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Eine gesunde Praxis... - MEDI Deutschland

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<strong>Praxis</strong>management<br />

Hausbesuch bei Eis und Schnee?<br />

Die Wetterkapriolen des letzten Winters<br />

sind vielen Hausärzten noch deutlich<br />

in Erinnerung: Schneetreiben, Blitzeis<br />

und meterhohe Schneewehen machten<br />

den Alltag nicht gerade leichter. Ist ein<br />

Arzt eigentlich verpflichtet, bei jedem<br />

Wetter Hausbesuche durchzuführen?<br />

Ganz ungefährlich ist es schließlich nicht,<br />

bei schlechtem Wetter einer nächtlichen<br />

Hausbesuchsanforderung in abgelegener<br />

Gegend nachzukommen. Bei heftigem<br />

Schneefall sind Nebenstraßen oder Zufahrten<br />

zu abgelegenen Gehöften vielleicht<br />

nicht geräumt. Ist es dem Arzt zuzumuten,<br />

dass er sich trotzdem auf den<br />

Weg macht?<br />

„Grundsätzlich hat der Vertragsarzt<br />

eine Besuchspflicht laut §17 Abs.6 Bundesmantelvertrag­Ärzte<br />

(BMVÄ), wenn der<br />

Patient wegen Krankheit die <strong>Praxis</strong>räume<br />

nicht aufsuchen kann“, erklärt Rechtsanwältin<br />

Ute Frodl (www.messner­doenne<br />

brink.de). Für den Einzelfall zivilrechtlich<br />

und strafrechtlich bedeutsam ist außerdem<br />

die Garantenstellung des Arztes:<br />

Wenn er den Behandlungsvertrag übernommen<br />

hat, ist er auch zum Besuch<br />

verpflichtet. Aus diesem Grund ist die<br />

erste Reaktion am Telefon wichtig. Hier<br />

werden die Weichen für die Frage gestellt,<br />

ob ein Behandlungsvertrag zustande<br />

kommt oder nicht. Dies gilt übrigens<br />

nicht nur für Hausärzte, sondern auch für<br />

Gebiets­ und Notärzte,<br />

• wenn sie konsiliarisch hinzugezogen<br />

werden und weitere Besuche erforderlich<br />

werden oder<br />

• wenn bei Patienten, die von ihnen behandelt<br />

werden, wegen einer Erkrankung<br />

auf seinem Fachgebiet ein Besuch<br />

notwendig ist.<br />

„Sobald der Arzt die Anfrage des<br />

Patienten entgegengenommen, nachgefragt<br />

und vielleicht sogar erste Ratschläge<br />

erteilt hat, ist ein Behandlungsvertrag zu­<br />

Hat der Arzt den Behandlungsvertrag<br />

übernommen,<br />

muss er Hausbesuche machen,<br />

so Ute Frodl.<br />

31<br />

stande gekommen“, erläutert die Fachanwältin<br />

für Medizinrecht. „Die Wetterverhältnisse<br />

oder der Straßenzustand spielen<br />

für diese Frage keine Rolle“. Auch die<br />

Aufnahme eines Patienten in einen Hausarzt­<br />

oder Facharztvertrag begründen einen<br />

Behandlungsvertrag.<br />

Ärzte müssen sich selbst<br />

nicht gefährden<br />

<strong>Eine</strong> Verpflichtung zur Behandlung ergibt<br />

sich daraus allerdings nur dann, wenn<br />

der Arzt sich selbst dadurch nicht gefährdet.<br />

Wenn Schneechaos oder Blitzeis die<br />

Autofahrt zu einem Wagnis machen,<br />

muss der Arzt keinen Hausbesuch durchführen.<br />

„<strong>Eine</strong> erhebliche eigene Gefährdung<br />

exkulpiert den Arzt“, so der juristische<br />

Fachausdruck. Das gilt nicht nur für<br />

scheußliche Wetterverhältnisse, sondern<br />

auch für als gewalttätig bekannte Patienten.<br />

Der Arzt darf allerdings den Besuch<br />

nicht einfach verweigern, sondern muss<br />

dafür sorgen, dass dem Patienten auf andere<br />

Art geholfen wird. Und er sollte diesen<br />

Vorgang unbedingt sorgfältig dokumentieren.<br />

Im Zweifelsfall kann es nämlich<br />

zivilrechtliche und berufsrechtliche<br />

Konsequenzen nach sich ziehen, wenn<br />

der Pflicht zum Hausbesuch wirklich oder<br />

angeblich nicht nachgekommen wird.<br />

Bei Schneechaos ist es für einen<br />

Hausarzt auf dem „platten Land“ besonders<br />

schwer, die Pflichten aus dem Behandlungsvertrag<br />

zu erfüllen. Der Rat, sich<br />

an das nächste Krankenhaus zu wenden<br />

oder einen Krankenwagen zu organisieren,<br />

schiebt den Schwarzen Peter oft ja<br />

nur zu einem anderen Player im Gesundheitswesen.<br />

Für einen Notfall gibt es vielleicht<br />

einen Rettungshubschrauber, aber<br />

ob der bei Schneetreiben alle Hausbesuchsanfragen<br />

in der Region anfliegen<br />

kann, darf bezweifelt werden. „Das spielt<br />

rechtlich gesehen keine Rolle“, entgegnet<br />

Frodl und rät dazu, zur eigenen rechtlichen<br />

Sicherheit selbst entweder den<br />

Notfalldienst, den Notarzt oder einen<br />

Kollegen, der in der unmittelbaren Umgebung<br />

des Patienten niedergelassen ist,<br />

zu organisieren. In der Rettungsleitstelle<br />

werden Anfragen dokumentiert, was im<br />

Fall eines juristischen Nachspiels wichtig<br />

sein kann.<br />

Ruth Auschra

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