<strong>MEDI</strong>times Wie schreibt man einen guten Leserbrief? Wenn die Wut über einen Artikel groß genug ist, reagiert somancher mit einem Leserbrief. Viele dieser Briefe bleiben allerdings unveröffentlicht. Woran liegt das? Und wie steigert man die Chancen, seinen Brief in FAZ, „Bild“ oder „Kassenarzt“ zu finden? Dr. Uwe Richter kennt das Redaktionsgeschäft seit Jahren. Angefangen hat er beim „Hamburger Abendblatt“, später war er bei der „Medical Tribune“, heute ist er Chefredakteur beim „Kassenarzt“. Ärzte schreiben seiner Erfahrung nach selten Leserbriefe. Aber wenn sie doch schreiben, „dann wird es meistens heftig.“ Viele Leserbriefe sind zu lang, so Richter. Und wenn sie kurz sind, handelt es sich oft um unflätige Formulierungen, gerne handschriftlich auf ein Blatt gekritzelt. „Oft muss man nachfragen, ob der Schreiber tatsächlich möchte, dass diese Äußerungen unter seinem Namen abgedruckt werden sollen“, schmunzelt Richter, „oder ob er einfach nur einmal Wut ablassen wollte“. Als Chefredakteur freut er sich über Leserpost, auch über kritische Schreiben. „Aber sie sollten konstruktiv sein, neue Aspekte und Lösungsideen beinhalten“, fasst er zusammen. Leserbriefschreiben leicht gemacht Am besten machen Sie dem Redakteur die Arbeit möglichst leicht. Stellen Sie schon in der Betreffzeile klar, dass es sich um einen Leserbrief zum Text von XY aus der Ausgabe XZ handelt. Als Einstieg eignet sich eine kurze Einleitung zu dem Text, auf den man sich bezieht: „In Ihrem Bericht über …sind bedauerlicherweise einige Ungenauigkeiten enthalten“. Dann folgt eine extrem knappe Zusammenfassung des zu korrigierenden Punktes („Falsch ist die Behauptung …“). Daran schließt sich die eigentliche Ausführung Ihres Standpunktes an. Ein paar Grundsätze sind beim Schreiben zu beachten: So sind Nachrichten von <strong>Praxis</strong>team vorletzter Woche für Redakteure längst kalter Kaffee. Der erste Leserbrief, der in der Redaktion zu einem Text eingeht, hat die besten Chancen, veröffentlicht zu werden. Diese Chancen kann man leicht zerstören, wenn man seitenlange Pamphlete verschickt. Konzentrieren Sie sich beim Schreiben auf den Kern Ihres Anliegens, auch wenn Sie zu jedem Thema zwischen Himmel und Erde etwas sagen könnten. In der Kürze liegt bekanntlich die Würze –oder wenigstens die Chance, dass der unter Dauerstress arbeitende Redakteur den Text überhaupt liest. Wenn er kürzen muss, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Veröffentlichung. Um den üblichen Umfang abschätzen zu können, lesen Sie einfach ein paar Leserbriefe durch, die das Blatt in der Vergangenheit abgedruckt hat. Zeigen Sie Souveränität! Auch dann, wenn Sie menschlichemotional betroffen sind, sollte Ihr Stil nicht unter die Gürtellinie gehen. Beschimpfungen werden per se nicht abgedruckt, egal ob Journalisten oder Politiker angegriffen werden. Fakten und Erklärungen dagegen sprechen für sich und für die Qualifikation des Schreibers. Außerdem schont ein sachlicher Stil die Nerven des Redakteurs –auch das ist nicht ganz unerheblich, wenn er auf Ihrer Seite sein soll. Übertreibungen werden leicht als solche enttarnt und dienen dann der Disqualifizierung des Leserbriefschreibers. Wer zum Stilmittel der Ironie greift, muss sich im Klaren darüber sein, dass dies missverstanden werden kann. Auch in der Hitze des Schreibens sollte schließlich die korrekte Rechtschreibung nicht vergessen werden. Werden peinliche Tippfehler mit abgedruckt, hat man sich mit dem Leserbrief keinen Gefallen getan. Ruth Auschra 34 Leserbriefe müssen konstruktiv sein, weiß Uwe Richter. Wie kommt Ihr Brief in die „Bild“? Leserbriefe sollten prägnant und gut formuliert sein und sich klar mit einem (!) Thema beschäftigen. Die Meinungsäußerung sollte möglich kurz sein und keine Allgemeinplätze wiederholen. Apropos Meinungsäußerung: Darum geht es bei Leserbriefen. Meinungsstarke und sachliche Leserkommentare haben wir gern, ausfällige Pöbeleien, Kraftausdrücke und Beleidigungen wandern gleich in den Papierkorb. Leserbriefe sollten mit einem eindeutigen Absender und Kontaktdaten für Rückfragen gekennzeichnet sein. Seit einiger Zeit veröffentlichen wir neben der Meinung auch ein Foto des wichtigsten Leserbriefs des Tages. So wird der Leser doppelt wertgeschätzt. Nicht jeder kann von sich behaupten, dass seine Meinung von mehr als 11 Millionen Lesern gelesen und sein Portrait betrachtet wird. Das schafft mehr Aufmerksamkeit, auch für dieses ansonsten zeilenlastige Format, immerhin heißen wir „Bild“. Außerdem schaffen wir so Transparenz und Authentizität, das ist uns wichtig. Wer eine Meinung hat, sollte dazu stehen. Wünschen nach Anonymität beim Abdruck kommen wir daher nicht nach. Dorothea Misch, Leiterin der Leserredaktion von „Bild“ und „Bild am Sonntag“
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