einen solchen Befund, ist<br />
es generell w<strong>ich</strong>tig, mögl<strong>ich</strong>e Sorgen<br />
der Kinder wahr und ernst zu nehmen.<br />
Es ist w<strong>ich</strong>tig, weiter darüber<br />
im Gespräch zu bleiben, den Kindern<br />
das Gespräch anzubieten aber<br />
n<strong>ich</strong>t aufzudrängen und Fragen der
Kinder altersgemäß und ehrl<strong>ich</strong> zu<br />
beantworten. Eine offene, positive<br />
Kommunikation scheint Forschungsergebnissen<br />
zufolge <strong>einer</strong> der Faktoren<br />
zu sein, die am w<strong>ich</strong>tigsten<br />
dafür sind, dass Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e<br />
mit <strong>einer</strong> solchen Erfahrung im<br />
Weiteren gut umgehen können.<br />
Bei der Entscheidung zur Mitteilung<br />
kann man immer auch darüber<br />
nachdenken, s<strong>ich</strong> Unterstützung von<br />
Außen zu holen.<br />
FAZIT<br />
Was einzelne Untersuchungen nahe<br />
legen ist, dass es einen Bedarf für<br />
psychosoziale (Nachsorge) Betreu-<br />
| Wie kann <strong>ich</strong> seelisch mit <strong>einer</strong> familiären Belastung umgehen?<br />
ung nach <strong>einer</strong> genetischen Untersuchung<br />
gibt sowie für die Entwicklung<br />
von „Informationswerkzeugen“ und<br />
Unterstützungsinterventionen für die<br />
Hilfe bei der Mitteilung. Auf diesem<br />
Gebiet ist noch eine ganze Menge<br />
Forschung nötig, um Betroffenen solche<br />
Hilfen an die Hand zu geben.<br />
Auch die Studie BelaJu (Belastungen<br />
Jugendl<strong>ich</strong>er mit einem an Krebs erkrankten<br />
Elternteil) beschäftigt s<strong>ich</strong><br />
mit der Frage des Befindens von<br />
Jugendl<strong>ich</strong>en und Eltern nach ihrer<br />
Diagnose. Interessierte können s<strong>ich</strong><br />
gern an die im Autorenverze<strong>ich</strong>nis<br />
vermerkte Adresse wenden und im<br />
Internet unter ww.medpsy.de/belaju.html<br />
informieren und mit ihrer<br />
Teilnahme an der BelaJu Studie<br />
W<strong>ich</strong>tige Hinweise zum Umgang mit Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en<br />
bei <strong>einer</strong> Krebserkrankung der Mutter oder des Vaters<br />
� Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en sollte es ermögl<strong>ich</strong>t werden, mit ihrem<br />
erkrankten Elternteil zusammen zu sein, wenn sie dies möchten.<br />
� Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en sollte altersgemäß erklärt werden,<br />
was passiert. Die Fragen der Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>en sollten<br />
in jedem Fall beantwortet werden. Dabei muss darauf geachtet<br />
werden, sie n<strong>ich</strong>t mit medizinischem Fachwissen zu überhäufen.<br />
� Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e wollen ehrl<strong>ich</strong>e Antworten auf ihre Fragen.<br />
Sie brauchen das Gefühl, dass ihre Fragen ernst genommen<br />
und ehrl<strong>ich</strong> beantwortet werden.<br />
� Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en muss unbedingt klar gemacht werden,<br />
dass sie keine Schuld an der Erkrankung der Mutter oder des<br />
Vaters haben – dass niemand Schuld an dieser Erkrankung hat.<br />
� Wenn man mit Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en über ein solch schwieriges<br />
Thema spr<strong>ich</strong>t, kann es sein, dass sie manchmal n<strong>ich</strong>t so<br />
reagieren, wie man es als Erwachsener erwartet. W<strong>ich</strong>tig ist es,<br />
Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en diesen Raum zu lassen – es gibt n<strong>ich</strong>t<br />
die „r<strong>ich</strong>tige“ Reaktion.<br />
Hinweise zum Umgang mit Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en bei <strong>einer</strong> bestehenden<br />
Krebserkrankung.<br />
helfen, mehr über die Situation<br />
von Jugendl<strong>ich</strong>en und ihren Eltern<br />
in dieser Lebenssituation her<strong>aus</strong>zufinden.<br />
AUTOREN<br />
Dipl.-Psych.<br />
Anja Fleischmann<br />
Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Mitarbeiterin<br />
Medizinische Psychologie und<br />
Medizinische Soziologie<br />
Technische Universität Dresden<br />
Dipl.-Psych.<br />
Stephanie Drössler<br />
Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Mitarbeiterin<br />
Medizinische Psychologie und<br />
Medizinische Soziologie<br />
Technische Universität Dresden<br />
Prof. Dr. Friedr<strong>ich</strong> Balck<br />
Leiter Medizinische Psychologie<br />
und Medizinische Soziologie<br />
Technische Universität Dresden<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
6<br />
Welche Auswirkungen hat die<br />
Genanalyse sonst noch?<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Genanalyse und<br />
Datenschutz<br />
Persönl<strong>ich</strong>e Daten, welche die Gesundheit<br />
betreffen, sind besonders<br />
schützenswert, da sie einen tiefen<br />
Einblick in die Privatsphäre ermögl<strong>ich</strong>en.<br />
Dies gilt umso mehr für genetische<br />
Daten. Die Entschlüsselung<br />
des menschl<strong>ich</strong>en Genoms führt zu<br />
immer mehr neuen medizinischen<br />
Erkenntnissen mit weit re<strong>ich</strong>enden<br />
Folgen für unser tägl<strong>ich</strong>es Leben.<br />
Genanalysen erlauben heutzutage<br />
bereits lange vor dem tatsächl<strong>ich</strong>en<br />
Ausbruch <strong>einer</strong> Krankheit Vorhersagen<br />
über deren Eintrittswahrscheinl<strong>ich</strong>keit,<br />
selbst wenn der/dem<br />
Betroffenen ihre/seine Anfälligkeit<br />
für diese Krankheit noch n<strong>ich</strong>t bekannt<br />
ist. Auch lassen Genanalysen<br />
Rückschlüsse auf die medizinische<br />
Konstellation von Blutsverwandten<br />
zu, ohne dass diese an dem Verfahren<br />
beteiligt sind.<br />
RECHT AUF INFORMATIO-<br />
NELLE SELBSTBESTIMMUNG<br />
Datenschutzrechtl<strong>ich</strong> ist deshalb<br />
das Selbstbestimmungsrecht der/<br />
des Betroffenen besonders w<strong>ich</strong>tig.<br />
Genetische Untersuchungen sollen<br />
grundsätzl<strong>ich</strong> nur von einem entsprechend<br />
<strong>aus</strong>gebildeten Arzt und<br />
nur dann durchgeführt werden,<br />
wenn die betroffene Person nach<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
umfassender Aufklärung über Zweck<br />
und mögl<strong>ich</strong>e Konsequenzen in eine<br />
solche Untersuchung eingewilligt<br />
hat. Zur informationellen Selbstbestimmung<br />
gehört zum Beispiel auch<br />
die Gewährleistung des Rechts auf<br />
N<strong>ich</strong>twissen. Darüber sollte der Arzt<br />
im Vorhinein mit den Betroffenen<br />
sprechen.<br />
Wenn eine Genanalyse im Krankenh<strong>aus</strong><br />
oder bei einem niedergelassenen<br />
Arzt durchgeführt wird, fallen<br />
dort zwangsläufig hochsensible Daten<br />
an. Die Betroffenen werden in<br />
einem Vorgespräch über ihre bisherige<br />
Krankengesch<strong>ich</strong>te befragt, zu<br />
der in der Regel auch besondere Erkrankungen<br />
in der näheren Familie<br />
gehören. Schließl<strong>ich</strong> wird auch das<br />
Ergebnis der Genanalyse auf der<br />
Patientenkartei vermerkt. All diese<br />
Daten sind gesetzl<strong>ich</strong> geschützt. Es<br />
gibt neben den Geheimhaltungsvorschriften<br />
im Bundesdatenschutzgesetz<br />
berufsständische Bestimmungen<br />
zur ärztl<strong>ich</strong>en Schweigepfl<strong>ich</strong>t und<br />
eine Vorschrift im Strafgesetzbuch,<br />
die den Bruch der ärztl<strong>ich</strong>en Schweigepfl<strong>ich</strong>t<br />
unter Strafe stellt. Das bedeutet<br />
allerdings nur, dass die Daten<br />
n<strong>ich</strong>t unbefugt offenbart werden<br />
dürfen. Datenübermittlungen <strong>aus</strong> der<br />
ärztl<strong>ich</strong>en Praxis an andere Stellen<br />
können <strong>aus</strong> den unterschiedl<strong>ich</strong>sten<br />
Gründen legitim sein: Zum Beispiel<br />
gibt es den Laborarzt, der Laborbefunde<br />
an andere Ärzte übermittelt;<br />
Daten werden an privatärztl<strong>ich</strong>e<br />
Verrechnungsstellen zum Zwecke<br />
der Abrechnung übertragen; Ärzte<br />
informieren s<strong>ich</strong> gegenseitig zum<br />
Zwecke der Abstimmung der Behandlung,<br />
so werden insbesondere<br />
H<strong>aus</strong>ärzte und Fachärzte oder Krankenhäuser<br />
informiert.<br />
Jede dieser Datenübermittlungen<br />
bedarf allerdings <strong>einer</strong> klaren Legitimation.<br />
Dies kann eine gesetzl<strong>ich</strong>e<br />
Ermächtigungsgrundlage sein oder<br />
in bestimmten Fällen auch eine Einwilligungserklärung<br />
des Patienten.<br />
DATENüBERMITTLUNG AN<br />
KRANKENKASSE ODER<br />
-VERSICHERUNG<br />
Ich will hier zunächst den Fall der<br />
Datenübermittlung an gesetzl<strong>ich</strong>e<br />
Krankenkassen her<strong>aus</strong>greifen: Es<br />
kommt relativ häufig vor, dass Krankenkassen<br />
s<strong>ich</strong> an niederge-lassene<br />
Ärzte wenden, um Auskünfte über<br />
einzelne Patienten zu erhalten. Die<br />
Hintergründe sind vielsch<strong>ich</strong>tig. In<br />
den Sozialgesetzbüchern ist genau<br />
geregelt, welche Informationen<br />
Krankenkassen und andere Sozialleistungsträger<br />
über die bei ihnen<br />
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0<br />
„Zur informationellen Selbstbestimmung gehört auch<br />
die Gewährleistung des Rechts auf N<strong>ich</strong>twissen.“<br />
Vers<strong>ich</strong>erten erhalten dürfen. Grundsätzl<strong>ich</strong><br />
dürfen Krankenkassen Patientendaten<br />
nur zu Abrechnungszwecken<br />
bekommen und nutzen. Es<br />
sind aber besondere Fälle denkbar,<br />
in denen die Krankenkasse ärztl<strong>ich</strong>e<br />
Informationen über ihre Vers<strong>ich</strong>erten<br />
benötigt. Nach dem Sozialgesetzbuch<br />
ist der Arzt verpfl<strong>ich</strong>tet, der<br />
Krankenkasse im Einzelfall auf Verlangen<br />
Auskunft zu erteilen, soweit<br />
es für die Durchführung von deren<br />
Aufgaben erforderl<strong>ich</strong> und gesetzl<strong>ich</strong><br />
zugelassen ist oder der Betroffene<br />
im Einzelfall eingewilligt hat.<br />
Erforderl<strong>ich</strong> ist die Datenerhebung<br />
nach dem Willen des Gesetzes immer<br />
dann, wenn anders die Aufgabe<br />
der Prüfung der Leistungspfl<strong>ich</strong>t<br />
n<strong>ich</strong>t ordnungsgemäß erfüllt werden<br />
kann. Natürl<strong>ich</strong> dürfen die Daten<br />
auch nur im Rahmen des erforderl<strong>ich</strong>en<br />
Zwecks verwendet werden.<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Bei den privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erungen<br />
läuft das etwas anders.<br />
Während die gesetzl<strong>ich</strong>en Kranken-<br />
und Unfallvers<strong>ich</strong>erungen verpfl<strong>ich</strong>tet<br />
sind, Anspruchsberechtigte ohne<br />
Ansehen ihrer Person und ohne Blick<br />
auf bereits vorhandene oder potenzielle<br />
Krankheiten aufzunehmen,<br />
gehen die privaten Vers<strong>ich</strong>erungen<br />
nach dem Prinzip der „Risikoäquivalenz“<br />
vor. Je höher das Risiko der<br />
vers<strong>ich</strong>erten Person, desto höher die<br />
Prämie. Das Interesse der privaten<br />
Vers<strong>ich</strong>erer an gendiagnostischen<br />
Untersuchungen und deren Ergebnissen<br />
ist demnach hoch. Nach<br />
heutigem Recht muss der Vers<strong>ich</strong>erungsinteressent<br />
der Vers<strong>ich</strong>erung<br />
unaufgefordert seinen aktuellen<br />
gesundheitl<strong>ich</strong>en Zustand mitteilen.<br />
Die Vers<strong>ich</strong>erungen können darüber<br />
hin<strong>aus</strong> eine ärztl<strong>ich</strong>e Untersuchung<br />
verlangen. Nur in Ausnahmefällen<br />
wird eine genetische Untersuchung<br />
verlangt, zum Beispiel bei konkretem<br />
Verdacht auf Missbrauch.<br />
In diesem Zusammenhang besteht<br />
ein freiwilliges Moratorium der<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsunternehmen, in dem<br />
sie s<strong>ich</strong> verpfl<strong>ich</strong>tet haben, auf prädikative<br />
(Krankheitsanlagen betreffende)<br />
genetische Untersuchungen<br />
im Vorfeld von Vertragsabschlüssen<br />
und auch auf die Information über<br />
bereits durchgeführte prädikative<br />
Untersuchungen zu verz<strong>ich</strong>ten.<br />
ENTWURF EINES<br />
GENDIAGNOSTIKGESETZES<br />
Derzeit wird im Deutschen Bundestag<br />
der Entwurf eines Gendiagnostikgesetzes<br />
beraten. (Anmerkung<br />
der Redaktion: Unmittelbar vor<br />
der Drucklegung dieses Ratgebers<br />
hat der Deutsche Bundestag am
24. April 2009 ein Gendiagnostikgesetz<br />
verabschiedet.) Darin<br />
soll klar geregelt werden, dass ein<br />
Vers<strong>ich</strong>erer vom Vers<strong>ich</strong>erten grundsätzl<strong>ich</strong><br />
weder vor noch nach Abschluss<br />
des Vers<strong>ich</strong>erungsvertrages<br />
die Vornahme genetischer Untersuchungen<br />
oder die Mitteilung von<br />
Ergebnissen <strong>aus</strong> bereits vorgenommenen<br />
genetischen Untersuchungen<br />
verlangen oder solche Ergebnisse<br />
oder Daten entgegennehmen oder<br />
verwenden darf. Letzteres soll für<br />
die Lebensvers<strong>ich</strong>erung, die Berufsunfähigkeitsvers<strong>ich</strong>erung,<br />
die Erwerbsunfähigkeitsvers<strong>ich</strong>erung<br />
und<br />
die Pflegevers<strong>ich</strong>erung nur dann<br />
n<strong>ich</strong>t gelten, wenn eine Leistung<br />
von mehr als 300.000 Euro oder<br />
mehr als 30.000 Euro Jahresrente<br />
vereinbart wird.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> unterliegen private<br />
Krankenvers<strong>ich</strong>erungen, anders als<br />
die gesetzl<strong>ich</strong>en Krankenkassen,<br />
n<strong>ich</strong>t dem strengen Sozialdatenschutz,<br />
doch müssen auch sie s<strong>ich</strong><br />
beim Umgang mit den sensiblen<br />
Gesundheitsdaten an Regeln<br />
halten. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz<br />
dürfen auch private<br />
Vers<strong>ich</strong>erungen die Daten nur im<br />
Rahmen des Vertragszwecks, also<br />
der Kostenerstattung, erheben und<br />
nutzen.<br />
MEDIZINISCHE<br />
PRIVATSPHÄRE<br />
Für Betroffene, die durch eine Genanalyse<br />
erfahren haben, dass sie zu<br />
<strong>einer</strong> Hochrisikogruppe gehören,<br />
stellt s<strong>ich</strong> oftmals die Frage nach der<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
medizinischen Privatsphäre. Muss<br />
eine solche Information zum Beispiel<br />
an den Arbeitgeber gegeben<br />
werden und kann dieser aufgrund<br />
eines genetisch bedingten gesundheitl<strong>ich</strong>en<br />
Risikos einen Bewerber<br />
ablehnen oder gar ein bestehendes<br />
Arbeitsverhältnis auflösen?<br />
Ich interpretiere die derzeitige<br />
Rechtslage so, dass das Selbstbestimmungsrecht<br />
eines jeden Betroffenen<br />
dem Interesse des Arbeitgebers<br />
an leistungsfähigen gesunden<br />
Mitarbeitern vorgeht. Genetische<br />
Untersuchungen dürfen deshalb<br />
grundsätzl<strong>ich</strong> keine Basis für eine<br />
sachgerechte Personal<strong>aus</strong>wahl werden.<br />
Selbst durch eine Genanalyse<br />
festgestellte Dispositionen für eine<br />
Erkrankung ermögl<strong>ich</strong>en keine verbindl<strong>ich</strong>e<br />
Prognose, ob und wann<br />
und unter welchen Umständen s<strong>ich</strong><br />
die Erkrankung tatsächl<strong>ich</strong> <strong>aus</strong>wirkt.<br />
Der Schutz des Persönl<strong>ich</strong>keitsrechts<br />
der Beschäftigten verbietet die Erhebung<br />
eines umfassenden Persönl<strong>ich</strong>keits-<br />
oder Gesundheitsprofils.<br />
Allerdings enthält das Bundesdatenschutzgesetz<br />
gegenwärtig Abwägungskl<strong>aus</strong>eln<br />
und Unschärfen,<br />
die <strong>aus</strong>geräumt werden müssen.<br />
In dem hoffentl<strong>ich</strong> bald verabschiedeten<br />
Gendiagnostikgesetz<br />
soll klar geregelt werden, dass<br />
der Arbeitgeber weder im Bewerbungsverfahren<br />
noch im Verlauf<br />
eines Beschäftigungsverhältnisses<br />
von dem Arbeitnehmer die Mitteilung<br />
von Ergebnissen genetischer<br />
Untersuchungen verlangen darf. Er<br />
soll solche Ergebnisse noch n<strong>ich</strong>t<br />
einmal entgegennehmen oder für<br />
Personalentscheidungen verwenden<br />
dürfen, wenn ihm der Beschäftigte<br />
solche Ergebnisse freiwillig zur<br />
Verfügung stellt. Ausnahmen sind<br />
ledigl<strong>ich</strong> unter dem Ges<strong>ich</strong>tspunkt<br />
des Arbeitsschutzes im Rahmen arbeitsmedizinischerVorsorgeuntersuchungen<br />
zulässig und dies auch nur<br />
unter sehr engen Vor<strong>aus</strong>setzungen,<br />
zum Beispiel bei gesundheitsgefährdenden<br />
Tätigkeiten. Der Gesetzentwurf<br />
enthält auch ein klares Benachteiligungsverbot.<br />
Arbeitgeber<br />
dürfen Beschäftigte n<strong>ich</strong>t wegen ihrer<br />
genetischen Dispositionen oder<br />
denen ihrer Blutsverwandten, zum<br />
Beispiel der Eltern, benachteiligen.<br />
Das gilt unabhängig davon, auf<br />
welche Weise dem Arbeitgeber die<br />
genetischen Eigenschaften bekannt<br />
geworden sind. Das Benachteiligungsverbot<br />
gilt auch für die Fälle,<br />
in denen s<strong>ich</strong> Beschäftigte weigern,<br />
s<strong>ich</strong> genetisch untersuchen zu lassen<br />
oder Ergebnisse genetischer Untersuchungen<br />
zu offenbaren.<br />
AUTOR<br />
Peter Schaar<br />
Der Bundesbeauftragte für den<br />
Datenschutz und die Informationsfreiheit,<br />
Bonn<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
Gut zu wissen!<br />
DIE VERSICHERUNGSRECHTLICHE BRISANZ VON GENTESTS<br />
Im Mittelpunkt der überlegungen<br />
steht im Hinblick auf die Thematik<br />
dieses Ratgebers die Krankenvers<strong>ich</strong>erung.<br />
Diese sind im<br />
Abschnitt I erörtert. Doch auch<br />
andere Personenvers<strong>ich</strong>erungen,<br />
wie Lebens- und Unfallvers<strong>ich</strong>erungen,<br />
können im Einzelfall<br />
betroffen sein, vergle<strong>ich</strong>e hierzu<br />
Abschnitt II.<br />
Dieser Ratgeber will eine erste Orientierung<br />
zu den angesprochenen<br />
Themenkreisen ermögl<strong>ich</strong>en. Es werden<br />
deshalb in einigen Passagen<br />
der Erörterung die relevanten Fragen<br />
vereinfacht dargestellt. Sollten<br />
s<strong>ich</strong> ernsthafte Probleme ergeben,<br />
wird empfohlen, mögl<strong>ich</strong>st frühzeitig<br />
anwaltl<strong>ich</strong>en Rat (Fachanwalt für<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsrecht) einzuholen.<br />
I. KRANKENVERSICHERUNG<br />
Auf den ersten Blick scheint es eine<br />
Selbstverständl<strong>ich</strong>keit zu sein, dass<br />
medizinische Leistungen, sei es<br />
durch Inanspruchnahmen von Vorsorgeuntersuchungen<br />
oder in Form<br />
von Heilbehandlungen, Geld kosten.<br />
Die Abs<strong>ich</strong>erung der wirtschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Risiken erfolgt durch<br />
eine Krankenvers<strong>ich</strong>erung. Je nachdem,<br />
für welche Art von Vers<strong>ich</strong>erungsschutz<br />
s<strong>ich</strong> die/der Betroffene<br />
entschieden hat, bestehen teilweise<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
erhebl<strong>ich</strong>e Unterschiede beim Kostenschutz.<br />
Es sind im wesentl<strong>ich</strong>en<br />
drei Erscheinungsformen des<br />
Kostenschutzes zu unterscheiden:<br />
� die gesetzl<strong>ich</strong>e Krankenvers<strong>ich</strong>erung;<br />
� die private Krankenvers<strong>ich</strong>erung;<br />
� eine Kombination von GKV<br />
und PKV, indem neben <strong>einer</strong><br />
bestehenden GKV noch eine<br />
private Zusatzvers<strong>ich</strong>erung abgeschlossen<br />
wird.<br />
Die rechtl<strong>ich</strong>en Grundlagen der GKV<br />
sind im Wesentl<strong>ich</strong>en im Sozialgesetzbuch<br />
Teil V (SGB V) geregelt.<br />
Hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der PKV ist es, rechtl<strong>ich</strong><br />
betrachtet, etwas komplizierter. Der<br />
rechtl<strong>ich</strong>e Rahmen der PKV definiert<br />
s<strong>ich</strong> <strong>aus</strong> zwei Grundlagen: <strong>aus</strong><br />
dem Inhalt des abgeschlossenen<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsvertrages und<br />
nach den gesetzl<strong>ich</strong>en Vorschriften<br />
zum Vers<strong>ich</strong>erungsvertrag, dem Vers<strong>ich</strong>erungsvertragsgesetz<br />
(VVG).<br />
Das VVG wurde mit Wirkung zum<br />
1. Januar 2008 reformiert.<br />
Das neue VVG (VVG 00 ) hat<br />
tief greifende Neuregelungen<br />
zum privaten Vers<strong>ich</strong>erungsrecht mit<br />
s<strong>ich</strong> gebracht. Unter anderem neu<br />
geregelt wurden die so genannten<br />
Obliegenheiten. Mit dem Begriff<br />
„Obliegenheiten“ werden die Pfl<strong>ich</strong>ten<br />
des Vers<strong>ich</strong>erungsnehmers beze<strong>ich</strong>net,<br />
die er vor und während des<br />
laufenden Vertrages erfüllen muss.<br />
Vereinfacht dargestellt gibt es drei<br />
Gruppen von Obliegenheiten. Vor<br />
dem Vertragsschluss stellt der Vers<strong>ich</strong>erer<br />
im Vers<strong>ich</strong>erungsantrag „Fragen<br />
zum Risiko“. Bei der Personenvers<strong>ich</strong>erung<br />
(Unfall-, Kranken- oder<br />
Lebensvers<strong>ich</strong>erung) sind es im Wesentl<strong>ich</strong>en<br />
die Gesundheitsfragen.<br />
Diese Obliegenheiten nennt man<br />
Anzeigeobliegenheiten. Während<br />
des laufenden Vers<strong>ich</strong>erungsvertrages<br />
kann es erforderl<strong>ich</strong> sein,<br />
bestimmte Verhaltensregeln einzuhalten.<br />
Diese Pfl<strong>ich</strong>ten nennt man<br />
Gefahrstandobliegenheiten. Ist<br />
ein Vers<strong>ich</strong>erungsfall eingetreten<br />
(Beispiel zur Krankenvers<strong>ich</strong>erung:<br />
ein Arztbesuch ist erforderl<strong>ich</strong>) bestehen<br />
für den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
ebenfalls Verhaltenspfl<strong>ich</strong>ten, diese<br />
nennt man Obliegenheiten im<br />
Schadenfall. Im VVG 2008 wurde<br />
nun die Re<strong>ich</strong>weite dieser Pfl<strong>ich</strong>ten<br />
und die Sanktionen für den Fall des<br />
Verstoßes teilweise völlig neu geregelt.<br />
Viele dieser neuen Vorschriften<br />
sind in ihrer Tragweite zum heutigen<br />
Zeitpunkt selbst für Experten n<strong>ich</strong>t<br />
vorhersehbar. Nach den intertemporalen<br />
Vorschriften (Artikel 1 des<br />
Einführungsgesetzes zum Vers<strong>ich</strong>e-
ungsvertragsgesetzes = EGVVG)<br />
zum VVG 2008 sind aber diese<br />
Neuregelungen mit Wirkung vom<br />
1. Januar 2009 zwingend auf alle<br />
privaten Vers<strong>ich</strong>erungsverträge anzuwenden.<br />
Die bereits vor der Reform des<br />
VVG abgeschlossenen PKV-Verträge<br />
bleiben in der bisherigen<br />
Form bestehen, allerdings mit der<br />
Maßgabe, dass auf die ursprüngl<strong>ich</strong><br />
nach dem bisherigen VVG geschlossenen<br />
Verträge nun die s<strong>ich</strong><br />
<strong>aus</strong> dem VVG 2008 ergebenden<br />
rechtl<strong>ich</strong>en Rahmenbedingungen<br />
Anwendung finden. Nach Artikel<br />
1 EGVVG haben die Vers<strong>ich</strong>erer<br />
die Option, bereits vor der Reform<br />
abgeschlossene Verträge der neuen<br />
Rechtslage anzupassen. Macht ein<br />
Vers<strong>ich</strong>erer davon Gebrauch, muss<br />
er vorher den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
darüber schriftl<strong>ich</strong> informieren und<br />
dabei die Unterschiede zwischen<br />
altem und neuem Vertrag kenntl<strong>ich</strong><br />
machen.<br />
1. Wahl der Vers<strong>ich</strong>erungs-<br />
form<br />
Die Wahl für eine Vers<strong>ich</strong>erungsform<br />
– GKV oder PKV – geschieht zunächst<br />
meist n<strong>ich</strong>t freiwillig. Man kann zwei<br />
Phasen unterscheiden: Kinderzeit<br />
und Erwachsenenzeit.<br />
Mit der Geburt des Menschen besteht<br />
zunächst erst einmal automatisch<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsschutz. Ob das<br />
Neugeborene gesetzl<strong>ich</strong> oder<br />
privat vers<strong>ich</strong>ert ist, hängt von<br />
den Eltern ab.<br />
Sind die Eltern gesetzl<strong>ich</strong> vers<strong>ich</strong>ert,<br />
sind Kinder kraft gesetzl<strong>ich</strong>er<br />
„Unabhängig von der<br />
Vers<strong>ich</strong>erungspfl<strong>ich</strong>t in<br />
der GKV zu sehen, ist die<br />
Mögl<strong>ich</strong>keit, eine Zusatzvers<strong>ich</strong>erung<br />
bei der PKV<br />
abzuschließen, um den<br />
Leistungsanspruch zu<br />
erweitern.“<br />
Definition in § 10 Absatz 2 SGB V<br />
bis zum vollendeten 18. Lebensjahr<br />
im Rahmen der so genannten Familienvers<strong>ich</strong>erung<br />
mitvers<strong>ich</strong>ert. Diese<br />
Situation dauert bis zur Vollendung<br />
des 23. Lebensjahres an, wenn das<br />
Kind bis zu diesem Alter noch n<strong>ich</strong>t<br />
erwerbstätig ist. Sie kann s<strong>ich</strong> bis<br />
zum vollendeten 25. Lebensjahr verlängern,<br />
wenn s<strong>ich</strong> das Kind noch in<br />
<strong>einer</strong> Schul- oder Berufs<strong>aus</strong>bildung<br />
befindet, ohne Entgelt zu erzielen.<br />
Danach ist das inzwischen erwachsen<br />
gewordene Kind gesondert zu<br />
vers<strong>ich</strong>ern.<br />
Besteht für beide Eltern eine PKV,<br />
hat gemäß § 198 VVG 2008 der<br />
PKV-Vers<strong>ich</strong>erer rückwirkend zwei<br />
Monate nach Mitteilung das Kind<br />
von s<strong>einer</strong> Geburt an zu vers<strong>ich</strong>ern<br />
mit dem gle<strong>ich</strong>en Bedingungswerk,<br />
das für die Eltern besteht. Beitrags-<br />
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zuschläge oder Ausschlüsse sind<br />
generell unzulässig, auch wenn das<br />
Kind behindert sein sollte.<br />
Ist nur <strong>einer</strong> der Eltern privat, der<br />
andere hingegen gesetzl<strong>ich</strong> vers<strong>ich</strong>ert,<br />
besteht zunächst ebenfalls<br />
mit der Geburt Vers<strong>ich</strong>erungsschutz<br />
im Rahmen der PKV. Ob das Kind<br />
aber dann im Rahmen der GKV<br />
oder der PKV vers<strong>ich</strong>ert wird, hängt<br />
gemäß § 10 Absatz 3 SGB V davon<br />
ab, ob die Einkünfte des in der PKV<br />
vers<strong>ich</strong>erten Elternteils die Beitragsbemessungsgrenze<br />
zur GKV nach<br />
§ 6 Absatz 6 SGB V übersteigt. Als<br />
Sonderfall zu erwähnen sind noch<br />
die Personen, die freiwillig im Rahmen<br />
der GKV vers<strong>ich</strong>ert sind. Hier<br />
verbleibt es bei dem Einschluss des<br />
Kindes in die GKV.<br />
„Die Frage des Kostenschutzes<br />
für Vorsorgeuntersuchungen<br />
in<br />
der PKV wird im<br />
juristischen Schrifttum<br />
weit gehend ignoriert.“<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Bei Adoptivkindern gelten die vorerwähnten<br />
Vorschriften entsprechend.<br />
Eine w<strong>ich</strong>tige Ausnahme besteht bei<br />
der PKV allerdings bezügl<strong>ich</strong> der<br />
Zulässigkeit von Beitragszuschlägen<br />
gemäß § 198 Absatz 2 Satz<br />
2 VVG 2008. Die Zulässigkeit dieser<br />
gesetzl<strong>ich</strong>en Regelung, die im<br />
bisherigen VVG in § 178 d Absatz<br />
2 Satz 2 wortgle<strong>ich</strong> enthalten war,<br />
war bereits s<strong>einer</strong>zeit umstritten.<br />
Gegen die Vorschrift bestanden<br />
und bestehen verfassungsrechtl<strong>ich</strong>e<br />
Bedenken wegen Verstoßes gegen<br />
das Gle<strong>ich</strong>heitsrecht nach Artikel 3<br />
des Grundgesetzes.<br />
Die zweite Phase beginnt mit der<br />
Aufnahme der eigenen Berufstätigkeit.<br />
Eine Wahlmögl<strong>ich</strong>keit,<br />
für welche Form des Vers<strong>ich</strong>erungs-<br />
schutzes man s<strong>ich</strong> entscheiden<br />
möchte, besteht n<strong>ich</strong>t immer. Vereinfacht<br />
<strong>aus</strong>gedrückt kann man sagen,<br />
dass kraft Gesetzes jedermann im<br />
Rahmen der GKV pfl<strong>ich</strong>tvers<strong>ich</strong>ert<br />
ist, es sei denn, er gehört <strong>einer</strong> der<br />
nachbenannten Ausnahmegruppen<br />
an, denen ein Wahlrecht zusteht:<br />
Aufgrund Einkommenshöhe:<br />
Arbeiter und Angestellte, deren<br />
regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt<br />
die Jahresarbeitsentgeltgrenze<br />
übersteigt;<br />
Aufgrund des Berufes:<br />
Beamte, R<strong>ich</strong>ter, Soldaten auf Zeit<br />
und die Personen, die gegenüber<br />
<strong>einer</strong> Körperschaft des öffentl<strong>ich</strong>en<br />
Rechts, <strong>einer</strong> Stiftung oder<br />
einem Verband einen Anspruch
auf Fortzahlung der Bezüge im<br />
Krankheitsfall und auf Beihilfe<br />
oder Heilfürsorge haben;<br />
Aufgrund von Selbständigkeit:<br />
alle selbständig Tätigen, n<strong>ich</strong>t aber<br />
Künstler oder Publizisten (vergle<strong>ich</strong>e<br />
Künstlersozialvers<strong>ich</strong>erungsgesetz),<br />
auch n<strong>ich</strong>t Landwirte und deren<br />
mitarbeitende Angehörigen.<br />
Im Rahmen dieser Darstellung<br />
kann <strong>aus</strong> Platzgründen n<strong>ich</strong>t jede<br />
denkbare Variante erörtert werden.<br />
Erwähnenswert dürften aber noch<br />
die Empfänger von Arbeits-<br />
losengeld II (ALG II) und geringfügig<br />
Beschäftigte sein. ALG II<br />
Empfänger sind kraft Gesetzes in<br />
der GKV vers<strong>ich</strong>ert. Bei geringfügig<br />
Beschäftigten hängt die Frage davon<br />
ab, ob die betroffene Person in<br />
einem anderen, n<strong>ich</strong>t geringfügigen<br />
Beschäftigungsverhältnis Einkünfte<br />
erzielt oder <strong>aus</strong> selbständiger Tätigkeit.<br />
Besteht kein weiteres Beschäftigungsverhältnis,<br />
ist die betreffende<br />
Person entweder im Rahmen der<br />
Familienvers<strong>ich</strong>erung mitvers<strong>ich</strong>ert<br />
oder es dürfte – falls jemand Single<br />
und ohne ein weiteres Beschäftigungsverhältnis<br />
ist – mutmaßl<strong>ich</strong><br />
ein Anspruch nach ALG I oder ALG<br />
II bestehen. Dann besteht Vers<strong>ich</strong>erungsschutz<br />
in der GKV.<br />
Unabhängig von der Vers<strong>ich</strong>erungspfl<strong>ich</strong>t<br />
in der GKV zu sehen, ist die<br />
Mögl<strong>ich</strong>keit, eine Zusatzvers<strong>ich</strong>erung<br />
bei der PKV abzuschließen,<br />
um den Leistungsanspruch zu erweitern.<br />
Ebenso haben Personen,<br />
die n<strong>ich</strong>t kraft Gesetzes in der GKV<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
vers<strong>ich</strong>ert sind, die Option, s<strong>ich</strong> für<br />
die GKV zu entscheiden. Ausgenommen<br />
sind jedoch diejenigen, die<br />
bereits einen längeren Zeitraum in<br />
der PKV vers<strong>ich</strong>ert sind. Wegen der<br />
Handhabung dieses komplizierten<br />
Sonderfalls wird auf die Vorschrift<br />
§ 9 SGB V verwiesen.<br />
Es stellt s<strong>ich</strong> für jeden die Frage,<br />
ob Vers<strong>ich</strong>erungsschutz im Rahmen<br />
der PKV – zusätzl<strong>ich</strong> oder substitutiv,<br />
das heißt, anstelle der GKV<br />
– genommen werden soll. Bei denjenigen,<br />
die ein Wahlrecht haben,<br />
stellt s<strong>ich</strong> die Frage zwangsläufig.<br />
übl<strong>ich</strong>erweise stehen dabei zwei<br />
Themen im Mittelpunkt, namentl<strong>ich</strong><br />
wirtschaftl<strong>ich</strong>e Überlegungen<br />
und der Umfang des Vers<strong>ich</strong>erungsschutzes.<br />
Bei den wirtschaftl<strong>ich</strong>en Überlegungen<br />
geht es um die Höhe der<br />
Beiträge. Gerade junge Menschen<br />
können deutl<strong>ich</strong> preiswerter gle<strong>ich</strong>artigen<br />
oder gar umfangre<strong>ich</strong>eren<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsschutz in der PKV<br />
abschließen. Für diejenigen, die,<br />
wie zum Beispiel Beamte, Ansprüche<br />
im Rahmen der Beihilfe oder<br />
Heilfürsorge in Anspruch nehmen<br />
können, beträgt der monatl<strong>ich</strong>e<br />
Beitrag oft weniger als die Hälfte<br />
des Beitrages in der GKV. Des Weiteren<br />
muss man würdigen, dass die<br />
Beiträge in der PKV unabhängig<br />
vom Einkommen berechnet<br />
werden. Einkommenssteigerungen<br />
bleiben ohne Auswirkung auf die<br />
Höhe des monatl<strong>ich</strong>en Beitrags.<br />
Zudem muss man sehen, dass durch<br />
die fast immer jährl<strong>ich</strong> erfolgenden<br />
Anpassungen der Beitragsbemessungsgrenze<br />
in der GKV für Bezieher<br />
höherer Einkommen auch Beitragserhöhungen<br />
<strong>aus</strong>gelöst werden.<br />
Auch in der PKV werden Beiträge<br />
erhöht. Bezogen auf die letzten 40<br />
Jahre kann man indes feststellen,<br />
dass deren Erhöhungen die Beitragsentwicklung<br />
in der GKV deutl<strong>ich</strong><br />
unterschritten haben. Schließl<strong>ich</strong><br />
bieten viele PKV-Vers<strong>ich</strong>erer<br />
im Fall der N<strong>ich</strong>tinanspruchnahme<br />
des Vers<strong>ich</strong>erungsschutzes während<br />
eines Kalenderjahres Rückvergütungen<br />
an.<br />
Der Umfang des Vers<strong>ich</strong>erungsschutzes<br />
der PKV ist dem in der<br />
GKV überlegen. Die GKV bietet<br />
zwar auch gemäß § 11 SGB V<br />
Anspruch auf Leistungen zur Verhütung<br />
von Krankheiten und deren<br />
Verschlimmerung, zur Früherkennung<br />
von Krankheiten und zur<br />
Behandlung <strong>einer</strong> Krankheit. Doch<br />
unter dem Credo des so genannten<br />
Wirtschaftl<strong>ich</strong>keitsgebotes (vergl.<br />
zur Definition des Begriffs § 12<br />
SGB V) sind inzwischen zahlre<strong>ich</strong>e<br />
medizinisch durch<strong>aus</strong> sinnvolle<br />
Leistungen <strong>aus</strong> dem Leistungskatalog<br />
der GKV gestr<strong>ich</strong>en oder zumindest<br />
eingeschränkt worden. Bei<br />
der Früherkennung von Krankheiten<br />
sind durch Rechtsverordnungen<br />
Altersgrenzen eingeführt und die<br />
Häufigkeit der Untersuchungen<br />
eingeschränkt worden. Es ist n<strong>ich</strong>t<br />
in die Entscheidungsfreiheit des<br />
Vers<strong>ich</strong>erten gestellt, ob und gegebenenfalls<br />
wie häufig jemand Vorsorgeuntersuchungen<br />
durchführen<br />
lässt.<br />
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„Wenn ergebnisoffene Untersuchungen,<br />
die auch der Vorsorge dienen, vom<br />
Kostenschutz der PKV erfasst sind, wird<br />
man n<strong>ich</strong>t p<strong>aus</strong>chal jedwede Vorsorgeuntersuchung<br />
<strong>aus</strong>grenzen können.“<br />
Die Frage des Kostenschutzes<br />
für Vorsorgeuntersuchungen<br />
in der PKV wird im juristischen<br />
Schrifttum weit gehend ignoriert. In<br />
der einschlägigen <strong>Komme</strong>ntierung<br />
(vergle<strong>ich</strong>e beispielsweise Bach/<br />
Moser, Private Krankenvers<strong>ich</strong>erung,<br />
3. Auflage 2002; Schubach<br />
in Münchener Anwaltshandbuch<br />
zum Vers<strong>ich</strong>erungsrecht, 2. Auflage<br />
2008 § 23 Rn 166; H. Müller<br />
in Beckmann/Matusche-Beckmann,<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsrechts-Handbuch, 2.<br />
Auflage 2009, § 44 Rn 149; Prölss<br />
in Prölss/Martin, aaO zu § 178 b<br />
VVG Rn 8ff.) wird ledigl<strong>ich</strong> erwähnt,<br />
dass diese Untersuchungen mitvers<strong>ich</strong>ert<br />
seien, ohne aber einschlägige<br />
Urteile zu zitieren.<br />
Nur auf den ersten Blick könnte<br />
es den Anschein haben, dass es<br />
keine Streitfälle zu dieser Thematik<br />
gibt. Ambulant durchgeführte<br />
Vorsorgeuntersuchungen werden<br />
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schließl<strong>ich</strong> <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong> als Vers<strong>ich</strong>erungsfall<br />
anerkannt. Allerdings<br />
ist im Gesetz eine w<strong>ich</strong>tige<br />
Einschränkung enthalten. In §<br />
192 Absatz 1 VVG 2008 wird die<br />
Kostenerstattung auf die Vorsorgeuntersuchungen<br />
zur Früherkennung<br />
von Krankheiten begrenzt, die „gesetzl<strong>ich</strong><br />
eingeführten Programmen“<br />
entsprechen. Das VVG alte Fassung<br />
(a.F.) enthielt in § 178 b Absatz 1<br />
eine gle<strong>ich</strong> lautende Formulierung.<br />
Man könnte die Formulierung im<br />
Gesetz so verstehen, dass bezügl<strong>ich</strong><br />
der Erstattungsfähigkeit der<br />
Kosten für Vorsorgeuntersuchungen<br />
die PKV auf die gesetzl<strong>ich</strong>en Regelungen<br />
zur GKV verweisen will. Der<br />
Verweis auf „gesetzl<strong>ich</strong> eingeführte<br />
Programme“ kann nur auf Vorsorgeuntersuchungen<br />
im Sinne des SGB V<br />
verstanden werden.<br />
Tatsächl<strong>ich</strong> aber kommt es in der<br />
Praxis immer wieder zu Streitfällen,<br />
weil s<strong>ich</strong> einige PKV-Vers<strong>ich</strong>erer<br />
weigern, Kosten für Vorsorgeuntersuchungen<br />
zu übernehmen. Diese<br />
Konflikte werden aber anscheinend<br />
im Verborgenen geführt, denn es<br />
sind kaum ger<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>e Entscheidungen<br />
zu diesem Themenkreis<br />
publiziert (vergle<strong>ich</strong>e LG Dortmund<br />
NJW-RR 2008, 118). Kein Streit<br />
darf entstehen, wenn die Vorsorgeuntersuchungen<br />
gesetzl<strong>ich</strong> eingeführten<br />
Programmen entsprechen,<br />
auf § 25 SGB V wird verwiesen.<br />
Damit dürfte es jedoch n<strong>ich</strong>t sein Bewenden<br />
haben. Zwar wird insbesondere<br />
von Verbandsvertretern der PKV<br />
propagiert, dass die Leistungspfl<strong>ich</strong>t<br />
der PKV bezügl<strong>ich</strong> Vorsorgeuntersuchungen<br />
sehr begrenzt sind und<br />
so genanntes „Wildes Screening“<br />
n<strong>ich</strong>t zu bezahlen sei. Bei näherer<br />
Analyse des § 192 Absatz 1 VVG<br />
indes dürfte wohl eine differenzierte<br />
Betrachtung r<strong>ich</strong>tig sein.
Zu unterscheiden sein dürften insofern<br />
� „allgemeine“ Vorsorgeuntersuchungen<br />
zur Früherkennung von<br />
Krankheiten<br />
� und Vorsorgeuntersuchungen aufgrund<br />
„konkreten Anlasses“.<br />
Eigentl<strong>ich</strong> ist es ganz einfach: In vielen<br />
Fällen wird ein Arzt von einem<br />
Patienten konsultiert, weil aufgrund<br />
von konkreten Beschwerden Untersuchungsbedarf<br />
gesehen wird.<br />
Ebenso kommt es vor, dass <strong>aus</strong> Sorge<br />
um die eigene Gesundheit („allgem<strong>einer</strong><br />
Gesundheits-Check“) eine<br />
Untersuchung gewünscht wird. Dass<br />
diese Kosten im Rahmen der PKV zu<br />
erstatten sind, steht n<strong>ich</strong>t im Streit.<br />
Auch wenn ein konkreter Anlass<br />
besteht, eine Untersuchung durchzuführen,<br />
weiß der Patient oft n<strong>ich</strong>t,<br />
welches Ergebnis ihn erwartet. Die<br />
Untersuchung erfolgt, <strong>aus</strong> S<strong>ich</strong>t des<br />
Patienten, ergebnisoffen. Sie dient<br />
der Vorsorge und nur in den Fällen,<br />
in denen konkreter Behandlungsbedarf<br />
gesehen wird, erfolgt eine<br />
solche. Wenn aber ergebnisoffene<br />
Untersuchungen, die auch der Vorsorge<br />
dienen, vom Kostenschutz der<br />
PKV erfasst sind, wird man n<strong>ich</strong>t<br />
p<strong>aus</strong>chal jedwede Vorsorgeuntersuchung<br />
<strong>aus</strong>grenzen können. Immer<br />
dann, wenn ein konkreter Anlass<br />
besteht, dürfte der Kostenschutz<br />
bestehen. Anders bewertet werden<br />
dürfen deshalb nach dem Wortlaut<br />
nur die aufgrund von Lebensalter<br />
durchgeführten, turnusmäßigen,<br />
Untersuchungen. Nach dem Wesen<br />
der PKV dürfte insofern auch n<strong>ich</strong>t<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
zu problematisieren sein, worin der<br />
Patient den konkreten Anlass für<br />
die Durchführung der vorsorgenden<br />
Untersuchung sieht. Maßstab für<br />
die Kostenerstattungspfl<strong>ich</strong>t ist die<br />
medizinische Notwendigkeit, die<br />
bei einem konkreten Anlass wohl<br />
vorliegen dürfte.<br />
Auch ansonsten ist der Leistungskatalog<br />
der PKV weitergehender<br />
als der der GKV. Kosten für eine<br />
Behandlung nach <strong>einer</strong> Methode<br />
der so genannten Alternativmedizin<br />
werden von der GKV nur<br />
im Ausnahmefall erstattet. § 135<br />
SGB V bestimmt, dass nur Leistungen<br />
erbracht für Behandlungsmaßnahmen<br />
werden, die von den<br />
Bundes<strong>aus</strong>schüssen der Ärzte und<br />
Krankenkassen empfohlen werden.<br />
In der PKV hingegen genügt für die<br />
Erstattungspfl<strong>ich</strong>t eine so genannte<br />
medizinische Notwendigkeit. Diese<br />
soll vorliegen, wenn es nach den<br />
objektiven medizinischen und wissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Erkenntnissen zum<br />
Zeitpunkt der Behandlung vertretbar<br />
war, sie als medizinisch notwendig<br />
anzusehen (ständige Rechtsprechung,<br />
vergle<strong>ich</strong>e BGH VersR 1996,<br />
1224 und Schoenfeldt/Kalis in<br />
Bach/Moser aaO Rn 42 mit zahlre<strong>ich</strong>en<br />
weiteren Nachweisen <strong>aus</strong><br />
Rechtsprechung und Schrifttum). Die<br />
alternative Medizin ist in der PKV zu<br />
berücks<strong>ich</strong>tigen und darf n<strong>ich</strong>t nur<br />
deshalb, weil es s<strong>ich</strong> um Alternativmedizin<br />
handelt, vom Kostenschutz<br />
<strong>aus</strong>genommen werden (Müller-Stein<br />
in van Bühren, Handbuch Vers<strong>ich</strong>erungsrecht,<br />
4. Auflage 2009, § 17<br />
Rn 59; zur Unwirksamkeit der so ge-<br />
nannten Wissenschaftl<strong>ich</strong>keitskl<strong>aus</strong>el<br />
vergle<strong>ich</strong>e BGH NJW 1993, 2369).<br />
Auch Fragen der Wirtschaftl<strong>ich</strong>keit<br />
dürfen nach der so genannten<br />
Privatklinik-Entscheidung des BGH<br />
(VersR 2003, 581) in der PKV<br />
keine Rolle spielen. Auch Kostenerstattung<br />
für die Inanspruchnahme<br />
eines Heilpraktikers kann n<strong>ich</strong>t<br />
per se <strong>aus</strong>geschlossen werden.<br />
Schließl<strong>ich</strong> ist zu würdigen, dass<br />
Privatpatienten aufgrund der deutl<strong>ich</strong><br />
besseren Honorierung der Ärzte<br />
durch die PKV einen le<strong>ich</strong>teren Zugang<br />
zu Ärzten und insbesondere zu<br />
Spezialisten haben. In zahlre<strong>ich</strong>en<br />
Kliniken wird eine Chefarztbehandlung<br />
nur noch Privatpatienten<br />
zugängl<strong>ich</strong> gemacht. Gle<strong>ich</strong>es gilt<br />
auch für die Behandlung durch frei<br />
praktizierende Spezialisten. Man<br />
mag diese Entwicklung rechtspolitisch<br />
geißeln. An der gegenwärtigen<br />
Situation ändert diese nachvollziehbare<br />
Kritik indes n<strong>ich</strong>ts. Der<br />
zum Zeitpunkt der Abfassung dieser<br />
Erörterung aktuell schwelende Konflikt<br />
zwischen der Ärzteschaft und<br />
den gesetzl<strong>ich</strong>en Krankenvers<strong>ich</strong>erungen<br />
um die Höhe der Honorierung<br />
der ärztl<strong>ich</strong>en Leistungen hat<br />
in zahlre<strong>ich</strong>en Fällen dazu geführt,<br />
dass so genannte N<strong>ich</strong>t-akut-Patienten<br />
der GKV n<strong>ich</strong>t oder nur sehr<br />
eingeschränkt behandelt wurden.<br />
Wägt man die vorerwähnten Vor-<br />
und Nachteile ab, spr<strong>ich</strong>t auf den<br />
ersten Blick vieles dafür, s<strong>ich</strong>, sofern<br />
man eine Wahlmögl<strong>ich</strong>keit hat, für<br />
die PKV zu entscheiden. So einfach<br />
liegen die Dinge jedoch n<strong>ich</strong>t.<br />
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Bei der Entscheidung muss man<br />
näml<strong>ich</strong> betrachten, dass es auch<br />
bei der PKV Problemfelder gibt,<br />
die allerdings mit anderen Fragestellungen<br />
im Zusammenhang stehen.<br />
Typische Konfliktfelder in der PKV<br />
sind:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Anzeigeobliegenheiten: unzutreffende<br />
Angaben im Antrag<br />
Mitteilungspfl<strong>ich</strong>ten: Auskunftsobliegenheiten<br />
und Genehmigungspfl<strong>ich</strong>ten<br />
vor bestimmten<br />
Behandlungen<br />
Wartezeiten: für bestimmte<br />
Leistungen können Wartezeiten<br />
vereinbart werden<br />
Prämienverzug: Kündigung<br />
durch den Vers<strong>ich</strong>erer, wenn<br />
der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer <strong>aus</strong><br />
wirtschaftl<strong>ich</strong>en Gründen die<br />
Folgeprämien n<strong>ich</strong>t oder n<strong>ich</strong>t<br />
rechtzeitig zahlt<br />
Heilbehandlung im Ausland:<br />
allerdings auch in der GKV<br />
n<strong>ich</strong>t respektive nur teilweise<br />
erstattungsfähig<br />
Alternativmedizin: n<strong>ich</strong>t jede<br />
Behandlungsmaßnahme mit der<br />
so genannten Alternativmedizin<br />
ist erstattungspfl<strong>ich</strong>tig, in der GKV<br />
jedoch ist die Regelung deutl<strong>ich</strong><br />
strenger.<br />
Die weit<strong>aus</strong> meisten Konfliktfälle<br />
beziehen s<strong>ich</strong> auf die Anzeigeobliegenheitsverletzung,<br />
das heißt,<br />
unzutreffende Angaben im An-<br />
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tragsformular bei Abschluss des<br />
PKV-Vertrages.<br />
. Anzeigeobliegenheiten<br />
Die GKV kennt Anzeigeobliegenheiten<br />
n<strong>ich</strong>t. Mit dem Beitritt zur<br />
GKV ist der Vers<strong>ich</strong>erte gemäß<br />
des gesetzl<strong>ich</strong> festgelegten Leistungskatalogs<br />
der GKV vers<strong>ich</strong>ert,<br />
unabhängig davon, ob schon beim<br />
Beitritt Risikopotenzial oder gar<br />
Vorerkrankungen bestehen oder<br />
n<strong>ich</strong>t. Die GKV stellt keine Gesundheitsfragen<br />
und kennt keine Gesundheitsprüfung,<br />
sondern gewährt ab<br />
dem Beitritt im Rahmen des Leistungskatalogs<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsschutz.<br />
Der Beitritt kann <strong>aus</strong> medizinischen<br />
Gründen von der GKV weder angefochten<br />
noch in sonstiger Weise<br />
annulliert werden.<br />
In der PKV spielen die Anzeigeobliegenheiten<br />
eine w<strong>ich</strong>tige Rolle.<br />
Die Bedeutung erwächst den Anzeigeobliegenheiten<br />
<strong>aus</strong> den Sanktionen<br />
im Falle der Verletzung zu.<br />
Allerdings hat s<strong>ich</strong> die Rechtslage<br />
durch das VVG 2008 verändert.<br />
Das VVG 2008 gilt für alle Verträge,<br />
die nach dem 31. Dezember<br />
2007 geschlossen wurden, für alle<br />
Verträge mit Wirkung vom 1. Januar<br />
2009 und für Neuverträge<br />
(vergle<strong>ich</strong>e Artikel 1 EGVVG). Das<br />
bislang geltende VVG (VVG alter<br />
Fassung = a.F.) sieht strenge Sanktionen<br />
für den Fall der Verletzung<br />
von Anzeigeobliegenheiten vor.<br />
Geregelt ist dies in § 16 VVG a.F.<br />
(Anzeigepfl<strong>ich</strong>ten). Problematisch<br />
an der bisherigen gesetzl<strong>ich</strong>en<br />
Regelung ist, dass n<strong>ich</strong>t nur die im<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsantrag <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong><br />
gestellten Fragen beantwortet, sondern<br />
generell alle Umstände, namentl<strong>ich</strong><br />
w<strong>ich</strong>tigen Informationen,<br />
an den Vers<strong>ich</strong>erer weitergebenen<br />
werden müssen, die „für die übernahme<br />
der Gefahr erhebl<strong>ich</strong>“ sein<br />
könnten. In der Rechtsprechung und<br />
dem juristischem Schrifttum hat s<strong>ich</strong><br />
zu diesem Problemkreis der Begriff<br />
der „spontanen Anzeigepfl<strong>ich</strong>t“<br />
her<strong>aus</strong>gebildet.<br />
Was noch zur spontanen Anzeige-<br />
und damit zur Mitteilungspfl<strong>ich</strong>t gehört,<br />
ist umstritten. Dies hat vor allem<br />
mit der drohenden Sanktion zu tun.<br />
Wurde näml<strong>ich</strong> die Anzeigepfl<strong>ich</strong>t<br />
verletzt, hat der Vers<strong>ich</strong>erer die<br />
Mögl<strong>ich</strong>keit, den Rücktritt vom<br />
Vertrag zu erklären. Diese Sanktion<br />
ist für den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
hart. Er verliert rückwirkend den<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsschutz, beide Seiten<br />
haben s<strong>ich</strong> gemäß § 20 VVG a.F.<br />
wechselseitig die empfangenen<br />
Leistungen zurück zu gewähren<br />
und zwar verzinst rückwirkend ab<br />
Zahlung. Konkret bedeutete dies,<br />
dass der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer zwar<br />
alle Prämien zurück erhält, jedoch<br />
auch alle Kostenerstattungen zurück<br />
zahlen muss. Vor allem aber steht<br />
er dann plötzl<strong>ich</strong> ohne jedweden<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsschutz und damit ohne<br />
Kostenschutz da.<br />
Der Rücktritt kann auch noch jahrelang<br />
nach Vertragsschluss erklärt<br />
werden. Kann der Vers<strong>ich</strong>erer<br />
die Anzeigeobliegenheitsverletzung
eweisen, darf er selbst einen jahrelang<br />
bestehenden Vers<strong>ich</strong>erungsvertrag<br />
durch Rücktritt beenden.<br />
In diesem Zusammenhang könnte<br />
man natürl<strong>ich</strong> sagen, dass der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
einfach nur die<br />
zutreffenden Antworten zu geben<br />
hat, um jedweden Problemfall zu<br />
vermeiden. So einfach liegen die<br />
Dinge allerdings n<strong>ich</strong>t. Würdigen<br />
muss man näml<strong>ich</strong> die Situation bei<br />
der Antragsstellung:<br />
� Es gibt kaum einen Menschen,<br />
der von s<strong>ich</strong> behaupten kann,<br />
kerngesund zu sein. Eigentl<strong>ich</strong><br />
hat jeder schon einmal „irgendwas<br />
gehabt“. Zudem leiden<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
�<br />
�<br />
viele Menschen an, teilweise als<br />
harmlos angesehenen, Allergien<br />
oder schl<strong>ich</strong>t Unverträgl<strong>ich</strong>keiten<br />
bestimmter Speisen.<br />
Es werden im Antragsformular<br />
Fragen in die Vergangenheit<br />
hinein gestellt. Oft lauten Antragsfragen<br />
dahin gehend, ob<br />
Behandlungen oder Beratungen<br />
binnen der zurückliegenden fünf<br />
Jahre stattgefunden haben. Manches<br />
gerät schl<strong>ich</strong>t und ergreifend<br />
in Vergessenheit.<br />
Oft werden Behandlungen als<br />
Behandlungen angesehen, bei<br />
denen kein „echter Krankheitswert“<br />
vorlag. Beispielhaft sei<br />
genannt die ärztl<strong>ich</strong>e Verordnung<br />
von Eisentabletten (das war der<br />
Grund des Scheiterns der Klage<br />
im Verfahren vor dem OLG Hamm<br />
im Verfahren 20 U 64/07) oder<br />
man glaubt, die Sache sei n<strong>ich</strong>t<br />
erwähnenswert, weil die Krankheit<br />
„<strong>aus</strong>geheilt“ ist (zum Meinungsstand<br />
vergle<strong>ich</strong>e Langheid<br />
in Römer/Langheid, VVG, 2.<br />
Auflage 2003 zu §§ 16, 17 Rn<br />
16 – mit zahlre<strong>ich</strong>en Nachweisen<br />
und Beispielen).<br />
� Beim Ausfüllen des Antragsformulars<br />
ist häufig ein Vers<strong>ich</strong>erungsvertreter<br />
anwesend, der „Ratschläge“<br />
und „Empfehlungen“<br />
erteilt oder gar Aussagen tätigt<br />
„Wurde die Anzeigepfl<strong>ich</strong>t verletzt, hat das PKV-Unternehmen<br />
die Mögl<strong>ich</strong>keit, den Rücktritt vom Vertrag zu<br />
erklären – auch noch jahrelang nach Vertragsschluss.<br />
Die GKV kennt solche Anzeigeobliegenheiten n<strong>ich</strong>t.“<br />
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0<br />
wie „das ist n<strong>ich</strong>t so w<strong>ich</strong>tig“ oder<br />
„meine Gesellschaft hat s<strong>ich</strong> mit<br />
solchen Dingen noch nie kleinl<strong>ich</strong><br />
angestellt“. N<strong>ich</strong>t selten kommt<br />
es auch vor, dass der Agent das<br />
Formular selbst <strong>aus</strong>füllt, während<br />
er den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
„befragt“. Dabei muss man im<br />
Auge behalten, dass der Agent<br />
ein Interesse daran hat, dass<br />
der Vertrag zustande kommt,<br />
schließl<strong>ich</strong> hängt seine Provision<br />
davon ab.<br />
Natürl<strong>ich</strong> hat man s<strong>ich</strong> in diesem<br />
Kontext – im Rahmen von ger<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>en<br />
Verfahren – auch mit der Frage<br />
befasst, ob für den Vers<strong>ich</strong>erer<br />
n<strong>ich</strong>t aufgrund von Auslassungen<br />
oder unklaren Antworten im Antragsformular<br />
Anlass zur Nachfrage<br />
beim Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer bestand<br />
und es treuwidrig wäre, wenn s<strong>ich</strong><br />
dann der Vers<strong>ich</strong>erer im Nachhinein<br />
auf den Rücktritt beriefe. Ebenso<br />
hat man s<strong>ich</strong> damit beschäftigt,<br />
ob die Antragsfragen verständl<strong>ich</strong><br />
waren (vergle<strong>ich</strong>e hierzu Prölss in<br />
Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage<br />
2002 zu §§ 16, 17 VVG Rn 22<br />
ff.). Ebenso hat man stets verlangt,<br />
dass dem Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
die „gefahrerhebl<strong>ich</strong>en Umstände“<br />
auch tatsächl<strong>ich</strong> bekannt sein<br />
mussten, was der Vers<strong>ich</strong>erer zu<br />
beweisen hat (Voit in Berliner <strong>Komme</strong>ntar<br />
zum VVG, 1998, zu § 16<br />
Rn 45 ff.).<br />
Das allerdings darf n<strong>ich</strong>t den Blick<br />
darauf verstellen, dass die Situation<br />
als solche, namentl<strong>ich</strong> die<br />
Rücktrittserklärung des Vers<strong>ich</strong>erers<br />
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für den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer, eine<br />
erhebl<strong>ich</strong>e Brisanz enthält. Wird der<br />
Rücktritt erklärt, geht es für den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
um „alles oder<br />
n<strong>ich</strong>ts“. Das liegt an der Vorschrift<br />
des § 9 SGB V. Eine Rückkehr in<br />
die GKV ist näml<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mögl<strong>ich</strong>,<br />
von seltenen Ausnahmefällen<br />
abgesehen.<br />
Die Prüfung der relevanten Fragen,<br />
die Erfüllung der Anzeigeobliegenheiten,<br />
erfolgen immer nur im<br />
Leistungsfall, also bei Auftreten <strong>einer</strong><br />
konkreten Erkrankung. Der Abschluss<br />
<strong>einer</strong> PKV bei einem anderen<br />
Vers<strong>ich</strong>erer ist daher meist n<strong>ich</strong>t<br />
mögl<strong>ich</strong>, denn kein privater Krankenvers<strong>ich</strong>erer<br />
will sehenden Auges<br />
in die Leistungspfl<strong>ich</strong>t gehen.<br />
Die nun entstehende Situation für<br />
den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer ist heikel.<br />
Gelingt dem Krankenvers<strong>ich</strong>erer der<br />
Rücktritt, dann steht er ohne Kostenschutz<br />
da und kann s<strong>ich</strong> aber zumeist<br />
n<strong>ich</strong>t anderweitig vers<strong>ich</strong>ern.<br />
Bezügl<strong>ich</strong> etwaiger Kenntnisse<br />
über Vorerkrankungen oder<br />
eines Krankheitsrisikos bestand<br />
sowohl nach dem VVG a.F. als auch<br />
nach dem VVG 2008 eine Anzeigepfl<strong>ich</strong>t.<br />
Damit aber ist ein Ziel-<br />
konflikt vorgeze<strong>ich</strong>net. Aus medizinischer<br />
S<strong>ich</strong>t ist eine frühzeitige<br />
Kontrolle und Abklärung von bestehenden<br />
Risiken wünschenswert.<br />
Aus juristischer S<strong>ich</strong>t, das heißt,<br />
im Sinne des Vers<strong>ich</strong>erungsvertragsrechts<br />
hingegen, sind derartige<br />
Kenntnisse kontraproduktiv, denn<br />
man ist zur Information gegenüber<br />
dem Vers<strong>ich</strong>erer verpfl<strong>ich</strong>tet, was<br />
die Chancen auf einen Vertragsschluss<br />
minimiert. Besteht ein ernst<br />
zu nehmendes Erkrankungsrisiko,<br />
ist die Neigung eines privaten<br />
Krankenvers<strong>ich</strong>erers gering, einen<br />
Antrag auf Krankenvers<strong>ich</strong>erung<br />
anzunehmen.<br />
Dieser Zielkonflikt wird seit einiger<br />
Zeit kritisch diskutiert. In diesem Zusammenhang<br />
näml<strong>ich</strong> muss man sehen,<br />
dass zahlre<strong>ich</strong>e Lebensbere<strong>ich</strong>e<br />
von der Problematik betroffen sind,<br />
was n<strong>ich</strong>t auf Anhieb deutl<strong>ich</strong> ist.<br />
Anzeigeobliegenheiten bestehen<br />
für alle privaten Vers<strong>ich</strong>erungsverträge.<br />
In der Personenvers<strong>ich</strong>erung<br />
besonders betroffen ist davon<br />
auch die Lebensvers<strong>ich</strong>erung. Auch<br />
dort werden vor Vertragsabschluss<br />
Fragen zum Gesundheitszustand<br />
der zu vers<strong>ich</strong>ernden Person gestellt.<br />
Vereinfacht <strong>aus</strong>gedrückt kann<br />
die Ablehnung der Annahme <strong>einer</strong><br />
(Risiko- oder Restschuld-)Lebensvers<strong>ich</strong>erung<br />
bedeuten, dass eine Finanzierung<br />
für einen H<strong>aus</strong>kauf scheitert<br />
(näheres dazu in Abschnitt II.).<br />
Wegen der Brisanz wurde in der<br />
Politik die Schaffung <strong>einer</strong> gesetzl<strong>ich</strong>en<br />
Grundlage diskutiert.<br />
Um eine gesetzl<strong>ich</strong>e Regelung zu<br />
vermeiden, hat der Gesamtver-<br />
band der Deutschen Vers<strong>ich</strong>erungswirtschaft<br />
e. V. (GDV) eine<br />
Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung,<br />
auch Moratorium genannt, abgegeben.<br />
Diese bis zum 31.12.2011<br />
befristete Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung<br />
bezieht s<strong>ich</strong> auf die Pfl<strong>ich</strong>t zur<br />
Weitergabe von Informationen von
im Rahmen von einem prädiktiven<br />
Gentest gewonnener Erkenntnisse.<br />
Man kann rechtspolitisch treffl<strong>ich</strong><br />
darüber streiten, ob eine Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung<br />
<strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>t,<br />
um den vorerwähnten Zielkonflikt<br />
aufzulösen. Eines kann man aber<br />
mit Gewissheit sagen: Der in der<br />
Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung enthaltene<br />
<strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong>e Verz<strong>ich</strong>t auf<br />
Informationsweitergabe ist „schmallippig“<br />
formuliert. Ausdrückl<strong>ich</strong><br />
bezieht s<strong>ich</strong> der Verz<strong>ich</strong>t näml<strong>ich</strong><br />
nur auf im Zusammenhang mit<br />
prädiktiven Gentests gewonnene<br />
Erkenntnisse. Damit fallen aber alle<br />
anderen „Erkenntniswege“ durch<br />
das Raster, worauf im juristischen<br />
Schrifttum <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong> hingewiesen<br />
wird (vergle<strong>ich</strong>e Anmerkung<br />
Kubiak, VersR 2007, 638 f. zu der<br />
Entscheidung des LG Bielefeld vom<br />
14.02.2007 in VersR 2007, 636<br />
ff.). Mit anderen Worten: Wird<br />
eine genetische Auffälligkeit n<strong>ich</strong>t<br />
durch einen prädiktiven Gentest,<br />
sondern beispielsweise bei <strong>einer</strong><br />
Blutuntersuchung festgestellt, soll die<br />
Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung keine<br />
Anwendung finden. Rechtsfolge: Im<br />
Falle der N<strong>ich</strong>tangabe soll nach der<br />
Lesart des Verbandes der PKV das<br />
Rücktrittsrecht fortbestehen. Diese<br />
Fixierung auf prädiktive Gentests<br />
überrascht, denn seit einiger Zeit<br />
ist bekannt, dass s<strong>ich</strong> auch durch<br />
andere Untersuchungsmethoden<br />
denkbare spätere Krankheitsrisiken<br />
ermitteln lassen. Blutuntersuchungen<br />
spielen dabei eine w<strong>ich</strong>tige Rolle.<br />
Diese sind aber <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong> von<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
der Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung<br />
n<strong>ich</strong>t erfasst.<br />
Seit vielen Monaten liegt ein Gesetzentwurf<br />
vor, der s<strong>ich</strong> mit der<br />
Problematik befasst, namentl<strong>ich</strong><br />
der „Entwurf eines Gesetzes über<br />
genetische Untersuchungen bei<br />
Menschen (Gendiagnostikgesetz-<br />
GenDG)“ (Bundestagsdrucksache<br />
16/3233 vom 03.11.2006). So<br />
gut gemeint der Entwurf ist, muss<br />
man kritisch würdigen, dass die<br />
Definition dieses Gesetzes <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong><br />
auf genetische Untersuchungen<br />
abstellt. Dar<strong>aus</strong> folgt, dass alle auf<br />
anderem Weg gewonnenen Erkenntnisse<br />
von <strong>einer</strong> bestehenden<br />
„erbl<strong>ich</strong>en Belastung“ erneut durch<br />
das Raster fallen.<br />
Der Gesetzentwurf enthält in § 4<br />
ein allgemeines Diskriminierungsverbot.<br />
Dar<strong>aus</strong> wird man wohl<br />
herleiten können, dass bei einem<br />
Abschluss <strong>einer</strong> Kranken- oder<br />
Lebensvers<strong>ich</strong>erung die hierbei<br />
gewonnenen Erkenntnisse von<br />
einem Vers<strong>ich</strong>erer n<strong>ich</strong>t als Ablehnungsgrund<br />
herangezogen werden<br />
dürfen. Wünschenswert aber wäre<br />
gewesen, dem Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
ein <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong>es Schweigerecht<br />
einzuräumen. Die im Gesetzentwurf<br />
enthaltene Regelung sagt<br />
hierzu n<strong>ich</strong>ts. Mit anderen Worten:<br />
Der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer hat kein<br />
Schweigerecht. Damit bliebe der<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer gegenüber<br />
dem Vers<strong>ich</strong>erer <strong>aus</strong>kunftsverpfl<strong>ich</strong>tet.<br />
Zum Schutz des Vers<strong>ich</strong>erungsnehmers<br />
heißt es dann im Entwurf,<br />
er dürfe wegen s<strong>einer</strong> Angaben im<br />
Antrag n<strong>ich</strong>t benachteiligt werden.<br />
Wer aber will im Falle der Ablehnung<br />
eines Antrags „ger<strong>ich</strong>tsfest“<br />
kontrollieren, dass eine Ablehnung<br />
n<strong>ich</strong>ts mit den Angaben des Vers<strong>ich</strong>erungsnehmers<br />
im Antragsformular<br />
zu tun hatte?<br />
So sinnvoll vor dem Hintergrund<br />
der zahlre<strong>ich</strong>en anderen offenen<br />
Rechtsfragen eine gesetzl<strong>ich</strong>e Regelung<br />
wie das GenDG sein dürfte,<br />
muss man andererseits sagen, dass<br />
unter dem Blickwinkel der Personenvers<strong>ich</strong>erung<br />
bei dem vorliegenden<br />
Entwurf Nachbesserungsbedarf<br />
besteht.<br />
Dessen ungeachtet hat der GDV<br />
Protest gegen die Verabschiedung<br />
des Gendiagnostikgesetzes erhoben<br />
(vergle<strong>ich</strong>e Stellungnahme zum<br />
Referentenentwurf zum GenDG<br />
vom 28. Juli 2008) und das mit<br />
Erfolg. Der Entwurf des Gendiagnostikgesetzes<br />
wurde zwar<br />
mehrfach diskutiert, letztl<strong>ich</strong> aber<br />
n<strong>ich</strong>t verabschiedet (Anmerkung<br />
der Redaktion: Unmittelbar vor der<br />
Drucklegung dieses Ratgebers hat<br />
der Deutsche Bundestag am 24.<br />
April 2009 ein Gendiagnostikgesetz<br />
verabschiedet.).<br />
Fragl<strong>ich</strong> bleibt deshalb, solange ein<br />
Gendiagnostikgesetz n<strong>ich</strong>t verabschiedet<br />
worden ist, wie nach Maßgabe<br />
der neuen Regelungen des<br />
VVG 00 und der aktuell noch<br />
gültigen Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung<br />
des GDV s<strong>ich</strong> ein Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
bei der Antragstellung<br />
verhalten sollte.<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
�<br />
�<br />
Besteht bei der Antragstellung<br />
also noch – wie bisher – eine<br />
Mitteilungspfl<strong>ich</strong>t über den<br />
Gesundheitszustand und bejahendenfalls,<br />
welche Informationen<br />
müssen preisgegeben werden?<br />
Müssen auch Kenntnisse über<br />
„erbl<strong>ich</strong>e Vorbelastungen“ weiter<br />
gegeben werden?<br />
Die Vorschriften zur Obliegenheit<br />
bei Abschluss des Vertrages (Anzeigeobliegenheiten)<br />
sind im VVG<br />
2008 in §§ 19 bis 21 VVG 2008<br />
geregelt. Das neue VVG 2008<br />
sieht diesbezügl<strong>ich</strong> eine w<strong>ich</strong>tige<br />
Neuregelung vor. Zwar besteht<br />
nach wie vor eine Informations-<br />
pfl<strong>ich</strong>t für den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
über die ihm bekannten<br />
erhebl<strong>ich</strong>en Gefahrumstände. Neu<br />
ist aber, dass „nur“ noch über das<br />
informiert werden muss, wonach<br />
der Vers<strong>ich</strong>erer <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong><br />
gefragt hat. Diese Veränderung<br />
könnte das Ende der zuvor bereits<br />
dargestellten so genannten „spontanen<br />
Anzeigepfl<strong>ich</strong>t“ sein. Das<br />
bedeutsame an der Änderung ist,<br />
dass es <strong>aus</strong>schließl<strong>ich</strong> auf die Fragen<br />
im Antragsformular ankommt.<br />
Wonach n<strong>ich</strong>t gefragt wird, darauf<br />
muss n<strong>ich</strong>t geantwortet werden.<br />
Im juristischen Schrifttum (einschlägige<br />
Urteile zum VVG 2008 liegen<br />
zum Zeitpunkt der Abfassung dieser<br />
Erörterung bislang n<strong>ich</strong>t vor) wird<br />
indes erörtert, ob n<strong>ich</strong>t gle<strong>ich</strong>wohl<br />
zumindest ansatzweise Informationspfl<strong>ich</strong>ten<br />
über den eigentl<strong>ich</strong>en<br />
Fragenkatalog hin<strong>aus</strong> bestehen<br />
können, jedenfalls dann, wenn es<br />
s<strong>ich</strong> jedem neutralen Dritten „aufgedrängt“<br />
hätte, den Vers<strong>ich</strong>erer über<br />
einen gefahrerhebl<strong>ich</strong>en Umstand<br />
zu informieren, nach dem der Ver-<br />
„Die Ablehnung der Annahme<br />
<strong>einer</strong> (Risiko- oder Restschuld-)<br />
Lebensvers<strong>ich</strong>erung kann bedeuten,<br />
dass eine Finanzierung für einen<br />
H<strong>aus</strong>kauf scheitert.“<br />
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s<strong>ich</strong>erer n<strong>ich</strong>t gefragt hat. Begründet<br />
wird die Ans<strong>ich</strong>t mit dem allgemein<br />
bekannten juristischen Grundsatz<br />
von „Treu und Glauben“, also der<br />
Pfl<strong>ich</strong>t <strong>einer</strong> Vertragspartei, s<strong>ich</strong> der<br />
anderen gegenüber redl<strong>ich</strong> zu zeigen<br />
und n<strong>ich</strong>ts zu verheiml<strong>ich</strong>, was<br />
für den anderen w<strong>ich</strong>tig sein könnte.<br />
Ob s<strong>ich</strong> allerdings diese Meinung<br />
durchsetzen wird, kann mit Gewissheit<br />
heute niemand vorhersagen, es<br />
dürfte aber eher zweifelhaft sein.<br />
Gegen diese Ans<strong>ich</strong>t spr<strong>ich</strong>t schon<br />
der klare Gesetzeswortlaut des § 19<br />
Absatz 1 VVG 2008.<br />
Weil es in Zukunft auf die Fragen im<br />
Antragsformular ankommen wird,<br />
kann man erwarten, dass künftig<br />
noch intensiver um die Verständl<strong>ich</strong>keit<br />
der Fragen und die Zulässigkeit<br />
der Re<strong>ich</strong>weite der Fragen gestritten<br />
werden wird. Ebenso verbleibt es<br />
wie beim VVG a.F. bei dem Streit
um die „Hilfestellung“ des Agenten<br />
beim Ausfüllen der Fragen.<br />
Im Sinne der Verständl<strong>ich</strong>keit – <strong>aus</strong><br />
S<strong>ich</strong>t des Vers<strong>ich</strong>erungsnehmers<br />
– bringt die Neuregelung des VVG<br />
2008 in Form der Reduzierung<br />
der Informationspfl<strong>ich</strong>ten auf die<br />
Antragsfragen eine positive Entwicklung.<br />
Der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
muss s<strong>ich</strong> jetzt n<strong>ich</strong>t mehr Gedanken<br />
darüber machen, was <strong>aus</strong> s<strong>einer</strong><br />
S<strong>ich</strong>t dem Vers<strong>ich</strong>erer mitgeteilt<br />
werden müsste, er kann s<strong>ich</strong> mit der<br />
Beantwortung der Antragsfragen<br />
begnügen.<br />
Zu den Fragen:<br />
�<br />
�<br />
Besteht bei der Antragstellung<br />
also noch – wie bisher – eine<br />
Mitteilungspfl<strong>ich</strong>t über den<br />
Gesundheitszustand und bejahendenfalls,<br />
welche Informationen<br />
müssen preisgegeben werden?<br />
Müssen auch Kenntnisse über<br />
„erbl<strong>ich</strong>e Vorbelastungen“ weiter<br />
gegeben werden?<br />
Antwort:<br />
Mit letzter Gewissheit kann man<br />
zum gegenwärtigen Zeitpunkt<br />
n<strong>ich</strong>t prognostizieren, wie streng<br />
die Rechtsprechung die Erfüllung<br />
der Anzeigeobliegenheiten unter<br />
dem – neuen – rechtl<strong>ich</strong>en Rahmen<br />
des VVG 2008 beurteilen wird.<br />
Vergangenheitsbezogen, also zum<br />
VVG a.F., kann man sagen, dass<br />
die Pfl<strong>ich</strong>ten des Vers<strong>ich</strong>erungsnehmers<br />
streng <strong>aus</strong>gelegt wurden.<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
Der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer muss im<br />
Antrag alle Umstände anzeigen,<br />
wegen derer er eine ärztl<strong>ich</strong>e Beratung<br />
oder Behandlung in Anspruch<br />
genommen hat. Dabei kommt es<br />
n<strong>ich</strong>t darauf an, ob er die Beratung<br />
oder Behandlung als medizinisch<br />
erhebl<strong>ich</strong> oder w<strong>ich</strong>tig angesehen<br />
hat. Die Bewertung soll dem Vers<strong>ich</strong>erer<br />
überlassen bleiben (zu<br />
Einzelbeispielen vergle<strong>ich</strong>e Schoenfeldt/Kalis<br />
in Bach/Moser aaO zu<br />
Nach 2 MB/KK – mit zahlre<strong>ich</strong>en<br />
Beispielen).<br />
Der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer darf<br />
im Antrag keine eigenen Be-<br />
wertungen vornehmen, son-<br />
dern muss den Vers<strong>ich</strong>erer<br />
über alle erfolgten ärztl<strong>ich</strong>en<br />
Beratungen und/oder Behand-<br />
lungen informieren.<br />
Eine w<strong>ich</strong>tige Ausnahme besteht<br />
zu Informationen, die eine Person<br />
im Zusammenhang mit prädiktiven<br />
Gentests erhalten hat. Mit<br />
der aktuell noch geltenden Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungserklärung<br />
haben die<br />
PKV-Vers<strong>ich</strong>erer <strong>aus</strong>drückl<strong>ich</strong> erklärt,<br />
dass derartige Ergebnisse n<strong>ich</strong>t verwertet<br />
werden sollen. Deshalb dürfte<br />
einem Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer kein<br />
Vorwurf zu machen sein, wenn er<br />
diesbezügl<strong>ich</strong> erworbene Kenntnisse<br />
im Antragsformular verschweigt.<br />
Formal ist er zwar verpfl<strong>ich</strong>tet, diese<br />
ebenso anzugeben. Unterlässt er<br />
es, wird man aber sagen können,<br />
dass dem Vers<strong>ich</strong>erer dadurch kein<br />
Nachteil entstanden ist. Man wird<br />
sagen dürfen, dass es an <strong>einer</strong><br />
Relevanz fehlt zwischen objektiv<br />
begangener Anzeigeobliegenheit<br />
und Entscheidung des Vers<strong>ich</strong>erers<br />
zur Annahme des Antrags.<br />
Allerdings ist es eine Gratwanderung,<br />
was angegeben werden<br />
muss, und was – zulässigerweise<br />
– verschwiegen werden darf.<br />
Kritisch wird die Situation für den<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer näml<strong>ich</strong> schon<br />
dann, sobald ein Krankheitswert angenommen<br />
werden kann.<br />
Das führt zu der heiklen Frage, ob<br />
und ab welchem Wahrscheinl<strong>ich</strong>keitsgrad<br />
eine genetische Vorbelastung<br />
als krankhaft im Sinne des<br />
Krankenvers<strong>ich</strong>erungsrechts zu beurteilen<br />
ist. Eine verlässl<strong>ich</strong>e Antwort,<br />
die verbindl<strong>ich</strong>e Gewissheit in einem<br />
Rechtsstreit mit einem Krankenvers<strong>ich</strong>erer<br />
besitzt, kann man zum gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt n<strong>ich</strong>t geben.<br />
Das VVG 2008 unterscheidet bezügl<strong>ich</strong><br />
der Rechtsfolgen bei <strong>einer</strong><br />
Verletzung <strong>einer</strong> Anzeigeobliegenheit<br />
nach der Begehensweise.<br />
Je nachdem, ob die Verletzung<br />
vorsätzl<strong>ich</strong>, grob fahrlässig, arglistig<br />
oder nur fahrlässig begangen<br />
wurde, bestehen unterschiedl<strong>ich</strong>e<br />
Optionen für den Vers<strong>ich</strong>erer.<br />
Wurde die Anzeigepfl<strong>ich</strong>t nur fahrlässig<br />
verletzt, steht dem Vers<strong>ich</strong>erer<br />
kein Rücktrittsrecht zu. Stattdessen<br />
aber hat er das Recht, den Vertrag<br />
binnen Monatsfrist zu kündigen.<br />
Wurde die Anzeigepfl<strong>ich</strong>t vorsätzl<strong>ich</strong><br />
oder grob fahrlässig verletzt,<br />
bleibt es, wie beim VVG a.F., beim<br />
Rücktrittsrecht. Die Reduzierung<br />
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auf das Kündigungsrecht bringt<br />
dem Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer einen<br />
kleinen Fortschritt. Insofern sei in<br />
Erinnerung gerufen, dass beim<br />
Rücktritt alle empfangenen Leistungen<br />
wechselseitig zurück zu gewähren<br />
sind. Bei <strong>einer</strong> Kündigung endet<br />
zwar der Vers<strong>ich</strong>erungsvertrag<br />
ebenso, bisher erhaltene Leistungen<br />
müssen indes n<strong>ich</strong>t zurück gezahlt<br />
werden.<br />
Eine weitere w<strong>ich</strong>tige Neuregelung<br />
zum Recht der Obliegenheiten enthält<br />
§ 21 Absatz 3 VVG 2008.<br />
Gemäß dieser Vorschrift können das<br />
Rücktritts- und das Kündigungsrecht<br />
nur binnen eines Zeitraums von<br />
fünf Jahren <strong>aus</strong>geübt werden. Bei<br />
vorsätzl<strong>ich</strong>er Verletzung der Anzeigeobliegenheit<br />
oder arglistiger<br />
Täuschung verlängert s<strong>ich</strong> diese<br />
Frist auf zehn Jahre.<br />
Weil das Recht der Obliegenheitsverletzung<br />
so erhebl<strong>ich</strong> ist, sollen<br />
die Rechtsfolgen noch einmal tabellarisch<br />
dargestellt werden.<br />
Der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer hat noch<br />
die Mögl<strong>ich</strong>keit, Fragen der K<strong>aus</strong>alität<br />
zwischen Anzeigeobliegenheitsverletzung<br />
und konkretem<br />
Leistungsfall in Abrede zu stellen.<br />
Des Weiteren hat er die Option,<br />
den Gegenbeweis zu führen, dass<br />
der Vers<strong>ich</strong>erer auch in Kenntnis<br />
des verschwiegenen Umstandes<br />
den Vertrag geschlossen hätte. Zu<br />
beiden Fragen bestehen auch für<br />
den Vers<strong>ich</strong>erer so genannte sekundäre<br />
Beweislasten, er muss s<strong>ich</strong><br />
also auch diesbezügl<strong>ich</strong> erklären.<br />
Allerdings sind die Chancen des<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsnehmers, über diese<br />
Wege den Vertrag zu erhalten, eher<br />
als ungünstig zu beze<strong>ich</strong>nen.<br />
Nach Maßgabe der zuvor erörterten<br />
Kriterien sind die Fragen<br />
zur Informationspfl<strong>ich</strong>t wie folgt zu<br />
beantworten:<br />
Über bereits erfolgte Behand-<br />
lungen oder bekannte Erkran-<br />
kungen muss der Vers<strong>ich</strong>e-<br />
rungsnehmer den Vers<strong>ich</strong>erer<br />
bei Antragstellung wahrheits-<br />
gemäß informieren. Unterlässt<br />
er dies fahrlässig, grob fahrläs-<br />
sig, vorsätzl<strong>ich</strong> oder gar arglis-<br />
tig, kann der Vers<strong>ich</strong>erer vom<br />
Vertrag zurücktreten respekti-<br />
ve den Vertrag kündigen.<br />
Eine w<strong>ich</strong>tige Ausnahme hierzu<br />
sind die Kenntnisse des Versi-<br />
cherungsnehmers, die er im<br />
Rahmen eines so genannten<br />
prädiktiven Gentests von be-<br />
Begehung Kündigung Rücktritt Frist<br />
fahrlässig ja nein 5 Jahre<br />
grob fahrlässig nein ja 5 Jahre<br />
vorsätzl<strong>ich</strong> nein ja 10 Jahre<br />
arglistig nein ja 10 Jahre<br />
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stehenden Risiken erhalten hat.<br />
Hierüber muss er den Vers<strong>ich</strong>e-<br />
rer aufgrund der aktuell noch<br />
gültigen Selbstverpfl<strong>ich</strong>tungs-<br />
erklärung des Verbandes der<br />
privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erer<br />
n<strong>ich</strong>t informieren. ACHTUNG:<br />
Diese Ausnahme gilt nur für<br />
prädiktive Gentests.<br />
Die Sanktionen bei <strong>einer</strong> Obliegenheitsverletzung<br />
re<strong>ich</strong>en weit und<br />
sind für den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
hart. Zwar tritt nach Ablauf von<br />
Jahren eine „Heilung“ ein, doch ob<br />
man mit einem solchen Risiko leben<br />
möchte, ist zu bezweifeln.<br />
. Mitteilungspfl<strong>ich</strong>ten wäh-<br />
rend des Vertrages (Gefahr-<br />
standobliegenheiten)<br />
Es stellt s<strong>ich</strong> die Frage, ob und<br />
gegebenenfalls wie während der<br />
laufenden Mitgliedschaft in der<br />
GKV oder während des laufenden<br />
Vertrages in der PKV zu reagieren<br />
ist, wenn eine Risikosituation aufgrund<br />
erbl<strong>ich</strong>er Vorbelastung bekannt<br />
wird oder eine Erkrankung<br />
akut auftritt.<br />
Bei der GKV bestehen keine Anzeigepfl<strong>ich</strong>ten<br />
während der laufenden<br />
Mitgliedschaft.<br />
Auch bei der PKV gibt es diesbezügl<strong>ich</strong>e<br />
generelle Anzeigepfl<strong>ich</strong>ten<br />
n<strong>ich</strong>t. Gefahrstandobliegenheiten<br />
kennt die PKV nur bezügl<strong>ich</strong> von<br />
Mitteilungspfl<strong>ich</strong>ten beim Abschluss<br />
mehrerer Verträge bei unterschiedl<strong>ich</strong>en<br />
Vers<strong>ich</strong>erern (vergle<strong>ich</strong>e
Bach in Bach/Moser aaO zu §§<br />
9, 10 MB/KK Rn 54 ff.). Auch<br />
die Regelungen zur so genannten<br />
Gefahrerhöhung gelten in der PKV<br />
diesbezügl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t.<br />
Erfährt der Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
während <strong>einer</strong> bestehenden Mitgliedschaft<br />
in <strong>einer</strong> GKV oder<br />
während eines bereits bestehenden<br />
Vertrages in der PKV, dass er<br />
zu <strong>einer</strong> Risikogruppe gehört oder<br />
akut erkrankt ist, muss er darüber<br />
seinem Krankenvers<strong>ich</strong>erer keine<br />
gesonderte Mitteilung machen.<br />
. Mitteilungspfl<strong>ich</strong>ten nach<br />
Eintritt des Vers<strong>ich</strong>erungs-<br />
falls (Obliegenheiten bei<br />
Eintritt des Schadenfalls)<br />
Sowohl in der GKV als auch in der<br />
PKV bestehen für den Vers<strong>ich</strong>erten<br />
Informationspfl<strong>ich</strong>ten. Es ist nahezu<br />
selbsterklärend, dass ein Vers<strong>ich</strong>erer<br />
über Art und Umfang <strong>einer</strong> festgestellten<br />
Erkrankung informiert werden<br />
will und insoweit auch einen<br />
Anspruch auf Informationsübermittlung<br />
hat.<br />
Die PKV kennt für bestimmte Behandlungsformen<br />
Meldefristen. So muss<br />
gemäß § 9 Absatz 1 MB/KK jede<br />
Krankenh<strong>aus</strong>behandlung binnen<br />
zehn Tagen nach ihrem Beginn angezeigt<br />
werden. Auch bezügl<strong>ich</strong> anderer<br />
Behandlungen bestehen teilweise<br />
Fristen oder auch die Pfl<strong>ich</strong>t, den<br />
Vers<strong>ich</strong>erer vor <strong>einer</strong> Behandlung<br />
zu informieren. In einigen wenigen<br />
Fällen besteht sogar Zustimmungsbedarf<br />
durch den PKV-Vers<strong>ich</strong>erer.<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
In der juristischen Praxis spielen diese<br />
Obliegenheiten kaum eine Rolle,<br />
darum wird nur im Ausnahmefall<br />
gestritten.<br />
Es besteht keine Pfl<strong>ich</strong>t, eine bestimmte<br />
Therapie oder Behandlungsmethode<br />
durchführen zu lassen,<br />
wenn eine Erkrankung feststeht.<br />
Zwar kennt das private Vers<strong>ich</strong>erungsrecht<br />
den Leistungs<strong>aus</strong>schluss<br />
für vorsätzl<strong>ich</strong> herbeigeführte<br />
Krankheiten oder Unfallereignisse<br />
gemäß § 201 VVG 2008. Dar<strong>aus</strong><br />
folgt indes kein Weisungsrecht des<br />
Vers<strong>ich</strong>erers für bestimmte Therapie-<br />
oder Behandlungsformen.<br />
. Mischform GKV und Zusatz-<br />
vers<strong>ich</strong>erung bei PKV<br />
Das Recht der Obliegenheiten gilt<br />
für die private Zusatzvers<strong>ich</strong>erung<br />
entsprechend. Verletzungen von<br />
Obliegenheiten werden gle<strong>ich</strong>ermaßen<br />
sanktioniert.<br />
Anders verhält es s<strong>ich</strong> mit dem Kündigungsrecht.<br />
Bei <strong>einer</strong> substitutiven<br />
PKV ist das Kündigungsrecht generell<br />
gemäß § 206 Absatz 1 VVG 2008<br />
<strong>aus</strong>geschlossen. Bei der n<strong>ich</strong>t substituierenden<br />
Zusatzvers<strong>ich</strong>erung,<br />
der so genannten Krankheitskostenteilvers<strong>ich</strong>erung<br />
oder ergänzenden<br />
Krankenh<strong>aus</strong>tagegeldvers<strong>ich</strong>erung<br />
besteht binnen der ersten drei<br />
Jahre des Vertragsverhältnisses ein<br />
Kündigungsrecht. Dieses Kündigungsrecht<br />
erlischt nach Ablauf der<br />
drei Jahre. Kein Kündigungsrecht<br />
besteht, wenn die Krankheitskostenteilvers<strong>ich</strong>erung<br />
nach „Art der<br />
Lebensvers<strong>ich</strong>erung“ vereinbart<br />
worden sein sollte (§ 206 Absatz<br />
2 VVG 2008).<br />
Begründet werden muss nach dem<br />
Wortlaut des Gesetzes die Kündigung<br />
n<strong>ich</strong>t, sofern sie binnen der<br />
ersten drei Jahre <strong>aus</strong>gesprochen<br />
wird.<br />
II. WEITERE PERSONEN-<br />
VERSICHERUNGEN<br />
Auch bezügl<strong>ich</strong> weiterer Personenvers<strong>ich</strong>erungen,<br />
namentl<strong>ich</strong> Lebens-<br />
und Unfallvers<strong>ich</strong>erungen, besteht<br />
eine gewisse Brisanz, soweit es um<br />
die Erfüllung vorvertragl<strong>ich</strong>er Obliegenheiten<br />
geht.<br />
Bei der Unfallvers<strong>ich</strong>erung werden<br />
bei Antragstellung übl<strong>ich</strong>erweise<br />
keine Gesundheitsfragen gestellt.<br />
Soweit allerdings durch eine<br />
ernsthafte Erkrankung der Gesundheitszustand<br />
s<strong>ich</strong> so verschlechtert,<br />
dass Pflegebedürftigkeit im Sinne<br />
des SGB XI entsteht, besteht im Rahmen<br />
der Gefahrstandobliegenheit<br />
eine Anzeigepfl<strong>ich</strong>t, soweit die<br />
vers<strong>ich</strong>erte Person die Pflegestufe<br />
II erre<strong>ich</strong>t. In diesem Fall näml<strong>ich</strong><br />
endet nach allgem<strong>einer</strong> Ans<strong>ich</strong>t die<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsfähigkeit im Sinne<br />
der Unfallvers<strong>ich</strong>erung. Gle<strong>ich</strong>es<br />
gilt für eine dauernde vollständige<br />
Arbeitsunfähigkeit, wenn der Vers<strong>ich</strong>erte<br />
infolge von Krankheit oder<br />
Gebrechen außerstande ist, <strong>einer</strong><br />
Erwerbstätigkeit nachzugehen (vergle<strong>ich</strong>e<br />
Grimm, Unfall-Vers<strong>ich</strong>erung,<br />
4. Auflage 2006 zu § 4 AUB 99<br />
Rn 6 f.).<br />
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Anders ist es mit der Lebensvers<strong>ich</strong>erung<br />
und den mit ihr „verwandten“<br />
Sparten. Zur Lebensvers<strong>ich</strong>erung<br />
zählt man im Wesentl<strong>ich</strong>en die<br />
� Kapitalvers<strong>ich</strong>erung<br />
� Risikolebensvers<strong>ich</strong>erung<br />
� Restschuldvers<strong>ich</strong>erung<br />
� Berufsunfähigkeitsvers<strong>ich</strong>erung<br />
� Rentenvers<strong>ich</strong>erung<br />
Mit Ausnahme von Gruppen- oder<br />
Rahmenverträgen werden regelmäßig<br />
umfangre<strong>ich</strong>e Fragen zum<br />
Gesundheitszustand gestellt. Die<br />
Verletzung von Anzeigeobliegenheitspfl<strong>ich</strong>ten<br />
zieht die gle<strong>ich</strong>en<br />
Konsequenzen nach s<strong>ich</strong><br />
wie bei der PKV.<br />
Der Vers<strong>ich</strong>erer hat, je nach dem,<br />
die Option, den Vertrag zu kündigen<br />
oder den Rücktritt vom Vertrag<br />
zu erklären. Da normalerweise die<br />
Prüfung der Anzeigeobliegenheiten<br />
erst im Leistungsfall erfolgt, treffen<br />
den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer oder dessen<br />
Hinterbliebene, die mutmaßl<strong>ich</strong><br />
abges<strong>ich</strong>ert werden sollten, etwaige<br />
Sanktionen hart.<br />
Außerdem ist zu würdigen, dass übl<strong>ich</strong>erweise<br />
in den Antragsformularen<br />
der Vers<strong>ich</strong>erer danach gefragt wird,<br />
ob ein Antrag des Vers<strong>ich</strong>erungsnehmers<br />
abgelehnt oder nur gegen Prämienzuschlag<br />
angenommen wurde.<br />
Diese Frage ist für den potentiellen<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer heikel. Bei entsprechender<br />
Beantwortung wird der<br />
„neue“ Vers<strong>ich</strong>erer mit der „Nase<br />
darauf gestupst“, dass es in der<br />
Vergangenheit Probleme gab.<br />
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Obliegenheiten während des<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsvertrages kennt die<br />
Lebensvers<strong>ich</strong>erung eigentl<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t. Im Schadensfall besteht die<br />
Obliegenheit zur rechtzeitigen<br />
Meldung. Daneben bestehen Auskunftspfl<strong>ich</strong>ten.<br />
Eine Sonderform ist die Restschuldvers<strong>ich</strong>erung.<br />
Es ist<br />
allgemein übl<strong>ich</strong>, dass ein Vorerkrankungs<strong>aus</strong>schluss<br />
in den<br />
Bedingungen enthalten ist. Ausgeschlossen<br />
sein sollen danach alle<br />
Erkrankungen, wegen derer s<strong>ich</strong> der<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer in den letzten,<br />
je nach Gesellschaft, ein oder zwei<br />
Jahren vor Antragstellung hat beraten<br />
oder behandeln lassen.<br />
Die Zulässigkeit dieser Kl<strong>aus</strong>el ist in<br />
der Vergangenheit kritisch diskutiert<br />
worden. Ob sie unter dem Aspekt<br />
des Transparenzgebotes von Vers<strong>ich</strong>erungsbedingungen<br />
im Streitfall<br />
dauerhaft Bestand behalten wird,<br />
ist offen.<br />
III. SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
Die GKV kennt keine Obliegenheiten.<br />
Allerdings ist ihr Leistungsangebot<br />
begrenzt und es handelt<br />
s<strong>ich</strong>, je nach Einkommens- und<br />
Familienstand, um eine relativ teure<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsform, insbesondere<br />
wenn jemand Beihilfe- oder Heilfürsorgeansprüche<br />
besitzt.<br />
Bei der PKV ist die entscheidende<br />
Phase der Moment des Vertragsschlusses.<br />
So umfangre<strong>ich</strong> ihr<br />
Leistungsangebot zu erkennbar<br />
niedrigen Kosten ist, bestehen<br />
doch erhebl<strong>ich</strong>e Risiken, wenn<br />
bei Vertragsschluss unr<strong>ich</strong>tige Angaben<br />
gemacht werden. Mit dem<br />
VVG 2008 ist die Brisanz etwas<br />
entschärft worden.<br />
Auch bei Lebensvers<strong>ich</strong>erungen ist<br />
der entscheidende Zeitpunkt der<br />
Vertragsabschluss. Auch diesbezügl<strong>ich</strong><br />
gelten Anzeigeobliegenheiten.<br />
Wird gegen sie verstoßen, sind die<br />
Sanktionen für den Vers<strong>ich</strong>erungsnehmer<br />
hart.<br />
Deshalb wird empfohlen, s<strong>ich</strong><br />
mögl<strong>ich</strong>st frühzeitig anwaltl<strong>ich</strong>en<br />
Rat bei einem Fachanwalt für Vers<strong>ich</strong>erungsrecht<br />
einzuholen, wenn<br />
s<strong>ich</strong> ernsthafte Probleme ergeben<br />
sollten.<br />
AUTOR<br />
Rechtsanwalt Wolfgang<br />
Schneider, LL.M.<br />
Fachanwalt für Vers<strong>ich</strong>erungsrecht,<br />
Co-Autor Münchener Anwaltshandbuch<br />
Vers<strong>ich</strong>erungsrecht,<br />
Kanzlei Schneider & Wixforth,<br />
Bielefeld
Nachgefragt<br />
BERüCKSICHTIGUNG DER FAMILIÄREN BELASTUNG ALS BEHINDERUNG?<br />
Eine Krebserkrankung kann zu<br />
vorübergehenden oder dauerhaften<br />
Behinderungen führen. Auf Antrag<br />
kann das Versorgungsamt einen<br />
Grad der Behinderung (GdB) feststellen<br />
und ab einem GdB von 50<br />
einen Schwerbehinderten<strong>aus</strong>weis<br />
<strong>aus</strong>stellen. Das Versorgungsamt<br />
r<strong>ich</strong>tete s<strong>ich</strong> dabei bislang nach<br />
den „Anhaltspunkten für die ärztl<strong>ich</strong>e<br />
Gutachtertätigkeit im sozialen<br />
Entschädigungsrecht und nach dem<br />
Schwerbehindertenrecht“. Diese<br />
Anhaltspunkte enthalten allgemeine<br />
Beurteilungsregeln und Einzelangaben<br />
darüber, wie hoch der GdB<br />
bei welchen Behinderungen festzusetzen<br />
ist. Im Zusammenhang mit<br />
der Diskussion um das im Gesetzgebungsverfahren<br />
befindl<strong>ich</strong>e Gendiagnostikgesetz<br />
(GenDG) und die<br />
<strong>aus</strong> dem Bundesministerium für Arbeit<br />
und Soziales (BMAS) angekündigte<br />
systematische überarbeitung<br />
der Anhaltspunkte hat <strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!<br />
nachgefragt: Inwieweit wird der<br />
außerordentl<strong>ich</strong>en seelischen Dauerbelastung<br />
der Betroffenen, welche<br />
mit <strong>einer</strong> genetischen Belastung<br />
beziehungsweise dem Status eines<br />
so genannten Hochrisiko-Patienten<br />
einhergeht, Rechnung getragen?<br />
Das Pressereferat des BMAS beantwortete<br />
unsere Anfrage am<br />
09.02.2009 wie folgt:<br />
„Bis Ende 2008 waren allen versorgungsärztl<strong>ich</strong>en Gutachten die vom Bundesministerium für Arbeit und<br />
Soziales her<strong>aus</strong>gegebenen „Anhaltspunkte für die ärztl<strong>ich</strong>e Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht<br />
und im Schwerbehindertenrecht „ (AHP) zu Grunde zu legen. Ab 01.01.2009 bildet <strong>aus</strong>schließl<strong>ich</strong><br />
die „Versorgungsmedizinverordnung“ (VersMedV) die Grundlage, wobei die in den AHP niedergelegten<br />
Grundsätze und Kriterien inhaltl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t geändert wurden.<br />
N<strong>ich</strong>t Diagnosen, Beschwerdebilder oder einzelne technische Parameter werden zur versorgungsmedizinischen<br />
Beurteilung herangezogen, sondern es ist immer die Auswirkung von schädigungsbedingten<br />
Leistungseinschränkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beziehungsweise in allen Lebensbere<strong>ich</strong>en<br />
Zielgröße der versorgungsmedizinischen Begutachtung. Die p<strong>aus</strong>chale Anerkennung <strong>einer</strong> Diagnose<br />
(hier: Hochrisiko-Patientin bei BRCA1- oder 2-Mutation) widerspr<strong>ich</strong>t dem bio-psycho-sozialen Modell des<br />
modernen Behindertenbegriffs. Zudem kann bei bestehender Funktionseinschränkung gegebenenfalls im<br />
individuellen Einzelfall bereits eine „Schwerbehinderung“ anerkannt werden, ohne dass hierfür eine spezielle<br />
Diagnose ges<strong>ich</strong>ert sein muss, da der Grad der Behinderung final und n<strong>ich</strong>t k<strong>aus</strong>al <strong>aus</strong>ger<strong>ich</strong>tet ist.<br />
So ist gewährleistet, dass die Feststellung des Grades der Behinderung entsprechend der individuellen<br />
Betroffenheit der Einzelnen festgestellt wird. Entscheidend sind immer die Feststellungen des versorgungsärztl<strong>ich</strong>en<br />
Gutachters.“<br />
Hinweis: Nähere Informationen finden Sie im Internet unter:<br />
www.bmas.de/coremedia/generator/14534/versorgungsmedizin.html<br />
| Welche Auswirkungen hat die Genanalyse sonst noch?<br />
Auskünfte zum Thema Versorgungsmedizin erhalten Sie auch montags bis donnerstags von 8 bis 20 Uhr über das<br />
Bürgertelefon des BMAS unter der Rufnummer 01805 676715 (Festpreis 14 Cent/Minute – abwe<strong>ich</strong>ende/andere<br />
Preise <strong>aus</strong> den Mobilfunknetzen mögl<strong>ich</strong>).<br />
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7<br />
Welche Optionen habe <strong>ich</strong><br />
als Risikopatient(in)?<br />
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Die Behandlung<br />
familiärer Tumoren<br />
Familiär gehäuft auftretende bösartige<br />
Tumoren der Brust und der<br />
Eierstöcke werden bis jetzt in Anlehnung<br />
an die allgemeinen Leitlinien<br />
für Krebserkrankungen behandelt.<br />
Jedoch bieten gerade Tumoren, die<br />
auf der Basis <strong>einer</strong> bekannten genetischen<br />
Veränderung entstanden<br />
sind, Perspektiven für einen gezielteren<br />
Behandlungsansatz. Denn<br />
je exakter die Abläufe bekannt<br />
sind, die zu <strong>einer</strong> Krebserkrankung<br />
führen, desto spezifischer und damit<br />
nebenwirkungsärmer kann die<br />
Therapie gestaltet werden.<br />
BRCA1 UND BRCA2<br />
SIND HüTER UNSERER<br />
ERBSUBSTANZ<br />
Die Gene BRCA1 und BRCA2 sind<br />
für die Reparatur von Fehlern in der<br />
Erbinformation verantwortl<strong>ich</strong>. Zahlre<strong>ich</strong>e<br />
solcher Fehler treten tägl<strong>ich</strong><br />
zufällig auf. Ihre Auslöser können<br />
aber auch Röntgenstrahlung oder<br />
Chemotherapeutika sein. Um unsere<br />
hochkomplexen genetischen<br />
Erbanlagen (DNA) vor Schäden zu<br />
schützen, haben s<strong>ich</strong> schon früh im<br />
Verlauf der Entwicklung von Lebewesen<br />
verschiedene Reparaturmechanismen<br />
gebildet. Dazu gehört auch<br />
die Erkennung von schädl<strong>ich</strong>en<br />
| Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
Veränderungen an der Erbinformation<br />
und die Einleitung des Zellunterganges,<br />
sollte eine Reparatur n<strong>ich</strong>t<br />
mögl<strong>ich</strong> sein. Solche Schädigungen<br />
der Erbinformation entstehen ständig.<br />
Sie sind zum Teil zufällig, zum<br />
Teil aber auch durch schädigende<br />
Umweltfaktoren bedingt.<br />
BRCA1 und BRCA2 sind Gene, auf<br />
deren Grundlage Proteine hergestellt<br />
werden, die für diese Reparaturwege<br />
eine große Rolle spielen. Gle<strong>ich</strong>zeitig<br />
ist dieser Reparaturweg dazu in<br />
der Lage, Fehler <strong>aus</strong>zugle<strong>ich</strong>en, die<br />
mit anderen Mechanismen n<strong>ich</strong>t behoben<br />
werden konnten. Trägerinnen<br />
und Träger <strong>einer</strong> krankheitsverursachenden<br />
Mutation in den Genen<br />
BRCA1 oder BRCA2 können daher<br />
aufgrund <strong>einer</strong> fehlerhaften Reparatur<br />
und <strong>einer</strong> gestörten Kontrolle über<br />
unsere Erbinformation erkranken.<br />
Genau hier ist jedoch auch die<br />
Achillesferse dieser Tumoren. Diese<br />
kann therapeutisch genutzt werden.<br />
GEZIELTE THERAPIE FüR<br />
BRUST- UND EIERSTOCK-<br />
KREBS BEI MUTATION IM<br />
BRCA1- ODER BRCA2-GEN<br />
An Zelllinien und in Tierversuchen<br />
konnte überzeugend gezeigt wer-<br />
den, dass es durch die Blockierung<br />
eines alternativen DNA-Reparaturweges<br />
zum gehäuften Untergang<br />
von BRCA1- oder BRCA2-mutierten<br />
Tumorzellen kommt. Die Hemmung<br />
eines für diesen Reparaturweg<br />
w<strong>ich</strong>tigen Proteins namens PARP1<br />
führt zur Anhäufung von Fehlern<br />
der Erbsubstanz, die nur mit Hilfe<br />
der Proteine BRCA1 und BRCA2<br />
<strong>aus</strong>gemerzt werden können.<br />
Brust- und Eierstockkrebs, der<br />
durch eine krankheitsverursachende<br />
Mutation in einem der<br />
beiden Gene BRCA1 oder BRCA2<br />
entstanden ist, könnte zukünftig<br />
mit dieser Substanz, die PARP1<br />
hemmt, behandelt werden. Erste<br />
klinische Studien, die auch in<br />
einigen Zentren des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären Brust-<br />
und Eierstockkrebs“ angeboten<br />
werden, haben bereits positive<br />
Ergebnisse gebracht. Bei Patientinnen<br />
mit metastasiertem Brust-<br />
oder Eierstockkrebs konnte mehrfach<br />
ein sehr gutes Ansprechen<br />
auf die Behandlung verze<strong>ich</strong>net<br />
werden. Das Medikament kann<br />
in Tablettenform eingenommen<br />
werden und ze<strong>ich</strong>net s<strong>ich</strong> durch<br />
eine besonders geringe Rate an<br />
Nebenwirkungen <strong>aus</strong>.<br />
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0<br />
WENIGER NEBENWIR-<br />
KUNGEN DURCH ZIEL-<br />
GERICHTETE THERAPIE<br />
Die gute Verträgl<strong>ich</strong>keit ist ein besonderer<br />
Vorteil dieser Therapie.<br />
Gesunde Körperzellen werden<br />
durch den Einsatz des PARP1-Hemmers<br />
n<strong>ich</strong>t beeinträchtigt. Das ist dadurch<br />
erklärbar, dass nur in Tumorzellen<br />
das veränderte BRCA1- oder<br />
BRCA2-Gen überhaupt n<strong>ich</strong>t mehr<br />
hergestellt werden kann. In Tumorzellen<br />
ist sowohl die mütterl<strong>ich</strong>e als<br />
auch die väterl<strong>ich</strong>e Erbinformation<br />
für dieses Gen <strong>aus</strong>gefallen. In jeder<br />
normalen Körperzelle liegt jedoch<br />
mindestens eine Version der Erbinformation<br />
zu BRCA1 oder BRCA2<br />
korrekt vor. Das ist <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end für<br />
eine weitgehend normale Funktion.<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
STUDIE MIT PARP-HEMMERN<br />
IN DEUTSCHEN ZENTREN<br />
FüR „FAMILIÄREN BRUST-<br />
UND EIERSTOCKKREBS“<br />
Die Einführung dieses neuen Medikamentes<br />
zur Hemmung von<br />
PARP1 ist erst mögl<strong>ich</strong>, wenn <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end<br />
praktische Erfahrungen<br />
durch Studien damit vorliegen. Für<br />
Trägerinnen und Träger <strong>einer</strong> krankheitsverursachenden<br />
Mutation im<br />
BRCA1- oder BRCA2-Gen kann es<br />
daher schon jetzt von Vorteil sein,<br />
an einem der Studienzentren für die<br />
PARP Inhibitor Studien behandelt zu<br />
werden. Da es s<strong>ich</strong> beim familiären<br />
Brustkrebs um eine seltene Erkrankung<br />
handelt, können nur mehrere<br />
spezialisierte Zentren gemeinsam<br />
eine solche Studie verwirkl<strong>ich</strong>en.<br />
„Vor<strong>aus</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> wird s<strong>ich</strong><br />
auch die Wahl des Chemotherapeutikums<br />
beim<br />
familiären <strong>Mamma</strong>karzinom<br />
zukünftig vom allgemeinen<br />
Standard unterscheiden.“<br />
Auf internationaler Ebene hat das<br />
zum Zusammenschluss von mehreren<br />
Konsortien geführt. So wird die<br />
derzeit laufende PARP1-Hemmer-Studie<br />
gemeinsam mit europäischen,<br />
amerikanischen, bis hin zu <strong>aus</strong>tralischen<br />
Zentren für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ durchgeführt.<br />
Innerhalb des Deutschen<br />
Konsortiums können Patient(inn)en<br />
mit Brust- oder Eierstockkrebs in<br />
den Zentren in Köln, Kiel, Heidelberg<br />
und München in diese Studie<br />
eingeschlossen werden.<br />
CHEMOTHERAPIE MIT<br />
CARBOPLATIN MIT BESSERER<br />
WIRKUNG BEI GENDEFEKT<br />
Ein weiterer Punkt, in welchem<br />
die Behandlung des familiären
Brustkrebses aller Vor<strong>aus</strong>s<strong>ich</strong>t nach<br />
zukünftig von den bisherigen allgemeinen<br />
Leitlinien abwe<strong>ich</strong>en wird,<br />
betrifft die Wahl des Chemotherapeutikums.<br />
Ein Chemotherapeutikum<br />
wirkt deshalb gegen Krebszellen,<br />
weil es Schäden an der Erbsubstanz<br />
verursacht. Jede Zelle, die s<strong>ich</strong> gerade<br />
in der Zellteilung befindet, das<br />
heißt, die ihre Erbsubstanz abschreiben<br />
und verdoppeln muss, wird<br />
durch die Chemotherapie gestört.<br />
Dadurch erklären s<strong>ich</strong> die bekannten<br />
Nebenwirkungen von Chemotherapeutika.<br />
Besonders betroffen ist zum<br />
Beispiel das blutbildende System,<br />
das Knochenmark, da s<strong>ich</strong> diese<br />
Zellen besonders häufig teilen.<br />
Nun gibt es bestimmte Chemotherapeutika,<br />
die Schäden an der<br />
Erbsubstanz verursachen, für deren<br />
Korrektur der Reparaturweg benötigt<br />
wird, in welchem die Gene<br />
BRCA1 und BRCA2 eine große<br />
Rolle spielen. Ein Tumor, in welchem<br />
dieser Reparaturweg aber n<strong>ich</strong>t zur<br />
Verfügung steht, ist daher anfälliger<br />
für diese Art der Chemotherapie.<br />
Untersuchungen an Zelllinien und<br />
wiederum am M<strong>aus</strong>modell (= Modellversuch<br />
mit Mäusen) haben ein<br />
ungewöhnl<strong>ich</strong>es Ansprechen von<br />
Tumoren auf Platinsalze und dagegen<br />
eine überraschende Unempfindl<strong>ich</strong>keit<br />
dieser Tumoren auf Taxane<br />
ergeben. Gerade Taxane stehen<br />
in der Behandlung von besonders<br />
aggressiven Formen von Brustkrebs<br />
übl<strong>ich</strong>erweise an erster Stelle. Das<br />
Chemotherapeutikum Carboplatin<br />
dagegen wird n<strong>ich</strong>t routinemäßig<br />
und meist erst nach wiederholten<br />
| Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
Rückfällen bei Brustkrebs mit Fernmetastasierung<br />
eingesetzt. In der<br />
Behandlung von Eierstockkrebs<br />
dagegen ist Carboplatin eines<br />
der w<strong>ich</strong>tigsten Medikamente der<br />
Chemotherapie. Vielle<strong>ich</strong>t lässt s<strong>ich</strong><br />
dadurch erklären, dass Trägerinnen<br />
<strong>einer</strong> BRCA1- oder BRCA2-Mutation<br />
eine bessere Prognose aufweisen als<br />
andere Patientinnen mit Eierstockkrebs<br />
ohne familiäre Belastung.<br />
CHEMOTHERAPIESTUDIE<br />
SPEZIELL FüR BRCA1-<br />
ODER BRCA2-MUTATIONS-<br />
TRÄGERINNEN<br />
Diese Ergebnisse <strong>aus</strong> dem Reagenzglas<br />
beziehungsweise im M<strong>aus</strong>modell<br />
müssen natürl<strong>ich</strong> zunächst einmal<br />
daraufhin überprüft werden, ob<br />
dies auch für den Menschen zutrifft.<br />
Eine weitere Studie wird s<strong>ich</strong> daher<br />
in nächster Zeit der Frage nach der<br />
überlegenheit von Carboplatin bei<br />
BRCA1- oder BRCA2-Mutationsträgerinnen<br />
widmen. Wie die Studie<br />
mit PARP-Hemmern wurde auch diese<br />
Studie in England initiiert. Die<br />
Teilnahme an dieser Studie wird in<br />
den meisten Zentren des Deutschen<br />
Konsortiums bald mögl<strong>ich</strong> sein. Patientinnen<br />
mit metastasiertem Brustkrebs<br />
ohne bisherige Vorbehandlung<br />
werden entweder eine Chemotherapie<br />
mit Carboplatin oder mit<br />
Taxotere, einem der beiden Taxane,<br />
erhalten. Bei N<strong>ich</strong>tansprechen auf<br />
Taxotere ist eine schnelle Umstellung<br />
auf Carboplatin vorgesehen und<br />
umgekehrt, sodass in dieser Studie<br />
letztendl<strong>ich</strong> jede Patientin das wirksamere<br />
Präparat erhält.<br />
In einem nächsten Schritt ist danach<br />
die Kombination beider Therapiestrategien<br />
vorgesehen. Die<br />
gle<strong>ich</strong>zeitige Behandlung mit <strong>einer</strong><br />
Chemotherapie mit einem Platinpräparat<br />
und dem PARP1-Hemmer hat<br />
in Laborversuchen eine gesteigerte<br />
Wirkung im Vergle<strong>ich</strong> zur Gabe<br />
der Einzelsubstanzen gezeigt. Es<br />
werden aber vor<strong>aus</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> noch<br />
mehrere Jahre vergehen, bis diese<br />
Therapie für die Erstbehandlung<br />
des familiären Brust- und Eierstockkrebses<br />
<strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end geprüft und<br />
zugelassen ist. Sollten s<strong>ich</strong> die bisherigen<br />
Ergebnisse und Hinweise<br />
auf die Wirksamkeit von PARP1-<br />
Hemmern bestätigen, wäre für die<br />
Zukunft auch eine prophylaktische<br />
Gabe zur Verhinderung von Brust-<br />
beziehungsweise Eierstockkrebs<br />
denkbar.<br />
Aber auch Patientinnen ohne Nachweis<br />
<strong>einer</strong> Genveränderung in den<br />
Genen BRCA1 oder BRCA2 könnte<br />
diese Therapie einen besonderen<br />
Nutzen bieten. Und zwar dann,<br />
wenn der Tumorentstehung ein<br />
Fehler im gle<strong>ich</strong>en Reparaturweg<br />
der Erbsubstanz zugrunde liegt. Es<br />
gibt näml<strong>ich</strong> Hinweise darauf, dass<br />
rund 15 bis 20 Prozent der sporadischen,<br />
das heißt zufällig entstandenen,<br />
Brustkrebserkrankungen im<br />
Tumorgewebe dieselben Veränderungen<br />
in den BRCA-Genen aufweisen<br />
wie die erbl<strong>ich</strong>en Formen. Man<br />
geht davon <strong>aus</strong>, dass in diesen<br />
Fällen die BRCA-Mutationen als so<br />
genannte somatische Mutationen<br />
erst im Laufe des Lebens im Brustdrüsengewebe<br />
selbst entstanden<br />
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sind. Die typischen Kennze<strong>ich</strong>en<br />
solcher Tumoren konnten in jüngster<br />
Vergangenheit sowohl auf<br />
mikroskopischer als auch auf molekularer<br />
Ebene her<strong>aus</strong>gearbeitet<br />
werden. Dieses Beispiel belegt, wie<br />
Forschung auf dem verhältnismäßig<br />
kleinen Gebiet des familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebses auch<br />
auf die Behandlung von Tumorerkrankungen<br />
ohne familiären Hintergrund<br />
Einfluss nehmen kann.<br />
OPERATION<br />
Die operative Behandlung des familiären<br />
Brustkrebses unterscheidet<br />
s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t von der Behandlung von<br />
Erkrankungen der Allgemeinbevölkerung.<br />
Eine brusterhaltende<br />
Operation ist mögl<strong>ich</strong>, da Studien<br />
mit langen Nachbeobachtungszeiträumen<br />
kein bedeutsam erhöhtes<br />
Risiko für Erkrankungen derselben<br />
Seite ergeben haben. übl<strong>ich</strong>erweise<br />
schließt s<strong>ich</strong> daran die Bestrahlung<br />
der erkrankten Brust an.<br />
Es besteht für die Mutationsträgerinnen<br />
allerdings ein deutl<strong>ich</strong><br />
erhöhtes Risiko für eine Zweiterkrankung<br />
der anderen Brust. Die<br />
prophylaktische Entfernung des<br />
Brustdrüsengewebes der gesunden<br />
Seite ist daher zu diskutieren und<br />
sollte auch von der Prognose der<br />
Ersterkrankung abhängig gemacht<br />
werden. Da das Deutsche Konsortium<br />
seit über zehn Jahren alle<br />
Risikofamilien anonymisiert dokumentiert<br />
und die Krankheitsverläufe<br />
beobachtet, konnte kürzl<strong>ich</strong> erstmals<br />
eine große Auswertung zum<br />
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Zweiterkrankungsrisiko gemacht<br />
werden. Danach hängt das Risiko<br />
stark vom betroffenen Gen (BRCA1<br />
oder BRCA2) sowie vom Ersterkrankungsalter<br />
ab. Diese Daten<br />
erlauben zukünftig eine deutl<strong>ich</strong><br />
bessere individuelle Vorhersage des<br />
Zweiterkrankungsrisikos und geben<br />
den betroffenen Frauen damit eine<br />
bessere Entscheidungsgrundlage.<br />
ANTIHORMONELLE THERAPIE<br />
Nach Erkrankung an einem genetisch<br />
bedingten Brustkrebs wird die<br />
antihormonelle Therapie mit Tamoxifen<br />
oder einem Aromatasehemmer<br />
entsprechend den allgemeinen Leitlinien<br />
über fünf Jahre durchgeführt.<br />
In Studien konnte überzeugend gezeigt<br />
werden, dass Tamoxifen auch<br />
bei Trägerinnen <strong>einer</strong> pathogenen<br />
Mutation in den Genen BRCA1<br />
und BRCA2 wirksam ist, sofern der<br />
Tumor hormonabhängig ist. Nach<br />
einseitiger Brustkrebserkrankung<br />
konnte durch eine Tamoxifen-Einnahme<br />
das Risiko für die Erkrankung<br />
der anderen Seite um mehr als die<br />
Hälfte gesenkt werden.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Mit dem Wissen um die genetischen<br />
Ursachen <strong>einer</strong> Krebserkrankung<br />
können neue Behandlungskonzepte<br />
entwickelt werden. Erkrankungen<br />
an Brust- und Eierstockkrebs bei<br />
Trägerinnen und Trägern <strong>einer</strong> Mutation<br />
in den Genen BRCA1 oder<br />
BRCA2 werden bisher nach allgemeinen<br />
Leitlinien behandelt. Eine<br />
viel versprechende neue Therapie<br />
mit einem PARP1-Hemmer kommt<br />
bereits jetzt in einigen der Zentren<br />
des Deutschen Konsortiums für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“<br />
unter Studienbedingungen mit Erfolg<br />
zur Anwendung. Vor<strong>aus</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />
wird s<strong>ich</strong> auch die Wahl des<br />
Chemotherapeutikums beim familiären<br />
<strong>Mamma</strong>karzinom zukünftig<br />
vom allgemeinen Standard unterscheiden.<br />
Perspektivisch werden die<br />
Kenntnisse über den Wirkmechanismus<br />
der BRCA-Gene zur Entdeckung<br />
und überprüfung weiterer gezielter<br />
Therapiestrategien führen, mit dem<br />
letztendl<strong>ich</strong>en Ziel, ein gut verträgl<strong>ich</strong>es<br />
Medikament zur Verhütung<br />
des erbl<strong>ich</strong>en Brust- und Eierstockkrebses<br />
zu entwickeln.<br />
AUTOR<br />
Dr. med. Karin Kast<br />
Oberärztin und Leiterin des<br />
Zentrums für „Familiären Brust- und<br />
Eierstockkrebs“, Klinik und Poliklinik<br />
für Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br />
Universitätsklinikum Carl<br />
Gustav Carus an der Technischen<br />
Universität Dresden
Risikominimierung<br />
VORSORGLICHE MASSNAHMEN BEI FAMILIÄREM KREBSRISIKO<br />
Grundlage jeder präventiven, also<br />
vorsorgl<strong>ich</strong>en, Maßnahme ist die<br />
Kenntnis des Erkrankungsrisikos.<br />
Für Frauen mit <strong>einer</strong> Mutation in<br />
den Hochrisikogenen BRCA1 und<br />
BRCA2 liegt das lebenslange Risiko,<br />
an Brustkrebs zu erkranken bei 70<br />
bis 80 Prozent und an Eierstockkrebs<br />
zu erkranken bei 20 bis 40 Prozent.<br />
Für bereits an Brustkrebs erkrankte<br />
Mutationsträgerinnen ist auch das<br />
Risiko, an einem Zweitkarzinom der<br />
Brust oder einem Karzinom der Eierstöcke<br />
zu erkranken, deutl<strong>ich</strong> erhöht.<br />
So beträgt das Zweiterkrankungsrisiko<br />
für Brustkrebs durchschnittl<strong>ich</strong><br />
30 Prozent für die nächsten zehn<br />
Jahre. In <strong>einer</strong> kürzl<strong>ich</strong> durchgeführten,<br />
umfangre<strong>ich</strong>en Untersuchung<br />
anhand der über zehn Jahre dokumentierten,<br />
klinischen Daten aller<br />
zwölf Zentren des Konsortiums für<br />
familiären Brust- und Eierstockkrebs<br />
konnte erstmals belegt werden, dass<br />
das Zweiterkrankungsrisiko stark<br />
von verschiedenen Faktoren wie<br />
Alter bei Ersterkrankung und betroffenem<br />
Gen stark abhängig ist. Dies<br />
wird zukünftig dazu führen, dass<br />
für die betroffenen Frauen individuellere<br />
Risikovorhersagen gemacht<br />
werden können, die Grundlage<br />
der Entscheidung für oder gegen<br />
prophylaktische Maßnahmen sind.<br />
| Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
Wie in vorhergehenden Artikeln<br />
bereits dargestellt, gibt es neben<br />
den Hochrisikogenen BRCA1 und<br />
BRCA2 noch weitere ursächl<strong>ich</strong>e<br />
Gene, die größtenteils noch n<strong>ich</strong>t<br />
untersucht werden können. Daher<br />
betreuen wir auch Familien mit <strong>einer</strong><br />
familiären Häufung an Brust- und/<br />
oder Eierstockkrebs, bei denen eine<br />
Mutation in den bekannten Risikogenen<br />
BRCA1 oder BRCA2 n<strong>ich</strong>t<br />
nachgewiesen werden konnte. Diese<br />
machen rund zwei Drittel der betreuten<br />
Frauen in den Zentren <strong>aus</strong>.<br />
Auch in diesen Familien liegt ein<br />
deutl<strong>ich</strong> erhöhtes Erkrankungsrisiko<br />
vor, wobei dieses niedriger ist als<br />
in den positiv getesteten Familien.<br />
Neuere Untersuchungen gehen von<br />
einem rund 40-prozentigen Risiko<br />
<strong>aus</strong>, im Laufe des Lebens an Brustkrebs<br />
zu erkranken. Das Risiko für<br />
Eierstockkrebs scheint in den reinen<br />
Brustkrebs-Familien ohne Mutationsnachweis<br />
n<strong>ich</strong>t deutl<strong>ich</strong> erhöht. Das<br />
Risiko für eine zweite Brustkrebserkrankung<br />
ist ungefähr halb so hoch<br />
wie bei den Mutationsträgerinnen.<br />
Im Folgenden sollen zunächst auf<br />
die prophylaktischen Maßnahmen<br />
gegen Brustkrebs und dann gegen<br />
Eierstockkrebs eingegangen<br />
werden.<br />
PROPHyLAKTISCHE MASS-<br />
NAHMEN ZUR SENKUNG<br />
DES BRUSTKREBSRISIKOS<br />
Ein w<strong>ich</strong>tiges und gut etabliertes<br />
Standbein in der klinischen Betreuung<br />
von Hochrisiko-Frauen ist die<br />
intensivierte Früherkennung. Diese<br />
umfasst neben der Mammographie,<br />
also der Röntgenuntersuchung der<br />
Brust, auch die Kernspintomographie<br />
(auch bekannt als MRT – Magnetresonanztomographie)<br />
und<br />
Sonographie (Ultraschall-Untersuchung)<br />
der Brust. Die zusätzl<strong>ich</strong>en<br />
Untersuchungsverfahren neben der<br />
Mammographie sind insbesondere<br />
in jungen Jahren w<strong>ich</strong>tig, da das<br />
typisch d<strong>ich</strong>te Brustdrüsengewebe<br />
der jungen Frauen für die Röntgenstrahlen<br />
bei der Mammographie<br />
n<strong>ich</strong>t gut durchlässig ist und somit<br />
einen Tumor verbergen kann. Da<br />
s<strong>ich</strong> die Brustdrüse im Laufe des<br />
Lebens verändert und insbesondere<br />
nach Eintritt der Wechseljahre deutl<strong>ich</strong><br />
aufgelockerter ist, können die<br />
zusätzl<strong>ich</strong>en Untersuchungen in der<br />
Regel zwischen dem 50. und 60.<br />
Lebensjahr beendet werden. Dann<br />
re<strong>ich</strong>t die alleinige Mammographie<br />
<strong>aus</strong>. In den zwölf Zentren wird mit<br />
der intensivierten Früherkennung<br />
ab dem 25. Lebensjahr oder fünf<br />
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„Es gibt umfangre<strong>ich</strong>e Daten, die belegen,<br />
Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter<br />
in der jeweiligen Familie<br />
begonnen, wobei zunächst nur eine<br />
Kernspintomographie und Ultraschall-Untersuchung<br />
durchgeführt<br />
wird. Erst ab dem 30. Lebensjahr<br />
kommt die Mammographie dazu.<br />
Verschiedene Untersuchungen,<br />
darunter auch eigene Analysen <strong>aus</strong><br />
dem Konsortium, haben eindeutig<br />
belegt, dass die intensivierte Früherkennung<br />
zu <strong>einer</strong> deutl<strong>ich</strong>en Vorverlagerung<br />
der Diagnosestellung<br />
führt, das heißt es können hierdurch<br />
deutl<strong>ich</strong> kl<strong>einer</strong>e Tumoren entdeckt<br />
werden. Es gibt jedoch weltweit<br />
noch keine <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>enden Daten<br />
zum Effekt dieser Frühdiagnostik<br />
auf das Langzeitüberleben. Dies<br />
ist ein Hauptgrund dafür, warum<br />
das intensivierte Früherkennungs-<br />
dass durch die komplette Entfernung des<br />
Brustdrüsengewebes inklusive der Brustwarze<br />
das Risiko für Brustkrebs auf praktisch Null<br />
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gesenkt werden kann.“<br />
programm <strong>aus</strong>schließl<strong>ich</strong> an den<br />
zwölf spezialisierten Zentren durchgeführt<br />
werden sollte und von den<br />
gesetzl<strong>ich</strong>en Krankenkassen auch<br />
<strong>aus</strong>schließl<strong>ich</strong> dort finanziert wird.<br />
Ein weiterer Grund ist die Erkenntnis,<br />
dass erbl<strong>ich</strong>e Tumoren, und hier<br />
insbesondere die BRCA1-Tumoren,<br />
ein anderes und häufig gutartiges<br />
Aussehen in der Bildgebung aufweisen.<br />
Dies führte in der Vergangenheit<br />
häufiger zur Fehldiagnose eines<br />
gutartigen Tumors und in der Folge<br />
zur Verschleppung der Diagnose.<br />
Die Entdeckung dieser Charakteristika<br />
der erbl<strong>ich</strong>en Tumoren war nur<br />
durch die zentralisierte Betreuung<br />
der betroffenen Frauen mögl<strong>ich</strong>, da<br />
nur hierdurch genügend hohe Zahlen<br />
an Untersuchungen zusammen<br />
kamen, um diese Beobachtung zu<br />
belegen. Die spezifischen Kriterien<br />
der erbl<strong>ich</strong>en Tumoren werden in<br />
den Zentren bei der Beurteilung der<br />
Befunde nun mit berücks<strong>ich</strong>tigt.<br />
ENTFERNUNG DES<br />
BRUSTDRüSENGEWEBES<br />
Mit der intensivierten Früherkennung<br />
kann ein Brustkrebs aber<br />
n<strong>ich</strong>t verhindert, sondern ledigl<strong>ich</strong><br />
früh erkannt werden. Gerade bei<br />
den BRCA1-Tumoren ist meist dennoch<br />
eine intensive Behandlung mit<br />
Chemotherapie erforderl<strong>ich</strong>, da die<br />
erbl<strong>ich</strong>en Tumoren schon im frühen<br />
Stadium ein aggressives Aussehen<br />
haben und häufig n<strong>ich</strong>t auf Antihormone<br />
ansprechen. Eine Alternative<br />
für besonders gefährdete Frauen<br />
ist daher die prophylaktische Ent-
fernung des Brustdrüsengewebes.<br />
Es gibt umfangre<strong>ich</strong>e Daten, die<br />
belegen, dass durch die komplette<br />
Entfernung des Brustdrüsengewebes<br />
inklusive der Brustwarze das<br />
Risiko für Brustkrebs auf praktisch<br />
Null gesenkt werden kann. Diese<br />
Maßnahme wird immer zusammen<br />
mit einem gle<strong>ich</strong>zeitigen Wiederaufbau<br />
angeboten. Hier kommen<br />
verschiedene operative Verfahren<br />
in Betracht. Bei allen wird in der Regel<br />
eine so genannte hautsparende<br />
Brustdrüsenentfernung durchgeführt,<br />
das heißt ein großer Teil der Brusthaut<br />
bleibt erhalten, sodass eine<br />
natürl<strong>ich</strong> Brustform remodelliert<br />
werden kann. Das entfernte Brustdrüsengewebe<br />
kann dann entweder<br />
durch ein Implantat oder durch Verwendung<br />
von Eigengewebe wieder<br />
| Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
aufgebaut werden. Das Eigengewebe<br />
kann beispielsweise in Form<br />
eines gestielten Lappens von der<br />
Bauchwand hochgezogen werden.<br />
Neuerdings hat s<strong>ich</strong> auch die so<br />
genannte freie Lappentransplantation<br />
etabliert, das heißt hier wird ein<br />
Stück Fettgewebe, welches meist <strong>aus</strong><br />
der Bauchwand, aber auch <strong>aus</strong> dem<br />
oberen Gesäßteil gewonnen wird,<br />
zu <strong>einer</strong> neuen Brust geformt und<br />
an die dort gelegenen Gefäße zur<br />
Durchblutung angeschlossen. Alle<br />
Verfahren haben Vor- und Nachteile.<br />
Eine Entscheidung für eine<br />
solche Operation muss gut überlegt<br />
sein und alle in Frage kommenden<br />
Verfahren müssen <strong>aus</strong>führl<strong>ich</strong> mit<br />
der betreffenden Frau besprochen<br />
sein. Die Akzeptanz <strong>einer</strong> prophylaktischen<br />
Brustdrüsenentfernung<br />
ist interessanterweise sehr vom<br />
soziokulturellen Umfeld abhängig.<br />
Wir sehen große Unterschiede zwischen<br />
verschiedenen Ländern und<br />
sogar innerhalb Europas. So entscheiden<br />
s<strong>ich</strong> Mutationsträgerinnen<br />
<strong>aus</strong> skandinavischen Ländern und<br />
auch Holland zu über 30 bis 50<br />
Prozent für eine prophylaktische<br />
Brustdrüsenentfernung, während<br />
es bei uns, wie auch in Italien und<br />
Frankre<strong>ich</strong>, weniger als zehn Prozent<br />
sind. Größer ist der Wunsch<br />
nach <strong>einer</strong> prophylaktischen Brustdrüsenentfernung<br />
bei Frauen, die<br />
bereits erkrankt sind. Obwohl hier<br />
bisher keine Daten zur Reduktion<br />
der Sterbl<strong>ich</strong>keit vorliegen, ist<br />
das <strong>aus</strong>schlaggebende Argument<br />
der Frauen, dass sie n<strong>ich</strong>t noch<br />
einmal eine Tumortherapie und ins-<br />
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esondere keine Chemotherapie<br />
über s<strong>ich</strong> ergehen lassen möchten.<br />
ZWEITERKRANKUNG<br />
VERHINDERN<br />
Eine besondere Situation stellt die<br />
Frage des Zweiterkrankungs-Risikos<br />
nach Brustkrebs dar. Wie bereits<br />
erwähnt, erfordert dies zunächst<br />
einmal eine individuelle Kalkulation<br />
des Zweiterkrankungsrisikos, welches<br />
von verschiedenen Faktoren<br />
abhängig ist. W<strong>ich</strong>tig ist hier auch<br />
zu wissen, dass Zweittumoren in aller<br />
Regel auf der anderen Brustseite<br />
auftreten. Das Risiko eines zweiten<br />
Brustkrebses in der bereits erkrankten<br />
Brust ist hingegen n<strong>ich</strong>t deutl<strong>ich</strong><br />
erhöht. Das heißt also, dass bei<br />
<strong>einer</strong> prophylaktischen Operation<br />
nach Brustkrebs eine Entfernung<br />
der Gegenseite angezeigt ist, n<strong>ich</strong>t<br />
hingegen der betroffenen Seite.<br />
Daher kann bei Auftreten von Brustkrebs<br />
auch, wie beim sporadischen<br />
Brustkrebs, eine brusterhaltende<br />
Operation durchgeführt werden.<br />
Sofern die betroffene Frau s<strong>ich</strong> für<br />
eine maximale Risikoreduktion entscheidet,<br />
kommt die Entfernung der<br />
Gegenseite in Betracht. Hier wählt<br />
man dann häufig eine beidseitige<br />
Brustdrüsenentfernung, da der Wiederaufbau<br />
aufgrund der dann viel<br />
besser herzustellenden Symmetrie in<br />
der Regel besser gelingt. Eine solche<br />
<strong>aus</strong>gedehnte Operation zur Ersttherapie<br />
und gle<strong>ich</strong>zeitiger Prophylaxe<br />
eines Zweitkarzinoms sollte nur<br />
dann in Betracht gezogen werden,<br />
wenn die Prognose des Ersttumors<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
günstig ist, das heißt die Frau auch<br />
gute Heilungschancen hat.<br />
FRüHZEITIGER GENTEST<br />
THERAPEUTISCH SINNVOLL<br />
Da in den letzten Jahren bei Brustkrebserkrankungen<br />
häufiger eine<br />
so genannte neoadjuvante Chemotherapie<br />
durchgeführt wird, das<br />
heißt eine Chemotherapie vor der<br />
Operation, kann diese Zeit genutzt<br />
werden, um bei Hinweis auf eine<br />
Erbl<strong>ich</strong>keit den Gentest zügig durchzuführen.<br />
So kann nach Abschluss<br />
der neoadjuvanten Chemotherapie<br />
der Genbefund in die Planung der<br />
Operation mit einbezogen werden.<br />
Hierzu ist es erforderl<strong>ich</strong>, dass s<strong>ich</strong><br />
die Frauen zu Beginn der Chemotherapie<br />
umgehend an ein Zentrum<br />
für familiären Brustkrebs wenden,<br />
damit <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end Zeit für die<br />
Durchführung des Gentestes und die<br />
Entscheidungsfindung bleibt.<br />
ANTIHORMONTHERAPIE BEI<br />
ERBLICHEM BRUSTKREBS<br />
Es gibt eine Reihe von Untersuchungen,<br />
die belegen, dass Antiöstrogene<br />
wie Tamoxifen oder<br />
Raloxifen zu <strong>einer</strong> Reduktion des<br />
Brustkrebsrisikos führen. Diese Untersuchungen<br />
sind aber n<strong>ich</strong>t an<br />
einem Hochrisiko-Kollektiv, sondern<br />
an Frauen mit einem moderat erhöhten<br />
Brustkrebsrisiko durchgeführt<br />
worden. Dem steht gegenüber, dass<br />
erste Untersuchungen an Zellkulturen<br />
darauf hindeuten, dass Antiöstrogene,<br />
wie zum Beispiel Tamoxifen,<br />
bei BRCA1-mutierten Zellen eine<br />
agonistische, das heißt stimulierende<br />
und unerwünschte Wirkung auf<br />
das Drüsengewebe haben könnten.<br />
Daher hat das Konsortium für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“<br />
in Deutschland keine entsprechende<br />
Studie bei Frauen mit hohem Risiko<br />
initiiert. Sehr viel versprechende Daten<br />
gibt es zur Bedeutung des Gelbkörperhormons<br />
(Progesteron). Hier<br />
wissen wir <strong>aus</strong> aktuellen wissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Untersuchungen, dass<br />
es beim Ausfall der BRCA-Gene zu<br />
<strong>einer</strong> deutl<strong>ich</strong> verstärkten Wirkung<br />
des Progesterons kommt. Es konnte<br />
im Tierversuch auch bereits gezeigt<br />
werden, dass die Gabe eines Anti-<br />
Progesterons zu <strong>einer</strong> deutl<strong>ich</strong>en<br />
Reduktion des Brustkrebses führt.<br />
Dies ist eine neue Perspektive für<br />
die medikamentöse Prävention, also<br />
Vorbeugung.<br />
PROPHyLAKTISCHE<br />
MASSNAHMEN<br />
ZUR SENKUNG DES<br />
EIERSTOCKKREBSRISIKOS<br />
Mittlerweile liegen umfangre<strong>ich</strong>e<br />
Daten vor, die belegen, dass Eierstockkrebs<br />
mit den gegenwärtigen<br />
Verfahren n<strong>ich</strong>t früh erkannt werden<br />
kann. Dies betrifft sowohl den<br />
familiären als auch sporadischen<br />
Eierstockkrebs und umfasst Untersuchungen<br />
wie die klinische Tastuntersuchung,<br />
den transvaginalen, das<br />
heißt durch die Scheide hindurch<br />
erfolgenden, Ultraschall und die<br />
Tumormarkerbestimmung CA 125.<br />
Nachdem s<strong>ich</strong> das Konsortium über
Jahre hinweg um eine Eierstockkrebsfrüherkennung<br />
bemüht hat,<br />
hat es vor drei Jahren diese Maßnahmen<br />
in den Zentren vorläufig gestoppt<br />
und beschlossen, auf bessere<br />
und zuverlässigere Diagnoseverfahren<br />
zu warten. An dieser Stelle ist<br />
zu betonen, dass dies häufig noch<br />
n<strong>ich</strong>t klar genug mit den betroffenen<br />
Frauen besprochen wird. Viele<br />
wiegen s<strong>ich</strong> durch regelmäßige Ultraschall-Untersuchungen<br />
bei ihrem<br />
Frauenarzt in <strong>einer</strong> falschen S<strong>ich</strong>erheit.<br />
In den Zentren wird daher<br />
Frauen mit <strong>einer</strong> nachgewiesenen<br />
BRCA1- oder BRCA2-Mutation<br />
dringend die Durchführung <strong>einer</strong><br />
prophylaktischen beidseitigen Eierstock-<br />
und Eileiterentfernung ab dem<br />
40. Lebensjahr empfohlen. Diese<br />
Empfehlung wird <strong>aus</strong>gesprochen,<br />
seit bekannt ist, dass nach der Eierstock-<br />
und Eileiterentfernung vor<br />
den Wechseljahren eine niedrig<br />
dosierte Hormon-Ersatztherapie bis<br />
zum 50. Lebensjahr mögl<strong>ich</strong> ist,<br />
ohne dadurch das Brustkrebsrisiko<br />
negativ zu beeinflussen. Es ist sogar<br />
vielmehr so, dass die Eierstock-<br />
und Eileiterentfernung um das 40.<br />
Lebensjahr, verbunden mit <strong>einer</strong><br />
niedrig dosierten Hormon-Ersatztherapie,<br />
n<strong>ich</strong>t nur das Eierstockkrebs-<br />
Risiko auf praktisch Null senkt, sondern<br />
auch das verbleibende Brustkrebs-Risiko<br />
halbiert. Dies kann nur<br />
so erklärt werden, dass die zugeführten<br />
niedrig dosierten Hormone<br />
einen weniger stark stimulierenden<br />
Effekt auf die Brustdrüse haben als<br />
die eigenen Hormone. Das genaue<br />
Alter, in dem eine prophylaktische<br />
| Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
Eierstock- und Eileiterentfernung<br />
durchgeführt wird, muss individuell<br />
festgelegt werden. Hier spielen natürl<strong>ich</strong><br />
die Familienplanung und ein<br />
noch bestehender Kinderwunsch<br />
eine große Rolle. Des Weiteren<br />
wird das Eierstockkrebs-Risiko für<br />
BRCA2-Mutationsträgerinnen erst<br />
ab dem 50. Lebensjahr relevant.<br />
Sofern bereits eine Brustdrüsenentfernung<br />
vorgenommen wurde, kann<br />
daher mit der Eierstockentfernung<br />
auch entsprechend länger gewartet<br />
werden. Die entfernten Eierstöcke<br />
und Eileiter werden in den Zentren<br />
immer durch besonders qualifizierte<br />
Referenzpathologen in Serienschnitten<br />
akribisch aufgearbeitet und<br />
untersucht. Hierbei stellte s<strong>ich</strong> überraschenderweise<br />
her<strong>aus</strong>, dass die<br />
meisten Vorstufen und Frühformen<br />
n<strong>ich</strong>t im Eierstock selbst, sondern<br />
in den Eileitern auftreten. Daher ist<br />
die Mitentfernung der Eileiter von<br />
großer Bedeutung. Es verbleibt<br />
zwar noch ein Restrisiko von ein<br />
bis drei Prozent für einen primären<br />
Bauchfellkrebs (Peritonealkarzinose),<br />
welches in der Größenordnung<br />
des Eierstockkrebsrisikos der Allgemeinbevölkerung<br />
liegt.<br />
Eine Vorbeugung des Eierstockkrebses<br />
durch die Einnahme der<br />
Anti-Baby-Pille, wie sie gelegentl<strong>ich</strong><br />
noch empfohlen wird, spielt<br />
keine Rolle mehr. Zum einen gibt<br />
es Hinweise, dass durch die Pilleneinnahme<br />
das Brustkrebsrisiko der<br />
Mutationsträgerinnen, wenn auch<br />
nur le<strong>ich</strong>t, erhöht ist. Zum anderen<br />
kann der geringe risikoreduzierende<br />
Effekt die prophylaktische Eierstockentfernung<br />
n<strong>ich</strong>t ersetzen.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Zusammenfassend kann also durch<br />
prophylaktische Operationen das<br />
Erkrankungsrisiko drastisch gesenkt<br />
werden. Eine Alternative stellt die<br />
intensivierte Früherkennung in Verbindung<br />
mit der prophylaktischen<br />
Eierstock- und Eileiterentfernung dar.<br />
Langfristig erhofft s<strong>ich</strong> das Konsortium<br />
den Einsatz von nebenwirkungsarmen<br />
Medikamenten, mit denen<br />
Brustkrebs verhindert werden kann.<br />
Als viel versprechende Kandidaten<br />
kommen derzeit Anti-Progesterone<br />
oder auch PARP-Inhibitoren (siehe<br />
Seite 69) in Betracht.<br />
AUTOR<br />
Univ.-Prof. Dr. med.<br />
Rita K. Schmutzler<br />
Sprecherin und Koordinatorin des<br />
Deutschen Konsortiums für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“,<br />
Inhaberin <strong>einer</strong> Stiftungsprofessur<br />
der Deutschen Krebshilfe,<br />
Leiterin des Schwerpunkts Familiärer<br />
Brust- und Eierstockkrebs<br />
Universitätsfrauenklinik Köln<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
Der familiäre<br />
Eierstockkrebs<br />
Im Verhältnis zu der Anzahl der<br />
jährl<strong>ich</strong> neu an Brustkrebs erkrankenden<br />
Frauen stellt die Zahl der<br />
an Eierstockkrebsneuerkrankungen<br />
zwar eine Minderheit dar, im Falle<br />
<strong>einer</strong> familiären Belastung gestaltet<br />
s<strong>ich</strong> die Relation jedoch wesentl<strong>ich</strong><br />
anders. Denn das persönl<strong>ich</strong>e Risiko<br />
<strong>einer</strong> Mutationsträgerin an Eierstockkrebs<br />
zu erkranken ist im Verhältnis<br />
zur Allgemeinbevölkerung<br />
wesentl<strong>ich</strong> erhöht, insbesondere<br />
bei <strong>einer</strong> BRCA1-Mutation. <strong>Mamma</strong><br />
<strong>Mia</strong>! sprach hierüber mit Professor<br />
Andreas du Bois.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Herr Professor du<br />
Bois, Sie sind als Experte für Eierstockkrebs<br />
bekannt. Welchen Bezug<br />
haben Sie zu den familiär bedingten<br />
Erkrankungen?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois: In<br />
unserer Klinik hier in Wiesbaden<br />
haben wir bereits im Jahr 2000 eine<br />
Beratungsstelle für familiären Brust-<br />
und Eierstockkrebs einger<strong>ich</strong>tet, die<br />
als Satellit an das frühere universitäre<br />
Zentrum der Universitätsklinik<br />
Frankfurt am Main angeschlossen<br />
war.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Wie hoch ist generell<br />
das Risiko, an Eierstockkrebs zu<br />
erkranken?<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
Man kann in Deutschland von circa<br />
8.000 Ovarialkarzinom Neudiagnosen<br />
pro Jahr <strong>aus</strong>gehen, das heißt,<br />
dass in etwa jede fünfzigste Frau<br />
davon betroffen ist.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Erhöht s<strong>ich</strong> dieses<br />
Risiko, wenn eine Frau bereits an<br />
Brustkrebs erkrankt ist?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
Rein statistisch betrachtet kann<br />
man von einem le<strong>ich</strong>t erhöhten<br />
Risiko <strong>aus</strong>gehen. Für beide Tumorerkrankungen<br />
gelten vergle<strong>ich</strong>bare<br />
Risikofaktoren. Dies ist jedoch eine<br />
Gesamtbetrachtung, die n<strong>ich</strong>t<br />
unbedingt das persönl<strong>ich</strong>e Risiko<br />
vorhersagen kann.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Und um wie viel<br />
erhöht s<strong>ich</strong> dieses Risiko bei <strong>einer</strong><br />
familiären Veranlagung?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois: Im<br />
Falle <strong>einer</strong> BRCA1- oder BRCA2-<br />
Mutation liegt das Lebenszeitrisiko<br />
an Eierstockkrebs zu erkranken bei<br />
circa 20 bis 40 Prozent, wobei<br />
dieses Risiko nur ein Viertel bis halb<br />
so groß ist, wie das Risiko mit <strong>einer</strong><br />
solchen Mutation im Laufe des Lebens<br />
an Brustkrebs zu erkranken. Die<br />
Trägerinnen <strong>einer</strong> BRCA1-Mutation<br />
haben im Vergle<strong>ich</strong> zu den BRCA2-<br />
Mutationsträgerinnen ein wesentl<strong>ich</strong><br />
höheres Risiko ein Ovarialkarzinom<br />
zu entwickeln. Zudem erkranken sie<br />
häufig schon in etwa im Alter von<br />
40 Jahren und damit durchschnittl<strong>ich</strong><br />
zehn bis zwanzig Jahre früher als<br />
andere Patientinnen.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Wie kann <strong>ich</strong> mit<br />
dem Risiko eines Eierstockkrebses<br />
umgehen, welche Mögl<strong>ich</strong>keiten<br />
der Vorsorge oder Früherkennung<br />
gibt es?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
Die so genannte sekundäre Prävention<br />
besteht aktuell <strong>aus</strong> gynäkologischer<br />
Untersuchung, (vaginaler)<br />
Ultraschalluntersuchung sowie<br />
Bestimmung des Tumormarkers CA<br />
125. Allerdings zeigen all diese<br />
Früherkennungsmaßnahmen in der<br />
Kohorten-Analyse, also bei <strong>einer</strong> Betrachtung<br />
über alle Erkrankungsfälle<br />
hinweg, leider keine zweifelsfrei<br />
effektive, beruhigende Vorsorge<br />
hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> eines Ovarialkarzinoms.<br />
Die Früherkennungsmaßnahmen<br />
beim Ovarialkarzinom sind bei<br />
Weitem n<strong>ich</strong>t so effektiv wie die<br />
Früherkennungsmaßnahmen bei<br />
Brustkrebs. Leider muss man sagen,<br />
dass es derzeit eigentl<strong>ich</strong> keine<br />
durchweg effektiven Mögl<strong>ich</strong>keiten
zur Früherkennung von Ovarialkarzinomen<br />
gibt.<br />
Eine mögl<strong>ich</strong>e Perspektive bieten<br />
zwei große weltweite Studien zur<br />
Früherkennung des Ovarialkarzinoms,<br />
die in den USA beziehungsweise<br />
in Großbritannien laufen. In<br />
der britischen Studie werden die<br />
Verläufe des Tumormarkers CA 125<br />
von etwa 50.000 Frauen über Jahre<br />
hinweg beobachtet, um festzustellen,<br />
ob es bestimmte Algorithmen<br />
im Vorfeld <strong>einer</strong> Erkrankung gibt.<br />
Erste Daten <strong>aus</strong> diesen Studien sind<br />
jedoch vor<strong>aus</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> erst 2012 zu<br />
erwarten. Bis dahin ist die primäre<br />
Prävention die einzige verlässl<strong>ich</strong>e<br />
| Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
„Die Früherkennungsmaßnahmen beim Ovarial-<br />
karzinom sind bei Weitem n<strong>ich</strong>t so effektiv wie die<br />
Früherkennungsmaßnahmen bei Brustkrebs.“<br />
Methode, das Risiko nachhaltig zu<br />
senken. Diese besteht in <strong>einer</strong> operativen<br />
Prophylaxe (Entfernung der<br />
Eierstöcke und Eileiter), die nach<br />
Beratung und abgeschlossener Familienplanung<br />
angeboten werden<br />
muss.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Warum werden n<strong>ich</strong>t<br />
die Magnetresonanztomographie<br />
(MRT) oder Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie<br />
(PET-CT) zur Früherkennung von<br />
Eierstockkrebs eingesetzt?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
Die MRT-Untersuchung ist leider im<br />
Becken n<strong>ich</strong>t sensitiv genug, um frü-<br />
he Ovarialkarzinome s<strong>ich</strong>er genug<br />
zu erkennen. Zum PET-CT liegen in<br />
der Früherkennung noch keine Daten<br />
vor, die eine Beurteilung zulassen.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Welche typischen<br />
Symptome des Ovarialkarzinoms<br />
sollte <strong>ich</strong> als Frau kennen und beachten?<br />
Gibt es typische Warnze<strong>ich</strong>en<br />
oder Frühindikatoren?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois: Die<br />
Symptome sind sehr unspezifisch.<br />
Was man aufgrund retrospektiver,<br />
also rückblickender Befragungen<br />
sagen kann, ist, dass in der Regel<br />
über einen Zeitraum von etwa<br />
sechs Monaten vor Diagnose-<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
0<br />
stellung Beschwerden wie zum Beispiel<br />
Druck im Bauch, Völlegefühl<br />
oder unregelmäßiger Stuhlgang<br />
auftreten. Leider muss man feststellen,<br />
dass die Zuordnung solch<br />
unspezifischer Symptome oft erst<br />
spät zur Diagnose führt und dass<br />
bei Symptomen auch meist schon<br />
ein fortgeschrittenes Stadium vorliegt.<br />
Das frühe Ovarialkarzinom<br />
macht leider in der Regel keine<br />
Beschwerden.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Wie s<strong>ich</strong>er ist eine<br />
regelmäßige Kontrolle des Tumormarkers<br />
CA 125?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
CA 125 ist ein guter Marker in<br />
der Verlaufskontrolle während der<br />
Therapie. Für die Erstdiagnostik<br />
eines Ovarialkarzinoms ist er zu<br />
unspezifisch – insbesondere prämenop<strong>aus</strong>al,<br />
also vor den Wechseljahren.<br />
Der CA 125 kann auch durch<br />
Entzündungen, bei Endometriose<br />
oder bei Schwangerschaft erhöht<br />
sein. Andersherum kann der CA<br />
125 auch bei manchen Ovarialkarzinomen<br />
normal, das heißt n<strong>ich</strong>t<br />
erhöht sein.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Welche Mögl<strong>ich</strong>keiten<br />
zur Minimierung ihres Erkrankungsrisikos<br />
hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> eines<br />
Ovarialkarzinoms haben Hochrisikopatienten<br />
überhaupt? Welche<br />
prophylaktischen, das heißt vorbeugenden<br />
Maßnahmen gibt es?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
Die Einnahme oraler Kontrazeptiva,<br />
also der Anti-Baby-Pille über mehre-<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
re Jahre hinweg, hat nachweisl<strong>ich</strong><br />
einen positiven Effekt hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />
der Ovarialkarzinomrisikos, n<strong>ich</strong>t<br />
jedoch in Bezug auf das <strong>Mamma</strong>karzinom.<br />
Bei BRCA1- und BRCA2-<br />
Mutationsträgerinnen scheinen<br />
diese Effekte auch aufzutreten, die<br />
Daten sind aber noch uneinheitl<strong>ich</strong>.<br />
Einen ähnl<strong>ich</strong> positiven Effekt haben<br />
auch Schwangerschaften.<br />
Die verlässl<strong>ich</strong>ste Mögl<strong>ich</strong>keit ist die<br />
vorsorgl<strong>ich</strong>e beidseitige Entfernung<br />
von Eierstöcken und Eileitern nach<br />
Abschluss der Familienplanung. Sie<br />
geht neben <strong>einer</strong> Ovarialkarzinom-<br />
Risikosenkung um 90 bis 95 Prozent<br />
auch mit <strong>einer</strong> <strong>Mamma</strong>karzinom-Risikosenkung<br />
um circa 50 Prozent<br />
einher, wenn der Eingriff prämenop<strong>aus</strong>al,<br />
also vor den Wechseljahren<br />
durchgeführt wird. Als Technik wird<br />
die so genannte laparoskopische<br />
bilaterale Salpingo-Ovarektomie<br />
empfohlen. Dabei kann man in<br />
der Regel auf einen Bauchschnitt<br />
verz<strong>ich</strong>ten und den Eingriff mittels<br />
<strong>einer</strong> Bauchspiegelung minimal<br />
invasiv durchführen. Neben der<br />
beidseitigen Entfernung der Risikoorgane<br />
gehört hierzu eine genaue<br />
Inspektion der Bauchhöhle, die<br />
Entnahme <strong>einer</strong> Spülzytologie und<br />
Peritonealbiopsien, also Gewebeproben,<br />
<strong>aus</strong> allen vier Bere<strong>ich</strong>en<br />
(Quadranten) des Bauchfells. Die<br />
Verwendung eines Bergungsbeutels,<br />
des so genannten Endobags,<br />
bei der Laparoskopie soll weitere<br />
S<strong>ich</strong>erheit schaffen. Der Endobag<br />
zur Bergung der Adnexe (Eierstöcke<br />
und Eileiter) soll die Verschleppung<br />
potentiell maligner, also bösartiger,<br />
Zellen verhindern. Eine sorgfältige<br />
pathologische Aufarbeitung zur<br />
Entdeckung okkulter (verborgener)<br />
Eierstock- und Eileiter-Karzinome<br />
muss gewährleistet sein.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Wäre es n<strong>ich</strong>t sinnvoll<br />
s<strong>ich</strong> zugle<strong>ich</strong> die Gebärmutter<br />
vorsorgl<strong>ich</strong> entfernen zu lassen,<br />
da doch die Eileiter bis in sie<br />
hineinre<strong>ich</strong>en?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
Es gibt keine ges<strong>ich</strong>erte Erkenntnis<br />
darüber, dass eine zusätzl<strong>ich</strong>e<br />
vorsorgl<strong>ich</strong>e Uterus-Entfernung<br />
Vorteile bringt. Bei Untersuchungen<br />
zur Entdeckung von Vorstufen des<br />
Ovarialkarzinoms gab es vielmehr<br />
Beobachtungen, die vermuten<br />
lassen, dass der distale, also der<br />
eierstocknahe Teil des Eileiters<br />
wahrscheinl<strong>ich</strong> eine w<strong>ich</strong>tigere<br />
Rolle bei der Tumorbildung hat,<br />
als der gebärmutternahe Teil, der<br />
gegebenenfalls in der Gebärmutter<br />
verbleibt, wenn diese n<strong>ich</strong>t entfernt<br />
wird. In der Praxis wird man das mit<br />
der Rat suchenden Frau besprechen<br />
und eine Gebärmutterentfernung<br />
nur dann mitmachen, wenn es zusätzl<strong>ich</strong>e<br />
Gründe hierfür gibt.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Die Entfernung der<br />
Eierstöcke geht mit einem Hormonentzug<br />
einher. Wie können Frauen<br />
gerade vor den Wechseljahren<br />
damit umgehen?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois: Das<br />
primäre Ziel der prophylaktischen<br />
bilateralen Salpingo-Ovarektomie<br />
ist n<strong>ich</strong>t der Hormonentzug, das
möchte <strong>ich</strong> noch einmal her<strong>aus</strong>stellen.<br />
Es geht vielmehr um die<br />
Entfernung der Organe, von denen<br />
das wesentl<strong>ich</strong>e Risiko <strong>aus</strong>geht.<br />
Die damit verbundene Entfernung<br />
der Hormonproduktion ist ein Nebeneffekt,<br />
ebenso wie die Senkung<br />
des <strong>Mamma</strong>karzinom-Risikos um<br />
circa 50 Prozent als ein positiver<br />
Begleiteffekt. Die Hormone selbst<br />
scheinen n<strong>ich</strong>t unbedingt für das<br />
Risiko verantwortl<strong>ich</strong> zu sein, denn<br />
Untersuchungen haben ergeben,<br />
dass der risikomindernde Effekt<br />
n<strong>ich</strong>t durch eine anschließende gemäßigte<br />
Zuführung von Hormonen,<br />
zum Beispiel durch Hormonpflaster,<br />
Creme oder Tabletten wieder aufgehoben<br />
wird. So kann den Frauen<br />
mit Wechseljahrsbeschwerden bei<br />
Bedarf bis etwa zum 50. Lebensjahr,<br />
dem Zeitpunkt des regulären<br />
Eintritts der Menop<strong>aus</strong>e, mit Hormonen<br />
geholfen werden, ohne<br />
dass dadurch der positive Effekt<br />
aufgehoben wird.<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!: Ein Medikament<br />
der Zukunft und Hoffnung für Mutationsträger<br />
sind die so genannten<br />
PARP-Inhibitoren. In welcher Form<br />
sind Sie an den aktuellen Studien<br />
beteiligt? Wie ist der aktuelle Stand<br />
dieser Studien? Wie schätzen Sie<br />
die Chancen <strong>einer</strong> Zulassung des<br />
Medikaments ein?<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois:<br />
Der PARP-Enzymkomplex ist bei der<br />
DNA-Reparatur beteiligt. Daneben<br />
gibt es weitere Reparaturmechanismen,<br />
die aber bei BRCA-Mutationen,<br />
wie sie bei Ovarialkarzinomen häu-<br />
| Welche Optionen habe <strong>ich</strong> als Risikopatient(in)?<br />
fig auftreten, zumindest teilweise<br />
n<strong>ich</strong>t funktionieren. Die betroffenen<br />
Zellen sind deshalb besonders<br />
auf ein funktionierendes PARP-<br />
System angewiesen. Die gezielte<br />
Hemmung der PARP-Aktivität kann<br />
mögl<strong>ich</strong>erweise bei genetischem<br />
oder epigenetischem (erworbenem)<br />
BRCA-Defekt der betroffenen Karzinomzellen<br />
ein Ansatz zur Therapie<br />
darstellen. Erste Untersuchungen<br />
bei Patientinnen mit BRCA-Mutationen<br />
in England haben bereits viel<br />
versprechende Ergebnisse gezeigt,<br />
sodass wir eine weltweite Studie<br />
auch bei Patientinnen ohne genetische<br />
Mutation, aber erworbenem<br />
BRCA-Defekt durchführen. Als<br />
Gründungsmitglied des Executive<br />
Boards der Arbeitsgemeinschaft<br />
Gynäkologische Onkologie (AGO)<br />
Studiengruppe leite <strong>ich</strong> mehrere Studien,<br />
schwerpunktmäßig im Bere<strong>ich</strong><br />
der Ovarialkarzinome. Diese Studie<br />
läuft gerade an. Parallel dazu erforschen<br />
wir an der Dr. Horst Schmidt<br />
Klinik diesen Zusammenhang auch<br />
beim <strong>Mamma</strong>karzinom. Außerdem<br />
gibt es eine bereits laufende PARP1-<br />
Hemmer Studie, an der Patientinnen<br />
und Patienten mit Brust- oder Eierstockkrebs<br />
teilnehmen können. Sie<br />
wird an vier Zentren des Deutschen<br />
Konsortiums für „Familiären Brust-<br />
und Eierstockkrebs“ (Köln, Kiel,<br />
Heidelberg und München) gemeinsam<br />
mit anderen Zentren außerhalb<br />
Deutschlands durchgeführt. Sollten<br />
auch die derzeit laufenden und weiteren<br />
Untersuchungen beziehungsweise<br />
Studien positiv laufen, könnte<br />
eine Zulassung in den nächsten Jahren<br />
erfolgen. Allerdings wird diese<br />
Therapie eher n<strong>ich</strong>t als Prophylaxe,<br />
sondern erst bei bereits aufgetretenem<br />
Ovarialkarzinom zum Einsatz<br />
kommen. Wir setzen einige<br />
Hoffnung in diesen Ansatz, deshalb<br />
führt die AGO Studiengruppe diese<br />
Studien in Deutschland durch.<br />
AUTOR<br />
Prof. Dr. med.<br />
Andreas du Bois<br />
Direktor der Klinik für Gynäkologie<br />
& Gynäkologische Onkologie<br />
Dr. Horst Schmidt Klinik (HSK),<br />
Wiesbaden,<br />
Studienleiter der Arbeitsgemeinschaft<br />
Gynäkologische Onkologie<br />
(AGO) Studiengruppe<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
8<br />
Soll <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> testen<br />
lassen? – Entscheidungshilfen<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Angst beim Gentest?<br />
ERGEBNISSE AUS DEM PROJEKT DER DEUTSCHEN KREBSHILFE<br />
Sie wissen <strong>aus</strong> zahlre<strong>ich</strong>en Beiträgen<br />
in diesem Ratgeber über die medizinischen<br />
und psychologischen Ges<strong>ich</strong>tspunkte<br />
eines vorhersagenden<br />
Gentests auf Veränderungen in den<br />
beiden bisher bekannten Brustkrebsgenen<br />
BRCA1 und BRCA2 gut Bescheid.<br />
Sie kennen die rechtl<strong>ich</strong>en<br />
Aspekte und sind informiert, wie intensive<br />
Früherkennungsmaßnahmen<br />
helfen, eine Brustkrebserkrankung in<br />
mögl<strong>ich</strong>st frühem Stadium zu entdecken.<br />
Und Sie haben s<strong>ich</strong> mit dem<br />
Gedanken vertraut gemacht, dass es<br />
für Hochrisiko-Patienten vorbeugende<br />
Maßnahmen gibt, die das Risiko zu<br />
erkranken, erhebl<strong>ich</strong> senken. Das<br />
ist Ihr Wissen, aber gegebenenfalls<br />
auch Ihre ureigene Angst. Wie gehen<br />
andere mit diesen Sorgen um?<br />
DATEN AUS DEM<br />
FORSCHUNGSPROJEKT DER<br />
DEUTSCHEN KREBSHILFE<br />
Ein Blick auf Daten <strong>aus</strong> dem siebenjährigen<br />
Forschungsprojekt der<br />
Deutschen Krebshilfe von 1997 bis<br />
2004 zeigt Ihnen, wie Rat Suchende<br />
(n<strong>ich</strong>t Erkrankte <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> Risikofamilie)<br />
und Betroffene (bereits Erkrankte)<br />
mit Angst und Niedergeschlagenheit<br />
(Depression) vor, während und nach<br />
dem Gentest umgehen. Das sind<br />
Durchschnittswerte, die über das<br />
Einzelschicksal n<strong>ich</strong>ts <strong>aus</strong>sagen.<br />
| Soll <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> testen lassen? – Entscheidungshilfen<br />
N<strong>ich</strong>t nur <strong>aus</strong> Fragebögen, die<br />
zu sechs verschiedenen Zeitpunkten<br />
über einen Zeitraum von<br />
zwei Jahren erbeten wurden,<br />
sondern auch durch individuelle<br />
Gespräche wurde der Gentest<br />
vom informativen Telefonat, dem<br />
<strong>aus</strong>führl<strong>ich</strong>en Erstgespräch, der<br />
vierwöchigen Bedenkzeit, der<br />
Blutentnahme, der mehrmonatigen<br />
Wartezeit auf das Ergebnis<br />
der Blutuntersuchung, der Ergebnismitteilung<br />
und der Nachbetreuung<br />
sorgfältig begleitet – und<br />
zwar interdisziplinär von Gynäkologen,<br />
Humangenetikern und<br />
Psychologen. Jederzeit konnte<br />
der Gentest ohne Angabe von<br />
Gründen abgebrochen oder die<br />
einzelnen Phasen zeitl<strong>ich</strong> hin<strong>aus</strong>geschoben<br />
werden.<br />
Verständl<strong>ich</strong> ist, dass s<strong>ich</strong> einmal<br />
wegen der Sorgen um die eigenen<br />
Kinder und der angebotenen Betreuung<br />
nach der Krebserkrankung<br />
mehr Betroffene als Rat Suchende<br />
den Gentest wünschen. Jedoch betonen<br />
Rat Suchende, dass sie s<strong>ich</strong><br />
erhoffen, durch den Test und die Beratung<br />
die zeitweilig vorhandenen<br />
Ängste um die eigene Gesundheit<br />
und die ihrer Angehörigen abzubauen.<br />
Dieser Wunsch lässt s<strong>ich</strong><br />
erfüllen, wie Sie gle<strong>ich</strong> erfahren<br />
werden.<br />
ANGST- UND DEPRESSIONS-<br />
WERTE VON RAT SUCHEN-<br />
DEN UND BETROFFENEN<br />
Etwa 15 Prozent der Rat Suchenden<br />
und Betroffenen zeigen zu<br />
Beginn des Gentests, also wenn<br />
sie von <strong>einer</strong> Mutation noch gar<br />
n<strong>ich</strong>ts wissen, erhöhte Angst- und<br />
Depressionswerte. Dieses Resultat<br />
entspr<strong>ich</strong>t jedoch dem Durchschnitt<br />
in der Normalbevölkerung, das<br />
heißt, dass diese am Gentest interessierten<br />
Menschen weder mehr<br />
noch weniger psychische Auffälligkeiten<br />
diesbezügl<strong>ich</strong> zeigen als<br />
andere.<br />
Die Angstwerte sind bei den bereits<br />
Erkrankten geringfügig höher<br />
als bei den Rat Suchenden.<br />
Wird der Verlauf der Höhe der<br />
Angstwerte über den Zweijahreszeitraum<br />
verfolgt, so wird in beiden<br />
Gruppen unmittelbar vor der<br />
Ergebnismitteilung ein Anstieg der<br />
Angst beobachtet, der aber nach<br />
der Ergebnismitteilung in beiden<br />
Gruppen deutl<strong>ich</strong> unter das Ausgangsniveau<br />
absinkt. Offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />
führt die Ergebnismitteilung<br />
zu <strong>einer</strong> psychischen Entlastung,<br />
gle<strong>ich</strong>, ob das Ergebnis auf eine<br />
erbl<strong>ich</strong>e Belastung hinweist oder<br />
n<strong>ich</strong>t. Die Angstwerte bleiben im<br />
weiteren Verlauf relativ stabil.<br />
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Anders sieht es jedoch bei den Depressionswerten<br />
<strong>aus</strong>: Schon zu Beginn<br />
zeigen die bereits Erkrankten<br />
höhere Werte, die zwar ebenfalls<br />
ihre niedrigsten Werte nach der<br />
Ergebnismitteilung haben, jedoch<br />
dann kontinuierl<strong>ich</strong>, auch über den<br />
Ausgangswert, ansteigen – selbst<br />
wenn keine genetische Belastung<br />
nachgewiesen wird. Die Werte der<br />
gesunden Rat Suchenden sind ebenfalls<br />
nach der Ergebnismitteilung am<br />
niedrigsten, steigen dann geringfügig,<br />
bleiben aber unter dem Ausgangswert,<br />
wenn keine genetische<br />
Belastung vorliegt.<br />
DEPRESSIONSWERTE VON<br />
MUTATIONSTRÄGERN UND<br />
NICHTMUTATIONSTRÄGERN<br />
Eine weitere Unterscheidung gilt es<br />
vorzunehmen: N<strong>ich</strong>t nur Rat Suchende<br />
und Betroffene unterscheiden<br />
s<strong>ich</strong> in diesen Werten, sondern vor<br />
allem entwickeln s<strong>ich</strong> die Depressionswerte<br />
von Mutationsträgern<br />
und N<strong>ich</strong>tmutationsträgern unterschiedl<strong>ich</strong>:<br />
Mutationsträger erleben<br />
einen sehr geringen Anstieg ihrer<br />
Niedergeschlagenheit in den beiden<br />
Untersuchungsjahren, und bei<br />
den Rat Suchenden und bereits Erkrankten<br />
ohne den Nachweis <strong>einer</strong><br />
genetischen Belastung sinkt er in<br />
dem Beobachtungszeitraum ganz<br />
erhebl<strong>ich</strong> unter das Ausgangsniveau.<br />
Die Angstwerte sinken in beiden<br />
Gruppen unter die Werte des<br />
ersten Messzeitpunktes.<br />
Eine besondere Risikogruppe sind<br />
jene Personen, die s<strong>ich</strong> im Verlauf<br />
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des Gentests gegen den Test entscheiden.<br />
Diese Personen zeigen<br />
vor, nach und im weiteren Verlauf<br />
höhere Angst- und Depressionswerte<br />
als die Personen, die s<strong>ich</strong> für<br />
den Gentest entscheiden.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Die psychologischen Untersuchungen<br />
des von der Deutschen<br />
Krebshilfe geförderten Forschungsprojektes<br />
lassen s<strong>ich</strong> wie folgt zusammenfassen:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Personen, die beabs<strong>ich</strong>tigen,<br />
einen Gentest durchführen zu<br />
lassen, benötigen umfassende<br />
Kenntnisse zu genetischen, medizinischen<br />
und psychologischen<br />
Aspekten des erbl<strong>ich</strong> bedingten<br />
Brust- und Eierstockkrebses.<br />
Das interdisziplinäre Gespräch<br />
mit Humangenetikern, Gynäkologen<br />
und Psychologen reduziert<br />
Angst und gibt dem Menschen<br />
das Gefühl der Kontrolle.<br />
Besonders Personen, die bereits<br />
an Krebs erkrankt sind und solche,<br />
die s<strong>ich</strong> gegen den Gentest <strong>aus</strong><br />
persönl<strong>ich</strong>en Gründen entscheiden,<br />
sollten psychologische Unterstützung<br />
in Anspruch nehmen.<br />
Unmittelbar nach der psychischen<br />
Erle<strong>ich</strong>terung nach dem Gentest<br />
sollten die Klienten den weiteren<br />
Verlauf ihrer emotionalen Befindl<strong>ich</strong>keit<br />
(zum Beispiel Stimmungen)<br />
beobachten und nötigenfalls psychologische<br />
Unterstützung suchen.<br />
Da s<strong>ich</strong> dieses Forschungsprojekt<br />
zum Wohle der mit Brust- und Eierstockkrebs<br />
belasteten Familien als<br />
höchst sinnvoll erwies, wurde das<br />
Konzept der Tumorrisiko-Sprechstunde<br />
2005 in die Regelversorgung<br />
der Krankenkassen übernommen.<br />
Und davon profitieren Sie heute,<br />
wenn Sie s<strong>ich</strong> an eines der zwölf<br />
<strong>aus</strong>gewählten Zentren in Ihrer Nähe<br />
wenden, deren Adresse Sie im Anhang<br />
dieses Ratgebers finden.<br />
AUTOREN<br />
Prof. Dr. med.<br />
Wolf Dieter Gerber<br />
Direktor des Instituts für Medizinische<br />
Psychologie und Medizinische<br />
Soziologie, Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein, Kiel<br />
Dr. phil. Dipl.-Psych.<br />
Ellen Kirsch<br />
Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Mitarbeiterin<br />
des Instituts für Medizinische<br />
Psychologie und Medizinische<br />
Soziologie, Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein, Kiel
Entscheidungshilfen<br />
PRO & CONTRA<br />
Im Zusammenhang mit der Fragestellung<br />
„<strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong><br />
<strong>Krebsfamilie</strong>?“ ergeben s<strong>ich</strong> einige<br />
Situationen, die Entscheidungen<br />
zum weiteren Vorgehen erfordern.<br />
Diese können die Betroffenen immer<br />
nur <strong>aus</strong> ihrer persönl<strong>ich</strong>en Gesamtsituation<br />
her<strong>aus</strong> ganz individuell<br />
treffen. Mit den folgenden übers<strong>ich</strong>ten<br />
möchten wir Ihnen bei der<br />
Entscheidungsfindung helfen, indem<br />
wir die wesentl<strong>ich</strong>en Argumente für<br />
beziehungsweise gegen die Durchführung<br />
eines Gentests oder so<br />
genannter prophylaktischer Operationen<br />
zusammengestellt haben.<br />
Diese Listen sind selbstverständl<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t abschließend, sondern als Anregung<br />
für Sie gedacht, Ihre eigene<br />
Pro & Contra Liste zu erstellen und<br />
so einen Weg zu Ihrer persönl<strong>ich</strong>en<br />
Entscheidung zu finden.<br />
GENTEST – JA ODER NEIN?<br />
Soll <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> genetisch auf ein erhöhtes Risiko für Brust- und Eierstockkrebs testen lassen? Was spr<strong>ich</strong>t für und was<br />
gegen einen Gentest? Welche Vor- und Nachteile hat er?<br />
PRO CONTRA<br />
Genaue(re) Einschätzung des eigenen Risikos,<br />
insbesondere bei Nachweis <strong>einer</strong> BRCA1- oder<br />
BRCA2-Mutation durch den Gentest<br />
Teilnahme am intensivierten Früherkennungsprogramm,<br />
das in den Zentren für „Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“ angeboten wird, bei<br />
Nachweis <strong>einer</strong> BRCA1- oder BRCA2-Mutation,<br />
lebenslangem Risiko von ≥ 30 Prozent oder einem<br />
Risiko der Mutationsträgerschaft (Heterozygotenrisiko)<br />
von ≥ 20 Prozent.<br />
Wesentl<strong>ich</strong>e Vorteile des Programms:<br />
� Untersuchung durch Experten, die auf familiäre<br />
Tumoren spezialisiert sind<br />
� halbjährl<strong>ich</strong>e Ultraschalluntersuchung sowie<br />
jährl<strong>ich</strong>e MRT-Untersuchung und Mammographie<br />
der Brust, insbesondere auch für gesunde<br />
Risikopatientinnen<br />
� Kostenübernahme durch die meisten gesetzl<strong>ich</strong>en<br />
und privaten Krankenkassen sowie der Beihilfestellen<br />
aufgrund entsprechender Verträge<br />
| Soll <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> testen lassen? – Entscheidungshilfen<br />
AUTORIN<br />
Anne Mönn<strong>ich</strong><br />
Redakteurin <strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!<br />
Das Brustkrebsmagazin<br />
N<strong>ich</strong>t alle Mutationsträgerinnen erkranken,<br />
allerdings nimmt nach aktuellen Erkenntnissen die<br />
Erkrankungswahrscheinl<strong>ich</strong>keit zu und das -alter ab.<br />
Das intensivierte Früherkennungsprogramm kann<br />
zu uns<strong>ich</strong>eren Befunden führen. Das heißt, in<br />
diesen Fällen hat die bildgebende Diagnostik einen<br />
Tumorverdacht ergeben und es bedarf weiterer<br />
Untersuchungen zur Abklärung des Befundes.<br />
Hierzu wird in der Regel eine Biopsie durchgeführt,<br />
also eine Entnahme von Gewebeproben vorgenommen.<br />
Solche Situationen können eine psychische<br />
Belastung darstellen.<br />
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Mögl<strong>ich</strong>keit der Durchführung prophylaktischer<br />
Operationen (vorbeugende beidseitige Entfernung<br />
des Brustdrüsengewebes und/oder der Eierstöcke<br />
und Eileiter)<br />
Die notwendigen Vers<strong>ich</strong>erungen sind bereits<br />
abgeschlossen beziehungsweise die vers<strong>ich</strong>erungsrechtl<strong>ich</strong>e<br />
Situation ist geklärt.<br />
Eine genetische Testung <strong>einer</strong>/eines Indexpatientin/-patienten<br />
macht den übrigen Familienmitgliedern<br />
einen prädiktiven Test überhaupt<br />
erst mögl<strong>ich</strong> und eröffnet diesen damit die<br />
Chance von ihrer Entlastung zu erfahren.<br />
Der Nachweis <strong>einer</strong> BRCA1- oder BRCA2- Mutation<br />
bei einem erkrankten Familienmitglied <strong>einer</strong> Hochrisiko-Familie<br />
erlaubt einen prädiktiven Gentest<br />
bei den gesunden Verwandten zur Abklärung des<br />
Risikos. In den 50 Prozent der Fälle, in denen der<br />
Gentest noch n<strong>ich</strong>t informativ ist, wird weiter<br />
nach anderen genetischen Ursachen geforscht.<br />
Der Ausschluss <strong>einer</strong> BRCA1- oder BRCA2-Mutation<br />
durch einen prädiktiven Gentest bei einem<br />
gesunden Familienmitglied <strong>einer</strong> Hochrisiko-Familie<br />
führt zu <strong>einer</strong> Entlastung.<br />
Bei bereits Erkrankten eröffnet die Kenntnis <strong>einer</strong> Genmutation<br />
als Ursache der Krebserkrankung spezielle<br />
Präventionsmögl<strong>ich</strong>keiten bezügl<strong>ich</strong> des erhöhten<br />
Zweitkarzinomrisikos sowie spezielle<br />
Behandlungsmögl<strong>ich</strong>keiten – unter Umständen<br />
auch die Teilnahme an besonderen Studien.<br />
Psychische Gründe könnten gegen die Durchführung<br />
des Gentests sprechen.<br />
Eine ungeklärte Vers<strong>ich</strong>erungssituation (zum<br />
Beispiel Kranken- und/oder Lebensvers<strong>ich</strong>erung)<br />
spr<strong>ich</strong>t noch gegen die Durchführung des Gentests.<br />
Wissen um die genetische Belastung kann eine enorme<br />
seelische Beslastung für die gesamte Familie<br />
darstellen und insbesondere bei dem/der Indexpatienten/-patientin<br />
Schuldgefühle <strong>aus</strong>lösen.<br />
In rund 50 Prozent der Fälle ist der Gentest n<strong>ich</strong>t<br />
informativ, das heißt, es kann keine Mutation<br />
oder eine n<strong>ich</strong>t eindeutig krankheitsrelevante Mutation<br />
(unklassifizierte Variante – UV) in den Genen<br />
BRCA1 oder BRCA2 nachgewiesen werden. In<br />
diesen Fällen ist kein prädiktiver Gentest für die<br />
anderen Familienmitglieder mögl<strong>ich</strong>.<br />
Der Nachweis <strong>einer</strong> BRCA1- oder BRCA2- Mutation<br />
durch einen prädiktiven Gentest bei einem<br />
gesunden Familienmitglied <strong>einer</strong> Hochrisiko-Familie<br />
führt zur Gewissheit, dass ein sehr hohes Erkrankungsrisiko<br />
vorliegt und kann damit auch für die<br />
anderen Familienmitglieder belastend sein.<br />
Der Nachweis <strong>einer</strong> Genmutation bei <strong>einer</strong><br />
bereits Erkrankten lässt in der Regel ein erhöhtes<br />
Risiko für ein Zweitkarzinom der anderen Brust<br />
als auch der Eierstöcke erwarten. Dies kann für die<br />
Betroffenen eine zusätzl<strong>ich</strong>e psychische Belastung<br />
darstellen.<br />
PROPHyLAKTISCHE ENTFERNUNG DER EIERSTöCKE UND EILEITER – JA ODER NEIN?<br />
Soll <strong>ich</strong> mir vorsorgl<strong>ich</strong> meine Eierstöcke und Eileiter entfernen lassen? Was spr<strong>ich</strong>t für und was gegen eine<br />
beidseitige Salpingo-Ovarektomie? Welche Vor- und Nachteile hat dieser Eingriff?<br />
PRO CONTRA<br />
Mögl<strong>ich</strong>keit zur maximalen Reduktion des Risikos<br />
an Eierstockkrebs zu erkranken – Risikoreduktion<br />
um etwa 0 Prozent. Größte Effektivität<br />
bei Durchführung vor den Wechseljahren,<br />
mögl<strong>ich</strong>st früh, ab dem 40. Lebensjahr.<br />
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Die Familienplanung muss abgeschlossen<br />
sein.
Mögl<strong>ich</strong>keit zur wesentl<strong>ich</strong>en Reduktion des Risikos<br />
an Brustkrebs zu erkranken – Risikoreduktion<br />
um etwa 0 Prozent, sofern sie um das Alter von<br />
40 Jahren durchgeführt wird.<br />
In der Regel kann die Entfernung der Eierstöcke und<br />
Eileiter laparoskopisch, das heißt im Wege <strong>einer</strong><br />
Bauchspiegelung und damit minimal invasiv<br />
erfolgen.<br />
Eierstockkrebs kann mit den gegenwärtigen<br />
Verfahren n<strong>ich</strong>t früh erkannt werden. Dies betrifft<br />
sowohl den familiären als auch sporadischen<br />
Eierstockkrebs und umfasst Untersuchungen wie<br />
die klinische Tastuntersuchung, den transvaginalen<br />
(durch die Scheide hindurch erfolgenden) Ultraschall<br />
und die Tumormarkerbestimmung CA 125.<br />
Erfolgt der Eingriff vor den Wechseljahren, ist eine<br />
niedrig dosierte Hormon-Ersatztherapie bis<br />
zum 0. Lebensjahr mögl<strong>ich</strong>. Diese wirkt s<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t auf die eingetretene Risikoreduktion <strong>aus</strong>, kann<br />
aber verfrühte Wechseljahrsbeschwerden verhindern.<br />
Das Fortschreiten von Osteoporose-<br />
Symptomen kann außerdem durch die Einnahme<br />
von Calcium und Vitamin D und gegebenenfalls<br />
<strong>einer</strong> prophylaktischen Einnahme von Bisphosphonaten<br />
verhindert werden.<br />
PROPHyLAKTISCHE AMPUTATION DER BRüSTE – JA ODER NEIN?<br />
Soll <strong>ich</strong> mir vorsorgl<strong>ich</strong> meine Brüste amputieren lassen? Was spr<strong>ich</strong>t für und was gegen eine beidseitige Mastektomie?<br />
Welche Vor- und Nachteile hat dieser Eingriff?<br />
PRO CONTRA<br />
Mögl<strong>ich</strong>keit zur maximalen Reduktion des Risikos<br />
an Brustkrebs zu erkranken, wenn die beidseitige<br />
Mastektomie vollständig, also inklusive<br />
der Brustwarze, erfolgt. Risikoreduktion auf<br />
annähernd Null.<br />
Gle<strong>ich</strong>zeitiger Wiederaufbau der Brust mögl<strong>ich</strong><br />
und empfohlen (mit Eigengewebe / Silikon).<br />
Bei vollständiger Amputation (inklusive der Brustwarze)<br />
ist für gesunde Risikopatientinnen kein intensiviertes<br />
Früherkennungsprogramm mehr notwendig.<br />
| Soll <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> testen lassen? – Entscheidungshilfen<br />
Ein etwa ein- bis dreiprozentiges Restrisiko, an<br />
<strong>einer</strong> Peritonealkarzinose (Bauchfellkrebs) zu<br />
erkranken, bleibt bestehen.<br />
Vorzeitiger Eintritt der Wechseljahre mit<br />
individuell stark <strong>aus</strong>geprägten Begleitsymptomen<br />
wie zum Beispiel Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen,<br />
Migräne, Osteoporose, sofern keine<br />
Hormonersatztherapie erfolgt<br />
Typische Risiken und Begleiterscheinungen eines<br />
größeren chirurgischen Eingriffs.<br />
Verlust wesentl<strong>ich</strong>er weibl<strong>ich</strong>er Attribute, dessen<br />
seelische Auswirkungen nur schwer abzuschätzen<br />
sind.<br />
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9<br />
Welchen Beitrag kann <strong>ich</strong><br />
selbst leisten?<br />
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Die Ursache für die Entstehung von<br />
Brustkrebs bei jungen Frauen vor<br />
der Menop<strong>aus</strong>e ist meist unbekannt.<br />
Bei circa fünf bis zehn Prozent der<br />
Erkrankungen spielen n<strong>ich</strong>t beeinflussbare<br />
erbl<strong>ich</strong>e Faktoren eine Rolle,<br />
andere Risikofaktoren umfassen<br />
insbesondere:<br />
vermeidbare Ursachen, die meist<br />
lebensstilbedingt sind, zum Beispiel<br />
Fehlernährung, Bewegungsmangel,<br />
un<strong>aus</strong>gegl<strong>ich</strong>ene seelische Balance;<br />
n<strong>ich</strong>t vermeidbare Ursachen,<br />
zum Beispiel Geschlecht, Alter, hormonelle-<br />
sowie Umweltfaktoren.<br />
Da mehr als die Hälfte aller Brustkrebserkrankungen<br />
spontan und<br />
ohne offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>e Risikofaktoren<br />
auftreten, sind Selbstvorwürfe und<br />
Schuldgefühle n<strong>ich</strong>t zu begründen,<br />
wenig hilfre<strong>ich</strong> und beanspruchen<br />
zudem Aufmerksamkeit und Kraft,<br />
die für den w<strong>ich</strong>tigen Heilungsprozess<br />
notwendig sind. Es gibt wissenschaftl<strong>ich</strong><br />
ges<strong>ich</strong>erte Erkenntnisse,<br />
dass die Reduktion vermeidbarer<br />
Risikofaktoren das Brustkrebsrisiko<br />
deutl<strong>ich</strong> senken kann. Zuweilen<br />
re<strong>ich</strong>en kleine Veränderungen des<br />
Lebensstils, die im Folgenden kurz<br />
skizziert sind, um das Brustkrebsrisiko<br />
zu reduzieren.<br />
ERNÄHRUNGSOPTIMIERUNG<br />
Alle verfügbaren Untersuchungen<br />
deuten darauf hin, dass n<strong>ich</strong>t<br />
<strong>aus</strong>gewogene Ernährung (unter<br />
anderem zu wenig Obst, Gemüse,<br />
Getreide, Ballaststoffe) beziehungsweise<br />
übermäßige Ernährung (unter<br />
anderem zu viel tierisches Fett<br />
und Fleisch sowie Alkohol) wesent-<br />
| Welchen Beitrag kann <strong>ich</strong> selbst leisten?<br />
Mögl<strong>ich</strong>keiten zur Minimierung<br />
des Erkrankungsrisikos<br />
l<strong>ich</strong>e Ursachen für die Förderung<br />
von Brustkrebserkrankungen sind.<br />
Obwohl es keine Ernährungsform<br />
gibt, die Brustkrebs mit S<strong>ich</strong>erheit<br />
verhindern kann (insbesondere<br />
auch so genannte „Krebsdiäten“<br />
n<strong>ich</strong>t), lassen s<strong>ich</strong> doch Ernährungsempfehlungen<br />
aufstellen,<br />
die das Erkrankungsrisiko deutl<strong>ich</strong><br />
senken:<br />
� über- und Untergew<strong>ich</strong>t vermeiden (BMI zwischen 18 und 25)<br />
� Tägl<strong>ich</strong> circa 400 Gramm verschiedener Obst- und Gemüsesorten<br />
(ideal: fünf Portionen am Tag; rotes Obst und Gemüse<br />
enthält re<strong>ich</strong>l<strong>ich</strong> die Gesundheit schützende Antioxidanzien)<br />
� Achtung: In jüngster Zeit wird die Einnahme so genannter<br />
sekundärer Pflanzenstoffe (zum Beispiel Genistein, Indol-3-Carbinol,<br />
Curcumin) vorbeugend empfohlen, da sie in experimentellen<br />
Untersuchungen Brustkrebsgene beeinflussen konnten.<br />
Da experimentelle Daten n<strong>ich</strong>t unmittelbar auf den Menschen<br />
übertragbar sind, sollten zunächst Studien abgewartet werden,<br />
die eine verlässl<strong>ich</strong>e Aussage bezügl<strong>ich</strong> der Wirksamkeit und<br />
Unbedenkl<strong>ich</strong>keit ermögl<strong>ich</strong>en!<br />
� Tägl<strong>ich</strong> circa 600-800 Gramm pflanzl<strong>ich</strong>e Lebensmittel (Getreide,<br />
Kartoffeln, Hülsenfrüchte). Vorzugsweise gering beziehungsweise<br />
n<strong>ich</strong>t verarbeitete Produkte!<br />
� Tägl<strong>ich</strong> fermentierte Lebensmittel (unter anderem Joghurt, Quark,<br />
Sauerkraut) und Milchprodukte<br />
� Alkoholkonsum ist <strong>aus</strong> krebsvorbeugender S<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t empfehlenswert!<br />
� Ausre<strong>ich</strong>ende Trinkmenge beachten (tägl<strong>ich</strong> mindestens<br />
zwei Liter kalorienarme Getränke, unter anderem Wasser, Tee)<br />
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0<br />
� Verzehr von rotem Fleisch (unter anderem Rind, Lamm, Schwein)<br />
auf höchstens dreimal pro Woche beschränken! Gesündere<br />
Alternativen sind Geflügel oder Fisch.<br />
� Verzehr von fetthaltigen Lebensmitteln (zum Beispiel Kartoffelchips),<br />
insbesondere tierischer Herkunft (unter anderem Wurst,<br />
Mayonnaise) mögl<strong>ich</strong>st einschränken. Pflanzl<strong>ich</strong>e öle bevorzugen!<br />
� Stark gesalzene und salzkonservierte Lebensmittel (unter anderem<br />
eingelegte Fleisch- und Gemüsearten) meiden. Gesündere<br />
Alternative: Kräuter und Gewürze.<br />
� Verdorbene oder verschimmelte Lebensmittel sollten n<strong>ich</strong>t mehr<br />
verzehrt werden!<br />
� Verbrannte oder verkohlte Lebensmittel eignen s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t für den<br />
Verzehr!<br />
� Nahrungsergänzungsmittel (unter anderem Vitamin-/Spurenelementpräparate;<br />
Obst- und Gemüsekonzentrate) sind zur<br />
Vorbeugung n<strong>ich</strong>t angezeigt. Unkontrollierte Hochdosierungen<br />
oder bestimmte Inhaltsstoffe (unter anderem Eisen) können<br />
gesundheitsgefährdend sein!<br />
� Tabak sollte in k<strong>einer</strong> Form konsumiert werden, da er für circa 30<br />
bis 40 Prozent aller Krebserkrankungen mit verantwortl<strong>ich</strong> ist.<br />
KöRPERLICHE AKTIVITÄT<br />
Neben Fehlernährung ist Bewegungsmangel<br />
ein ernst zu nehmendes<br />
Problem der modernen<br />
Gesellschaft und mit verantwortl<strong>ich</strong><br />
für Zivilisationskrankheiten<br />
wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen,<br />
Diabetes mellitus und Krebs, insbesondere<br />
Brustkrebs. Dass Sport<br />
und Bewegung zur Verbesserung<br />
der Gesundheit beitragen, ist wissenschaftl<strong>ich</strong><br />
belegt. Und das n<strong>ich</strong>t<br />
nur, weil Menschen, die s<strong>ich</strong> regelmäßig<br />
bewegen, laut Statistik auch<br />
seltener rauchen, weniger Alkohol<br />
trinken und s<strong>ich</strong> gesünder ernähren<br />
als „Bewegungsmuffel“. Sport<br />
fördert n<strong>ich</strong>t nur die Bewegl<strong>ich</strong>keit,<br />
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sondern hilft auch gegen „kleine<br />
Fettpölsterchen“ und stärkt die Kondition.<br />
Ein mäßiges, aber regelmäßiges<br />
Ausdauertraining verbessert<br />
die allgemeine körperl<strong>ich</strong>e Leistungsfähigkeit,<br />
senkt Blutdruck und<br />
Körpergew<strong>ich</strong>t, reduziert Blutzucker<br />
und Blutfette, stabilisiert das Immun-<br />
und Hormonsystem und verbessert<br />
die Lebensqualität. Als optimales<br />
Training im Sinne der Vorbeugung<br />
hat s<strong>ich</strong> mäßiges Ausdauertraining<br />
(unter anderem Gehen, Walken,<br />
Joggen, Radfahren, Schwimmen)<br />
im so genannten „aeroben Bere<strong>ich</strong>“<br />
erwiesen. Aerobes Ausdauertraining<br />
belastet den Körper bei<br />
minimaler Intensität über einen längeren<br />
Zeitraum. Trainiert wird bei<br />
normaler Atmung ohne „<strong>aus</strong> der<br />
Puste zu geraten“. Dies entspr<strong>ich</strong>t<br />
<strong>einer</strong> Herzfrequenz für die Dauer<br />
der Belastung von 180 Schlägen<br />
pro Minute minus Lebensalter. Trainingseinheiten<br />
unter 20 Minuten<br />
sind n<strong>ich</strong>t effektiv, trainiert wird<br />
mögl<strong>ich</strong>st 35 Minuten oder mehr.<br />
Es ist n<strong>ich</strong>t unbedingt w<strong>ich</strong>tig, viele<br />
Kalorien zu verbrennen. W<strong>ich</strong>tiger<br />
ist es, regelmäßig zu trainieren, um<br />
fit zu bleiben beziehungsweise zu<br />
werden.<br />
Tipp: Trainieren Sie zwei bis drei<br />
mal pro Woche circa 30 bis 60 Minuten<br />
lang. Dies entspr<strong>ich</strong>t einem<br />
Verbrauch von etwa 2.000 kcal<br />
pro Woche oder circa 350 bis 700<br />
kcal pro Tag. Falls Sie figürl<strong>ich</strong> vom<br />
Sport profitieren wollen, dann essen<br />
und trinken Sie in der ersten Stunde<br />
nach dem Training n<strong>ich</strong>ts Kalorienhaltiges.<br />
Sonst würde der aktivierte<br />
Stoffwechsel gebremst und bräuchte<br />
die körpereigenen Energiereserven<br />
n<strong>ich</strong>t abzubauen.<br />
SEELISCHE BALANCE<br />
AUFRECHTERHALTEN<br />
Entgegen der weit verbreiteten Annahme<br />
konnte in wissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Studien n<strong>ich</strong>t bestätigt werden, dass<br />
es einen Zusammenhang zwischen<br />
der Entstehung oder dem Wiederauftreten<br />
von (Brust)Krebs und psychischer<br />
Belastung gibt. Nachgewiesen<br />
ist allerdings der umgekehrte<br />
Effekt, näml<strong>ich</strong> ein positiver Einfluss<br />
<strong>einer</strong> <strong>aus</strong>gegl<strong>ich</strong>enen seelischen Balance<br />
auf Krankheitsverlauf und Lebensqualität.<br />
Auch wenn seelische
Psychoonkologische Tipps zur Erhaltung der Gesundheit<br />
� Fragen Sie s<strong>ich</strong> stets: „Was tut mir gut?“, „Was will <strong>ich</strong>?“<br />
� Machen Sie immer beziehungsweise immer öfter, was Ihnen gut tut!<br />
� Übernehmen Sie Verantwortung für s<strong>ich</strong>, Ihr Wohlbefinden und Ihren Körper!<br />
� Erlernen Sie „gesunden Egoismus“, der niemals gegen Familie, Freunde oder Anvertraute ger<strong>ich</strong>tet ist!<br />
� Beachten Sie, dass anerzogene Charaktereigenschaften (zum Beispiel „immer für die anderen da zu<br />
sein“) zuweilen <strong>aus</strong>genutzt werden und wohl dosiert sein sollten.<br />
� Hinterfragen Sie die vielen, gut gemeinten (manchmal aber <strong>aus</strong>schließl<strong>ich</strong> geschäftsorientierten)<br />
Ratschläge zur Gesunderhaltung.<br />
� Gönnen Sie s<strong>ich</strong> und Ihrem Körper Regenerations- und Entspannungszeiten, insbesondere bei intensiver<br />
berufl<strong>ich</strong>er Tätigkeit. Planen Sie Auszeiten ein!<br />
� Regenerieren Sie Körper und Seele. Bewegen Sie s<strong>ich</strong>, machen Sie regelmäßig Entspannungsübungen<br />
oder wenden Sie s<strong>ich</strong> künstlerischen Tätigkeiten zu.<br />
� Visualisierungsübungen können das Vertrauen in die körpereigenen Regelkreise wiederherstellen.<br />
� Eine angstfreie Grundeinstellung hat einen positiven Einfluss auf nahezu alle Organsysteme (zum<br />
Beispiel auf das Immunsystem, das Hormon- sowie das Herz-Kreislauf-System). Versuchen Sie, Angst zu<br />
bewältigen, gegebenenfalls mit professioneller Hilfe!<br />
Un<strong>aus</strong>gegl<strong>ich</strong>enheit n<strong>ich</strong>t ursächl<strong>ich</strong><br />
für die Entstehung von (Brust)Krebs<br />
ist, so kann sie diverse Regelkreise<br />
des menschl<strong>ich</strong>en Organismus,<br />
unter anderem das Immunsystem<br />
(durch Freisetzung von Stresshormonen<br />
wie Adrenalin, Cortisol), das<br />
Hormon- sowie das Herz-Kreislauf-<br />
System beeinträchtigen und Krankheitssymptome<br />
verstärken. Daher<br />
sollten einige psychoonkologische<br />
Tipps zur Erhaltung der Gesundheit<br />
beachtet werden.<br />
Die Einhaltung der Empfehlungen<br />
zur Vorbeugung von Brustkrebs<br />
könnte das Erkrankungsrisiko deutl<strong>ich</strong><br />
reduzieren. Bitte stellen Sie s<strong>ich</strong><br />
der Verantwortung Ihrem Körper gegenüber<br />
und tragen Sie so wesentl<strong>ich</strong><br />
zu Ihrer Gesundhaltung bei.<br />
| Welchen Beitrag kann <strong>ich</strong> selbst leisten?<br />
� Gönnen Sie s<strong>ich</strong> Freude und Spaß. Lachen setzt Endorphine (so genannte Glückshormone) und andere<br />
immunologische Botenstoffe frei, die Stimmungslage und Schmerzen positiv beeinflussen.<br />
� Die zeitweilige Abkehr vom Alltagsleben (Beruf, familiäre Verpfl<strong>ich</strong>tungen) durch Urlaub inklusive<br />
Ortswechsel regenerieren Körper und Seele.<br />
� Pflegen Sie Ihren Freundes- und Bekanntenkreis, denn vertraute Menschen vermitteln S<strong>ich</strong>erheit und<br />
Geborgenheit.<br />
AUTOR<br />
Prof. Dr. med. Josef Beuth<br />
Direktor des Instituts zur<br />
wissenschaftl<strong>ich</strong>en Evaluation<br />
naturheilkundl<strong>ich</strong>er Verfahren an<br />
der Universität zu Köln<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 1
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Was geschieht mit mir, wenn mehrere<br />
Familienmitglieder bereits<br />
erkrankt oder sogar an Krebs<br />
verstorben sind? Was ist, wenn<br />
<strong>ich</strong> glaube, dass <strong>ich</strong> Träger <strong>einer</strong><br />
Genmutation sein könnte? Oder<br />
wie gehe <strong>ich</strong> mit einem positiven<br />
Gentest um? Neben den schmerzvollen<br />
Gefühlen für meine betroffenen<br />
Familienmitglieder habe <strong>ich</strong><br />
das Gefühl, mein Leben ist n<strong>ich</strong>t<br />
mehr s<strong>ich</strong>er und <strong>ich</strong> verliere völlig<br />
die Kontrolle. Ich befinde m<strong>ich</strong> auf<br />
einem Weg, der sehr schmal ist<br />
und s<strong>ich</strong> ganz nah an einem Abgrund<br />
befindet. Ich kann jederzeit<br />
abstürzen beziehungsweise Krebs<br />
bekommen und daran sterben.<br />
Wenn es mir körperl<strong>ich</strong> gut geht,<br />
ist es schon mögl<strong>ich</strong>, ein nahezu<br />
„normales“ Leben zu führen, doch<br />
die Angst ist jetzt zum Begleiter<br />
meines Lebens geworden. Schon<br />
ein kleines Ziehen in der Brust, ein<br />
ungewöhnl<strong>ich</strong>er Laborbefund oder<br />
das Warten auf eine Auswertung<br />
der Früherkennungsuntersuchungen<br />
kann einen Strudel der Gefühle<br />
<strong>aus</strong>lösen, in dem man scheinbar<br />
ertrinkt.<br />
STÄRKUNG DER<br />
SELBSTHEILUNGSKRÄFTE<br />
Die Techniken der Simonton-Arbeit<br />
haben s<strong>ich</strong> hier als eine große Hilfe<br />
erwiesen. Für m<strong>ich</strong> sind sie wie ein<br />
S<strong>ich</strong>erheitsseil, an dem man s<strong>ich</strong><br />
festhalten kann, wenn der Weg<br />
zu schmal wird oder man das Gefühl<br />
hat zu ertrinken. Dr. O. Carl<br />
Simonton hat vor mehr als 30 Jahren<br />
ein Programm entwickelt, das<br />
Krebspatienten hilft, selbst an ihrer<br />
Genesung mitzuwirken, ihre Lebensqualität<br />
zu verbessern und dadurch<br />
ihre Selbstheilungskräfte zu stärken.<br />
Das Programm ist so gestaltet, dass<br />
sein Anwender nach einiger Zeit in<br />
der Lage ist, dessen Inhalte selbstständig<br />
für s<strong>ich</strong> anzuwenden.<br />
UMWANDLUNG NEGATIVER<br />
GEFüHLE<br />
Persönl<strong>ich</strong>e Quellen der Ruhe, der<br />
Kraft, der Freude, der Zuvers<strong>ich</strong>t<br />
und der Erfüllung werden erschlossen<br />
und durch einfache Vorstellungsübungen<br />
(Visualisierungen)<br />
nutzbar gemacht. Mit etwas übung<br />
| Welchen Beitrag kann <strong>ich</strong> selbst leisten?<br />
Die Simonton-Arbeit<br />
als Rettungsseil im Leben<br />
WAS KANN ICH BEI EINER KREBSERKRANKUNG ODER FAMILIÄREN<br />
BELASTUNG FüR MEINE SEELE TUN?<br />
kann man unangenehme Gefühle<br />
in neutrale oder sogar in gute Gefühle<br />
umwandeln. Durch geeignete<br />
Imaginationen lernt man, Kontakt<br />
zu s<strong>einer</strong> inneren Führung oder<br />
inneren Stimme herzustellen, die in<br />
jedem von uns vorhanden ist. Sie<br />
ist eine große Hilfe, um unseren<br />
eigenen, individuellen Weg zu finden<br />
und zu gehen. Eigene Stressmuster<br />
und schmerzverursachende<br />
Glaubenshaltungen zum Leben und<br />
zum Sterben werden untersucht<br />
und umgeändert. Man erfährt, wie<br />
man <strong>aus</strong> dem Herzen her<strong>aus</strong> kommunizieren<br />
kann. Eigene Ziele für<br />
ein freudevolles und erfülltes Leben<br />
werden entwickelt, bereits in der<br />
Visualisierung erlebt und dann mit<br />
Hilfe eines Plans nach und nach in<br />
das Leben integriert.<br />
GESUNDHEITSFöRDERNDE<br />
GEDANKEN<br />
Ein großes Werkzeug stellt zu allen<br />
Inhalten die Glaubenshaltungsarbeit<br />
(auch als kognitive Umstrukturierung<br />
von Gedanken bekannt) dar.<br />
Ausgehend davon, dass wir uns so<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
„Mit Hilfe der Simonton-Methode<br />
haben auch Sie die Mögl<strong>ich</strong>keit,<br />
s<strong>ich</strong> ein eigenes S<strong>ich</strong>erheitsseil<br />
zu schaffen.“<br />
fühlen, wie wir denken, geht es bei<br />
dieser Arbeit darum, die Gedanken,<br />
bei denen man s<strong>ich</strong> schlecht fühlt,<br />
individuell her<strong>aus</strong>zuarbeiten und in<br />
gesundheitsfördernde Gedanken<br />
umzuformulieren, mit denen man<br />
s<strong>ich</strong> besser fühlt. Um s<strong>ich</strong>erzustellen,<br />
dass tatsächl<strong>ich</strong> der Kern der Sache<br />
getroffen ist, überprüft der Simonton-Berater<br />
die alten und neuen Gedanken<br />
mit einem Fragenkatalog<br />
nach dem Maultsby-Modell. Die<br />
neuen Gedanken trägt man am<br />
Besten auf einem Zettel bei s<strong>ich</strong>,<br />
um sie immer griffbereit zu haben,<br />
wenn man s<strong>ich</strong> schlecht fühlt. Liest<br />
man die gesunden Gedanken regelmäßig<br />
(etwa dreimal tägl<strong>ich</strong> für drei<br />
bis sechs Wochen), werden sie vom<br />
Unterbewusstsein abgespe<strong>ich</strong>ert<br />
und die alten Gedanken durch sie<br />
ersetzt.<br />
Damit Sie eine Vorstellung von dieser<br />
Arbeit bekommen, habe <strong>ich</strong> als<br />
Beispiel in der nebenstehenden Tabelle<br />
einen Auszug an Gefühlen und<br />
Gedanken aufgeführt, die bei <strong>einer</strong><br />
familiären Belastung vorkommen<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
können. Diesen ungesunden Gedanken<br />
habe <strong>ich</strong> jeweils solche Gedanken<br />
gegenübergestellt, die eine gesundheitsfördernde<br />
Wirkung haben.<br />
Interessant zu wissen, ist, dass nach<br />
den neuesten Erkenntnissen in der<br />
Psychoneuroimmunologie unsere<br />
Gefühle in direktem Zusammenhang<br />
mit unserer körpereigenen Abwehr<br />
stehen. Gefühle wie zum Beispiel<br />
Ruhe, Frieden, Freude, Harmonie,<br />
Geborgenheit und Zuvers<strong>ich</strong>t sind<br />
eine gute Basis dafür, n<strong>ich</strong>t nur s<strong>ich</strong><br />
selbst seelisch, sondern auch seine<br />
körperl<strong>ich</strong>en Abläufe wieder ins<br />
Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t zu bringen.<br />
EIN SICHERHEITSSEIL<br />
SCHAFFEN<br />
Was ändert s<strong>ich</strong> für m<strong>ich</strong> durch die<br />
Simonton-Arbeit? Ich befinde m<strong>ich</strong><br />
noch immer auf einem Weg, der<br />
sehr schmal ist und s<strong>ich</strong> ganz nah<br />
an einem Abgrund befindet. Noch<br />
immer kann <strong>ich</strong> jederzeit abstürzen<br />
beziehungsweise Krebs bekommen<br />
und daran sterben. Aber nun sehe<br />
<strong>ich</strong> ein Seil – ein S<strong>ich</strong>erheitsseil.<br />
Hieran kann <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> jederzeit festhalten,<br />
wenn <strong>ich</strong> Angst bekomme<br />
oder m<strong>ich</strong> bedroht fühle. Das Festhalten<br />
am Seil gibt mir Vertrauen<br />
und emotionale S<strong>ich</strong>erheit. Dies erlaubt<br />
es mir, meinen Weg zu gehen<br />
und dabei sogar ein paar Freudensprünge<br />
zu wagen. Gle<strong>ich</strong>zeitig bin<br />
<strong>ich</strong> gut darauf vorbereitet, auch die<br />
schwierigen Passagen auf meinem<br />
Lebensweg zu meistern.<br />
Mit Hilfe der Simonton-Methode<br />
haben auch Sie die Mögl<strong>ich</strong>keit,<br />
s<strong>ich</strong> ein eigenes S<strong>ich</strong>erheitsseil zu<br />
schaffen.<br />
AUTOR<br />
Ulrike Klink<br />
Zertifizierte Simonton-Beraterin<br />
(SCC), Datteln
UNGESUNDE GEDANKEN GESUNDHEITSFöRDERNDE GEDANKEN<br />
Plötzl<strong>ich</strong> habe <strong>ich</strong> das Gefühl, dass<br />
mein Leben n<strong>ich</strong>t mehr s<strong>ich</strong>er ist und <strong>ich</strong><br />
völlig die Kontrolle verliere.<br />
Ich befinde m<strong>ich</strong> auf einem Weg, der<br />
sehr schmal ist und s<strong>ich</strong> ganz nah an<br />
einem Abgrund befindet.<br />
Ich kann jederzeit abstürzen beziehungsweise<br />
Krebs bekommen und daran<br />
sterben. Alle Le<strong>ich</strong>tigkeit und Freude<br />
in meinem Leben gehen verloren.<br />
Diese Krankheit ist mit vielen Schmerzen<br />
und Leid verbunden. M<strong>einer</strong> Familie<br />
kann <strong>ich</strong> so ein Schicksal gar n<strong>ich</strong>t<br />
zumuten.<br />
Ich kann n<strong>ich</strong>t mehr für meine Kinder<br />
da sein und meine Kinder müssen<br />
vielle<strong>ich</strong>t den gle<strong>ich</strong>en schweren Weg<br />
gehen wie <strong>ich</strong>.<br />
Eigentl<strong>ich</strong> steht mein Todesurteil schon<br />
fest und <strong>ich</strong> warte nur noch auf den<br />
Zeitpunkt der Vollstreckung.<br />
| Welchen Beitrag kann <strong>ich</strong> selbst leisten?<br />
Ich kann lernen, dem Fluss des Lebens zu vertrauen,<br />
loszulassen und mit Freude und Le<strong>ich</strong>tigkeit zu leben, auch<br />
wenn <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t immer die S<strong>ich</strong>erheit und Kontrolle habe,<br />
die <strong>ich</strong> mir wünsche.<br />
Ich vertraue darauf, dass <strong>ich</strong> mit schwierigen Situationen<br />
auf meinem Lebensweg gesund umgehen kann. Ich kann<br />
mir die Hilfe holen, die <strong>ich</strong> dazu brauche.<br />
Das Leben bietet viele Wege und es ist gut mögl<strong>ich</strong>, dass<br />
<strong>ich</strong> gesund bleibe und ein langes und freudevolles Leben<br />
führen kann. Selbst wenn <strong>ich</strong> abstürze und krank werde,<br />
kann <strong>ich</strong> aufgefangen und wieder gesund werden. Es<br />
kann auch sein, dass es anders kommt. Ich kann lernen,<br />
damit umzugehen, wenn es soweit ist. Meine innere<br />
Führung wird mir dabei helfen.<br />
Ich kann viel dazu beitragen, dass <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> körperl<strong>ich</strong> und<br />
seelisch wohlfühle und <strong>ich</strong> kann mir ein wunderbares Helfersystem<br />
schaffen. Ich vertraue darauf, dass es Menschen<br />
und Kräfte gibt, die m<strong>ich</strong> und meine Familie unterstützen.<br />
Ich bin und bleibe die Mutter m<strong>einer</strong> Kinder und kann sie<br />
begleiten, wo immer <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> befinde. Meinen Kindern<br />
steht die Welt offen. Ich traue ihnen zu, dass sie ihren<br />
eigenen Weg finden, um freudevoll und erfüllt zu leben<br />
mit und ohne familiäre Belastung. Für sie ist immer gut<br />
gesorgt.<br />
Es ist n<strong>ich</strong>t vorbestimmt, wie und wann <strong>ich</strong> sterbe, aber<br />
es ist gut mögl<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> auf die Art und Weise sterbe,<br />
wie es meinen Vorstellungen entspr<strong>ich</strong>t und <strong>ich</strong> es mir<br />
wünsche. Ich selbst habe Einfluss darauf.<br />
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10<br />
Wo kann <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> mit anderen<br />
Betroffenen <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen?<br />
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Das BRCA-Netzwerk<br />
HILFE FüR BETROFFENE AUS BRUST- UND EIERSTOCKKREBSFAMILIEN<br />
Brust- und Eierstockkrebs treten meist<br />
im höheren Lebensalter auf. Erkrankte<br />
Frauen sind im Durchschnitt älter<br />
als 60 Jahre. Für einen gewissen<br />
Anteil der Betroffenen allerdings<br />
trifft dies n<strong>ich</strong>t zu: Etwa fünf bis<br />
zehn Prozent aller Brust- und Eierstockkrebserkrankungen<br />
sind genetisch<br />
bedingt, das heißt auf erbl<strong>ich</strong>e<br />
Veranlagungen zurückzuführen und<br />
werden an die Nachkommen weiter<br />
gegeben. Sie treten in diesen Familien<br />
sowohl bei Männern als auch<br />
bei Frauen bereits in jungen Jahren<br />
und oftmals häufiger auf.<br />
KLÄRUNG SPEZIFISCHER<br />
FRAGEN<br />
GRUPPENLEITUNG DES BRCA-NETZWERKES<br />
Gundel Kamecke, Köln<br />
Gruppenleiterin BRCA-Netzwerk<br />
Dr. Bettina Fromm, Köln<br />
Stellvertreterin BRCA-Netzwerk<br />
10 | Wo kann <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> mit anderen Betroffenen <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen?<br />
Betroffene, das haben die Mitglieder<br />
des BRCA-Netzwerks schon<br />
früh festgestellt, stellen Fragen, die<br />
in den anderen Gesprächsgruppen<br />
n<strong>ich</strong>t so intensiv thematisiert werden.<br />
Hierbei handelt es s<strong>ich</strong> um Fragen<br />
nach dem Gentest und dessen mögl<strong>ich</strong>en<br />
Konsequenzen, n<strong>ich</strong>t nur für<br />
die Rat Suchenden selbst, sondern<br />
auch für deren Angehörige. Oftmals<br />
ist es n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>t, die eigenen Bedürfnisse<br />
nach einem Testwunsch mit<br />
Andrea Hahne, Hannover<br />
Stellvertreterin BRCA-Netzwerk<br />
Ursel Wirz, Köln<br />
Stellvertreterin BRCA-Netzwerk<br />
denen der Angehörigen in Einklang<br />
zu bringen und in der Familie zu<br />
kommunizieren. In vielen Fällen<br />
stößt dieses Bedürfnis vielmehr bei<br />
den anderen Familienmitgliedern<br />
auf Widerspruch. Auch möchten<br />
Betroffene wissen, welche medizinischen<br />
Therapiemögl<strong>ich</strong>keiten es<br />
bei einem positiven Testergebnis<br />
gibt, von Medikamenten bis zu <strong>einer</strong><br />
prophylaktischen Mastektomie,<br />
also <strong>einer</strong> vorsorgl<strong>ich</strong>en Brustamputation<br />
bereits vor <strong>einer</strong> mögl<strong>ich</strong>en<br />
Erkrankung. Darüber hin<strong>aus</strong> gibt es<br />
weitere Fragen, die mit dem jungen<br />
Erkrankungsalter zusammenhängen:<br />
Kann <strong>ich</strong> Kinder kriegen? Was bedeutet<br />
diese Belastung für Partnerschaft<br />
und Sexualität? Was erwartet<br />
m<strong>ich</strong>, wenn <strong>ich</strong> jetzt bereits in die<br />
Wechseljahre komme? Was wird<br />
<strong>aus</strong> meinem Beruf? Oder: Welche<br />
Rechte und Pfl<strong>ich</strong>ten habe <strong>ich</strong> gegenüber<br />
m<strong>einer</strong> Vers<strong>ich</strong>erung?<br />
GRüNDUNG DES<br />
NETZWERKS<br />
Diese besondere Situation junger<br />
Betroffener <strong>aus</strong> Hochrisikofamilien<br />
und deren Wunsch nach Aust<strong>aus</strong>ch<br />
mit anderen Frauen und Männern<br />
in <strong>einer</strong> ähnl<strong>ich</strong>en Lebenslage haben<br />
dazu geführt, dass im August<br />
2008 in Magdeburg anlässl<strong>ich</strong> der<br />
Bundestagung der Frauenselbsthilfe<br />
nach Krebs e.V. das BRCA-Netzwerk<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
gegründet wurde. Getragen wird es<br />
ebenfalls von der Frauenselbsthilfe<br />
nach Krebs e.V., in Kooperation mit<br />
der Deutschen Krebshilfe e.V. und<br />
dem Deutschen Konsortium für Familiären<br />
Brust- und Eierstockkrebs“.<br />
BRCA: Betroffene reden – Chancen<br />
aktiv nutzen!<br />
Das BRCA-Netzwerk wendet s<strong>ich</strong><br />
an Frauen, die an Eierstockkrebs<br />
beziehungsweise an Frauen und<br />
Männer, die an Brustkrebs erkrankt<br />
sind und wissen, dass sie eine genetische<br />
Veranlagung haben oder<br />
aberüberlegen, ob sie einen Gentest<br />
machen lassen möchten. Darüber<br />
hin<strong>aus</strong> ist das BRCA-Netzwerk auch<br />
Ansprechpartner für n<strong>ich</strong>t erkrankte<br />
Frauen und Männer, die aufgrund<br />
eines bereits durchgeführten Gentests<br />
wissen, dass sie ein erhöhtes<br />
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Erkrankungsrisiko haben oder in<br />
deren Familien häufig Brust- und<br />
Eierstockerkrankungen auftreten<br />
und die s<strong>ich</strong> mit dem Gedanken<br />
tragen, einen Gentest durchführen<br />
zu lassen.<br />
BRCA-NETZWERK GOES<br />
ONLINE! – ZIELE DER<br />
INITIATIVE<br />
Das BRCA-Netzwerk verfolgt mit<br />
seinen Aktivitäten verschiedene<br />
Ziele. Auf Bundesebene der Frauenselbsthilfe<br />
nach Krebs e.V. institutionalisiert,<br />
will es betroffene Frauen<br />
und Männer deutschlandweit dabei<br />
unterstützen, Selbsthilfegruppen<br />
und Gesprächskreise für erkrankte<br />
und Rat suchende Frauen und Männer<br />
zu initiieren. Zu diesem Zweck<br />
werden in Zukunft neben dem per-<br />
sönl<strong>ich</strong>en Kontakt auch Kommunikationsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />
über E-Mail,<br />
Internet und Telefon eingeführt. Darüber<br />
hin<strong>aus</strong> ging im Februar 2009<br />
die Website www.brca-netzwerk.<br />
de, die mit finanzieller Unterstützung<br />
der Deutschen Krebshilfe e.V.<br />
entwickelt werden konnte, online.<br />
Hier werden betroffenen und Rat<br />
suchenden Frauen und Männern<br />
Informationen rund um das Thema,<br />
Erfahrungsber<strong>ich</strong>te, Tipps und<br />
Mögl<strong>ich</strong>keiten zum Aust<strong>aus</strong>ch mit<br />
anderen Betroffenen <strong>aus</strong> Perspektive<br />
der Selbsthilfe zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
AUTORINNEN<br />
Dr. Bettina Fromm<br />
Stellvertreterin BRCA-Netzwerk,<br />
Köln<br />
Gundel Kamecke<br />
Gruppenleiterin BRCA-Netzwerk,<br />
Köln
Die Gesprächskreise des BRCA-<br />
Netzwerks bieten eine sehr gute<br />
Gelegenheit, s<strong>ich</strong> persönl<strong>ich</strong> mit<br />
anderen Betroffenen <strong>aus</strong>zut<strong>aus</strong>chen,<br />
die mit den besonderen Umständen<br />
<strong>einer</strong> familiären Krebsbelastung vertraut<br />
sind. Denjenigen, die, <strong>aus</strong> welchen<br />
Gründen auch immer, einen<br />
anonymen Aust<strong>aus</strong>ch bevorzugen,<br />
bietet das Internet die passende<br />
Plattform. Dort gibt es verschiedene<br />
Foren, in denen Betroffene, Angehörige<br />
oder Hinterbliebene unmittelbar<br />
zu ihren individuellen Problemstellungen<br />
miteinander kommunizieren<br />
oder s<strong>ich</strong> einfach nur ihren Kummer<br />
von der Seele schreiben. W<strong>ich</strong>tig ist,<br />
dabei zu bedenken, dass hier zum<br />
einen hauptsächl<strong>ich</strong> fachl<strong>ich</strong>e Laien<br />
miteinander kommunizieren. Zum<br />
anderen wird man unweigerl<strong>ich</strong><br />
mit den Problemen schwer kranker<br />
Menschen konfrontiert. Dies kann<br />
10 | Wo kann <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> mit anderen Betroffenen <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen?<br />
Anonymer Aust<strong>aus</strong>ch im Internet<br />
insbesondere diejenigen Forumsbesucher<br />
erschrecken, die s<strong>ich</strong> mit<br />
dem Thema familiärer Brust- und Eierstockkrebs<br />
befassen, aber selbst<br />
n<strong>ich</strong>t erkrankt sind.<br />
Exemplarisch möchten wir hier das<br />
Krebs-Kompass Forum vorstellen,<br />
das von der gemeinnützigen Volker<br />
Karl Oehlr<strong>ich</strong>-Gesellschaft e.V. angeboten<br />
wird. Der Krebs-Kompass<br />
ist eines der größten Internetportale<br />
für Krebspatienten im deutschsprachigen<br />
Raum – mit <strong>einer</strong> Million<br />
Nutzern pro Jahr. Im Krebs-Kompass<br />
Forum gilt eine allgemeine Registrierungspfl<strong>ich</strong>t<br />
für diejenigen, die<br />
selbst Beiträge schreiben wollen.<br />
Das heißt, man hat gegenüber dem<br />
Forumsbetreiber seine wahre Identität<br />
preiszugeben. Im Forum selbst<br />
kann man s<strong>ich</strong> dann jedoch unter<br />
einem so genannten Nickname zu<br />
Wort melden und somit gegenüber<br />
anderen seine Anonymität wahren.<br />
Das stille Mitlesen ist auch ohne Registrierung<br />
mögl<strong>ich</strong>. Im Brustkrebsforum<br />
des Krebs-Kompasses findet<br />
immer wieder ein reger Aust<strong>aus</strong>ch<br />
rund um das Thema BRCA-Mutation<br />
statt. Zu erre<strong>ich</strong>en ist das Forum im<br />
Internet unter www.krebs-kompass.<br />
org/forum<br />
AUTORIN<br />
Anne Mönn<strong>ich</strong><br />
Redakteurin<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>! –<br />
Das Brustkrebsmagazin<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009
11<br />
100 Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
Wie sage <strong>ich</strong> es meinen<br />
Verwandten?
Anregungen zur Kommunikation<br />
in der Familie<br />
Für die Hochrisikopatienten stellt<br />
s<strong>ich</strong> in der Regel auch noch die Frage,<br />
wie sie ihre Angehörigen über<br />
deren mögl<strong>ich</strong>erweise erhöhtes Erkrankungsrisiko<br />
informieren können.<br />
Dies ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> kein einfacher<br />
Schritt, denn die Ängste und Sorgen<br />
im Zusammenhang mit der Frage<br />
„<strong>Komme</strong> <strong>ich</strong> <strong>aus</strong> <strong>einer</strong> <strong>Krebsfamilie</strong>?“<br />
sind bestens bekannt und es<br />
gehört schon etwas Mut dazu, seine<br />
Verwandten damit zu konfrontieren.<br />
Zudem handelt es s<strong>ich</strong> um ein recht<br />
komplexes Thema, das mit vielen<br />
medizinischen Fach<strong>aus</strong>drücken<br />
daher kommt. Meistens ist man als<br />
Betroffene(r) gerade einmal in der<br />
Lage zu verstehen, was einem der<br />
Arzt beziehungsweise Humangenetiker<br />
erläutert hat. Doch wer ist<br />
schon fachkundig genug, um diese<br />
Informationen an seine Angehörigen<br />
weitergeben zu können?<br />
Das Institut für Medizinische Psychologie<br />
am Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein (eingebunden in<br />
das Zentrum für „Familiären Brust-<br />
und Eierstockkrebs“ in Kiel) hat beispielsweise<br />
für die Angehörigen von<br />
gesunden beziehungsweise erkrankten<br />
BRCA-Mutationsträger(inne)n<br />
zwei Schreiben entworfen, die<br />
Betroffenen die Kommunikation des<br />
Testergebnisses innerhalb der Familien<br />
erle<strong>ich</strong>tern sollen. Nachfolgend<br />
finden Sie zwei Beispiele für ein solches<br />
Informationsschreiben an die<br />
Verwandtschaft, denen ergänzend<br />
ein Exemplar dieses Ratgebers beigefügt<br />
werden könnte.<br />
11 | Wie sage <strong>ich</strong> es meinen Verwandten?<br />
AUTOR<br />
Anne Mönn<strong>ich</strong><br />
Redakteurin<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>!<br />
Das Brustkrebsmagazin<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 101
10<br />
Liebe/Lieber ...,<br />
<strong>ich</strong> habe einen Gentest durchführen lassen, um die Ursachen m<strong>einer</strong> Krebserkrankung<br />
zu verstehen und zu erfahren, welche Krebserkrankungsrisiken <strong>ich</strong> in der Zukunft<br />
habe. Dazu ist mein Blut auf genetische Veränderungen (Mutationen) in den beiden<br />
bisher bekannten Brustkrebsgenen BRCA1 und BRCA2 untersucht worden. Dabei<br />
wurde eine Veränderung (Mutation) in meinem Erbmaterial festgestellt, die erbl<strong>ich</strong>en<br />
Brust- und Eierstockkrebs <strong>aus</strong>lösen kann. Diese Veränderung wird in der Fachsprache<br />
…. (Hier bitte die konkrete Beze<strong>ich</strong>nung der Mutation <strong>aus</strong> dem Bescheid ergänzen.)<br />
genannt<br />
Das Ergebnis bedeutet für m<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> eine erbl<strong>ich</strong>e Veranlagung für Krebs trage.<br />
Diese Veranlagung erhöht mein Risiko, erneut an Krebs zu erkranken. Allerdings<br />
gibt es inzwischen Mögl<strong>ich</strong>keiten, diese Risiken zu reduzieren und mögl<strong>ich</strong>e Erkrankungen<br />
frühzeitig zu entdecken und damit meine Heilungschancen zu erhöhen. Das ist<br />
auch <strong>einer</strong> der Gründe, warum <strong>ich</strong> diesen Test habe durchführen lassen.<br />
Gene sind Informationseinheiten der Vererbung, die als Bauplan für unseren Körper<br />
dienen. Diese Gene bestimmen unter anderem auch unsere Anfälligkeit für Krebs.<br />
Von jedem Gen besitzen wir zwei Kopien: eine haben wir von der Mutter geerbt, die<br />
andere vom Vater. Bis jetzt sind zwei Gene bekannt, die zu einem erhöhten Brust- und<br />
Eierstockkrebsrisiko führen, wenn man von einem Elternteil eine defekte Genkopie<br />
geerbt hat: BRCA1 (BReast CAncer 1) oder BRCA2 (BReast CAncer 2). Eine Mutation<br />
in <strong>einer</strong> Genkopie kann das in unserer Bevölkerung übl<strong>ich</strong>e Brustkrebsrisiko von<br />
circa zehn Prozent auf bis zu 80 Prozent und das übl<strong>ich</strong>e Risiko für Eierstockkrebs<br />
von circa ein bis zwei Prozent auf bis zu 39 Prozent erhöhen. Ein erhöhtes Krebserkrankungsrisiko<br />
bedeutet aber n<strong>ich</strong>t, dass man erkranken muss.<br />
Da die oben genannte Mutation als Ursache m<strong>einer</strong> Krebserkrankung bekannt ist,<br />
kannst auch du als direkte(r) Verwandte(r) d<strong>ich</strong> daraufhin testen lassen, ob du diese<br />
Veränderung geerbt hast oder n<strong>ich</strong>t. Wenn du diese Veränderung geerbt haben solltest,<br />
kannst Du durch eine intensive Früherkennung mögl<strong>ich</strong>e Erkrankungen in der<br />
Zukunft so früh erkennen, dass du die besten Heilungschancen hast. Du könntest unter<br />
Umständen besser behandelt werden und deine Erkrankungsrisiken für Brust- und<br />
Eierstockkrebs sogar senken. Wenn du diese Veränderung hingegen n<strong>ich</strong>t geerbt hast,<br />
musst du keine Angst mehr vor einem erhöhten Krebserkrankungsrisiko wegen dieser<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Krebserkrankungen in unserer Familie haben. Du hättest dann nur die altersentsprechenden<br />
Risiken unserer Bevölkerung.<br />
Mutationen sind erbl<strong>ich</strong> und können innerhalb der Familie vererbt werden. Wenn<br />
ein Elternteil eine Mutation trägt, hat jedes Kind, unabhängig vom Geschlecht, eine<br />
Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit von 50 Prozent, diese Veränderung zu erben. Wenn der Elternteil<br />
die Mutation hingegen n<strong>ich</strong>t geerbt hat, kann er sie auch n<strong>ich</strong>t an seine Kinder weiter<br />
geben und die Kinder brauchen n<strong>ich</strong>t getestet zu werden.<br />
Letztl<strong>ich</strong> ist es natürl<strong>ich</strong> deine Entscheidung, ob du d<strong>ich</strong> testen lässt oder n<strong>ich</strong>t. Für<br />
meine Entscheidungsfindung war die Beratung in der Tumorrisiko-Sprechstunde in …<br />
(Hier bitte das betreuende Zentrum ergänzen.) äußerst hilfre<strong>ich</strong>. Auch du kannst d<strong>ich</strong><br />
mit dem Team der Tumorrisiko-Sprechstunde in Verbindung setzen (Adresse und Telefonnummer<br />
sind unten aufgeführt) und d<strong>ich</strong> über den Testablauf sowie die Mögl<strong>ich</strong>keiten<br />
und Grenzen des Gentests auf erbl<strong>ich</strong>en Brust- und Eierstockkrebs informieren.<br />
Hier können dir auch Beratungsstellen in der Nähe deines Wohnortes genannt werden.<br />
Ausführl<strong>ich</strong>e Informationen findest du in dem Ratgeber <strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>! Spezial zum<br />
familiären Brust- und Eierstockkrebs, den <strong>ich</strong> dir beigefügt habe / den du unter<br />
www.mammamia-online.de im Internet herunterladen kannst.<br />
Ich hoffe, dass <strong>ich</strong> dir und d<strong>einer</strong> Familie mit dieser Information über die genetischen<br />
Ursachen m<strong>einer</strong> Krebserkrankung helfen kann und dass ihr diese Informationen für<br />
eure eigene Gesundheitsplanung nutzen könnt. Wenn du Fragen hast, melde d<strong>ich</strong> doch<br />
bitte bei mir.<br />
Beste Grüße<br />
…………<br />
Mein betreuendes Zentrum:<br />
Zentrum für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“ in …….. (Bitte die Kontaktdaten<br />
des betreuenden Zentrums einfügen.)<br />
Beispiel eines Verwandtenschreibens<br />
<strong>einer</strong>/eines<br />
erkrankten BRCA-Mutationsträgerin/-trägers<br />
11 | Wie sage <strong>ich</strong> es meinen Verwandten?<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 10
10<br />
Liebe/Lieber …,<br />
<strong>ich</strong> habe einen Gentest durchführen lassen, weil in unserer Familie gehäuft Brust- beziehungsweise<br />
Eierstockkrebs aufgetreten ist und weil <strong>ich</strong> wissen wollte, ob <strong>ich</strong> auch<br />
ein erhöhtes Krebserkrankungsrisiko habe. Dazu ist mein Blut auf genetische Veränderungen<br />
(Mutationen) in den beiden bisher bekannten Brustkrebsgenen BRCA1 und<br />
BRCA2 untersucht worden. Dabei wurde eine Veränderung (Mutation) in meinem<br />
Erbmaterial festgestellt, die erbl<strong>ich</strong>en Brust- und Eierstockkrebs <strong>aus</strong>lösen kann. Diese<br />
Veränderung wird in der Fachsprache …. (Hier bitte die konkrete Beze<strong>ich</strong>nung der<br />
Mutation <strong>aus</strong> dem Bescheid ergänzen.) genannt.<br />
Das Ergebnis bedeutet für m<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> eine erbl<strong>ich</strong>e Veranlagung für Krebs trage.<br />
Diese Veranlagung erhöht mein Risiko, an Krebs zu erkranken. Allerdings gibt es<br />
inzwischen Mögl<strong>ich</strong>keiten, diese Risiken zu reduzieren und mögl<strong>ich</strong>e Erkrankungen<br />
frühzeitig zu entdecken und damit meine Heilungschancen zu erhöhen, falls <strong>ich</strong><br />
erkranken sollte. Das ist auch <strong>einer</strong> der Gründe, warum <strong>ich</strong> diesen Test habe durchführen<br />
lassen.<br />
Gene sind Informationseinheiten der Vererbung, die als Bauplan für unseren Körper<br />
dienen. Diese Gene bestimmen unter anderem auch unsere Anfälligkeit für Krebs.<br />
Von jedem Gen besitzen wir zwei Kopien: eine haben wir von der Mutter geerbt, die<br />
andere vom Vater. Bis jetzt sind zwei Gene bekannt, die zu einem erhöhten Brust- und<br />
Eierstockkrebsrisiko führen, wenn man von einem Elternteil eine defekte Genkopie<br />
geerbt hat: BRCA1 (BReast CAncer 1) und BRCA2 (BReast CAncer 2). Eine Mutation<br />
in <strong>einer</strong> Genkopie kann das in unserer Bevölkerung übl<strong>ich</strong>e Brustkrebsrisiko von<br />
circa zehn Prozent auf bis zu 80 Prozent und das übl<strong>ich</strong>e Risiko für Eierstockkrebs<br />
von circa ein bis zwei Prozent auf bis zu 39 Prozent erhöhen. Ein erhöhtes Krebserkrankungsrisiko<br />
bedeutet aber n<strong>ich</strong>t, dass man erkranken muss.<br />
Da die oben genannte Mutation bei mir nachgewiesen wurde, kannst auch du als<br />
direkte(r) Verwandte(r) d<strong>ich</strong> daraufhin testen lassen, ob du diese Veränderung geerbt<br />
hast oder n<strong>ich</strong>t. Wenn du diese Veränderung geerbt haben solltest, kannst du durch<br />
eine intensive Früherkennung mögl<strong>ich</strong>e Erkrankungen in der Zukunft so früh erkennen,<br />
dass du die besten Heilungschancen hast. Du könntest unter Umständen besser<br />
behandelt werden und deine Erkrankungsrisiken für Brust- und Eierstockkrebs sogar<br />
senken. Wenn du diese Veränderung hingegen n<strong>ich</strong>t geerbt hast, musst du keine Angst<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
mehr vor einem erhöhten Krebserkrankungsrisiko wegen dieser Krebserkrankungen in<br />
unserer Familie haben. Du hättest dann nur die altersentsprechenden Risiken unserer<br />
Bevölkerung.<br />
Mutationen sind erbl<strong>ich</strong> und können innerhalb der Familie vererbt werden. Wenn<br />
ein Elternteil eine Mutation trägt, hat jedes Kind, unabhängig vom Geschlecht, eine<br />
Wahrscheinl<strong>ich</strong>keit von 50 Prozent, diese Veränderung zu erben. Wenn der Elternteil<br />
die Mutation hingegen n<strong>ich</strong>t geerbt hat, kann er sie auch n<strong>ich</strong>t an seine Kinder weiter<br />
geben und die Kinder brauchen n<strong>ich</strong>t getestet zu werden.<br />
Letztl<strong>ich</strong> ist es natürl<strong>ich</strong> deine Entscheidung, ob du d<strong>ich</strong> testen lässt oder n<strong>ich</strong>t. Für<br />
meine Entscheidungsfindung war die Beratung in der Tumorrisiko-Sprechstunde in …<br />
(Hier bitte das betreuende Zentrum ergänzen.) äußerst hilfre<strong>ich</strong>. Auch du kannst d<strong>ich</strong><br />
mit dem Team der Tumorrisiko-Sprechstunde in Verbindung setzen (Adresse und Telefonnummer<br />
sind unten aufgeführt) und d<strong>ich</strong> über den Testablauf sowie die Mögl<strong>ich</strong>keiten<br />
und Grenzen des Gentests auf erbl<strong>ich</strong>en Brust- und Eierstockkrebs informieren.<br />
Hier können dir auch Beratungsstellen in der Nähe deines Wohnortes genannt werden.<br />
Ausführl<strong>ich</strong>e Informationen findest du in dem Ratgeber <strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>! Spezial<br />
zum familiären Brust und Eierstockkrebs, den <strong>ich</strong> dir beigefügt habe / du unter<br />
www.mammamia-online.de im Internet herunterladen kannst.<br />
Ich hoffe, dass <strong>ich</strong> dir und d<strong>einer</strong> Familie mit dieser Information über meine genetische<br />
Veranlagung für Brust-/Eierstockkrebs helfen kann und dass ihr diese Informationen<br />
für eure eigene Gesundheitsplanung nutzen könnt. Wenn du Fragen hast, melde<br />
d<strong>ich</strong> doch bitte bei mir.<br />
Beste Grüße<br />
…………<br />
Mein betreuendes Zentrum:<br />
11 | Wie sage <strong>ich</strong> es meinen Verwandten?<br />
Zentrum für „Familiären Brust- und Eierstockkrebs“ in …….. (Bitte die Kontaktdaten<br />
des betreuenden Zentrums einfügen.)<br />
Beispiel eines Verwandtenschreibens<br />
<strong>einer</strong>/eines gesunden BRCA-Mutationsträgerin/-trägers<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 10
12<br />
Anhang<br />
10 Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Die bundesweiten Zentren<br />
für „Familiären Brust- und<br />
Eierstockkrebs“<br />
GyNÄKOLOGISCHE, HUMANGENETISCHE UND<br />
PSyCHOONKOLOGISCHE BERATUNG UND BETREUUNG FüR<br />
BETROFFENE UND ANGEHöRIGE<br />
BERLIN<br />
Charité-Universitätsmedizin Berlin<br />
Charitéplatz 1, 10117 Berlin<br />
Zentrumssprecher: Prof. Dr. Ulr<strong>ich</strong> Bick<br />
Termine für Betroffene: Tel. 030 450-564272<br />
E-Mail: ambulanz-brustzentrum@charite.de<br />
Internet: www.charite.de/brustzentrum<br />
DRESDEN<br />
Medizinische Fakultät der TU Dresden<br />
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde<br />
und Geburtshilfe<br />
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden<br />
Zentrumssprecher: Prof. Dr. Wolfgang Distler<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0351 458-2864<br />
E-Mail: karin.kast@uniklinikum-dresden.de<br />
Internet: http://frauen.uniklinikum-dresden.de<br />
DüSSELDORF<br />
Frauenklinik des Universitätsklinikums<br />
Düsseldorf<br />
Tumorrisikosprechstunde<br />
Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf<br />
Zentrumssprecherin: Dr. Carolin Nestle-Krämling<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0211 811-7540<br />
E-Mail: brca@med.uni-duesseldorf.de<br />
Internet: www.uniklinik-duesseldorf.de/frauenklinik<br />
(siehe Tumorrisikosprechstunde)<br />
HANNOVER<br />
Medizinische Hochschule Hannover<br />
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover<br />
Zentrumssprecherin: Prof. Dr. Brigitte Schlegelberger<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0511 532-4523 o. -4529<br />
E-Mail: schlegelberger.brigitte@mh-hannover.de<br />
Internet: www.mh-hannover.de/tumorgene.html<br />
HEIDELBERG<br />
Institut für Humangenetik der Universität<br />
Heidelberg<br />
Im Neuenheimer Feld 366, 69120 Heidelberg<br />
Zentrumssprecher: Prof. Dr. Cl<strong>aus</strong> R. Bartram<br />
Termine für Betroffene: Tel. 06221 565087<br />
E-Mail: cr_bartram@med.uni-heidelberg.de<br />
Internet: www.klinikum.uni-heidelberg.de/Schwerpunktprogramm-Familiaerer-Brust-und-Eierstockkrebs.<br />
2127.0.html<br />
KIEL<br />
1 | Anhang<br />
Universitätsfrauenklinik Kiel<br />
M<strong>ich</strong>aelisstraße 16, 24105 Kiel<br />
Zentrumssprecher: Prof. Dr. Walter Jonat,<br />
Prof. Dr. Norbert Arnold<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0431 5972071<br />
E-Mail: jonat@email.uni-kiel.de<br />
E-Mail: nkarnold@email.uni-kiel.de<br />
Internet: www.unifrauenklinik-kiel.de/spezialsprechstunden/tumorrisiko<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 10
10<br />
KöLN / BONN<br />
Schwerpunkt Familiärer Brust- und<br />
Eierstockkrebs<br />
Universitäts-Frauenklinik Köln<br />
Kerpener Straße 34, 50931 Köln<br />
Zentrumssprecherin: Prof. Dr. Rita Schmutzler<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0221 478-86509<br />
E-Mail: zentrum-familiaerer-brustkrebs@uk-koeln.de<br />
Internet: www.zentrum-familiaerer-brustkrebs.de<br />
LEIPZIG<br />
Institut der Humangenetik der Universität<br />
Leipzig<br />
Philipp-Rosenthal-Straße 55, 04103 Leipzig<br />
Zentrumssprecherin: Prof. Dr. Ursula Froster<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0341 9723800<br />
E-Mail: simone.re<strong>ich</strong>ardt@medizin.uni-leipzig.de<br />
Internet: www.uni-leipzig.de/~genetik<br />
MüNCHEN<br />
Klinik für Frauenheilkunde<br />
Klinikum Rechts der Isar der<br />
Technischen Universität München<br />
Ismaninger Straße 22, 81675 München<br />
Termine für Betroffene: Tel.: 089 4140 7406<br />
Klinik für Frauenheilkunde der LMU München<br />
Campus Großhadern<br />
Marchionistr. 15, 81377 München<br />
Termine für Betroffene: Tel.: 089 7095-7572<br />
Zentrumssprecher: Prof. Dr. Alfons Meindl<br />
E-Mail: alfons.meindl@lrz.tu-muenchen.de<br />
Internet: http://gyngh.klinikum.uni-muenchen.<br />
de/sprechstunden/ss_genetss.html<br />
MüNSTER<br />
Institut für Humangenetik der<br />
Universität Münster<br />
Vesaliusweg 12 –14, 48149 Münster<br />
Projektleiter: Prof. Dr. Peter Wieacker<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0251 83-55413<br />
E-Mail: wieacker@uni-muenster.de<br />
Internet: http://humangenetik.klinikum.uni-muenster.de<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
ULM<br />
Frauenklinik und Poliklinik der Universität Ulm<br />
Prittwitzstraße 43, 89075 Ulm<br />
Zentrumssprecher: Prof. Dr. Rolf Kreienberg<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0731 500-58521<br />
E-Mail: rolf.kreienberg@uniklinik-ulm.de<br />
Internet: www.uni-ulm.de/klinik/ufk<br />
WüRZBURG<br />
Institut für Humangenetik der Universität<br />
Würzburg<br />
Am Hubland, 97074 Würzburg<br />
Projektleiter: Prof. Dr. Tiemo Grimm<br />
Termine für Betroffene: Tel. 0931 3184084<br />
E-Mail: tgrimm@biozentrum.uni-wuerzburg.de<br />
Internet: www.humgen.biozentrum.uni-wuerzburg.<br />
de/krebszentrum<br />
Referenzpathologie<br />
Universitätsklinikum Bonn, Institut für Pathologie<br />
Prof. Dr. Reinhard Büttner<br />
Sigmund-Freud-Str. 25, 53127 Bonn<br />
Tel.: 0228 287-15375<br />
E-Mail: sekretariat.patho@ukb.uni-bonn.de<br />
Internet: www.meb.uni-bonn.de/pathologie<br />
Medizinische Hochschule Hannover,<br />
Institut für Pathologie<br />
Prof. Dr. Hans H. Kreipe<br />
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover<br />
Tel.: 0511 532-4500<br />
E-Mail: kreipe.hans@mh-hannover.de<br />
Internet: www.mh-hannover.de/pathologie.html<br />
Biometrie und zentrale Dokumentation<br />
Institut für Medizinische Informatik, Statistik<br />
und Epidemiologie (IMISE), Universität Leipzig<br />
Prof. Dr. Markus Löffler<br />
Härtelstraße 16-18, 04107 Leipzig<br />
Tel.: 0341 97-16100<br />
E-Mail: markus.loeffler@imise.uni-leipzig.de<br />
Internet: www.imise.uni-leipzig.de/Gruppen/Erbl<strong>ich</strong>eTumorerkrankungen
Münster<br />
Düsseldorf<br />
Köln/Bonn<br />
Heidelberg<br />
Kiel<br />
Hannover<br />
Ulm<br />
Würzburg<br />
Leipzig<br />
München<br />
Berlin<br />
Dresden<br />
1 | Anhang<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 10
110<br />
Autorenverze<strong>ich</strong>nis<br />
Philipp Ahrens, Arzt<br />
Institut für Pathologie | Medizinische Hochschule Hannover | Carl-Neuberg-Straße 1 | OE 5110<br />
| 30625 Hannover<br />
Tel.: 0511 5324535 | Fax: 0511 5325799<br />
E-Mail: ahrens.philipp@mh-hannover.de | www.mh-hannover.de/pathologie.html<br />
Prof. Dr. phil. Friedr<strong>ich</strong> Balck, Leiter<br />
Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie – Studie BelaJu Universitätsklinikum<br />
Carl Gustav Carus an der TU Dresden | Fetscherstraße 74 | 01307 Dresden<br />
Tel.: 0351 4584100 | Fax: 0351 4585526<br />
E-Mail: friedr<strong>ich</strong>.balck@uniklinikum-dresden.de | www.medpsy.de/belaju.html<br />
Prof. Dr. med. Josef Beuth, Institutsdirektor<br />
Institut zur wissenschaftl<strong>ich</strong>en Evaluation naturheilkundl<strong>ich</strong>er Verfahren, Universität Köln |<br />
Joseph-Stelzmann-Straße 9, Gebäude 35a | 50931 Köln-Lindenthal<br />
Tel.: 0221 4786414 | Tel.: 0221 4787017<br />
E-Mail: hans.beuth@uk-koeln.de | Internet: www.uk-koeln.de/institute/iwenv<br />
Prof. Dr. med. Ulr<strong>ich</strong> Bick, Stellvertretender Institutsleiter<br />
Institut für Radiologie | Universitätsmedizin Charité Berlin | Charitéplatz 1 | 10117 Berlin<br />
Tel.: 030 450527001 | Fax: 030 450527968<br />
E-Mail: ulr<strong>ich</strong>.bick@charite.de | http://radiologie.charite.de/mammadiagnostik<br />
Prof. Dr. med. Reinhard Büttner, Institutsleiter<br />
Institut für Pathologie | Universitätsklinikum Bonn | Sigmund-Freud-Straße 25 | 53127 Bonn<br />
Tel.: 0228 28715375 | Fax: 0228 28715030<br />
E-Mail: sekretariat.patho@ukb.uni-bonn.de | www.meb.uni-bonn.de/pathologie<br />
Dipl.-Psych. Stephanie Drössler, Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Mitarbeiterin<br />
Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie – Studie BelaJu Universitätsklinikum<br />
Carl Gustav Carus an der TU Dresden | Fetscherstraße 74 | 01307 Dresden<br />
Tel.: 0351 4585664 | Fax: 0351 4585526<br />
E-Mail: stephanie.droessler@uniklinikum-dresden.de | www.medpsy.de/belaju.html<br />
Prof. Dr. med. Andreas du Bois, Direktor der Klinik für Gynäkologie & Gynäkologische Onkologie<br />
Dr. Horst Schmidt Klinik (HSK), Wiesbaden | Ludwig-Erhard-Straße 100 | 65199 Wiesbaden<br />
Tel.: 0611 4323779 | Fax: 0611 432672<br />
E-Mail: andreas.dubois@hsk-wiesbaden.de | www.hsk-wiesbaden.de | www.eierstock-krebs.de<br />
Dr. med. Eva Maria Fallenberg, Oberärztin – Team Manager <strong>Mamma</strong>diagnostik<br />
Institut für Radiologie | Universitätsmedizin Charité Berlin | Charitéplatz 1 | 10117 Berlin<br />
Tel.: 030 450527022<br />
E-Mail: eva.fallenberg@charite.de | http://radiologie.charite.de/mammadiagnostik<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Dipl.-Psych. Anja Fleischmann, Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Mitarbeiterin<br />
Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie – Studie BelaJu Universitätsklinikum<br />
Carl Gustav Carus an der TU Dresden | Fetscherstraße 74 | 01307 Dresden<br />
Tel.: 0351 4583818 (Studientelefon) | 0351 4582919 | Fax: 0351 4585526<br />
E-Mail: anja.fleischmann@uniklinikum-dresden.de | belaju@medpsy.de (Studienmailadresse) |<br />
www.medpsy.de/belaju.html<br />
Prof. Dr. med. Jürgen Fritze, Leitender Verbandsarzt<br />
PKV Verband der privaten Krankenvers<strong>ich</strong>erung e.V. | Bayenthalgürtel 26 | 50968 Köln<br />
Tel.: 0221 99871800 | Fax: 0221 99871801<br />
E-Mail: juergen.fritze@pkv.de | www.pkv.de<br />
Dr. phil. Dipl.-Psych. Bettina Fromm, Stellvertreterin BRCA-Netzwerk<br />
Köln<br />
E-Mail: bettina.fromm@brca-netzwerk.de | www.brca-netzwerk.de<br />
Prof. Dr. med. Wolf Dieter Gerber, Direktor des Instituts<br />
Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie Universitätsklinikum Schleswig-<br />
Holstein, Campus Kiel | Diesterwegstraße 10 -12 | 24113 Kiel<br />
Tel.: 0431 6594630 | Fax: 0431 6594639<br />
E-Mail: gerber@med-psych.uni-kiel.de | www.uni-kiel.de/med-psych<br />
Heidrun Gevensleben, Ärztin<br />
Institut für Pathologie | Universitätsklinikum Bonn | Sigmund-Freud-Straße 25 | 53127 Bonn<br />
Tel.: 0228 28715040 | Fax: 0228 28715030<br />
E-Mail: heidrun.gevensleben@ukb.uni-bonn.de | www.meb.uni-bonn.de/pathologie<br />
Prof. Dr. med. habil. Elisabeth Gödde, Fachärztin für Humangenetik, Psychotherapie<br />
Castroper Straße 106 | 45711 Datteln<br />
Tel.: 02363 56700 | Fax.: 02363 567010<br />
E-Mail: info@ihre-humangenetikerin.de | www.ihre-humangenetikerin.de<br />
Dr. med. Eva M. Kalbheim, Pressesprecherin<br />
Deutsche Krebshilfe e. V. | Buschstraße 32 | 53113 Bonn<br />
Telefon: 0228 72990270 | Telefax: 0228 7299011<br />
E-Mail: kalbheim@krebshilfe.de | www.krebshilfe.de | www.brca-netzwerk.de<br />
Gundel Kamecke, Gruppenleiterin BRCA-Netzwerk<br />
Köln<br />
E-Mail: gundel.kamecke@brca-netzwerk.de | www.brca-netzwerk.de<br />
Dr. med. Karin Kast, Oberärztin<br />
1 | Anhang<br />
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Universitätsklinikum Carl Gustav Carus<br />
an der TU Dresden | Fetscherstraße 74 | 01307 Dresden<br />
Tel.: 0351 4584737 | Fax: 0351 4585843<br />
E-Mail: karin.kast@uniklinikum-dresden.de | http://frauen.uniklinikum-dresden.de<br />
www.mammamia-online.de Spezial Ausgabe 1/2009 111
11<br />
Dr. phil. Dipl.-Psych. Ellen Kirsch, Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Mitarbeiterin<br />
Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie Universitätsklinikum<br />
Schleswig-Holstein, Campus Kiel | Diesterwegstraße 10 -12 | 24113 Kiel<br />
Tel.: 0431 65946-30 | Fax: 0431 65946-39<br />
E-Mail: kirsch@med-psych.uni-kiel.de | www.uni-kiel.de/med-psych |<br />
www.betrifft-brust.de/ursachen.htm<br />
Ulrike Klink, Zertifizierte Simonton-Beraterin (SCC)<br />
Klosterner Weg 24 | 45711 Datteln<br />
Tel.: 0179 9499640 | Simonton Cancer Center Deutschland, Tel.: 0711 515989<br />
E-Mail: info@wieder-vertrauen.de | www.wieder-vertrauen.de | www.simonton.de<br />
Prof. Dr. med. H.-H. Kreipe, Institutsdirektor<br />
Institut für Pathologie | Medizinische Hochschule Hannover | Carl-Neuberg-Straße 1 | OE 5110<br />
| 30625 Hannover<br />
Tel.: 0511 5324500 | Fax: 0511 5325799<br />
E-Mail: kreipe.hans@mh-hannover.de | www.mh-hannover.de/pathologie.html<br />
Prof. Dr. rer. nat. Alfons Meindl, Leiter der Abt. für gynäkologische Turmorgenetik<br />
Frauenklinik und Poliklinik der TU München | Ismaninger Straße 22 | 81675 München<br />
Tel.: 089 41406750<br />
E-Mail: alfons.meindl@lrz.tu-muenchen.de<br />
Anne Mönn<strong>ich</strong>, Redakteurin<br />
<strong>Mamma</strong> <strong>Mia</strong>! – Das Brustkrebsmagazin | Altkönigstraße 31 | 61476 Kronberg im Taunus<br />
Tel.: 06195 671801 | Fax: 06195 671802<br />
E-Mail: anne.moenn<strong>ich</strong>@mammamia-online.de | www.mammamia-online.de |<br />
www.breast-cancer-survivor.de<br />
Peter Schaar, Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit<br />
Husarenstraße 30 | 53117 Bonn<br />
Tel.: 0228 9977990 | Fax: 0228 997799550<br />
E-Mail: poststelle@bfdi.bund.de | www.bfdi.bund.de<br />
Univ.-Prof. Dr. med. Rita K. Schmutzler,<br />
Leiterin des Schwerpunkts Familiärer Brust- und Eierstockkrebs<br />
Universitätsfrauenklinik Köln | Kerpener Straße 34 | 50931 Köln<br />
Tel.: 0221 47886509 | Fax: 0221 47886510<br />
E-Mail: zentrum-familiaerer-brustkrebs@uk-koeln.de | http://cms.uk-koeln.de/familiaeres-brustzentrum<br />
Rechtsanwalt Wolfgang Schneider, LL.M., Fachanwalt für Vers<strong>ich</strong>erungsrecht<br />
Kanzlei Schneider & Wixforth | Ritterstraße 19 | 33602 Bielefeld<br />
Tel.: 0521 967770 | Fax: 0521 9677799<br />
E-Mail: info@schneider-wixforth.de<br />
Univ.-Prof. Dr. med. Peter Wieacker, Direktor des Instituts für Humangenetik<br />
Universitätsklinikum Münster | Vesaliusweg 12-14 | 48149 Münster<br />
Tel.: 0251 8355401 | Fax: 0251 8355431<br />
E-Mail: wieacker@uni-muenster.de | http://humangenetik.klinikum.uni-muenster.de<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de
Glossar<br />
Adnexe<br />
Eierstöcke und Eileiter<br />
Anamnese<br />
Krankengesch<strong>ich</strong>te, Verlauf der Krankheit<br />
Antiöstrogene<br />
Medikamente zur Reduktion der Aktivität des östrogens<br />
im Körper<br />
Apoptose<br />
„programmierter Zelltod“; natürl<strong>ich</strong>er Mechanismus zur<br />
Selbstzerstörung von Zellen; funktioniert bei Menschen,<br />
Tieren und Pflanzen gle<strong>ich</strong>ermaßen. Das genetisch angelegte<br />
Selbsttötungs-Programm ist lebensnotwendig, um das<br />
Entstehen von Krebszellen zu verhindern.<br />
Biopsie<br />
Entnahme <strong>einer</strong> Gewebeprobe<br />
BRCA1 / BRCA<br />
Der Begriff BRCA stammt <strong>aus</strong> dem Englischen und ist eine<br />
Abkürzung für BReast CAncer (Brustkrebs). BRCA1 und<br />
BRCA2 sind menschl<strong>ich</strong>e Gene, die zur Klasse der Tumorsuppressorgene<br />
(Tumor-Unterdrücker-Gene) gehören. Aufgabe<br />
dieser beiden BRCA-Proteine ist die DNA-Reparatur<br />
in der Zelle.<br />
BRCA1-/BRCA -Mutation<br />
Fehlerhaftigkeit der Reparatur-Gene, die zum Funktions<strong>aus</strong>fall<br />
führt und damit die Entstehung von Krebs (insbesondere<br />
Brust- und Eierstockkrebs) begünstigt<br />
Brustwiederherstellung<br />
Rekonstruktion der Brust nach Amputation; wird im Zuge <strong>einer</strong><br />
prophylaktischen Mastektomie regelmäßig angeboten;<br />
grundsätzl<strong>ich</strong> sind verschiedene Verfahren mögl<strong>ich</strong>, die im<br />
jeweiligen Einzelfall zu beurteilen sind<br />
- mit Eigengewebe<br />
Bei dieser Methode wird zur Rekonstruktion eigenes Gewebe<br />
verwendet, welches je nach Körperbau an unterschiedl<strong>ich</strong>en<br />
Stellen des Körpers entnommen wird. Im oberen Rückenbere<strong>ich</strong><br />
kann zum Beispiel ein Teil des Rückenmuskels<br />
mit Hautinsel entfernt werden, um dar<strong>aus</strong> die neue Brust zu<br />
formen. Auch <strong>aus</strong> dem Unterbauch und dem Gesäß kann<br />
Gewebe entnommen werden (TRAM, DIEP, SGAP, IGAP),<br />
das dann entweder mikrochirurgisch an entsprechende<br />
Gefäße im Brustbere<strong>ich</strong> angeschlossen wird (so genannter<br />
freier Gewebetransfer) oder über seine originären Gefäße<br />
versorgt wird (gestielter Gewebetransfer). Eine weitere<br />
Entnahmestelle stellt in einigen Fällen das Gesäß (SGAP,<br />
IGAP) dar. Auch hier kann ein entsprechender Gewebeanteil<br />
zur Brustrekonstruktion entnommen und mikrochirurgisch<br />
an entsprechende Gefäße im Brustbere<strong>ich</strong> angeschlossen<br />
werden.<br />
- mit Implantaten, Gewebeexpandern oder permanenten<br />
Expandern<br />
Wenn der Hautmantel <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>end vorhanden ist, kann<br />
die Brust mit einem Implantat wieder aufgebaut werden.<br />
Steht n<strong>ich</strong>t genug Hautmantel zur Verfügung, muss dieser<br />
durch Dehnen erst geschaffen werden. Hierzu eignet s<strong>ich</strong><br />
der Expander (eine Art Silikonhülle), der operativ unter die<br />
Haut und den Brustmuskel eingesetzt und in Intervallen mit<br />
Kochsalzlösung aufgefüllt wird. Ist das Endvolumen erre<strong>ich</strong>t,<br />
wird der Expander durch ein Silikongel gefülltes Implantat<br />
<strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht. Es gibt darüber hin<strong>aus</strong> auch Expander (so<br />
genannter Becker Expander), die im Körper verbleiben<br />
können.<br />
- Kombination von Eigengewebe und Implantat<br />
Bei alleiniger Verwendung des Rückenmuskels mit Hautinsel<br />
zur Brustrekonstruktion kann das Volumen im Vergle<strong>ich</strong> zur<br />
gesunden Brust zu klein sein. In diesem Fall kann das Volumen<br />
mit einem Brustimplantat optimiert werden.<br />
Chemotherapie<br />
Systematische, den ganzen Körper einbeziehende Therapie.<br />
Durch Medikamente wird das Zellwachstum von Tumorzellen<br />
behindert; sie greift aber auch Normalgewebe an,<br />
wodurch es zu Nebenwirkungen kommen kann.<br />
Computertomographie (CT)<br />
Computergestützte Röntgenuntersuchung; Tomographie bedeutet<br />
Darstellung in Sch<strong>ich</strong>ten oder Scheiben des Körpers<br />
oder eines Körperabschnittes<br />
Ductal<br />
die Milchgänge der weibl<strong>ich</strong>en Brust betreffend<br />
1 | Anhang<br />
Differenzierungsgrad (Grading)<br />
Beze<strong>ich</strong>net die Ähnl<strong>ich</strong>keit eines Tumors mit seinem Ursprungsgewebe<br />
und gibt Hinweise auf sein Wachstumsverhalten;<br />
nach WHO (Weltgesundheitsorganisation) werden<br />
noch gut differenzierte Tumoren (G1) von mäßig (G2) und<br />
gering (G3) differenzierten unterschieden.<br />
Fibroadenom<br />
gutartige Geschwulst (Tumor) der weibl<strong>ich</strong>en Brust<br />
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11<br />
Gendiagnostikgesetz (GenDG)<br />
Vom Deutschen Bundestag am 24. April 2009 beschlossene<br />
Gesetzesänderungen, mit denen in Deutschland erstmals<br />
genetische Untersuchungen sowie der Umgang mit deren<br />
Ergebnissen geregelt werden. Das Gesetz soll das informationelle<br />
Selbstbestimmungsrecht bei gendiagnostischen Tests<br />
stärken und vor Missbrauch der Ergebnisse schützen.<br />
Gentest/Genanalyse<br />
überprüfung der DNA auf genetische Veränderungen, so<br />
genannte Mutationen. Mit einem diagnostischen Gentest<br />
wird nach <strong>einer</strong> genetischen Ursache für eine bereits bestehende,<br />
klinisch manifestierte Krankheit gesucht. Wird<br />
eine n<strong>ich</strong>t erkrankte Person getestet, spr<strong>ich</strong>t man von einem<br />
prädiktiven Gentest.<br />
Gestielter Lappen<br />
siehe Brustwiederherstellung mit Eigengewebe<br />
Heterozygot<br />
Das Erbgut <strong>einer</strong> Zelle weist zwei unterschiedl<strong>ich</strong>e Kopien<br />
eines bestimmten Gens auf den beiden Chromosomen auf<br />
(Allele), die das Gen enthalten. Mutationen in den Genen<br />
BRCA1 und BRCA2 sind praktisch immer heterozygot, also<br />
nur auf <strong>einer</strong> Genkopie vorhanden.<br />
Heterozygoten-Risiko<br />
Risiko, eine Mutation auf <strong>einer</strong> von zwei Genkopien zu<br />
tragen<br />
Histologie<br />
feingewebl<strong>ich</strong>er, nur mikroskopisch s<strong>ich</strong>tbarer Aufbau eines<br />
Gewebes<br />
Histologischer Befund<br />
schriftl<strong>ich</strong>er Ber<strong>ich</strong>t, in der Regel vom Facharzt für Pathologie,<br />
über eine mikroskopische (so genannte „feingewebl<strong>ich</strong>e“)<br />
Analyse <strong>einer</strong> Gewebeprobe oder eines OP-Präparates<br />
Homozygot<br />
Das Erbgut <strong>einer</strong> Zelle weist zwei identische Allele, also<br />
zwei gle<strong>ich</strong>e Kopien eines bestimmten Gens auf den beiden<br />
Chromosomen auf, die das Gen enthalten. Handelt<br />
es s<strong>ich</strong> um eine Mutation, spr<strong>ich</strong>t man von homozygoter<br />
Mutation.<br />
Humangenetik<br />
Teilgebiet der Genetik, das s<strong>ich</strong> speziell mit dem Erbgut<br />
des Menschen beschäftigt; interdisziplinäre Wissenschaft,<br />
welche medizinische Diagnostik mit molekularbiologischer<br />
Forschung und Methodik verknüpft<br />
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Immunhistochemie<br />
S<strong>ich</strong>tbarmachen von gewebstypischen Strukturen (Antigene)<br />
durch einen farbmarkierten, bindungsspezifischen Antikörper<br />
unter dem Mikroskop<br />
Indexpatient(in)<br />
Betroffene(r), die/der an Brust- beziehungsweise Eierstockkrebs<br />
erkrankt ist und s<strong>ich</strong> hins<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> <strong>einer</strong> Genmutation<br />
testen lässt. Wenn mehrere betroffene Verwandte zur<br />
Verfügung stehen, sollte man den/die als Indexpatient(in)<br />
<strong>aus</strong>wählen, bei dem/der am ehesten eine Mutation vermutet<br />
werden kann, also zum Beispiel die Person mit dem<br />
frühesten Erkrankungsalter.<br />
Invasiv<br />
Wachstum von Tumorgewebe ohne scharfe Grenze in das<br />
umgebende Gewebe<br />
Karzinom<br />
vom Deckgewebe (Epithel) <strong>aus</strong>gehende bösartige Geschwulst<br />
(Tumor)<br />
Kernspintomographie<br />
siehe Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT)<br />
Kontraindikation<br />
„Gegenanzeige“; vorliegende Zustände, Bedingungen,<br />
Diagnosen, führen dazu, dass eine ansonsten denkbare<br />
medizinische Maßnahme im Einzelfall n<strong>ich</strong>t angebracht<br />
oder sogar fachl<strong>ich</strong> verboten ist, weil sie gefährl<strong>ich</strong> oder<br />
n<strong>ich</strong>t wirksam ist.<br />
Laparoskopie<br />
Bauchspiegelung; Methode, bei der die Bauchhöhle und<br />
die darin liegenden Organe mit speziellen Stablinsen-Optiken<br />
(starren Endoskopen) durch kleine, vom Chirurgen<br />
geschaffene öffnungen in der Bauchdecke s<strong>ich</strong>tbar gemacht<br />
werden.<br />
Leitlinien<br />
systematisch entwickelte Darstellungen und Empfehlungen<br />
mit dem Zweck, Ärzte und Patienten bei der Entscheidung<br />
über angemessene Maßnahmen der Krankenversorgung<br />
(Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge) unter<br />
spezifischen medizinischen Umständen zu unterstützen<br />
Lobulär<br />
die Milchdrüsenläppchen der weibl<strong>ich</strong>en Brust betreffend<br />
Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT)<br />
Auch Kernspintomographie; diagnostisches Verfahren zur<br />
Herstellung von Schnittbildern (Tomogramme) des menschl<strong>ich</strong>en<br />
Körpers. Dem Verfahren liegen keine Röntgenstrahlen<br />
zu Grunde, sondern Wellen, die von den körpereigenen
Atomen nach Ausr<strong>ich</strong>tung in einem magnetischen Feld<br />
<strong>aus</strong>gesandt werden und computergestützt zu einem hochauflösenden<br />
Schnittbild rekonstruiert werden können. Anwendung<br />
oft für Aufnahmen von Gehirn und Rückenmark,<br />
in Ausnahmefällen auch von der Brust, gegebenenfalls unter<br />
Verabre<strong>ich</strong>ung eines Kontrastmittels<br />
<strong>Mamma</strong>Ca (MaCa)<br />
<strong>Mamma</strong>karzinom, Brustkrebs<br />
Mammographie<br />
Untersuchung der Brust mittels Röntgenstrahlen<br />
Mammographie-Screening<br />
Januar 2004 in Deutschland gesetzl<strong>ich</strong> eingeführtes flächendeckendes<br />
Früherkennungsprogramm mittels Mammographie<br />
für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren<br />
Mastektomie, prophylaktische<br />
Vorbeugende (prophylaktische) Entfernung (Amputation)<br />
beider Brüste (Mastektomie) <strong>einer</strong> Frau, die ein hohes genetisch<br />
bedingtes Risiko (Prädisposition) trägt, an Brustkrebs<br />
zu erkranken.<br />
M<strong>aus</strong>modell<br />
wissenschaftl<strong>ich</strong>er Modellversuch mit Mäusen<br />
Menop<strong>aus</strong>e<br />
Letzte Regelblutung der Frau; gilt nur, wenn ein Jahr lang<br />
keine weitere Monatsblutung mehr stattfindet. Der genaue<br />
Zeitpunkt der Menop<strong>aus</strong>e lässt s<strong>ich</strong> deshalb nur im Nachhinein<br />
festlegen. Das durchschnittl<strong>ich</strong>e Alter liegt bei 51<br />
Jahren.<br />
Metastase<br />
Tochtergeschwulst, Absiedlung eines bösartigen Tumors<br />
(Krebs) in andere Bere<strong>ich</strong>e des Körpers. Metastasen der<br />
Brust kommen hauptsächl<strong>ich</strong> in Leber und Lunge vor, können<br />
aber auch an anderen Stellen im Körper auftreten (zum<br />
Beispiel: Skelett, Knochenmark oder Gehirn).<br />
Metastasiert<br />
Ein bösartiger Tumor hat Absiedlungen (Metastasen) in<br />
anderen Bere<strong>ich</strong>en des Körpers gebildet.<br />
Minimalinvasiver Eingriff<br />
operativer Eingriff mit kleinsten Verletzungen von Haut und<br />
We<strong>ich</strong>teilen<br />
Morbus Hodgkin<br />
bösartiger Tumor des Lymphsystems<br />
Multidisziplinär<br />
fachübergreifend; Zusammenarbeit in den zwölf Zentren<br />
für „Familiären Brust und Eierstockkrebs“ erfolgt multidisziplinär,<br />
also über die verschiedenen Fachr<strong>ich</strong>tungen (Gynäkologie,<br />
Humangenetik, Radiologie, Psycho-Onkologie<br />
und Pathologie) hinweg<br />
Multifokal(ität)<br />
Auftreten von mehreren Tumorherden in einem Quadranten<br />
der Brust<br />
Multizentrizität<br />
Auftreten von Karzinomherden in unterschiedl<strong>ich</strong>en Brustquadranten<br />
Mutation<br />
Fehlerhaftigkeit eines Gens; die in der DNA gespe<strong>ich</strong>erte<br />
Information wird verändert, wodurch einzelne Merkmale<br />
(der Phänotyp) verändert werden können<br />
Mutation, somatische<br />
N<strong>ich</strong>t angeborene, sondern erst im Laufe des Lebens entstandene<br />
BRCA-Mutation im Brust- oder Eierstockgewebe<br />
Neoadjuvante Therapie<br />
auch präoperative Therapie/Chemo- oder Hormontherapie,<br />
die vor der Operation durchgeführt wird, um den Tumor<br />
schrumpfen zu lassen und damit besser operabel zu machen,<br />
zum Beispiel wenn sonst n<strong>ich</strong>t brusterhaltend operiert<br />
werden könnte<br />
Östrogen<br />
körpereigenes weibl<strong>ich</strong>es Sexualhormon; bestimmte Formen<br />
des Brustkrebses werden durch östrogen zum Wachstum<br />
angeregt<br />
Onkologie<br />
Fachr<strong>ich</strong>tung der Medizin, die s<strong>ich</strong> mit der Entstehung, Diagnose,<br />
Behandlung und Verhütung von Tumorerkrankungen<br />
beschäftigt<br />
Osteoporose<br />
Stoffwechselerkrankung der Knochen; durch den Abbau<br />
von Knochenmasse verliert der Knochen seine Stabilität;<br />
Folge: vermehrte Knochenbrüche (vor allem Wirbelkörper-,<br />
Oberschenkelhals- und Unterarmbrüche)<br />
OvarialCa (OvCa)<br />
Ovarialkarzinom, Eierstockkrebs; Ovar = Eierstock<br />
Ovarektomie<br />
Entnahme der Eierstöcke<br />
1 | Anhang<br />
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11<br />
PARP-Inhibitor<br />
PARP-Hemmer; beeinflusst die Reparaturmechanismen in<br />
Tumorzellen derart, dass bei Vorliegen <strong>einer</strong> BRCA1- oder<br />
BRCA2-Mutation Schädigungen des Erbgutes der Zelle von<br />
dieser n<strong>ich</strong>t mehr repariert werden können und es zum<br />
Zelltod kommt<br />
Penetranz<br />
Durchschlagskraft <strong>einer</strong> genetischen Mutation; verminderte<br />
Penetranz bedeutet im Zusammenhang mit <strong>einer</strong> BRCA1-<br />
oder BRCA2-Mutation, dass n<strong>ich</strong>t alle Mutationsträger(innen)<br />
erkranken müssen<br />
Perimenop<strong>aus</strong>e<br />
Zeitraum von ein bis zwei Jahren vor und nach der Menop<strong>aus</strong>e.<br />
Peritonealkarzinose<br />
Bauchfellkrebs, Absiedlungen eines bösartigen Tumors ins<br />
Bauchfell<br />
Platinsalze<br />
Zytostatika; bewirken eine Vernetzung innerhalb der DNA-<br />
Stränge, außerdem hemmt es den DNA-Reparaturmechanismus<br />
und die Telomeraseaktivität der s<strong>ich</strong> schnell teilenden<br />
Zelle und führt somit zur Apoptose. Platinsalze können mit<br />
weiteren Zytostatika kombiniert werden.<br />
Positronen-Emissions-Tomographie (PET)<br />
bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin, das Schnittbilder<br />
von lebenden Organismen erzeugt. Grundlage<br />
der PET ist die Darstellung der Verteilung <strong>einer</strong> radioaktiv<br />
markierten Substanz im Organismus. Dabei werden die<br />
Struktur, vor allem aber biochemische und physiologische<br />
Vorgänge, abgebildet. Im Gegensatz zur herkömml<strong>ich</strong>en<br />
Szintigraphie verwendet die PET jedoch Radiopharmaka,<br />
die Positronen <strong>aus</strong>senden. Wird auch in Kombination mit<br />
<strong>einer</strong> Computertomographie (PET-CT) eingesetzt.<br />
Postmenop<strong>aus</strong>al<br />
Frauen in der Postmenop<strong>aus</strong>e<br />
Postmenop<strong>aus</strong>e<br />
beginnt nach der Perimenop<strong>aus</strong>e; etwa ein bis zwei Jahre<br />
nach der letzten Regelblutung; re<strong>ich</strong>t etwa bis zum 65.<br />
Lebensjahr. Erst nach dieser Phase spr<strong>ich</strong>t man vom beginnenden<br />
Alter.<br />
Prämenop<strong>aus</strong>al<br />
Frauen in der Prämenop<strong>aus</strong>e<br />
Prämenop<strong>aus</strong>e<br />
Zeitraum vor der Menop<strong>aus</strong>e. In der Prämenop<strong>aus</strong>e nimmt<br />
die Produktion von Progesteron langsam ab. Die Ausschüt-<br />
Spezial Ausgabe 1/2009 www.mammamia-online.de<br />
tung von FSH nimmt dagegen zu. In dieser Zeit treten aber<br />
immer noch Blutungen auf, häufig mit typischen Zyklusveränderungen.<br />
Die Prämenop<strong>aus</strong>e liegt meistens zwischen<br />
dem (40. bis) 45. und 50. Lebensjahr.<br />
Präinvasive Läsion<br />
Zell-/Gewebeveränderung im Vorstadium, also noch n<strong>ich</strong>t<br />
invasiv<br />
Prävention<br />
zielt auf die Vorbeugung oder Früherkennung von Krankheiten<br />
ab und propagiert dabei zum Beispiel Impfungen,<br />
gesunde Ernährung, Früherkennung und <strong>aus</strong>re<strong>ich</strong>ende<br />
Bewegung<br />
Proliferation<br />
gesteigerte Zellteilungsrate<br />
Prophylaktische Operation<br />
vorbeugender chirurgischer Eingriff zur Risikominimierung<br />
Psychoonkologie<br />
Auch Psychosoziale Onkologie; relativ neue interdisziplinäre<br />
Form der Psychotherapie beziehungsweise klinischen<br />
Psychologie; befasst s<strong>ich</strong> mit den psychischen und sozialen<br />
einschließl<strong>ich</strong> sozialrechtl<strong>ich</strong>en Bedingungen, Folgen und<br />
Begleiterscheinungen <strong>einer</strong> Krebserkrankung<br />
Radiologie<br />
Teilgebiet der Medizin, das s<strong>ich</strong> mit der Anwendung von<br />
Strahlen zu diagnostischen, therapeutischen und wissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Zwecken befasst<br />
Rezidiv<br />
Wiederauftreten <strong>einer</strong> Krankheit, Rückfall. Bei <strong>einer</strong><br />
Krebserkrankung: Erneutes Wachsen eines Tumors <strong>aus</strong> dem<br />
gle<strong>ich</strong>en Gewebe<br />
Salpingo-Ovarektomie<br />
operative Entfernung von Eileiter und Eierstock<br />
S -Leitlinien<br />
höchste von drei Leitlinien-Stufen; Expertenmeinung und<br />
systematisch in Studien gewonnene Erkenntnisse gehen in<br />
die Erarbeitung mit ein; siehe auch Leitlinien<br />
Screening<br />
Reihenuntersuchung; Verfahren zur frühzeitigen Erkennung<br />
von unbemerkten Erkrankungen oder Defekten durch die<br />
Anwendung von Tests, Prüfungen oder anderen Verfahren,<br />
die schnell durchgeführt werden können; Gegenteil: anlassbezogene<br />
Untersuchung
Sensitivität<br />
Entdeckungsrate bei den bildgebenden Verfahren (zum<br />
Beispiel Mammo-, Sonographie, MRT, PET-CT)<br />
Sonographie<br />
Ultraschalluntersuchung; der Ultraschall dringt in den Körper<br />
ein und wird reflektiert (zurückgeworfen). Die zurückkommenden<br />
Schallwellen werden im Ultraschallgerät analysiert<br />
und zu Bildern zusammengesetzt, die eine Darstellung von<br />
Organen erlauben. Kann als <strong>Mamma</strong>sonographie für die<br />
Untersuchung des Brustgewebes angewandt werden.<br />
Staging<br />
Bestimmung des Stadiums <strong>einer</strong> Erkrankung durch Umfelduntersuchungen<br />
mit Röntgen, Ultraschall und gegebenenfalls<br />
CT oder MRT.<br />
Szintigraphie<br />
bildgebendes Verfahren der nuklearmedizinischen Diagnostik;<br />
die Bildgebung beruht auf der Verabre<strong>ich</strong>ung von<br />
Radiopharmaka, das heißt, Stoffen, die radioaktiv markiert<br />
sind. Dabei werden solche Stoffe verwendet, die s<strong>ich</strong> in<br />
dem zu untersuchenden Gewebe besonders gut anre<strong>ich</strong>ern.<br />
Zur Diagnostik werden Radiopharmaka verwendet, die<br />
Gammastrahlen <strong>aus</strong>senden.<br />
Taxane<br />
Zytostatika (zum Beispiel Docetaxel und Paclitaxel); bestehen<br />
<strong>aus</strong> einem Extrakt der Eibe. Der Wirkstoff wirkt auf den<br />
Spindelapparat während der Zellteilung, in dem er an den<br />
Mikrotubuli bindet und die Zellteilung zum Stoppen bringt.<br />
Taxane werden intravenös verabre<strong>ich</strong>t.<br />
Triple negativ<br />
dreifach negativ; immunhistochemisch zeigt s<strong>ich</strong> bei einem<br />
triple negativen Brustkrebs ein vollständiger Verlust dreier<br />
wesentl<strong>ich</strong>er prognostischer Faktoren, näml<strong>ich</strong> des östrogen-<br />
und Progesteronrezeptors (ER, PR) sowie des Her2neu<br />
Rezeptors. Die Mehrheit der BRCA1-Tumoren ist zum<br />
Beispiel triple-negativ.<br />
Tumor<br />
Ein Tumor ist eine Wucherung oder Gewebevermehrung. Es<br />
kann unterteilt werden in gut- und bösartige Wucherungen.<br />
Gutartige Tumoren wachsen n<strong>ich</strong>t in die umliegenden<br />
Gewebe ein und streuen n<strong>ich</strong>t in andere Körperbere<strong>ich</strong>e.<br />
Bösartige Tumoren („Krebs“) können an unterschiedl<strong>ich</strong>en<br />
Stellen des Körpers auftreten (zum Beispiel Magenkrebs,<br />
Darmkrebs, Lungenkrebs und so weiter) und haben<br />
die Eigenschaft, dass sie in umliegendes Gewebe einbrechen<br />
können und dass sie streuen (Tochtergeschwulste, so<br />
genannte Metastasen in andere Teile des Körpers setzen).<br />
Tumor, sporadisch<br />
n<strong>ich</strong>t erbl<strong>ich</strong>, sondern zufällig entstandener Tumor<br />
Tumormarker<br />
meistens Eiweißmoleküle, die von einem Tumor gebildet<br />
oder bei Vorliegen <strong>einer</strong> Geschwulst vom Körper gebildet<br />
werden. Sie dienen meistens der Verlaufskontrolle <strong>einer</strong><br />
Therapie. Tumormarker beim <strong>Mamma</strong>karzinom sind CEA<br />
(carcino-embryonales Antigen), CA 1 - (CA= cancer<br />
antigen) und TPA (tissue polypeptide polyantigen). Tumormarker<br />
beim Ovarialkarzinom ist CA1 - .<br />
Tumorrisikosprechstunde<br />
Angebot der zwölf universitären Zentren im Konsortium für<br />
„Familiären Brust- und Eierstockkrebs“ in Berlin, Düsseldorf,<br />
Dresden, Hannover, Heidelberg, München, Kiel, Köln/<br />
Bonn, Leipzig, Münster, Ulm oder Würzburg an Betroffene<br />
und Angehörige zur gynäkologischen, humangenetischen<br />
und psychoonkologischen Betreuung und Beratung.<br />
Uterus<br />
Gebärmutter<br />
1 | Anhang<br />
Wechseljahre<br />
Klimakterium der Frau; Beze<strong>ich</strong>nung für den Gesamtzeitraum<br />
von Prämenop<strong>aus</strong>e über Perimenop<strong>aus</strong>e bis hin zur<br />
Postmenop<strong>aus</strong>e; durchschnittl<strong>ich</strong>e Dauer bei <strong>einer</strong> einzelnen<br />
Frau etwa zehn Jahre. In dieser Zeit verändert s<strong>ich</strong> der<br />
Hormonh<strong>aus</strong>halt, bis er ein stabiles Niveau erre<strong>ich</strong>t hat.<br />
Währenddessen können die so genannten Wechseljahresbeschwerden<br />
wie zum Beispiel Hitzewallungen, Schwindel,<br />
Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Osteoporose auftreten.<br />
Zweitkarzinomrisiko<br />
Risiko bereits an Brustkrebs erkrankter BRCA-<br />
Mutationsträger(innen) zur Bildung eines weiteren Tumors<br />
in der anderen Brust oder anderem Gewebe; Höhe des<br />
Risikos hängt stark vom mutierten Gen (BRCA1/BRCA2)<br />
sowie vom Alter bei der Ersterkrankung ab<br />
Zyste<br />
gutartiges, flüssigkeitsgefülltes Gewebesäckchen<br />
Zytostatikum<br />
Mittel zur Bekämpfung von Krebserkrankungen; Plural:<br />
Zytostatika; Substanzen, die besonders die Teilung schnellwachsender<br />
Zellen wie etwa Tumor- oder Haarzellen unterdrücken.<br />
Sie kommen in der Onkologie als Chemotherapie<br />
zum Einsatz; meistens intravenöse, zum Teil auch orale<br />
Verabre<strong>ich</strong>ung<br />
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Wir danken<br />
Unser ganz besonderer Dank gilt der Redakteurin<br />
Anne Mönn<strong>ich</strong>, die mit ihrer unermüdl<strong>ich</strong>en Recherchearbeit<br />
maßgebl<strong>ich</strong> zur Entstehung dieses umfassenden<br />
Ratgebers beigetragen hat.<br />
Wir danken ganz herzl<strong>ich</strong> Frau Prof. Dr. Rita Schmutzler<br />
und Herrn Prof. Dr. Alfons Meindl für ihre Wertschätzung,<br />
die sie unserer Projektidee von Beginn an entgegen gebracht<br />
haben. Dies hat uns immer wieder das Gefühl gegeben, auf dem<br />
r<strong>ich</strong>tigen Weg zu sein, und sehr motiviert.<br />
Wir danken auch den Autorinnen und Autoren für ihre umfangre<strong>ich</strong>en<br />
Fachbeiträge. Ohne ihr ehrenamtl<strong>ich</strong>es Engagement wäre das<br />
hohe fachl<strong>ich</strong>e Niveau dieses Ratgebers n<strong>ich</strong>t zu erre<strong>ich</strong>en gewesen.<br />
Dr. Ute Bankamp, Ann-Kathrin Ehret, Dr. Bettina Fromm, Andrea Hahne,<br />
Andrea Hamm, Meike Lampen, Francesca Menzebach, Dr. Verena<br />
Mönn<strong>ich</strong>, Christoph Müller und Ursel Wirz danken wir für kritische Anmerkungen<br />
und Korrekturen.<br />
Und natürl<strong>ich</strong> danken wir unseren Familien und Freunden, die uns jederzeit<br />
mit Rat und Tat unterstützen.<br />
Unser Hauptanliegen war es, den betroffenen Menschen die in diesem Ratgeber<br />
enthaltenen Informationen zum familiären Brust- und Eierstockkrebs kostenlos<br />
zur Verfügung zu stellen. Wir danken allen Beteiligten für ihren Einsatz, mit dem<br />
sie dies mögl<strong>ich</strong> gemacht haben.<br />
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Wir unterstützen mit dieser Ausgabe den „Krebs-Kompass“<br />
4/2008 Oktober bis Dezember<br />
D/A: 4,50 € | LU: 5,30 €