Die Ox-CD 69 ¡ ReReleas - Webseite von Thomas Neumann
Die Ox-CD 69 ¡ ReReleas - Webseite von Thomas Neumann
Die Ox-CD 69 ¡ ReReleas - Webseite von Thomas Neumann
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
keine füllen, für die Charts fehlen die Hits. Das ist gut so,<br />
JANKA passen nicht ins Stadion, „In die Arme <strong>von</strong>“ braucht<br />
keine Hits, es hat Gefühle, hat Tiefgang. Pop heißt die Musik,<br />
Hamburger Schule <strong>von</strong> mir aus die Szene. Man war im<br />
angesagten Studio, hatte die angesagten Produzenten, kennt<br />
diverse der angesagten Bands persönlich, hat mit ihnen getourt,<br />
hat auch selbst schon lange zuvor in Bands gespielt<br />
(BLOBKANAL, JUNGES GLÜCK, GARY). Doch Namedropping<br />
haben JANKA eigentlich nicht nötig, denn diese zwölf<br />
Songs hier verschweigen zwar nicht ihre Einflüsse, entfalten<br />
aber dennoch ihre eigenen Stärken, haben ihr eigenes<br />
Rezept: Akustikgitarre begleitet den Gesang, der prägnant,<br />
aber ruhig den Song einläutet, die Gitarren werden lauter,<br />
aber nicht wesentlich schneller, der Gesang eindringlicher,<br />
man erreicht den Höhepunkt, drosselt die Lautstärke, findet<br />
wieder zur Ruhe. Hie und da ein Piano im Hindergrund,<br />
bei „Punkt“ auch mal Bläser, die JANKA gut zu Gesicht stehen.<br />
Zwischendurch wird auch <strong>von</strong> Anfang an nach vorne<br />
gerockt, nicht aber ohne sich diese wohltuende das ganze<br />
Album durchziehende Wärme, diese, trotz so mancher verzerrter<br />
Gitarre, erhaltene Ruhe zu bewahren. JANKA liefern<br />
mit „In die Arme <strong>von</strong>“ ein Album für Menschen die auf<br />
handwerklich gut gemachte Populärmusik deutscher Sprache<br />
mit einem Hauch <strong>von</strong> Melancholie und viel Gefühl stehen<br />
und sich auch nicht vor vereinzelten Griffen in den<br />
Schmalztopf fürchten. (42:47) (8) H.C. Roth<br />
JULIETTE & THE LICKS<br />
Four On The Floor <strong>CD</strong><br />
Hassle/Pias | Es geht mir am Arsch vorbei, dass Mrs. Lewis<br />
bei Scientology ist, solange sie das weder auf ihren Konzerten,<br />
noch auf ihren Platten breittritt. Vor allem dann nicht,<br />
wenn sie wie auf ihrem<br />
neuen Album ordentlich<br />
Vollgas gibt und weiterhin<br />
ihrem Vorbild Iggy Pop in<br />
allen Hinsichten gerecht<br />
wird. <strong>Die</strong>se Frau strotzt<br />
vor Energie und lässt sie<br />
mit voller Wucht raus. Der<br />
Sound ist durchgehend<br />
rockiger und treibender<br />
als Teile <strong>von</strong> „You’re<br />
Speaking My Language“,<br />
was eventuell am neuen<br />
Schlagzeuger liegen mag.<br />
Im Studio hat man niemand Geringeren als Mr. Dave Grohl<br />
gewinnen können. Mrs. Lewis meinte dazu, man habe bereits<br />
vor 15 Jahren gemeinsame Auftritte gehabt, allerdings<br />
in zwei verschiedenen Bands. Zu der Zusammenarbeit jetzt<br />
kam es, als man gemeinsam mit den FOO FIGHTERS auf<br />
einem Festival spielte und Grohl anschließend für ein 5-<br />
Track-Demo den ausgestiegenen Drummer ersetzte. Das Ergebnis<br />
war so energetisch, dass es ein Leichtes war, ihn für<br />
das Album zu gewinnen. Ob aus „I still have the fantasy he’ll<br />
play live with us“ was wird, scheint mir bei der Mini-Clubtour<br />
diesen Herbst eher fraglich. Live-Performances, besonders<br />
<strong>von</strong> „Sticky honey“ und dem heimlichen Hit, „Purgatory<br />
blues“, kann ich kaum noch erwarten. Wie sangen dereinst<br />
in den Sechzigern THE LITTER? „I’m gonna find me<br />
an action woman.“ Juliette Lewis wäre da meine erste Wahl,<br />
aber die steht leider nur auf Kollegen ihres Zweitjobs. Aber<br />
geil wäre es schon! (33:45)(9) Claus Wittwer<br />
DAMIEN JURADO<br />
And Now That I’m In Your Shadow <strong>CD</strong><br />
Secretly Canadian | In zehn Jahren seiner Karriere hat Damien<br />
Jurado eine riesige Anzahl an Veröffentlichungen vorzuweisen,<br />
darunter in seiner Anfangszeit auch auf Sub Pop.<br />
Im Gegensatz zu den meisten anderen Veröffentlichungen<br />
dieses Labels, schimmert hier aber nicht der Wahnsinn<br />
durch die Anmut, Jurado und seine Mitstreiter beschränken<br />
rereleases<br />
Aussage einfach mal so stehen. <strong>Die</strong> im Oktober 1983 in einem<br />
Pariser Vorort gegründete Band war damals beeinflusst<br />
<strong>von</strong> DEAD KENNEDYS, BAD BRAINS, DISCHARGE und MI-<br />
NOR THREAT, aber auch SLIME, RAZZIA und NEUROTIC<br />
ARSEHOLES, später dann kamen SIEGE, F.O.D., MDC, OFF-<br />
ENDERS, INFERNO, NEGAZIONE und so weiter dazu, und<br />
das war dann auch der Zirkel, in dem man sich bewegte, die<br />
Bands, mit denen man in Frankreich, aber auch in Belgien<br />
und Deutschland zusammen Konzerte spielte. In bester<br />
HC-Tradition waren die Songs <strong>von</strong> HEIMAT-LOS maximal<br />
ein bis zwei Minuten dauernde Attacken, schnarrend<br />
und scharf, aber musikalisch abwechslungsreich (siehe die<br />
oben aufgeführten Bands) und nicht das übliche Uffta-Uffta<br />
so vieler Zeitgenossen – sogar mit lagerfeuertauglichen<br />
Songs („Last train to Tucson“) konnten die Franzosen dienen.<br />
Dazu kamen mal französische, mal englische Texte mit<br />
einer klaren politischen Ausrichtung: gegen Umweltzerstörung,<br />
Staatsgewalt, Unterdrückung, für ein selbstbestimmtes<br />
Leben. <strong>Die</strong>se Doppel-<strong>CD</strong> mit 90(!) Songs ist ein beeindruckendes,<br />
umfassendes Dokument einer Ausnahmeband, und<br />
das Booklet platzt beinahe vor Zusatzinfos, ist voll mit Texten,<br />
einer mehrsprachigen History, Fotos, Flyern und so weiter.<br />
Ein lohnenswerte und lobenswerte Veröffentlichung, die<br />
klar macht, warum Hardcore mehr als nur Musik ist (war?).<br />
Mehr Infos unter heimatlos.com. (8) Joachim Hiller<br />
IKE YARD<br />
1980-82 Collected <strong>CD</strong><br />
acuterecords.com/Cargo | Man sollte sich nie der Illusion<br />
hingeben, über ein auch nur halbwegs umfassendes Musikwissen<br />
zu verfügen. Mir etwa waren IKE YARD bislang völlig<br />
unbekannt, und das, obwohl die New Yorker ihr einziges<br />
Album 1982 auf Factory veröffentlichten. Für mich und andere<br />
Spätmerker gibt es aber jetzt diese vorzügliche Zusammenstellung<br />
<strong>von</strong> Factory-Album und Les Disques du Crépuscule-EP<br />
(plus diverse unveröffentlichte Tracks), in deren<br />
Booklet sich ausführliche Linernotes <strong>von</strong> zwei einstigen<br />
Bandmitgliedern finden. Gegründet wurden IKE YARD<br />
(deren Name wie der <strong>von</strong> HEAVEN 17 auf eine Plattenladenszene<br />
in „A Clockwork Orange“ zurückgeht) 1980 <strong>von</strong><br />
vier Leuten mit sowohl Punk- wie Kunst-Hintergrund, die<br />
aber teilweise auch die New Yorker No Wave-Szene mitbekommen<br />
hatten, sich für JOY DIVISON, SUICIDE, KRAFT-<br />
WERK, DER PLAN, MALARIA!, Krautrock und Stockhausen<br />
gleichermaßen interessierten und mit ihrer Musik vor allem<br />
neue Wege gehen wollten. Das bedeutete damals konsequent<br />
den Einsatz elektronischer Gerätschaft, neben Bass,<br />
Gitarre und Schlagzeug. Und mit einer Vorliebe für repetitive<br />
Beats und soundscapehafte Klänge entstanden so weitgehend<br />
instrumentale Stücke <strong>von</strong> oft hypnotischer Monotonie<br />
mit zeitweisen Dub-Anklängen. Noch bevor IKE YARD<br />
die Chance hatten, mit ihrem ersten Album eine an innovativen<br />
Klängen interessierte Öffentlichkeit zu erreichen, lösten<br />
sie sich Anfang 1983 auf. Dank Acute Records wurden<br />
18 ihrer Stücke jetzt vor dem Vergessen bewahrt und erweist<br />
sich diese <strong>CD</strong> als spannendes Dokument einer innovativen,<br />
ambitionierten Band. (78:37) (8) Joachim Hiller<br />
JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE<br />
Früher war auch nicht alles gut <strong>CD</strong><br />
bastardizedrecordings.de | Hier liegt nun eine Art Best-<br />
Of der alten D.I.Y.-Aufnahmen der selbsternannten Grindpunks<br />
aus Krefeld aus den Jahren 1998 bis einschließlich<br />
2002 vor. Damals als kleines Internetprojekt gestartet, um<br />
die kurzen, knackigen Grindcore-Songs mit den eigensinnigen,<br />
deutschen Texten via World Wide Web jedem zugäng-<br />
074 <strong>Ox</strong>-Fanzine #68<br />
sich auf das Eingängige. Extrem leise Musik mit Akustikgitarre<br />
gibt es zu hören, manchmal für meinen Geschmack<br />
etwas arg zu spartanisch gehalten, und leider viel zu häufig<br />
allzu träge. <strong>Die</strong> perfekte Musik für das letzte besoffene<br />
Häuflein ums erlöschende Lagerfeuer, und manchmal<br />
bläst einer trostlos in die Mundharmonika dazu. Ganz nett,<br />
aber auf Dauer bin ich für soviel Trübsal nicht in Stimmung.<br />
(48:19) (5) Christian Meiners<br />
JAPANTHER<br />
Yer Living Grave <strong>CD</strong><br />
menloparkrecordings.com | Um total kaputten, fiesen<br />
LoFi-Noiserock mit wunderbar schrägem Pop, tanzbarem<br />
No Wave, melodischem Gesang und aberwitzigen Hip-<br />
Hop-Samples auf so einzigartige und unvergleichliche Weise<br />
zu kombinieren wie JAPANTHER, dafür muss man seine<br />
Seele vermutlich dem Teufel verkaufen. Zwar enthält auch<br />
„Yer Living Grave“, deren sieben Songs während der Tour zu<br />
„Wolfenswan“ größtenteils live aufgenommen wurde, wieder<br />
Stücke, die auf ihren anderen Veröffentlichungen in anderen<br />
Versionen bereits enthalten waren, aber das macht<br />
gar nichts, schließlich sind die Lieder so gut, dass man sie<br />
eh wieder und wieder hören möchte. Und während andere<br />
Bands jahrelang sprichwörtlich denselben Song neu einspielen,<br />
damit aber einfach nur langweilen (Ausnahmen<br />
wie die RAMONES natürlich ausgeschlossen), liefern JA-<br />
PANTHER also wörtlich immer wieder den gleichen Song<br />
ab und so führt auch kein Weg daran vorbei, sich diesen<br />
Herbst alle Stücke noch einmal, wenn sie auf Tour sind, in<br />
Live-Versionen anzuhören. Und das lohnt sich bestimmt,<br />
denn bereits die auf <strong>CD</strong> gebannten Aufnahmen versprechen,<br />
dass Schweiß, Blut und Tränen in Strömen fließen werden.<br />
Schweiß: klar, vor Anstrengung, Blut: vielleicht, zur Unterhaltung,<br />
und Tränen: vor Begeisterung! Und wer das nicht<br />
glaubt, der surfe zu YouTube und sehe sich die Live-Darbietungen<br />
<strong>von</strong> JAPANTHER mit SynchronschwimmerInnen<br />
an und schweige, bis es auf den Konzerten vor Freude zu<br />
schreien gilt! Trash-Punk, der größer ist als Gott, oder besser:<br />
der Teufel! (15:30) (10) Chris Wilpert<br />
JOYSTIX<br />
Playin’ With Fire <strong>CD</strong><br />
Shotgun Generation | Jeder hat ihn mal erlebt: jenen Schultag,<br />
als irgendwer im Englischunterricht das Wort „joystick“<br />
wörtlich übersetzt hat. Kicher. Spätestens nach der großen<br />
Pause hat es dann aber auch schon keiner mehr lustig gefunden.<br />
Ganz im Gegensatz zu den aus den SONI<strong>CD</strong>OLLZ<br />
hervorgegangenen ungarischen Punk-Rock’n’Rollern <strong>von</strong><br />
THE JOYSTIX – die finden das so lustig, dass sie für die ganz<br />
Dummen sogar einen Übersetzungshinweis in ihr Bandlogo<br />
eingearbeitet haben: „Just stick it in – and the fun begin.“<br />
Worum sich die Texte <strong>von</strong> „Playin’ With Fire“ so drehen, ist<br />
klar: Schlüpfrigkeiten und Männerphantasien – und das alles<br />
in einem bemühten riffigen Rock’n’Roll-Gewand. Man<br />
hat das alles schon origineller gehört. (38:15) (4)<br />
Simon Loidl<br />
JUNKPILE JIMMY<br />
Alberhill 2LP<br />
cartel-ilustre.com | „Alberhill“ wurde zwar <strong>von</strong> Jim weitgehend<br />
alleine eingespielt, es gibt hier aber nicht unbedingt<br />
klassischen One-Man-Band-Sound zu hören. Vielmehr<br />
werden hier Einflüsse wie DOO RAG oder John Schooley<br />
(und laut Beiblatt noch einige mehr. Ein Wermutstropfen<br />
hier: <strong>Die</strong> Nennung solch zwielichtiger Metalbands wie EM-<br />
PEROR, aber das hat bei SCUM ja auch keinen gestört ...) mit<br />
Radiorauschen, Waschmaschinenlärm, Tierlauten und noch<br />
einigem Krach mehr zu teilweise abenteuerlichen Stücken<br />
gemischt, aufgenommen natürlich stilecht auf vier Spuren.<br />
Einige „klassischere“, bluesige Stücke gibt’s auch, generell<br />
regiert hier aber Krach, Hass und die verzerrte Slideguitar.<br />
Dazu kommen solch freundliche Themen wie Alk und<br />
lich zu machen, nahm man paar Jahre nach dem „kommerziellen“<br />
Durchbruch alle Songs <strong>von</strong> der Archiv-Seite, um sie<br />
nun in gepresster Form zum käuflichen Erwerb anzubieten.<br />
Glücklicherweise kam man nicht auf die Idee, die alten Kassettenaufnahmen<br />
digital zu überarbeiten, insofern kommt<br />
man in den ungefilterten Genuss der alten Songs. Leider<br />
verzichtete man auf eine komplette Diskografie aus dieser<br />
Zeitspanne, aber wahrscheinlich hebt man sich die restlichen<br />
Tracks und Coverversionen für spätere Verwendungszwecke<br />
in der wirklichen Welt auf. Ich für meinem Teil bin<br />
froh, mir damals die Sachen komplett auf <strong>CD</strong> gebrannt zu<br />
haben, so wie es früher zumindest die Intention der werten<br />
Herrschaften gewesen ist. Wie dem auch sei, für eingefleischte<br />
Fans wie Neulinge, die damals die Chance nicht ergreifen<br />
konnten, sich die kompletten alten Aufnahmen auf<br />
den Rechner zu ziehen, alle Mal eine lohnende Investition,<br />
auch wenn das „Bastellayout“ sehr zu wünschen übrig lässt<br />
und man auf umfangreiche Linernotes verzichten muss.<br />
Kube<br />
JENNY PICCOLO<br />
Discography <strong>CD</strong><br />
threeoneg.com | Ooops, nach dem Tippen der Überschrift<br />
sind schon mal eben 6 der insgesamt 52 Songs der JENNY<br />
PICCOLO-Diskografie vorbei ... JENNY PICCOLO waren als<br />
Powerviolence-Trio Ende der Neunziger unterwegs und haben<br />
mehrere Scheiben bei Three.One.G veröffentlicht, die<br />
hier alle zusammen mit anderen äußerst raren Veröffentlichungen<br />
wieder abseits des eBay-Preiswahnsinns das Licht<br />
der Welt erblicken. Wie es bei solchen Zusammenstellungen<br />
nun mal ist, mit durchaus wechselnder Soundqualität,<br />
die aber eigentlich immer annehmbar ist. JENNY PIC-<br />
COLO spielen diese überspitze Hardcore-Variante, die gerne<br />
mal unter Spazzcore firmiert, also irgendwo in der Grauzone<br />
zwischen Grindcore, Hardcore und Chaos. Das machen<br />
sie gar nicht mal so schlecht, aber an Urväter dieser Szene<br />
wie HERESY oder alte NAPALM DEATH kommen sie beim<br />
besten Willen nicht ran. (36:54) (6) Dr. Oliver Fröhlich<br />
JOAN OF ARC<br />
The Intelligent Design Of <strong>CD</strong><br />
Polyvinyl | <strong>Die</strong> ohnehin schon leicht obskuren JOAN OF<br />
ARC halten Rückschau und haben ihre 7“s, Samplerbeiträge,<br />
Coverversionen und japanischen Bonustracks auf diesem<br />
Album versammelt. <strong>Die</strong> Reise in die Vergangenheit beginnt<br />
1996 und so sind die ersten zehn Lieder nicht gerade Easy<br />
Listening. <strong>Die</strong> zweite Hälfe ist hingegen angenehmer und<br />
ohne Frage schön. Meine Begeisterung hält sich allerdings in<br />
Grenzen. Ich will Polyvinyl keine Backkatalog-Ausschlachtung<br />
unterstellen, aber es ist schon schwer genug, dem regulären<br />
Output <strong>von</strong> Tim Kinsella zu folgen, und da JOAN<br />
OF ARC eine sehr konzeptionelle Band sind und diese Zusammenstellung<br />
nur der Chronologie folgt, ist sie eben sehr<br />
unstimmig. Insgesamt würde ich beinahe sagen unnötig,<br />
da im Herbst schon wieder ein Album <strong>von</strong> Kinsellas neuer<br />
Band MAKE BELIEVE ansteht. Wer will da alte Songs hören?<br />
(76:25) (6) <strong>Thomas</strong> Eberhardt<br />
KICK JONESES<br />
Streets Full Of Idiots <strong>CD</strong><br />
Flight 13/Cargo | Vor rund zehn Jahren erschien mit<br />
„Streets Full Of Idiots“ das ersten Album der Pfälzer Band<br />
KICK JONESES, und tröstete zahlreiche Fans über das Loch<br />
hinweg, welches die Trennung der WALTER ELF damals hinterlassen<br />
hatte. Denn aus diesen entstanden seinerzeit KICK<br />
JONESES, die sich fortan dem englischsprachigen Punkrock<br />
verschrieben hatten. Und dass sie dabei stets viel Wert<br />
auf ausgefeiltes Songwriting legten, kann man noch einmal<br />
auf dieser Neuveröffentlichung gut hören. <strong>Die</strong> Vorliebe für<br />
Bands wie DESCENDENTS, ADOLESCENTS, GODFATHERS,<br />
ALL oder ANGRY SAMOANS versucht man dabei erst gar<br />
Drogen, Knarren, Prügeleien, Tod und andere White-Trash-<br />
Phantasien und der Herr Musiker sieht auf dem beiliegenden<br />
Poster, aufgenommen vor einer Bruchbude mit Gewehr,<br />
Bierflasche und Schaukelstuhl im Hintergrund, auch nicht<br />
gerade wie der favorisierte Schwiegersohn des Peace-Punks<br />
<strong>von</strong> nebenan aus. Was soll ich sagen, mir gefällt es, wie so oft<br />
ist die Platte mit 28 Songs bloß mal wieder etwas zu lang<br />
geraten, aber es werden ja schließlich die Jahre 1998-2003<br />
abgedeckt. Eine Weltsicht wie in „Death total death“ ist jedenfalls<br />
eine realistische, wenn auch nicht sonderlich gesunde:<br />
„New suburban homes / But I see graves in row after<br />
row / Population grows / But all I see is piles of bones.“ (7)<br />
Alex Strucken<br />
JERSEY LINE<br />
Misery Club <strong>CD</strong><br />
Wynona | Sehr steiles Layout, ein Typ mit lila Lederjacke<br />
sitzt auf einer pinken Ledercouch, da hätte ich jetzt eher<br />
Disco erwartet, aber stattdessen gibt es Emocore aus Italien.<br />
Dort scheint die Emo-Welle noch nicht ganz abgeflaut<br />
zu sein und im Falle <strong>von</strong> THE JERSEY LINE tolerieren wir<br />
das mal, obwohl Sänger Gianni recht dick aufträgt und etwas<br />
weniger Pathos nicht schlecht gewesen wäre. Insgesamt<br />
gut, aber die Römer sind mir dann doch zu lieblich und etwas<br />
zu kantenlos. Das klingt alles eine Spur zu kommerziell<br />
und gewollt transatlantisch, dabei hat Italien doch so eigenständige<br />
Bands. (35:31) (6) <strong>Thomas</strong> Eberhardt<br />
KRASTY<br />
Voice As A Weapon <strong>CD</strong><br />
suspect-records.com | Das österreichische<br />
Sextett KRASTY spielt geradlinigen, Hardcore-beeinflussten<br />
Punkrock, der an die Rauheit<br />
K<br />
des ersten STRIKE ANYWHERE-Albums und<br />
ein wenig auch an deren Gefühle für melan-<br />
cholische Stimmungen erinnert. Das Erfreuliche und letztlich<br />
Besondere an KRASTY ist, dass sie eine Trompete in ihren<br />
Sound integrieren, die nicht nervig trötet, sondern vielmehr<br />
so eingesetzt wird, dass sie Songmomenten eine ganz<br />
eigene, teils melancholische Stimmung gibt. <strong>Die</strong> Kombination<br />
aus Blasinstrument und gut gespieltem Punkrock steht<br />
den Österreichern gut. Ihre politisch-persönlichen Texte<br />
sprechen außerdem für sie. Insgesamt eine sehr gelungene<br />
Mischung aus straightem Punkrock, nachdenklichen Strecken<br />
und eigenen Songideen. Wenn die Österreicher noch<br />
an ihrer Melodieführung und an einer für mich noch etwas<br />
zu zaghaften Stimme arbeiten, wird diese Band richtig gut.<br />
Trotzdem sollte „Voice As A Weapon“ Freunden der LOVED<br />
ONES und der LAWRENCE ARMS zusagen. (7) (32:43)<br />
Lauri Wessel<br />
KEINE AHNUNG<br />
Noch nicht allein <strong>CD</strong><br />
rheinrebell-records.de | Musikalisch sind KEINE AH-<br />
NUNG abwechslungsreich und die Inhalte ihrer Texte decken<br />
sich gut mit der Stimmung, die sie mit ihren Instrumenten<br />
erzeugen. Aber der Gesang ist bei den ersten Stücken<br />
sehr holprig und erinnert mich an Gedichte, die man<br />
zu Grundschulzeiten auswendig vor der Klasse vortragen<br />
musste. Bei „Brüder zur Sonne“ werden die gesanglichen<br />
Defizite offensichtlich, ein schwaches Cover <strong>von</strong> „BGS/<br />
GSG“ der BUTTOCKS und streckenweise abgedroschene<br />
Sprüche über den Weltpolizisten USA und den Schwarzen<br />
Block machen die Platte aber wieder zu einer <strong>von</strong> Millionen<br />
anderen – zu denen mir auch einfach nichts mehr einfällt.<br />
(36:05) (3) Katrin Schneider<br />
KONFUZ<br />
Nicht dabei <strong>CD</strong><br />
nix-gut.de | KONFUZ kommen aus Hameln und beehren<br />
seit 2002 die Welt mit einer Mischung aus Punkrock,<br />
Ska und Reggae. „Nicht dabei“ ist ihre erste Platte und dafür<br />
nicht zu verheimlichen. Aufgestockt werden die vierzehn<br />
Albumtracks diese <strong>CD</strong> mit noch um neun rare oder unveröffentlichte<br />
Bonustracks. So bekommt man eine ordentliche<br />
Ladung KICK JONESES aus ihren Anfangstagen. Und das<br />
sprüht nur so vor Spielfreude und –witz. Schöner Rerelease.<br />
(71:24) (8) Abel Gebhardt<br />
KIDNAPPERS<br />
Ransom Notes And Telephone Calls <strong>CD</strong><br />
aliensnatch.com | Vor ein paar Monaten erschien das neue<br />
Album der KIDNAPPERS auf Rip-Off, doch leider muss ich<br />
sagen, dass die Band da wie neulich live vor den BELLRAYS,<br />
für mich nicht wieder die Perfektion erreicht hat, die sie<br />
mit ihrem Debüt „Ransom Notes ...“ <strong>von</strong> 2003 auf Vinyl<br />
gebannt hatte. Um so besser, dass dieses exzellente Album<br />
jetzt in einer remasterten <strong>CD</strong>-Version vorliegt, ergänzt um<br />
die drei Songs der „Zaxxon“-Bonus-7“. Und das schrieb ich<br />
damals: Hervorgegangen aus den HIGHSCHOOL ROCKERS,<br />
sind die KIDNAPPERS doch glatt noch mal ein gutes Stück<br />
besser – alleine für die unglaubliche Killernummer „Close<br />
to you“, eine vor Schmalz nur so triefende Nummer, ist<br />
die Platte ihr Geld schon wert. Und auch sonst ziehen die<br />
KIDNAPPERS ihr Ding, eigentlich poppige Punksongs in<br />
einer krachigen und dabei doch sweeten Weise runterzurotzen,<br />
unglaublich souverän durch. Mich erinnert das in<br />
den besten Momenten an HÜSKER DÜs verzweifelten Kracher<br />
„Diane“, wobei die KIDNAPPERS jedoch keinen Zweifel<br />
daran lassen, dass ihre Helden viel eher die RAMONES<br />
sind. Und natürlich TEENGENERATE und nicht nur die RIP-<br />
OFFS, sondern auch LOLI & THE CHONES, sonst würden sie<br />
deren „Everybody hates me“ ja nicht covern. Musik, so cool<br />
und basal wie Lederjacke, Jeans und Chucks – das passt immer.<br />
(8) Joachim Hiller<br />
LUZIFERS MOB<br />
Complete 50 Song Discography <strong>CD</strong><br />
Repoman | Zum zehnjährigen Bandbegräbnis gibt es nun<br />
endlich die vollständige Werkschau der Lärmkönige aus<br />
Karlsruhe. Hier wurde alles zusammengetragen, was in den<br />
vier Jahren des Bandbestehens regulär, in welcher Vinylform<br />
auch immer, veröffentlicht wurde, obendrauf gibt es das<br />
erste Demo, das nur die Beinharten in ihrem Schrank stehen<br />
hatten. Tutto kompletto mit allen Texten, Linernotes, jeder<br />
Menge Fotos und an den Stellen, wo es möglich war, auch<br />
Sound-Upgrade. Erstaunlich, wie dieses Hammer-Hardcorebrett<br />
auch heute noch seine volle Wirkung entfaltet.<br />
Ohne viel Rumgewichse, Zielen und großes Rumgeschnatter<br />
wird gleich aus der Hüfte geballert, das volle Magazin<br />
leer gepumpt und dann nachgeschaut, ob man was getroffen<br />
hat. <strong>Die</strong> fünfzig Songs gibt es in nicht mal 45 Minuten,<br />
was eigentlich schon mehr als genug über ausgedehnte Vorspiele<br />
sagt. Auf einer Höhe mit Bands wie DROPDEAD oder<br />
ASSÜCK, nur fand ich den Mob stets wesentlich interessanter,<br />
weil er einfach live spielte und sowohl auf Platte als<br />
auch auf der Bühne richtig bolzte, ohne jemals in dieses Hasenfickerschlagzeuggerammel<br />
zu verfallen. Außerdem hatten<br />
und haben die Jungs hier einfach mehr Humor. Noisecrusttrashgeballer-Geschichtsunterricht,<br />
der einfach in jeden<br />
Tinnitus-Haushalt gehört. Allerdings bezweifle ich, dass<br />
die reguläre 666er+100-<strong>Die</strong>-Hard-Fan-Auflage dafür ausreichen<br />
wird. Lärm kann tatsächlich so verdammt geil sein!<br />
(9) kalle stille<br />
LES SAVY FAV<br />
3/5 <strong>CD</strong><br />
frenchkissrecords.com/Alive | So als kleines Trösterchen<br />
und zur Überbrückung der Wartezeit auf das neue Album,<br />
das Anfang 2007 erscheinen soll, haben die New Yorker LES<br />
SAVY FAV ihr einst 1997 auf The Self Starter Foundation erschienenes<br />
Debütalbum „3/5“ auf French Kiss, dem Label<br />
<strong>von</strong> Bassist Syd Butler, neu aufgelegt. Der <strong>von</strong> James Mur-<br />
wirklich nett anzuhören. Manche Stücke lassen mich sogar<br />
wirklich aufhorchen, so zum Beispiel „Endspurt“. Auch<br />
schmeißt das Trio nicht nur stur verschiedene Stilelemente<br />
zusammen, sondern Musik und Texte scheinen gut überlegt<br />
und durchdacht. Eine solche Band hätte ich nicht auf<br />
Nix Gut erwartet, war ich doch gerade wieder kurz davor,<br />
das Label in einer Schulblade abzulegen. Aber je länger ich<br />
mir „Nichts dabei“ anhöre, desto mehr ist für mich dabei.<br />
(52:57) (6) Katrin Schneider<br />
BEN KWELLER<br />
Ben Kweller <strong>CD</strong><br />
Red Ink | Eigentlich war ich gar nicht heiser, aber als ich<br />
den Umschlag mit all meiner Kraft zerriss, weil ich so eine<br />
Vorahnung hatte, da verlor ich meine Stimme. „AAaahhh,<br />
ich hab’s , ich hab’s ich ich ich!“ Für diese wenigen Sekunden<br />
umarmte ich Ben Kwellers neue Platte innig und fühlte<br />
mich wie die einzige Person, die sie hören darf. Nein, ich<br />
habe mich nicht dabei gedreht, sondern bin total schwerelos<br />
zum <strong>CD</strong>-Spieler gehüpft, hab Play gedrückt und mich<br />
gleich fünf Mal <strong>von</strong> Titel eins bis elf zudröhnen lassen. Ebenso<br />
wie auf „My way“ klammert er sich wieder an die Dinge,<br />
die unser Leben tagein, tagaus beglücken, oder zieht zwischen<br />
den Zeilen über Verhaltensweisen und gesellschaftliche<br />
Systeme her. Weiterentwickelt hat man sich insofern, als<br />
dass nun alle Instrumente da sind, die auch auf einer polnischen<br />
Hochzeit nicht fehlen dürfen: Glockenspiele, Xylophone,<br />
Klavier und ein wenig Umppa Dumppa auf dem<br />
Bass. Und ja – genau alles wurde selber eingespielt, wofür<br />
ich ihn sehr beneide bei meinem Mangel an motorischen<br />
Fähigkeiten. <strong>Die</strong>se Mischung aus Gitarrenpop, Anti-Folk,<br />
den er sich aufgeschnappt hat, als er <strong>von</strong> Texas nach NY zog,<br />
und noch das letzte Stück, Punk-Einfluss <strong>von</strong> seiner ehemaligen<br />
Band RADISH – alles zusammen herzlich zusammengestellt<br />
wie eine Wundertüte. Ich bin so hibbelig und will<br />
mitten im Lied aufs nächste Lied schalten und stehe in einem<br />
unglaublichen Konflikt, nein, erst zu Ende hören, dann<br />
zu „I gotta move“, „This is war“ oder „Sundress“ umschalten.<br />
Meine Finger machen schon die absurdesten Bewegungen<br />
– ich greif lieber nach einer Flasche. „Blink and you’ll<br />
miss it“, sag ich da nur. Wow. Erinnert mich an die Soloplatte<br />
<strong>von</strong> Evan Dando, der alte Hase auf seiner Ranch, beide Platten<br />
– comforting, exciting and fucking thrilling. (9)<br />
Martha Biadun<br />
KING BLUES<br />
Under The Fog <strong>CD</strong><br />
householdnamerecords.co.uk | <strong>Die</strong> Band KING BLUES<br />
entstammt der Londoner Squatter-Szene und setzt sich aus<br />
zwei Akustikgitarren, Akustikbass und Ukulele zusammen.<br />
Der Sänger Johnny Fox aka Itch war bisher zwar in der Hip-<br />
Hop-Szene aktiv, KING BLUES setzten aber voll und ganz<br />
auf akustischen Rocksteady und Punk. Daneben gibt es auch<br />
Doo-Wop und Ska sowie die eine oder andere Pop-Perle zu<br />
hören. Ihr Debüt, der Demotrack „Mr music man“ lief bereits<br />
auf BBC 1. Auch die restlichen 10 Songs auf „Under The<br />
Fog“ begeistern und überzeugen mich sofort. Erstklassiger<br />
Ska, Rocksteady, Punk und Pop, alles auf akustischen Instrumenten<br />
gespielt – man kann es übrigens auch Folk nennen.<br />
Dazu kommen politisch korrekte Texte wie: „we have<br />
the right to choose between labour and tory, like we have<br />
to the right to choose between coke and pepsi, no matter<br />
who you vote for, the government always win, time to empor<br />
yourself when this sinks in“. Das sind zwar keine neuen<br />
Feststellungen, aber verpackt in eine wunderschön zu pfeifende<br />
Melodie, wirkt es erfrischend ehrlich und wie heißt es<br />
so schön in „The sound of revolt“: „in my back pocket theres<br />
a catapult to smash windows with the sound of revolt,<br />
I may not be Guy Fawkes, but I’ll alway be a thorn in your<br />
paws.“ Hierzu eine kleine Anmerkung, Guido Fawkes wurde<br />
am 31.01. 1606, nach einem versuchten Attentat (gunpowder<br />
plot) auf den englischen König Jakob I, hingerich-<br />
phy produzierte Longplayer wurde dafür neu gemastert sowie<br />
mit neuem Artwork versehen – kommt aber dafür ohne<br />
die der Originalversiom beiliegende Duschhaube ... Seinen<br />
komplexen, eigenwilligen noisy Post-Hardcore-Sound hatte<br />
der Vierer damals schon gefunden, auch wenn er noch<br />
nicht so ausgereift und auf den Punkt gebracht war wie<br />
beim Nachfolger „The Cat And The Cobra“. Richtig schön<br />
„arty-farty“ kommt auf jeden Fall das zum französelnden<br />
Bandnamen passende Intro, und jetzt sind wir mal gespannt,<br />
ob auch die im Entstehen begriffene neue Scheibe wieder<br />
so intensive Songs wie das exzellente „Je t’aime“ enthält.<br />
(32:27) (8) Joachim Hiller<br />
LYNYRD SKYNRD<br />
Gold 2<strong>CD</strong><br />
Universal | Sooo schlecht ist der Song ja gar nicht, aber man<br />
hat doch das Gefühl, ganz schnell weiterskippen zu müssen,<br />
wenn „Sweet home Alabama“ ertönt, denn was auf JEDER<br />
schlechten Party gedudelt wird, ist beim circa 555. Mal einfach<br />
unerträglich – und dürfte den Rechteinhabern bis heute<br />
dicke jährliche Tantiemenschecks einbringen. Dabei hat<br />
Hauptsongwriter Ronnie Van Zant selbst sicher nichts mehr<br />
da<strong>von</strong>, starb er doch mit anderen Mitgliedern der siebenköpfigen<br />
Band 1977 bei einem Flugzeugabsturz. <strong>Die</strong> Wurzeln<br />
der Band gehen bis aufs Jahr 1964 zurück, als man sich<br />
in Jacksonville, Florida (<strong>von</strong> wegen Alabama ...) gründete<br />
und irgendwann vom Namen des Sportlehrers zur eigenen<br />
Namensgebung inspirieren ließ: Leonard Skinner hieß<br />
der Mann. Ab 1970 entwickelten sich LYNYRD SKYNRD<br />
dann zu den unangefochtenen Helden des Southern Rocks,<br />
speziell nachdem 1974 die Hitsingle „Sweet home Alabama“<br />
erschienen war und man die Band seitdem unweigerlich<br />
mit Pick-up fahrenden, in Flanellhemden gekleideten,<br />
vollbärtigen, nie ohne Waffe aus dem Haus gehenden<br />
Rednecks in Verbindung bringt. Dabei sah die Band selbst<br />
kein Stück so aus, hatte eher was <strong>von</strong> einem langhaarigen,<br />
bunte Hosen und Hemden tragenden Hippie-Kollektiv, was<br />
vielmehr dem natürlichen Feind des Rednecks entspricht.<br />
Wie auch immer, die Südstaaten-Combo war seinerzeit extrem<br />
erfolgreich, hatte mit „Free bird“ einen weiteren Riesenhit<br />
(ich sage nur 9:10 ...) und prägte ein ganzes Genre<br />
(man nehme allein den Titel <strong>von</strong> „Swamp music“), gehört<br />
deshalb in jede ordentliche Rock-Plattensammlung. Über<br />
die Neuauflage der Band ab 1987 breiten wir freilich besser<br />
den Mantel des Schweigens. Auf der Doppel-<strong>CD</strong> finden sich<br />
die beiden erwähnten Songs nebst 23 anderen, und das dicke<br />
Booklet ist mit seiner History und reichlich Fotos vorbildlich.<br />
(7) Joachim Hiller<br />
MARK OF CAIN<br />
Battlesick <strong>CD</strong><br />
The Unclaimed Prize <strong>CD</strong><br />
feelpresents.com | <strong>Die</strong> aus dem australischen Adelaide<br />
stammenden THE MARK OF CAIN haben auch nach über<br />
20 Jahren noch den Status eines Geheimtips, aber das ist bei<br />
Oz-Bands ja nichts Ungewöhnliches. Dabei bot Deutschland<br />
immerhin eine der ersten Chancen, einem etwas größeren<br />
Publikum bekannt zu werden, veröffentlichte doch<br />
einst das legendäre Bonner Normal-Label die beiden jetzt<br />
<strong>von</strong> Feel Presents neu aufgelegten Alben aus dem Jahr 1989<br />
beziehungsweise 1991. Später dann gab es auch noch eine<br />
Wiederveröffentlichung des Debüts „Battlesick“ auf Henry<br />
Rollins’ 2.13.61-Label, was einfach daher kam, dass Rollins<br />
ein großer TMOC-Fan ist. Und wenn man sich die frühen<br />
ROLLINS BAND-Sachen mal anhört, ist da auch eine<br />
gewisse musikalische Verwandtschaft erkennbar. Was die<br />
Einflüsse anbelangt, sind hier ganz klar JOY DIVISION und<br />
BIG BLACK zu nennen (was die Band selbst auch mittels der<br />
Links auf ihrer Website tmoc.com.au bestätigt), oder auch<br />
die grandiosen HEAD OF DAVID und wegen mir auch RED<br />
LORRY YELLOW LORRY. TMOC verbanden auf diesen bei-<br />
060-091<strong>Ox</strong>68.indd 74 22.09.2006 20:52:13 Uhr