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Die Ox-CD 69 ¡ ReReleas - Webseite von Thomas Neumann

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chen Hardcore zugestehen, aber es wird zusätzlich großzügig<br />

in anderen Genres gewildert. So kommt ziemlich oft der<br />

Off-Beat zum Zuge, wird mit Bläsern gearbeitet, die mitunter<br />

ins Free-Jazzige abgleiten oder die Gitarre verirrt sich<br />

in den Funk. Einige wenige Songs, wie „Eat my fuck“, sind<br />

zwar reiner Hardcore-Punk, aber bei den meisten anderen<br />

habe ich das Gefühl, man versucht etwas künstlerisch Anspruchvolles<br />

herzustellen, was irgendwie nicht zusammenpasst.<br />

Vielleicht verstehe ich diese Platte aber auch einfach<br />

nicht. Oliver Willms<br />

CLICKCLICKDECKER<br />

Nichts für ungut LP/<strong>CD</strong><br />

audiolith.net/Broken Silence | <strong>Die</strong> neue CLICKCLICKDE-<br />

CKER ist da. Endlich. Gerade rechtzeitig, zum Überleben des<br />

ausklingenden Sommers. Gerade rechtzeitig zum Beschallen<br />

des einsetzenden Herbstes. Und letztendlich auch, um einen<br />

durch den nahenden Winter zu geleiten. Einmal mehr eine<br />

kugelrunde Sache, die Kevin Hamann aka CLICKCLICKDE-<br />

CKER hier abliefert. <strong>Die</strong>se Erkenntnis überkommt einen bereits<br />

in dem Moment, in dem man das knallig bunte, wunderschöne<br />

Cover bestaunt und seine Nase einmal kurz in die<br />

Texte steckt, die im schicken Digipak, Ehrensache, komplett<br />

abgedruckt sind. <strong>Die</strong> Texte, die einen großen Teil eines jeden<br />

C<strong>CD</strong>-Liedes ausmachen, sind auch beim vorliegenden<br />

Album wieder vortrefflich. Vom Leben leben und vom zusehends<br />

Zuhören statt vom schwatzhaft Schwadronieren<br />

geprägt, trifft fast ein jeder dieser Texte auf seine eigene Art<br />

und Weise ins Schwarze. <strong>Die</strong> Musik ist wie gehabt ein wohlig<br />

weiches Kissen im Gänsehautbezug, auf dem sich das müde<br />

gelebte Hirn fantastisch für einige versöhnliche Momente<br />

zur Ruhe legen kann. Folkiger Songwriter-Pop, der seine<br />

Untergrundsozialisation niemals vergessen hat, sanft mit allerhand<br />

Facetten des Indierock zu spielen weiß und bei diesem<br />

12 Lieder langen, zweiten Langspieler <strong>von</strong> C<strong>CD</strong> sicher<br />

ein wenig mehr als vorher mit dem Elektrobaukasten spielt.<br />

Was den Songs im Einzelnen allerdings keinen Abbruch<br />

tut, im Gegenteil. <strong>Die</strong>se Songs werden derzeit <strong>von</strong> keinem<br />

deutschsprachigem Künstler (oder besser Musiker?) überboten<br />

und existieren fernab <strong>von</strong> Mainstream-Belanglosigkeit<br />

und vor allem fernab <strong>von</strong> „nicht gänzlich fabelhaft“.<br />

Nein, das hier ist keine Schlaumeierscheiße für Bauspar-<br />

Studenten, das hier ist das Leben da draußen. Das hier hat<br />

Melodie. Das hier ist einfach ehrlich und gut. Das hier, ja, das<br />

hier kann eigentlich alles. Basta. KK<br />

COSMIC PSYCHOS<br />

Off Ya Cruet! <strong>CD</strong><br />

timberyardrecods.com | Am 1. Juli legte sich COSMIC PSY-<br />

CHOS-Gitarrist Robbie Rocket nach einem Konzert schlafen<br />

– und stand nicht wieder auf. <strong>Die</strong> australische Musikszene<br />

reagierte schockiert, scheint damit doch das Ende einer<br />

legendären Band besiegelt, die mit ihrem extrem simplen,<br />

aber dafür um so durchschlagkräftigeren Zwei-Akkord-<br />

Sound ein eigenes Genre prägte, das des „Yob Rock“. Darunter<br />

versteht der Australier Rockmusik, die das Männerdasein<br />

verherrlicht, was in diesem Fall das Biersaufen mit<br />

nacktem Oberkörper inklusive Fachsimpeleien über das zu<br />

diesem Zeitpunkt mit ziemlicher Sicherheit weit entfernte<br />

weibliche Geschlecht sowie das Ausstoßen <strong>von</strong> Verdauungsgasen<br />

auf oralem wie rektalem Wege umfasst. Das mag<br />

danach klingen, als seien die COSMIC PSYCHOS stumpfe<br />

Prolls gewesen, aber das war mitnichten der Fall. <strong>Die</strong> Anfang<br />

der Achtziger nahe Melbourne gegründete Band war eine<br />

andere Form <strong>von</strong> Punkrock, die RAMONES in einer noch<br />

reduzierteren Form, mit einem Bass, der bisweilen klang, als<br />

bestünde die eine Saite aus einem ausgeleierten Unterhosengummi,<br />

dazu stoisches Drumming, gröliger Gesang und<br />

eine beißende Gitarre, die keine Zeit hatte für Solo-Ausflüge.<br />

Damit soll es nun also vorbei sein? Original-Drummer<br />

Bill, der heute in Melbourne in der AC/DC-Lane die Cherry<br />

Bar betreibt, stieg ja schon vor Jahren im Streit aus, ein<br />

gewisser Dean Muller beerbte ihn, doch nach Robbies Tod<br />

ist <strong>von</strong> der Originalbesetzung jetzt eben nur noch Sänger<br />

und Bassist Ross „Knighter“ übrig. Band- und Label-Website<br />

wurden seit Monaten nicht geupdatet, da findet sich<br />

nicht mal ein Hinweis auf Robbies Tod, und der Schock sitzt<br />

wohl noch tief. Als Robbie starb, befand sich die Band gerade<br />

auf Tour, um ihr neues Album „Off Ya Cruet!“ zu bewerben,<br />

das im März erschienen ist, aber eigentlich kaum irgendwo<br />

zu bekommen ist. Schade, denn die zehn Songs zeigen die<br />

Band erneut in Höchstform, knüpfen direkt an „Oh What<br />

A Lovely Pie“ <strong>von</strong> 1997 an, das bis dato letzte Studioalbum:<br />

simple, im Vergleich zu früher kein Stück im Tempp zurückgenommene<br />

Punkrock-Songs, mit wütend vorantreibendem<br />

Drumming und eben Ross’ markant schnarrendem<br />

Bass sowie Robbies sägender Gitarre. Keine Ahnung, ob und<br />

wie es mit den COSMIC PSYCHOS weitergeht, ein würdiges<br />

Vermächtnis ist „Off Ya Cruet“ allemal. (38:25) (8)<br />

Joachim Hiller<br />

CHEEKS<br />

Raw Countryside <strong>CD</strong><br />

Beyond Your Mind | <strong>Die</strong> <strong>CD</strong> ist schwarz, in mattem Silber<br />

lese ich 13 Songs, sie ist rund und hat ein Loch in der Mitte.<br />

Schön, oder? Sobald ich das gute Stück in meine leicht angeschlagene<br />

Anlage stopfe, beginnt die Fassade sich zu verändern.<br />

Es gibt kein Schwarz mehr, sondern eine lebendige<br />

Landschaft voller kurioser Gestalten, die auf einer mit Bier<br />

getränkten Wiese rumhüpfen. Ein paar <strong>von</strong> ihnen, im Stile<br />

der 60er Jahre gekleidet, auf ihrer Stirn steht geschrieben:<br />

Dedicated to good music. Es ist gut, ein festes Ziel vor<br />

Augen zu haben, hat Mutti immer gesagt. Einer <strong>von</strong> ihnen<br />

schwingt mit einem Tambourin rum, singt <strong>von</strong> Liebe, verwirrten<br />

und verrotteten Charakterzügen und sein linkes<br />

Bein geht auf und ab, Hand in Hand mit dem Beat. <strong>Die</strong>ser<br />

Beat fängt erst an, sich an deinen Ohrläppchen hochzunagen,<br />

beißt sich in deinem Hirn fest und zieht dann ganz mies<br />

an deinen Mundwinkeln. <strong>Die</strong> YARDBIRDS, ein Ray Davies,<br />

066 <strong>Ox</strong>-Fanzine #68<br />

die HOLLIES mit ihren mehrstimmigen Gesängen machen<br />

sich hier breit, und die CHEEKS mit ihrem Powerpop geben<br />

dem Ganzen noch mehr Adrenalin mit ihren zeitlosen, teils<br />

ernsten, teils in Hoffnung gehüllten Texten. Der Gitarrist<br />

ist nicht <strong>von</strong> diesem Planeten, die ganze Erfahrung die die<br />

Jungs aus dem Ruhrgebiet während ihres langen Daseins als<br />

Quintett gesammelt, geschnüffelt und über die Grenze eingeschleust<br />

haben, wird nun präsentiert. In Spanien ist man<br />

schon längst der Band verfallen, da sorgt die Hammondorgel,<br />

die lässige Professionalität die die Jungs live and den Tag<br />

bringen, für viel Begeisterung, ob „Honeymoon hell“ oder<br />

„Vivienne Westwood“ – welcher Be Bop A Lula-Hit auch<br />

immer – ich mag diesen Sixties Rock’n’Roll auf dieser intellektuellen<br />

Basis. Gibt’s das auch als Literatur? (9)<br />

Martha Biadun<br />

COLOUR HAZE<br />

Tempel <strong>CD</strong><br />

elektrohasch.de | COLOUR HAZE haben ja bereits mit ihren<br />

früheren Releases für Laune gesorgt, steht es doch insgesamt<br />

im deutschsprachigen Raum nicht allzu super mit allem,<br />

was man so als Stoner bezeichnet. Obwohl mir beim<br />

Hören eigentlich ständig das Wort „Krautrock“ im Kopf herumschwirrt;<br />

klar, das eine oder andere fette Riff findet sich,<br />

manche Passage erinnert sogar etwas zu sehr an schon bei<br />

KYUSS Gehörtes. Aber da ist dann dieses minutenlange Gefiedel,<br />

diese langsam daherplätschernden Teile, die dann in<br />

drogenverseuchte über wabernde Hammondorgeln gelegte<br />

Gitarrensoli übergehen – das erinnert mich dann doch zu<br />

sehr an bekifftes POPOL VUH-Hören mit 17. Aber dass das<br />

schlechte Erinnerungen sind, dafür können die technisch<br />

einwandfreien und 1A-produzierten COLOUR HAZE nun<br />

wirklich nichts. 48:24 (7) Simon Loidl<br />

CRIME IN CHOIR<br />

Trumpery Metier <strong>CD</strong><br />

GSL | So was macht sich unter Sales-Points natürlich hervorragend,<br />

„founding members of AT THE DRIVE-IN“, genauer<br />

gesagt deren Gitartist Jarrett Wrenn und Keyboarder<br />

Kenny Hopper, die mit „Trumpery Metier“ ihr bereits drittes<br />

Album eingespielt haben. Auch bei CRIME IN CHOIR<br />

geht es progrockig zu, allerdings eher in die Richtung <strong>von</strong><br />

ZOMBI, die auf ähnliche Weise an GOBLIN und PINK FLO-<br />

YD erinnernden 70er Bombast- und Krautrock in die Neuzeit<br />

transportieren konnten. Also kein nerviges Gefrickel<br />

wie bei MARS VOLTA, sondern straighter, voluminöser und<br />

treibender Instrumental-Rock mit einem dichtem Sound<br />

aus überdrehten Keyboards und unendlichen Gitarrensoli.<br />

Alles sympathisch over the top, ohne allerdings dabei zur<br />

Selbstparodie zu werden. Und zwischen dem ganzen breakreichen<br />

Mathrock gibt es auch immer wieder herrliche Melodien,<br />

und das alles geschmackvoll abgeschmeckt. Produziert<br />

hat die Platte Tim Green, was schon mal nicht schlecht<br />

sein kann, aber auch dessen FUCKING CHAMPS-Kumpel<br />

Tim Soete ist hier dabei, ebenso wie THE MASS-Saxophonist<br />

Matt Waters. Schöne Platte, auch wenn ich in Sachen<br />

Unterhaltungswert ZOMBI den Vorzug gebe. (7)<br />

<strong>Thomas</strong> Kerpen<br />

CHANNELS<br />

Waiting For The Next End Of The World <strong>CD</strong><br />

dischord.com | Vor zwei Jahren veröffentlichte Desoto Records<br />

„Open“, die Debüt-EP der CHANNELS, deren sechs<br />

Songs mich uneingeschränkt begeisterten. Mit „Waiting ...“<br />

ist nun das erste Album des Trios aus Washington, D.C. erschienen,<br />

dessen Besetzung seit der Gründung 2003 stabil<br />

gebelieben ist: J. Robbins, Ausnahmeproduzent und einst bei<br />

JAWBOX und dann bei den wundervollen BURNING AIR-<br />

LINES, spielt Gitarre und teilt sich den Gesangspart mit Bassistin<br />

Janet Morgan, und Darren Zentek, den man auch <strong>von</strong><br />

seiner Zeit bei KEROSENE 454 kennt, trommelt. Angeblich<br />

war einst eine gemeinsame Vorliebe für SIOUXSIE & THE<br />

BANSHEES, JESUS LIZARD und XTC der Grund, weshalb<br />

man meinte, es zusammen in einer Band aushalten zu können,<br />

doch an welchen Stellen da<strong>von</strong> bei diesem Album etwas<br />

hört, ist eine Sache spitzfindigen Musiker-Nerdismus’.<br />

Für mich ist angesichts <strong>von</strong> J. Robbins markanter Stimme<br />

und seinem eigenwilligen Gesangsstil, seiner unverkennbaren<br />

Produktionshandschrift der rote Faden <strong>von</strong> JAWBOX<br />

über BURNING AIRLINES hin zu CHANNELS viel klarer erkennbar,<br />

und so ist „Waiting ...“ unterm Strich ein wunderschönes,<br />

stilistisch aber nie überraschendes Album aus der<br />

altbekannten Dischord-Schule, und wer immer aus Überzeugung,<br />

Neugier oder schlichter Begeisterung noch jede<br />

Platte aus diesem Kontext erstanden hat, wird auch hier begeistert<br />

sein. (42:26) (8) Joachim Hiller<br />

CASUALITIES<br />

Under Attack LP/<strong>CD</strong><br />

sideonedummy.de/Cargo | Manischer Gesang, fette Chöre<br />

und eine Lkw-Ladung Hass frei Haus, das alles super dick<br />

produziert. Hierbei handelt es sich um das neue, sechste, Album<br />

der CASUALITIES: „Under Attack“. <strong>Die</strong> CASUALITIES<br />

liefern hier eine Hymne nach der anderen ab, absoluter Mitgrölfaktor.<br />

Ehrlich gesagt, sind mir die erfolgreichen CASU-<br />

ALITIES bisher ziemlich am Arsch vorbei gegangen, empfand<br />

ich doch die Attitüde zu plump oder die Fans zu eitel,<br />

vielleicht beides. <strong>Die</strong>ses Album macht bei der Auseinandersetzung<br />

mit dem selbigen auf jeden Fall Spaß. <strong>Die</strong> Chöre<br />

könnten auch aus einem DROPKICK MURPHYS-Song<br />

stammen, dazu der sich fast überschlagende Gesang vom<br />

Leadsänger Jorge und die Musik, die so auch <strong>von</strong> BLITZ gespielt<br />

worden sein könnte. Produziert wurde das Ganze <strong>von</strong><br />

BLACK FLAG- und DESCENDENTS-Mitglied Bill Stevenson<br />

und trotz der sehr sauberen Produktion kommen die CA-<br />

SUALITIES nicht glatt rüber. Ein Minuspunkt ist jedoch, dass<br />

mal wieder ein Textblatt fehlt, hätte mich doch sehr interessiert,<br />

was die Band so dermaßen ankotzt. (30:04) (7)<br />

Dennis Bruns<br />

CELEBRITY PILOTS<br />

Beneath The Pavement, A Beach! <strong>CD</strong><br />

Sunkentreasure.org | Hinter den CELEBRITY PILOTS verbirgt<br />

sich ein gewisser Chris Sheehan, der auch als Keyboarder<br />

mit Bob Pollard <strong>von</strong> GUIDED BY VOICES auf Tour war,<br />

wobei der ja inzwischen diesen Bandnamen zu den Akten<br />

gelegt hat. Sheehans Songs gehen durchaus in eine ähnliche<br />

Richtung, BEATLES’eske Popsongs mit verspielter Instrumentierung,<br />

allerdings weniger rockig als bei Pollard.<br />

Sheehan präsentiert sich dabei als durchaus kompetenter<br />

Songwriter, auch wenn er sich oft in allzu süßlichen harmonischen<br />

Sphären bewegt, die „Beneath the Pavement,<br />

A Beach!“ zu einem durchaus angenehmen, aber auch etwas<br />

glatten Hörvergnügen machen. Unter dem Strich bleibt<br />

nicht viel hängen, außer dem Gefühl, gerade ein paar hübschen,<br />

geschmackvoll instrumentierten Melodien gelauscht<br />

zu haben, <strong>von</strong> einem in jedem Fall talentierten Musiker. (5)<br />

<strong>Thomas</strong> Kerpen<br />

CATFISH HAVEN<br />

Tell Me <strong>CD</strong><br />

secretlycanadian.com | Vor gar nicht langer Zeit hatte ich<br />

mein Review der EP „Please Come Back“ mit den Worten<br />

„da heißt es jetzt schon gespannt sein auf die nächste Veröffentlichung“<br />

abgeschlossen. Nun, das neue Album ist jetzt<br />

da, und ich muss sagen, dass man sich da vielleicht ein wenig<br />

mehr Zeit hätte lassen sollen. Das Album hat eine große<br />

Schwäche, und wenn diese einem erst einmal aufgefallen<br />

ist, dann kann man sie auch nicht mehr ignorieren: Alle<br />

Lieder sind musikalisch und gesanglich unglaublich repetitiv.<br />

Nichts Ungewöhnliches eigentlich, warum das ausgerechnet<br />

hier so störend wirkt, kann ich gar nicht erklären.<br />

(38:40) Myron Tsakas<br />

DUESENJAEGER<br />

Schimmern LP/<strong>CD</strong><br />

Go-Kart/Rough Trade | Wow, bereits der Opener<br />

überzeugt mich. Wollte ich doch mit Vorurteilen<br />

beladen noch vor dem Hören der neuen Platte<br />

des Osnabrücker Vierers, meiner Sache völlig si-<br />

D<br />

cher, behaupten, dass mich DUESENJAEGER nicht<br />

mehr so zu begeistern wissen, wie sie es noch mit<br />

ihren zwei ersten 7“-Platten zu tun vermochten. Verloren<br />

geglaubt hatte ich die ungestüme Art, mit der sie damals zu<br />

Werke gingen. Doch weit gefehlt ... Erneut und zielsicher<br />

wie eh und je textet Herr <strong>Neumann</strong> gerade kryptisch genug,<br />

um eigenen Interpretationen in seinen Texten Luft zu lassen<br />

und in der hohen Kunst der Wortmalerei ist er mir seit<br />

je her einer der Liebsten seiner Zunft. Reime, die Hooklines<br />

par excellence ermöglichen und die zweistimmigen Passagen<br />

erst so richtig in das Ohr des Zuhörers kriechen lassen,<br />

finden sich zu Hauf, ebenso wie resigniert und wütend klingende<br />

Sprechgesangeinlagen. Der überwiegend im Midtempo<br />

gereichte Punkrock kommt sehr pointiert daher und<br />

das perfekte Zusammenspiel der Instrumente füllt die Löcher,<br />

in denen Fragen nach fehlendem Ideenreichtum liegen<br />

könnten. Der MUFF POTTER-Vergleich hinkt meiner<br />

Ansicht nach ein wenig, auch wenn sich natürlich hier und<br />

da Parallelen, vor allem in der Gitarrenarbeit, ausmachen<br />

lassen. Was einen aber nicht weiter verwundern muss, bewegen<br />

(oder bewegten?) sich beide Bands doch im gleichen<br />

Genre: deutschsprachiger Punkrock mit Herz und Verstand<br />

und mit Knüppel aus dem rhetorischen Sack, statt in der<br />

mit Parolen verschmierten Tasche. Auch DUESENJAEGER,<br />

Hand in Hand mit PASCOW, TURBOSTAAT, DIE ROTE SU-<br />

ZUKI, BOXHAMSTERS, GRAF ZAHL, TREND und vielen anderen<br />

mehr, werden weiterhin dafür sorgen, dass deutscher<br />

Punk bei eingehenderer Betrachtung weitaus besser und<br />

vor allem anspruchsvoller ist als sein gemeinhin schlechter<br />

Ruf. Eine wundervolle, sehr homogene Platte, die den Anspruch<br />

hat, kein Geschwafel oder gar Besserwissereien aufzunötigen,<br />

sondern Veränderungen und Beobachtungen aus<br />

dem eigenen Leben und dem Leben derer, die einen umgeben,<br />

heraus zu schreien, festzustellen oder auch einfach<br />

mal in den Raum zu werfen. Immer in der Hoffnung, dass<br />

es jemanden gibt, der bereitwillig zuhört, sich in den Kontext<br />

der einzelnen Lieder hinein zu fühlen gewillt ist oder<br />

sie einfach nur mag und sich gerne anhört. Applaus hierfür.<br />

Mission erfüllt, DUESENJAEGER! KK<br />

Auf der <strong>Ox</strong>-<strong>CD</strong> zu hören.<br />

DIAMOND DOGS<br />

Up The Rock <strong>CD</strong><br />

smilodon.se/Soulfood | <strong>Die</strong> DIAMOND DOGS ohne ihren<br />

Chef? Im Line-up taucht Bobby Lee Fett, der ja nebenberuflich<br />

bei den HELLACOPTERS die Tasten bedient, jedenfalls<br />

nicht mehr auf.<br />

<strong>Die</strong> bandeigene Homepage<br />

vermeldet nur ein<br />

kurzes „on holiday“. Egal,<br />

es geht auch ohne ihn,<br />

was aber auch nicht weiter<br />

verwundert, schließlich<br />

spielen bei den Dogs<br />

altgediente Veteranen des<br />

schwedischen Punkrocks,<br />

die nun wirklich niemandem<br />

mehr was beweisen<br />

müssen. Und so<br />

hört sich „Up The Rock“<br />

dann auch an: entspannt-knarziger Kneipenrock der Marke<br />

SMALL FACES, mit reduzierten Gitarren und einem klapprigen<br />

Honky Tonk, das ein ums andere mal den Ton angibt.<br />

Das ganze noch mit Handclaps und souligen Backgrounds<br />

untermalt und <strong>von</strong> <strong>Thomas</strong> Skogsberg gekonnt in Szene gesetzt<br />

und fertig ist ein Album, das genauso gut reinläuft wie<br />

ein kühles Bier nach Feierabend. (39:42) (6) Ingo Rothkehl<br />

HEATHER DUBY<br />

s/t <strong>CD</strong><br />

Sonic Boom/Cargo | Heather Dubys letztes Album hatte ich<br />

zwar erst vor vier Ausgaben besprochen, eigentlich stammte<br />

die Platte bereits <strong>von</strong> 2003, wurde aber hierzulande erst<br />

verspätet veröffentlicht. <strong>Die</strong>se unbetitelte Platte ist aber jetzt<br />

tatsächlich mal ein wirklich neues Werk, wo Duby erneut<br />

einige ganz traumhafte Elektropop-Nummern mit folkigem<br />

Charme eingespielt hat, die diesmal mit recht kräftigen<br />

Beats aufwarten. Eine schöne Mischung aus synthetischen<br />

Klängen und klassischem Pop, mit Cello und Keyboard<br />

instrumentiert, ätherischer Indie-Dreampop, der nie<br />

unterkühlt klingt und dem gerade durch Dubys ausdrucksstarkem<br />

Gesang in emotionaler Hinsicht eine individuelle<br />

Dramaturgie gelingt. Wie „Come Across The River“ wurde<br />

auch diese Platte wieder <strong>von</strong> Steve Fisk produziert, dem erneut<br />

ein faszinierend transparenter Sound gelang, wo trotz<br />

größtmöglicher Dichte jedem Instrument genügend Raum<br />

bleibt und man manchmal das Gefühl hat, ein kleines Kammerorchester<br />

wäre hier beteiligt gewesen, so dass man das<br />

mit der LoFi-Ästhetik diesmal getrost streichen kann. (7)<br />

<strong>Thomas</strong> Kerpen<br />

DRUGSTORE COWBOYS<br />

Chapter 3006 <strong>CD</strong><br />

Lujo | Nicht zu verwechseln mit den Rock’n’Rollern gleichen<br />

Namens, spielt das Duo aus Washington astreinen Discopunk,<br />

der sich ohne Wave-Anleihen hauptsächlich bei<br />

Industrial und Digital Hardcore bedient. Das heißt: Viele<br />

Soundflächen, düstere Samples und scheppernde Drums,<br />

dazu hauptsächlich cleaner Gesang, hier mal ein LOCUSTmäßiger<br />

Ausbruch, da hochtanzbare Beats. Auch wenn das<br />

Soundgewusel manchmal kein homogenes Ganzes ergeben<br />

will und ich manche Sounds einfach nicht mag – ich<br />

sage nur Handclaps und E-Piano – bleiben die DRUGSTORE<br />

COWBOYS doch immer eigenständig und gehen manchmal<br />

sehr gut ins Ohr – und in die Beine. (37:47) (6)<br />

Christian Maiwald<br />

SPENCER DICKINSON<br />

The Man Who Lives For Love <strong>CD</strong><br />

Yep Roc/Cargo | <strong>Die</strong> BLUES EXPLOSION scheint wohl<br />

gerade auf Eis zu liegen und Mr. Spencer hatte sich ja bereits<br />

mit HEAVY TRASH ein neues Vehikel für seinen kreativen<br />

Output geschaffen,<br />

auch wenn das musikalisch<br />

in eine etwas andere<br />

Richtung ging. Und<br />

jetzt überrascht uns der<br />

Mann mit einer Platte,<br />

die die BLUES EXPLOSI-<br />

ON vielleicht nicht überflüssig<br />

macht, aber deren<br />

letzte Platten fast etwas<br />

blass aussehen lässt. Eingespielt<br />

zusammen mit Luther<br />

und Cody Dickinson<br />

<strong>von</strong> den NORTH MISSIS-<br />

SIPPI ALLSTARS, den Söhnen <strong>von</strong> Memphis-Musiker/Produzenten-Legende<br />

Jim Dickinson, der schon mit den FLA-<br />

MIN’ GROOVIES, BIG STAR, Screamin’ Jay Hawkins, RE-<br />

PLACEMENTS, ROLLING STONES und einigen anderen gearbeitet<br />

hat, und der diese Platte auch produzierte. Aufgenommen<br />

in Memphis in Dickinsons Zebra Ranch Studio,<br />

laut Spencer bei Arscheskälte, weshalb man eben ein Feuer<br />

anderer Art entfachen musste. Das war allerdings schon<br />

im Jahr 2001, nur erschien die Platte da auf einem kleinen<br />

Label in Japan, und wurde erst jetzt in den Staaten aufgelegt,<br />

wo die ursprünglichen 12 Songs durch sieben weitere<br />

ergänzt wurden. Angesichts dieser großartigen, dreckig<br />

rockenden und groovenden Blues-Songs vollkommen unverständlich,<br />

dass diese herrliche Platte bisher nur den Japanern<br />

vorbehalten blieb. Auch wenn die Bonustracks vielleicht<br />

etwas schwächer ausgefallen sind, darunter allerdings<br />

der sehr schöne Titeltrack, aber auch das mit knapp elf Minuten<br />

arg in die Länge gezogene Blues-Epos „I’m so alone“,<br />

ist „The Man Who Lives For Love“ ein mehr als erfreulicher<br />

Ersatz für eine neue BLUES EXPLOSION-Platte, auch wenn<br />

die Aufnahmen schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben.<br />

(9) <strong>Thomas</strong> Kerpen<br />

DRY KILL LOGIC<br />

Of Vengeance And Violence <strong>CD</strong><br />

Repossession | Wie soll man anfangen zu schreiben, wenn<br />

man sich einerseits total freut über das dritte Album einer<br />

ungewöhnlichen Band und sich aber auf der anderen Seite<br />

eingestehen muss, die Band seit ihrem 2004er Release „The<br />

Dead And Dreaming“ gar nicht mehr auf dem Schirm gehabt<br />

zu haben? Sogar die kürzlich erschienene EP „The Magellan<br />

Complex“ ist ungehört an mir vorbei gezogen. Umso schöner,<br />

dass mir nun die Vorabversion des kommenden Albums<br />

vorliegt und ich Versäumtes wieder gut machen kann. 13<br />

Songs stark gibt sich das neue Album und eines wird schon<br />

beim ersten Hördurchlauf klar. Hier hat sich einiges verändert.<br />

DKL haben den Härtegrad weiter nach oben gedreht,<br />

vergessen dabei aber nie den Hang zur Melodie und bauen<br />

eine ganz eigene, intensive Dynamik in jeden einzelnen<br />

Song auf eine andere Art und Weise ein. Hier entladen sich<br />

14 Jahre Bandgeschichte geballt auf einer <strong>CD</strong> und werfen<br />

den Hörer zwischen Begeisterung, Melodramatik und Härte<br />

hin und her. Egal ob nun das kraftvolle „My dying heart“,<br />

das eher schleppend und vom Schlagzeug getragene „Caught<br />

in a storm“ oder einer meiner Favoriten „Dead mans eyes“,<br />

bis hin zur Powerballade „Kingdom of the blind“. Das ist gekonntes<br />

Handwerk mit ganz eigenem Charakter, der vielen<br />

Bands heutzutage leider abgeht. Für alle Fans der Band sowieso<br />

ein Pflichtkauf, und für den Rest ergeht meine unbedingte<br />

Hörempfehlung. (52:50) (9) Tobias Ernst<br />

060-091<strong>Ox</strong>68.indd 66 22.09.2006 20:51:01 Uhr

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