Ausgabe D, Wittgenstein (12.71 MB) - Siegerländer Wochen-Anzeiger
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Seite 2 / Sonntags-<strong>Anzeiger</strong> POLITIK Sonntag, 1. November 2009<br />
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Nach Holperstart<br />
Viele Spekulationen um Lieberknecht<br />
Erfurt. Nach der Wahl von<br />
Christine Lieberknecht (CDU)<br />
zur Ministerpräsidentin von<br />
Thüringen gehen die Spekulationen<br />
über die fehlenden Stimmen<br />
in den ersten beiden<br />
Wahlgängen weiter. Lieberknecht<br />
fehlten bei der Wahl am<br />
Freitag in zwei Wahlgängen jeweils<br />
vier Stimmen aus dem<br />
Lager der Koalition von CDU<br />
und SPD. Während CDU-Fraktionschef<br />
Mike Mohring versicherte,<br />
seine Truppen hätten<br />
gestanden, gebe es an dieser<br />
Version intern erhebliche Zweifel,<br />
wie ein Magazin berichtet.<br />
Dem CDU-Flügel um Ex-<br />
Ministerpräsident Dieter Althaus<br />
werde ein Motiv für eine<br />
Abstrafung Lieberknechts unterstellt.<br />
Zahlreiche Fraktionsmitglieder<br />
sorgten sich um ihre<br />
Regierungsämter, andere hielten<br />
den Koalitionsvertrag für zu<br />
SPD-lastig. Lieberknecht selbst<br />
habe zudem koalitionsintern<br />
Schwierigkeiten im eigenen<br />
Lager angedeutet.<br />
SPD-Fraktionschef Christoph<br />
Matschie sagte, er sei<br />
„hundertprozentig sicher“, dass<br />
die Gegenstimmen nicht aus<br />
seiner Fraktion stammten. In<br />
der 18-köpfigen Fraktion befänden<br />
sich nur zwei einst vehemente<br />
Verfechter einer rot-roten<br />
Koalition: ein Juso und ein<br />
Gewerkschafter. Beide seien jedoch<br />
noch vor der Wahl von<br />
der Notwendigkeit einer Koalition<br />
mit der CDU überzeugt<br />
worden. „In Anbetracht der<br />
Dramatik der vergangenen <strong>Wochen</strong><br />
ist dies ein ehrliches Ergebnis“,<br />
sagte Lieberknecht<br />
einem Magazin. Die Gegenstimmen<br />
seien ein „einmaliger<br />
Akt“ gewesen, begünstigt durch<br />
die geheime Wahl. (ddp)<br />
Angebot erwartet<br />
Vor dem Kopenhagener Klimagipfel<br />
Washington. Der ehemalige<br />
US-Vizepräsident Al Gore<br />
rechnet mit der Teilnahme von<br />
US-Präsident Barack Obama<br />
am Weltklimagipfel im Dezember<br />
in Kopenhagen. „Ich bin<br />
mir sicher, er wird nach Kopenhagen<br />
fahren“, sagte Gore.<br />
Gore zeigte sich auch optimistisch,<br />
dass der US-Kongress<br />
sich bis zum Gipfel, bei dem ein<br />
globales Nachfolgeabkommen<br />
zum Kyoto-Klimaprotokoll beschlossen<br />
werden soll, auf einen<br />
einheitlichen Entwurf für ein<br />
Klimaschutzgesetz einigen werde.<br />
„Deshalb stehen die Chancen<br />
gut, dass wir Amerikaner<br />
mit einem echten Verhandlungsangebot<br />
in Kopenhagen<br />
erscheinen.“ Der Umweltaktivist<br />
appellierte auch an andere<br />
Nationen, ihre Klimaschutzpolitik<br />
radikal zu ändern. „Alle<br />
Kurz & bündig<br />
Seehofer lehnt<br />
den Wechsel ab<br />
Berlin. CSU-Chef Horst Seehofer<br />
ist gegen eine einseitige<br />
Belastung der Arbeitnehmer bei<br />
einer Reform des Gesundheitssystems.<br />
In einem Interview<br />
warnte er den neuen Bundesgesundheitsminister<br />
Philip Rösler<br />
(FDP) davor, einen Systemwechsel<br />
herbeizuführen. Ein<br />
Gesundheitssystem, in dem die<br />
Lasten solidarisch verteilt seien,<br />
gehöre „zu meinem Markenkern“,<br />
sagte der bayerische Ministerpräsident.<br />
Dieser stehe<br />
nicht zur Disposition. (ddp)<br />
Oettinger nur<br />
„dritte Wahl“?<br />
Berlin. Der baden-württembergische<br />
Ministerpräsident Günther<br />
Oettinger ist nach Informationen<br />
eines Magazins für<br />
den Posten des deutschen EU-<br />
Kommissars nur die dritte Wahl<br />
von Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel gewesen. Vor Oettinger<br />
habe die Regierungschefin den<br />
bisherigen Unions-Fraktionsgeschäftsführer<br />
Norbert Röttgen<br />
gefragt, wie das Magazin gestern<br />
unter Berufung auf Unionskreise<br />
vorab berichtete. Röttgen<br />
habe es aber vorgezogen, als<br />
Umweltminister in die Bundesregierung<br />
einzuziehen. Dem Bericht<br />
zufolge konnte sich die<br />
Kanzlerin auch den hessischen<br />
Ministerpräsidenten Roland<br />
Koch eher als Oettinger für den<br />
Posten vorstellen. (ddp)<br />
Entwicklungsländer müssen verbindliche<br />
Obergrenzen für ihren<br />
CO2-Ausstoß akzeptieren. Diese<br />
Länder irren sich, wenn sie<br />
glauben, sie kämen mit unverbindlichen<br />
Zusagen davon.“<br />
Über Obamas bisherige Präsidentschaft<br />
sagte Gore: „Sein<br />
Sommer war furchtbar, aber er<br />
wird einen deutlich besseren<br />
Herbst haben.“<br />
Zur Kritik, Obama gehe zu<br />
viele Reformen gleichzeitig an,<br />
sagte Gore: „Ich will nicht bestreiten,<br />
dass dieser Vorwurf<br />
einen zutreffenden Kern hat.<br />
Aber ich weiß auch, dass man<br />
am Beginn einer Amtszeit nach<br />
acht Jahren Rückwärtsgang<br />
mehr erreichen kann als zu<br />
jedem anderen Zeitpunkt. Obama<br />
würde noch mehr kritisiert,<br />
wenn er jetzt nicht genug tun<br />
würde.“ (ddp)<br />
Der einstige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, der ehemalige Präsident der Vereinigten<br />
Staaten, George Bush, und der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl (von links) wurden<br />
gestern bei einer Festveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung zum 20. Jahrestag der Deutschen<br />
Wiedervereinigung gewürdigt. Foto: ddp<br />
„Fast ein Wunder“<br />
Ein Festakt ehrte die Architekten der Wiedervereinigung<br />
Berlin. Auf einem Festakt der<br />
Konrad-Adenauer-Stiftung zur<br />
Erinnerung an den Mauerfall<br />
vor 20 Jahren dankte Bundespräsident<br />
Horst Köhler „im Namen<br />
der Deutschen“ den anwesenden<br />
ehemaligen Staatschefs<br />
Helmut Kohl, George Bush und<br />
Michail Gorbatschow. Die drei<br />
Männer, die alle den Zweiten<br />
Weltkrieg und seine Folgen erlebt<br />
hätten, stünden exemplarisch<br />
für den Lernweg ihrer Völker.<br />
Den Mauerfall von 1989 bezeichnete<br />
Köhler als „geschichtliche<br />
Sternstunde“. „Ich betrachte<br />
es noch immer fast als<br />
ein Wunder, dass Deutschland<br />
nur noch von Partnern und<br />
Freunden umgeben ist“, sagte<br />
der Bundespräsident. Alt-Bun-<br />
Gabriel gegen<br />
Flügelkämpfe<br />
Berlin. Der designierte SPD-<br />
Chef Sigmar Gabriel will Flügelkämpfe<br />
in der Partei überwinden.<br />
Gabriel sagte einem<br />
Nachrichtenmagazin, er habe<br />
„eine große Portion Respekt vor<br />
der gigantischen Aufgabe“. Flügelkämpfe<br />
halte er angesichts<br />
des Zustandes der SPD für überflüssig:<br />
„Bei 23 Prozent geht es<br />
nicht ums Fliegen, sondern erst<br />
einmal ums Laufen.“ (ddp)<br />
Noch immer<br />
Terrorgefahr<br />
Berlin. Die deutschen Sicherheitsbehörden<br />
halten die Gefahr<br />
eines islamistischen Terroranschlags<br />
auch nach der Bundestagswahl<br />
für sehr hoch.<br />
„Wenn sie einen Anschlag ausführen<br />
können, werden sie es<br />
tun“, sagte ein hoher Sicherheitsbeamter<br />
einer Sonntagszeitung.<br />
Vor der Bundestagswahl<br />
hatte es eine Vielzahl von Drohungen<br />
gegen Deutschland in<br />
Videobotschaften gegeben, die<br />
über das Internet verbreitet<br />
wurden. „Wir haben ganz starke<br />
Zweifel, dass es nur ein Propagandafeldzug<br />
war“, sagte der Beamte.<br />
(ddp)<br />
deskanzler Kohl sagte mit Blick<br />
auf die Wendezeit: „Ich bin froh<br />
und ich bin dankbar, dass die<br />
Situation so gekommen ist. Das<br />
war nicht selbstverständlich.“<br />
Viele hätten seinerzeit nicht<br />
mehr an die deutsche Einheit<br />
geglaubt. Nun könne er auf<br />
nichts so stolz sein wie auf die<br />
Einheit.<br />
Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung,Thüringens<br />
früherer Ministerpräsident<br />
Bernhard Vogel, würdigte Kohl<br />
als Mann, „der die Gunst der<br />
Stunde nutzte, die Zeichen der<br />
Zeit erkannte, mutig das Heft<br />
des Handels in die Hand nahm<br />
und so zum Kanzler der Einheit<br />
wurde.“ Der frühere sowjetische<br />
Präsident Gorbatschow erinnerte<br />
an den langwierigen Prozess<br />
Die UNO stärken<br />
Berlin. Bundespräsident Horst<br />
Köhler mahnt eine Stärkung<br />
der Vereinten Nationen an.<br />
„Die großen Menschheitsaufgaben<br />
warten nämlich nicht“, sagte<br />
Köhler gestern in Berlin. Es<br />
müsse mehr Ehrgeiz entwickelt<br />
werden, die UNO zu stärken<br />
und effizienter zu machen. „Wir<br />
können die Erderwärmung nur<br />
begrenzen und den Kampf gegen<br />
Hunger und Armut nur ge-<br />
Impressum Sonntags-<strong>Anzeiger</strong><br />
Herausgeber: <strong>Siegerländer</strong> <strong>Wochen</strong>-<strong>Anzeiger</strong> GmbH & Co. KG, Obergraben 39, 57072 Siegen,<br />
Telefon (02 71) 59 40 - 3 69, www.swa-wwa.de; Druck: Vorländer GmbH & Co. KG, Siegen;<br />
anzeigen@swa-wwa.de, redaktion@swa-wwa.de, vertrieb@swa-wwa.de<br />
Redaktion: Nicole Klappert und Anja Weller – Tel. (02 71) 59 40 - 3 07 / 3 15;<br />
Tel. Anzeigenannahme (02 71) 59 40 - 3 33 verantwl. für den Anzeigenteil: Elisabeth Trapp.<br />
Geschäftsstellen: Siegen, Obergraben 39; Olpe, Mühlenstr. 3; Kreuztal, Marburger Str. 17;<br />
Bad Berleburg, Poststr. 34; Betzdorf, Decizer Str. 6.<br />
Vertrieb: (02 71) 59 40 - 3 95. – Erscheint einmal wöchentlich. Anzeigenpreisliste Nr. 18 gültig.<br />
der Annäherung an Deutschland.<br />
Noch drei Monate vor<br />
dem Mauerfall habe er Kohl gegenüber<br />
die Wiedervereinigung<br />
als „Problem des 21. Jahrhunderts“<br />
bezeichnet. „Wir müssen<br />
jetzt weitergehen“, mahnte er<br />
zugleich. Die Möglichkeiten der<br />
Zusammenarbeit seien nach der<br />
Wiedervereinigung bislang<br />
kaum genutzt.<br />
Der frühere US-Präsident<br />
Bush senior hob hervor, dass die<br />
deutsche Wiedervereinigung zugleich<br />
das Ende des Kalten<br />
Krieges markiert habe. „Am Ende<br />
konnten die Hoffnungen der<br />
Menschen nicht weiter unterdrückt<br />
werden.“ Auch Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel<br />
(CDU) wohnte dem Festakt<br />
bei. (ddp)<br />
winnen, wenn uns eine Entwicklungspolitik<br />
für den ganzen<br />
Planeten gelingt.“ Der Bundespräsident<br />
konstatierte erheblichen<br />
Reformbedarf. Viele internationale<br />
Organisationen steckten<br />
noch in den Strukturen der<br />
Zeit unmittelbar nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg fest. Die Europäische<br />
Union sieht Köhler<br />
als Vorbild für eine neue Weltfriedensordnung.<br />
Foto: ddp