24.11.2012 Aufrufe

Deutscher Stahlbautag - Verlagsgruppe Wiederspahn

Deutscher Stahlbautag - Verlagsgruppe Wiederspahn

Deutscher Stahlbautag - Verlagsgruppe Wiederspahn

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Deutscher</strong><br />

<strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010<br />

in Weimar<br />

Tagungsband<br />

Stahlbauforum<br />

Baukultur ... | Internationale Projekte der Stahlarchitektur<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Tradition und Moderne: Yas Marina Circuit, Abu Dhabi | Planung und Ausführung der Elbebrücke Mühlberg<br />

Architektur Stahlbau: Rhein-Galerie Ludwigshafen | Airport BBI: Die Stahlkonstruktion des Terminals<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Qualitätsüberwachung im Kraftwerksbau | Qualitätsmanagement im Kraftwerksbau


BRÜCKENBAU<br />

CONSTRUCTION & ENGINEERING<br />

Mit kompetenten Referenten, ausgewählten Beiträgen<br />

und interessierten Teilnehmern starten wir in das<br />

zweite Jahrzehnt unserer Veranstaltungsreihe<br />

BRÜCKENBAU IST BAUKULTUR<br />

und laden zum<br />

11. Symposium Brückenbau<br />

7. + 8. Februar 2011<br />

Unter www.mixedmedia-konzepts.de bzw.<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de sind<br />

genaue Informationen wie Themenplan,<br />

Referentenverzeichnis, Anmeldemodalitäten<br />

und Teilnehmergebühren in Kürze zu erhalten.<br />

Wir freuen uns auf Sie.<br />

wiederum nach Leipzig in das THE WESTIN ein.<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

Biebricher Allee 11 b<br />

65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 0611/98 12 920<br />

Fax: 0611/80 12 52<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.mixedmedia-konzepts.de


Inhalt<br />

Stahlbauforum<br />

4 Baukultur ...<br />

Michael Braum<br />

7 Internationale Projekte der Stahlarchitektur<br />

Armin Franke<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

11 Tradition und Moderne: Yas Marina Circuit, Abu Dhabi<br />

Dipl.-Ing. Dirk Lehmann<br />

17 Planung und Ausführung der Elbebrücke Mühlberg<br />

Wolfgang Eilzer<br />

24 Architektur Stahlbau: Rhein-Galerie Ludwigshafen<br />

Jochen Bartenbach<br />

28 Airport BBI: Die Stahlkonstruktion des Terminals<br />

Uwe Heiland, Thomas Stihl, Peter Roßmeier<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

32 Qualitätsüberwachung im Kraftwerksbau<br />

Dipl.-Ing. Jörg Mährlein<br />

36 Qualitätsmanagement im Kraftwerksbau<br />

Peter Schäfer, Alexander Lieber<br />

42 Impressum<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

3


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

1 Über Stahl hinaus<br />

Vor gut 250 Jahren trat der aus Eisenerz gewonnene<br />

Baustoff seinen Siegeszug in der<br />

Geschichte des Bauens an. Seitdem wir mit<br />

Stahl bauen, hilft er uns, größere Konstruktionen<br />

mit weniger Material zu bauen, verkürzt<br />

Bauzeiten und ermöglicht größere Spannweiten.<br />

Bei all diesen quantitativen Betrachtungen<br />

ist noch keine Aussage über Qualitäten<br />

getroffen, die direkt mit unserem Leben zu<br />

tun hätten. Orte, an denen wir uns wohlfühlen,<br />

zeichnen sich aber durch ein komplexeres<br />

Austarieren unterschiedlichster Bedingungen<br />

und Möglichkeiten aus. Insofern ist die Materialität<br />

im Mobile der Baukultur nur einer von<br />

unterschiedlichen Parametern.<br />

Prof. Dipl.-Ing. Michael Braum,<br />

Vorstandsvorsitzender,<br />

Bundesstiftung Baukultur<br />

4<br />

Stahlbauforum<br />

Baukultur...<br />

Vielleicht erscheint es töricht, anlässlich des<br />

Deutschen <strong>Stahlbautag</strong>es und der Verleihung<br />

des Deutschen Stahlbaupreises die Materialfrage<br />

beiseitezuschieben, aber es liegt mir<br />

am Herzen, Sie für die gemeinsame Lobbyarbeit<br />

für Baukultur zu gewinnen. Natürlich<br />

freue ich mich über den Preis des Deutschen<br />

Stahlbaues, den Architekturpreis Beton, den<br />

Deutschen Holzbaupreis und andere Preise,<br />

aber dabei sollten wir nicht vergessen, dass<br />

es zuallererst eine Nachfrage nach Qualität<br />

auch in unseren alltäglichen Bauaufgaben zu<br />

wecken gilt. Nur dann können alle Baustoffhersteller<br />

und -branchen sicher sein, dass sie<br />

zukunftsfähig bleiben.<br />

Denn eines muss klar sein: Die Materialität<br />

eines Bauwerks sollte nie von vornherein bestimmt<br />

sein. Sie kann sich allein aus dem Ort,<br />

den räumlichen bzw. konstruktiven Lösungs-<br />

Bild 2: Monbijoubrücke, Berlin<br />

© Carl Zillich<br />

Bild 1: Black Peacock<br />

© Corbis<br />

ansätzen und ästhetischen Vorstellungen<br />

entwickeln. Die viel beschworene Nachhaltigkeit<br />

ist für mich ein Resultat aus eben diesem<br />

Austarieren gestalterischer Ambitionen,<br />

das selbstverständlich auch die Nutzerbedürfnisse<br />

und wirtschaftliche Erwägungen<br />

einschließt.<br />

Damit möchte ich auch betonen, dass wir uns<br />

– heute mehr denn je – in den Debatten: »In<br />

welchem Stile wollen wir bauen?«, der Frage<br />

»Wie wollen wir leben?« stellen müssen. Und<br />

zwar nicht, um die Gestaltungskompetenz an<br />

die Bevölkerung abzutreten, aber um ihr Bedürfnis<br />

nach Identitätsstiftung durch Baukultur<br />

ernst zu nehmen. Es kann nicht sein, dass<br />

wir das Feld der Flut von Rekonstruktionen<br />

überlassen, gleichzeitig die Baudenkmäler<br />

– auch der Nachkriegsmoderne – abreißen<br />

oder verkommen lassen.


Bild 3: Portikus, Frankfurt am Main<br />

© Christoph Lison<br />

Diesen komplexen Bedürfnissen helfen wir<br />

nicht weiter, indem wir proklamieren, dass<br />

Architektur aus Stahl und Glas die zeitgenössische<br />

Wahrheit sei, so wie auch die<br />

Neuinterpretation alter Typologien kein Tabu<br />

sein sollte. Vielmehr sollten wir wieder mehr<br />

in eine Ideenkonkurrenz eintreten, bei der<br />

es durchaus visionär zugehen sollte, wie bei<br />

einem Einfamilienhaus von Meixner Schlüter<br />

Wendt. Oder anspruchsvoll, aber ökonomisch,<br />

wie bei der gleichen Bauaufgabe, hier entworfen<br />

von Julia Bergmann. Beide Projekte<br />

bauen übrigens aus ganz unterschiedlichen<br />

Entwurfsansätzen auf Stahl als grundlegenden<br />

Baustoff.<br />

Bild 6: Olympiastadion München<br />

© Olympiapark München GmbH<br />

Bild 4: Wohnhaus F, Kronberg<br />

© Meixner Schlüter Wendt Architekten<br />

Stahlbauforum<br />

Tatsächlich ist der Baustoff Stahl eher bei<br />

unkonventionellen oder nicht alltäglichen<br />

Bauvorhaben anzutreffen, wie die Geschichte<br />

zeigt. Umso zeichenhafter gelang es Günther<br />

Behnisch und Frei Otto, zur Olympiade 1972<br />

ein Zeichen zu setzen, bei dem ein moderner<br />

Baustoff Möglichkeiten eröffnete, anstatt<br />

Bedingungen zu stellen. Aber auch eine sich<br />

gegenüber einem denkmalwürdigen Stadion<br />

zurücknehmende Gestaltung, am Berliner<br />

Olympiastadion von gmp (mit Schlaich Bergermann<br />

und Partner) als kontrastierendes<br />

Moment, kann die richtige Antwort für die<br />

Überdachung der Massen sein.<br />

Bild 7: Olympiastadion Berlin<br />

© gmp/Marcus Bredt<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

5<br />

Bild 5: Einfamilienhaus, Potsdam<br />

© Thorsten Klapsch<br />

2 Maß halten<br />

Im Sinne der Baukultur gilt es, maßzuhalten<br />

und sich immer wieder neu zu fragen, welchen<br />

Beitrag die Veränderung der gebauten<br />

Umwelt zu derselben zu leisten vermag. So ist<br />

eben der Vorplatz des Seagram Building von<br />

Mies van der Rohe die eigentliche Revolution<br />

im durchökonomisierten Manhattan, obwohl<br />

das Gebäude selbst durch Kupfer- bzw.<br />

Bronze-Einfärbung der sichtbaren Stahl- und<br />

Glaskonstruktion eine ebenso einzigartige<br />

Objekthaftigkeit hervorbringt.<br />

Die Suche nach Identifikation bleibt die entscheidende<br />

Herausforderung. Gerade bei der<br />

Planung unserer Infrastruktur wird eine ortsspezifische<br />

Gestaltung nicht nur von Richtli-


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild 8: Seagram Building, New York<br />

© Norton/Wikipedia<br />

Bild 10: Humboldthafenbrücke, Berlin<br />

© schlaich bergermann und partner<br />

6<br />

Stahlbauforum<br />

nien erschwert. Auch bestimmte »Schulen«<br />

und »Lobbys« helfen dabei, Masse statt Klasse<br />

durch unsere Städte rauschen zu lassen. Da<br />

muss die Brücke am Berliner Hauptbahnhof<br />

von Jörg Schlaich als Positivbeispiel herhalten,<br />

weil sie eben nicht nur Beton als Baustoff<br />

kennt.<br />

Die größte Herausforderung bleibt der frühzeitige<br />

und ehrliche Dialog der unterschiedlichen<br />

beteiligten Disziplinen, um mit Lösungen<br />

unsere Lebenswelten zu bereichern,<br />

die eben nicht dem Katalog entspringen,<br />

sondern gleichwertige, aber auch mal andere<br />

Entwurfsideen ermöglichen. Dass dabei Tragwerksplaner<br />

und Architekt nicht alleine zum<br />

Ziel gelangen, zeigt deutlich die gleich nebenan<br />

stehende Brücke von Santiago Calatrava,<br />

wo offensichtlich erst nach dem Entwurf der<br />

Anprallschutz in »deutscher Gründlichkeit«<br />

ergänzt wurde und dadurch die elegante<br />

Leichtigkeit des Brückentragwerks kaum<br />

mehr zur Geltung kommt.<br />

Bild 11: Kronprinzenbrücke, Berlin<br />

© Carl Zillich<br />

Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist wieder<br />

auf die Tagesordnung aller Beteiligten zu setzen.<br />

Nur wenn frühzeitig unterschiedlichste<br />

Kompetenzen zusammengeführt werden,<br />

können wir in unserer komplexen Planungswelt<br />

ein austariertes Mobile der Baukultur erreichen,<br />

als dessen Resultat schöne Bauten zu<br />

bewundern sind. Umso angemessener ist das<br />

Paar der diesjährigen Preisträger, die beide<br />

auf konträre Weise elegant sind. Beide schaf-<br />

fen neue Identität, die Landmarke mit einem<br />

konsequent verschwenderischen Einsatz von<br />

Stahl, das Stadion mit einem konsequent<br />

sparsamen Einsatz desselben Baustoffs. Diese<br />

Spanne zeigt auf, was Baukultur jenseits aller<br />

Prozess- und Streitkultur vor allem bedeutet:<br />

Bild 9: Landmarke Lausitzer Seenland<br />

© Carl Zillich<br />

die Bauaufgabe und den Kontext jenseits der<br />

Materialfrage als Gestaltungsaufgabe selbstständig<br />

zu interpretieren.


1 Fassadenentwürfe<br />

optimieren und baubar machen<br />

Mit Stahl und Glas werden selbst komplexe<br />

Geometrien baubar. International renommierte<br />

Architekten setzen Stahl beispielsweise<br />

für freie und filigrane Formen ein. So<br />

hat Wolf D. Prix vom Wiener Architekturbüro<br />

Coop Himmelb(l)au Gebäude in Form einer<br />

Wolke wie beim Dach der BMW-Welt in<br />

München oder beim Musée des Confluences<br />

in Lyon gestaltet. Oder der japanische Prizker-<br />

Preisträger Fumihiko Maki das Ismaili Center<br />

in Ottawa in Form eines Kristalls. Aufgrund<br />

seiner guten statischen Eigenschaften bietet<br />

sich der klassische Werkstoff Stahl für solche<br />

modernen Bauformen an.<br />

Dr. Armin Franke,<br />

Geschäftsführer,<br />

Gartner Steel and Glass GmbH<br />

Diese neue Stahlarchitektur eröffnet Stahl-<br />

und Fassadenbauern Chancen. Gleichzeitig<br />

muss der Fassadenbauer aber auch eine<br />

neue Rolle übernehmen, da bei komplexen<br />

Bauprojekten, die noch vor wenigen Jahren<br />

als unbaubar galten, die Fassadenbauer als<br />

Berater des Architekten gefordert werden. Sie<br />

müssen Fassadenentwürfe des Architekten<br />

detaillieren, optimieren und damit letztlich<br />

baubar machen. Das setzt voraus, dass der<br />

Fassadenbauer sich frühzeitig und intensiv<br />

mit den Ideen des Architekten auseinandersetzt.<br />

Stahlbauforum<br />

Internationale Projekte der Stahlarchitektur<br />

Im folgenden Beitrag werden internationale<br />

Projekte der Stahlarchitektur aus Sicht des<br />

Fassadenbauers beschrieben. Wie verändern<br />

sich das Verhältnis und die Kommunikation<br />

zwischen Architekt und Fassadenbauer? Und<br />

wie kann der Fassadenbauer architektonische<br />

Entwürfe in der Geometrie, bei den Materialien<br />

und bei den Kosten optimieren? Am Beispiel<br />

von vier aktuellen Bauprojekten, die eine<br />

Fassade von Gartner Steel and Glass erhalten,<br />

werden die architektonische Idee und ihre<br />

Optimierung bei der Fassade skizziert.<br />

2 Anbieter im<br />

architektonischen Stahlbau<br />

Im architektonischen Stahlbau hat sich<br />

Gartner Steel and Glass – Architectural<br />

Structures zu einem der führenden Anbieter<br />

entwickelt. Das Würzburger Unternehmen<br />

baute beispielsweise die Stahlfassade für die<br />

BMW-Welt München und das Flughafengebäude<br />

für den neuen Superjumbo A 380 in<br />

Dubai. Gartner Steel and Glass gehört zum<br />

italienischen Baukonzern Permasteelisa, dem<br />

weltweit führenden Unternehmen im Bereich<br />

der architektonischen Gebäudehüllen mit<br />

5.500 Mitarbeitern und einem Umsatz von<br />

mehr als einer Milliarde Euro. In Deutschland<br />

wird der Konzern durch die Gartner-Gruppe<br />

repräsentiert.<br />

3 Fassadenbauer<br />

als Berater des Architekten<br />

Anspruchsvolle Architekten wollen etwas<br />

Neues, noch nicht Dagewesenes bauen. Beim<br />

Musée des Confluences skizzierte Wolf D. Prix<br />

von Coop Himmelb(l)au zunächst ein Strichmuster.<br />

Aber dieses Muster ist letztlich der<br />

Bauplan für das im Bau befindliche Science-<br />

Museum in Lyon. Es kombiniert zwei architektonische<br />

Körper, einen Kristall als Eingangshalle<br />

mit einer Wolke, was auf das Wissen der<br />

Zukunft weist. Landschaften aus Rampen und<br />

Ebenen sollen die Grenze zwischen innen und<br />

außen auflösen. Die verschachtelte und filigrane<br />

Form ist eine besondere technische Herausforderung<br />

für den Fassadenbau. Mit Stahl<br />

und Glas müssen einzelne Fassadenelemente<br />

so gestaltet werden, dass sie diese freie Form<br />

abbilden und gleichzeitig die notwendigen<br />

Anforderungen an Statik, Dichtigkeit, Wärme-<br />

und Sonnenschutz erfüllen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Toparchitekten lassen sich gerne in der Entwurfsphase<br />

von erfahrenen Fassadenbauern<br />

beraten. So können sie frühzeitig auf das<br />

Know-how und das Wissen über neue Materialien,<br />

die Konstruktion und Statik zurückgreifen.<br />

Die Ingenieure und Experten des Fassadenbauers<br />

sind damit bereits in einer frühen<br />

Entwurfsphase gefordert und müssen sich<br />

in interdisziplinären und internationalen<br />

Expertenteams bewähren. So können grundlegende<br />

Fragen schnell und unbürokratisch<br />

entschieden werden. Die Grundfragen lauten<br />

immer: Was ist machbar, mit welchem Ergebnis<br />

und zu welchen Kosten? Statt eines<br />

ausführenden Gewerks wird der Fassadenbau<br />

damit zu einem Partner am Bau, der sich in<br />

die Ideen des Architekten hineindenken und<br />

seine Vorstellungen genau verstehen muss.<br />

Mit der frühen Einbindung gewinnt der Fassadenbauer<br />

auch einen Vorsprung für die<br />

spätere Ausschreibung und Auftragsbearbeitung.<br />

Und mit einer kompetenten Beratung<br />

wächst das Vertrauen zwischen den am Bau<br />

Beteiligten.<br />

7


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild 1: Grand Canal Theatre in Dublin<br />

© Ros Kavanagh<br />

4 Grand Canal Theatre in Dublin<br />

Für das neu bebaute Hafenviertel von Dublin<br />

hat der amerikanische Architekt Daniel<br />

Libeskind ein Theater mit über 2.100 Sitzplätzen<br />

entworfen. An der Mündung des Grand<br />

Canal hat er mit dem Grand Canal Theatre<br />

die Hauptfassade einer neuen öffentlichen<br />

Piazza errichtet. Sein architektonisches Konzept<br />

orientiert sich an einem Theater mit<br />

verschiedenen Bühnen und Vorhängen. Das<br />

Theater selbst ähnelt einem scharfkantigen<br />

und glitzernden Kristall und ist als eigene<br />

Bühne konzipiert, ebenso wie der öffentliche<br />

Raum vor dem Theater und die verschiedenen<br />

Ebenen der Theaterlobby oberhalb der Piazza.<br />

Die Piazza wird damit Teil des Theaters und zu<br />

einem spektakulären Treffpunkt. Den Eingang<br />

zum Theater entwarf Libeskind in Form eines<br />

Theatervorhangs aus Stahl und Glas. Zwei<br />

sich überlappende Stahl-Glas-Fassaden sollen<br />

Besuchern den Eindruck vermitteln, durch<br />

einen Theatervorhang das neue Wahrzeichen<br />

der irischen Hauptstadt zu betreten.<br />

Ingesamt fertigte Gartner Steel Stahl-Glas-<br />

Fassaden mit einer Glasfläche von 1.500 m²<br />

sowie eine Dach- und Fassadenkonstruktion<br />

mit einer 4.000 m² großen Edelstahlverkleidung.<br />

Besonders die geknickten Dach- und<br />

Fassadenflächen von Libeskind stellten<br />

außergewöhnliche Herausforderungen an<br />

die Stahlkonstruktion. Die Eingangsfassade<br />

besteht beispielsweise aus einer 24,25 m<br />

hohen Struktur mit einer freien Spannweite<br />

von 25 m und einer lichten Breite von 48 m.<br />

Normalerweise hätte diese Konstruktion<br />

am Stück gefertigt und auf der Baustelle<br />

geschweißt werden müssen, da der Architekt<br />

keine sichtbaren Schrauben wollte. Gartner<br />

hat stattdessen eine elementierte Bauweise<br />

mit unsichtbaren Schraubverbindungen<br />

vorgeschlagen. So konnte die Vorstellung des<br />

Architekten einfacher umgesetzt werden.<br />

8<br />

Stahlbauforum<br />

Bild 2: Grand Canal Theatre in Dublin<br />

© Ros Kavanagh<br />

Libeskind wollte auch den Eindruck erzeugen,<br />

dass das Glas 25 m vom Boden bis zum Dach<br />

läuft. Besucher sollen entlang der Verglasung<br />

in den Himmel sehen, ohne durch Kanten<br />

gestört zu werden. An der sekundären Glasstruktur<br />

sind deshalb keine Riegel sichtbar.<br />

Gartner hat dafür spezielle Glaslager entwickelt,<br />

die auf den Pfosten befestigt sind. Sie<br />

verschwinden in der Glasfuge und müssen<br />

neben dem Eigengewicht auch das Glas halten.<br />

Bisher war das nur bei Fassaden bis zu einer<br />

Höhe von 9 m möglich. Allein das Gewicht<br />

eines Glases beträgt 340 kg.<br />

Eine weitere Herausforderung waren Profile<br />

mit einer Größe von 500 mm × 500 mm – üblich<br />

sind bis zu 100 mm × 100 mm. Vier solcher<br />

Profile laufen bei der Konstruktion baumartig<br />

zusammen. Um die geforderte Präzision zu<br />

erreichen, wurden die Profile im Gartner-<br />

Werk in Gundelfingen zusammengeschweißt<br />

und zur Probe aufgebaut. So konnte das Ziel<br />

der Null-Toleranz erreicht werden. Denn die<br />

geknickten Flächen, die aufeinanderstoßen,<br />

mussten ohne Ausgleichsmöglichkeit gefertigt<br />

werden. Auf der Oberfläche des Edelstahls<br />

wollte Libeskind besondere Lichtspiele<br />

erzeugen. Auf Vorschlag von Gartner wurde<br />

deshalb die Oberfläche des Edelstahls unter<br />

Öl geschliffen. Nachträglich lässt sie sich nicht<br />

mehr bearbeiten.<br />

Bild 3: SC Johnson in Racine<br />

© Pete Selkowe/racinepost.com<br />

5 SC Johnson Honor Fortaleza Hall<br />

Der Firmensitz von SC Johnson im amerikanischen<br />

Bundesstaat Wisconsin wurde um eine<br />

Ausstellungshalle für ein Explorationsflugzeug,<br />

ein Atrium mit einer Cafeteria und anderen<br />

Sozialeinrichtungen für die Mitarbeiter<br />

sowie ein Gemeinschaftsgebäude erweitert.<br />

Sir Norman Foster entwarf dafür die Fortaleza<br />

Hall in Form einer gläsernen Ellipse mit einem<br />

Skylight sowie ein gläsernes Atrium. Die elliptisch<br />

geformte Fortaleza Hall ist vollkommen<br />

transparent, um eine 360-Grad-Sicht auf das<br />

Bild 4: SC Johnson in Racine<br />

© Pete Selkowe/racinepost.com


historische Sikorsky-Flugzeug zu ermöglichen,<br />

das unter dem zentralen Okulus-Skylight<br />

schwebt. So wirkt das Flugzeug mit einer<br />

Spannweite von 22 m, als ob es sich im Flug<br />

befände. Im Kontrast zu den benachbarten<br />

Gebäuden von Frank Lloyd Wright, die eher<br />

solide wirken, erscheint die neue Ausstellungshalle<br />

leicht und offen.<br />

Sir Norman Foster wollte eine maximal mögliche<br />

Transparenz erreichen. Es sollten so wenig<br />

Stahl und so große Scheiben wie möglich<br />

verwendet werden. Für diese spezifischen<br />

Anforderungen hat Gartner Steel in einem<br />

Design-Assist-Vertrag intelligente technische<br />

Lösungen entwickelt, die sich allerdings<br />

erheblich auf den Rohbau auswirkten, um<br />

die hohen Lasten in den Beton einleiten zu<br />

können. Gartner Steel entwickelte beispielsweise<br />

zehn schlanke Stahlstützen. Diese<br />

außenliegenden unverkleideten Stützen<br />

erfüllen höchste Ansprüche und tragen das<br />

sichtverkleidete ovale Dachtragwerk, das aus<br />

Stahlfachwerkträgern besteht. In der Mitte<br />

des elliptischen Tragwerks befindet sich das<br />

151 m² große Okulus-Skylight.<br />

Foster wollte die Fassaden auch nicht horizontal<br />

an die Stützen anbinden. Gartner<br />

Steel hat die eingesetzten Zugstäbe, die an<br />

der Dachstruktur abgehängt sind, deshalb<br />

mit einer extrem hohen vertikalen Vorspannung<br />

versehen. Diese Zugstäbe aus Edelstahl<br />

mit der Festigkeitsklasse 1030 haben einen<br />

Durchmesser von 52 mm – normal wäre die<br />

Festigkeitsklasse 460. Die vertikalen, mit 50 t<br />

vorgespannten Zugstäbe bilden die einzigen<br />

vertikalen Tragelemente.<br />

Foster bestand ebenfalls auf maximalen<br />

Scheibengrößen. Gartner Steel hat deshalb<br />

6 m breite und 2,20 m hohe zylindrisch gekrümmte<br />

Verbundsicherheitsscheiben gewählt,<br />

die mit einer Silikonverklebung an der<br />

Tragstruktur befestigt werden. Die horizontale<br />

Tragstruktur wird aus liegenden T-förmigen<br />

Stahlträgern gebildet, die mit den bereits<br />

genannten Zugstäben von der Dachkonstruktion<br />

abgehängt werden. Die Scheiben<br />

übernehmen auch tragende Funktionen und<br />

steifen die Konstruktion aus.<br />

Nach Lösung der genannten technischen<br />

Probleme im Design Assist wurde Gartner<br />

Steel auch mit der Produktion und Abwicklung<br />

beauftragt. Insgesamt fertigte Gartner<br />

Steel Fassadenflächen mit einer Größe von<br />

1.250 m², 500 t T-Profile und 5 t Edelstahlzugstäbe<br />

sowie 250 t Stahl für Dach und Stützen.<br />

Stahlbauforum<br />

Bild 5: Canadian Museum of Human Rights in Winnipeg<br />

© Antoine Predock<br />

6 Canadian Museum of Human Rights<br />

Beim Canadian Museum of Human Rights in<br />

Winnipeg hat sich der amerikanische Architekt<br />

Antoine Predock von Wolken, Steinen<br />

und Eisbergen inspirieren lassen. Das nationale<br />

Museum für Menschenrechte entsteht<br />

an einem historisch bedeutsamen Ort am<br />

Zusammenfluss des Assiniboine und Red<br />

River. Seine Architektur soll das Verbindende<br />

der Menschheit ausdrücken. Besucher gelangen<br />

zunächst unter die Erde und dann über<br />

verschiedene Rampen und Flächen zu einem<br />

Tower of Hope, der als Spitze eines Eisbergs<br />

rund 100 m über das Gelände ragt und einen<br />

grandiosen Ausblick bietet.<br />

Der Hauptteil des Gebäudes besteht aus fünf<br />

Gebäudeflügeln. Predock hatte für diese Freiformfläche<br />

in Form einer Wolke zunächst individuell<br />

gebogene Glasscheiben und zueinander<br />

verdrehte Vierendeelträger vorgesehen.<br />

Äußere Befestigungen sollten nicht sichtbar<br />

sein. Deshalb sollten die Glasauflager und<br />

Glasbefestigungen verdeckt in der Silikonfuge<br />

liegen. Gartner Steel erhielt zuerst einen<br />

Design-Assist-Vertrag, um die Konstruktion<br />

zu optimieren und an das Budget des Kunden<br />

anzupassen. In Zusammenarbeit mit dem Architekten<br />

wurde dann die Geometrie der Wolke<br />

optimiert, ohne das Erscheinungsbild zu<br />

verändern. So entwickelte Gartner Steel eine<br />

Lösung mit flachen Scheiben ohne Biegung<br />

und mit geraden Vierendeelträgern.<br />

Die Scheiben konnten von außen unsichtbar<br />

befestigt werden. Auch die bauphysikalischen<br />

Anforderungen konnten in einem Großversuch<br />

bestätigt werden. Denn auch bei extremer<br />

Kälte in den Wintermonaten bis zu -38°C<br />

muss die Fassade kondensatfrei sein.<br />

Neben dem Turm sollte auch die Wolke<br />

schindelartig verglast werden. Im Rahmen<br />

des Design Assist konnte Gartner Steel eine<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild 6: Canadian Museum of Human Rights<br />

© Antoine Predock<br />

Lösung präsentieren, bei der der erhebliche<br />

Einfluss der Windlasten berücksichtigt wurde.<br />

In einem spezifischen statischen Modell hat<br />

Gartner deshalb iterativ die maximale Scheibengröße<br />

in Abhängigkeit von der Windlast<br />

ermittelt.<br />

Aus dem Hauptgebäude in Form der Wolke<br />

ragt der Tower of Hope heraus. Charakteristisch<br />

ist die Verglasung aus sich überlappenden<br />

Teilflächen, um den Eindruck von Schindeln<br />

zu erzeugen. Beim Turm konnte Gartner<br />

die Geometrie und die Anschlüsse optimieren.<br />

So wurden Schnittstellen zwischen der<br />

Primär- und Sekundärkonstruktion reduziert.<br />

Am Ende des Design Assist konnten sowohl<br />

die Budgetvorgaben des Kunden als auch die<br />

Forderungen und Vorstellungen des Architekten<br />

zu Form und Funktion erfüllt werden.<br />

Im Juli 2009 wurde Gartner Steel schließlich<br />

mit der Planung, Lieferung und Montage der<br />

Gebäudehülle beauftragt.<br />

9


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

7 Musée des Confluences in Lyon<br />

Im ehemaligen Industriegebiet von Lyon wird<br />

am Zusammenfluss von Rhône und Saône<br />

zurzeit ein neues Science-Center errichtet, das<br />

sich mit Zukunftsfragen der Technik, Biologie<br />

und Ethik beschäftigt. Diese Themen sollen<br />

nach den Vorstellungen der Wiener Architekten<br />

von Coop Himmelb(l)au in einer Wolke<br />

des Wissens, einem »weichen Raum aus verborgenen<br />

Strömen und unzähligen Übergängen«,<br />

präsentiert werden. Besucher betreten<br />

diese Museumswolke über einen Baukörper<br />

in Form eines Kristalls, der als urbanes Forum<br />

und Eingangshalle dient. Während die klaren<br />

Formen des Kristalls die gegenwärtige Welt<br />

symbolisieren sollen, steht die Bauform der<br />

veränderbaren Wolke für die Zukunft.<br />

Sowohl die Gebäudehülle in Form eines<br />

Kristalls als auch die Wolke stellen den Fassadenbau<br />

vor schwierige Aufgaben. Die Hülle<br />

aus Stahl und Glas muss auch höchste Anforderungen<br />

an Statik, Dichtigkeit, Wärme- und<br />

Sonnenschutz erfüllen. Der anspruchsvollste<br />

Bauteil ist dabei der Kristall aus 32 unterschiedlich<br />

geneigten Teilflächen.<br />

Bild 7: Musée des Confluences in Lyon<br />

© Isochrom.com<br />

31 dieser sogenannten Facetten sind komplexe<br />

Glasflächen, die mit einer Sekundärstruktur<br />

gehalten und vor die Primärstruktur aus<br />

schwerem Stahlbau gehängt werden. Gartner<br />

Steel hat diese geschweißte Struktur optimiert<br />

und die Schraubstöße mit Kopfplatten<br />

verdeckt. Auch musste der Fassadenbau komplexe<br />

geometrische Anforderungen an den<br />

Primärstahl lösen.<br />

Die 32. Facette, der sogenannte Puits de Gravité,<br />

ist das architektonische Highlight des<br />

Projekts. Wie ein 30 m hoher Trichter erstreckt<br />

sich diese Freiformstruktur vom Dach bis zum<br />

Boden. Sie besteht teilweise aus zweifach<br />

sphärisch gebogenen Glasscheiben, die im<br />

10<br />

Stahlbauforum<br />

unteren Bereich lediglich über eine Silikonverklebung<br />

gehalten werden. Um im Winter<br />

Schneeansammlungen im Trichter schneller<br />

abzutauen, hat Gartner einen Zwischendeckel<br />

aus beheiztem Glas entwickelt. Für die<br />

Primär- und Sekundärstruktur des Kristalls<br />

verbaut Gartner 500 t Stahl. Seine Glasfläche<br />

inklusive gebogenem und beheiztem Glas<br />

umfasst 3.500 m². Außerdem fertigt Gartner<br />

700 m² Sonnenschutz sowie Sonderentwicklungen<br />

für Lüftungs- und RWA-Flügel von<br />

rund 300 m².<br />

Für den mit Edelstahl verkleideten Bauteil<br />

Wolke wird Gartner Steel elf verglaste Teilflächen<br />

fertigen. Diese Verrières bestehen aus<br />

Isolierglaseinheiten, die von einer Stahlstruktur<br />

gehalten werden und für die besondere<br />

akustische Anforderungen gelten.<br />

Bild 8:Musée des Confluences in Lyon<br />

© Coop Himmelb(l)au<br />

8 Fazit<br />

Die Entwicklung und Umsetzung komplexer<br />

Freiformstrukturen stellen Architekten vor<br />

vielfältige Herausforderungen. Erfahrene<br />

Fassadenbauer können dabei helfen, diese<br />

Strukturen baubar zu machen. Sie können die<br />

Komplexität reduzieren, einfachere und sichere<br />

Lösungen finden und vor allem die Kosten<br />

verringern. Diese Erfahrungen hat Gartner<br />

Steel auch mit anderen renommierten Architekten<br />

wie Frank O’Gehry, Renzo Piano, Zaha<br />

Hadid oder Herzog & de Meuron gemacht.<br />

Eine gute Möglichkeit ist der im Ausland übliche<br />

Design-Assist-Vertrag, um architektonische<br />

Entwürfe noch vor der Auftragsvergabe<br />

zu optimieren. In dieser frühen Phase eines<br />

Projekts können in intensiver Diskussion und<br />

Zusammenarbeit mit den Architekten und<br />

Planungsingenieuren neue Lösungen für die<br />

Ideen der Architekten entwickelt werden. So<br />

wachsen die Ingenieure und Experten des<br />

Fassadenbauers zunehmend in die Rolle eines<br />

Partners und Beraters. Unsere Firmenphilosophie<br />

lautet deshalb: »We realize your visions<br />

in steel and glass.«


1 Einleitung<br />

Wo sonst auf der Welt treffen Tradition und<br />

Moderne so aufeinander wie in den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten. Auch nur dort<br />

ist es möglich, ein Bauvorhaben wie das Yas-<br />

Island-Marina-Projekt auszuführen. Und das<br />

in einem Landstrich, der vor 40 Jahren noch<br />

überwiegend Wüstensand, geringe Mengen<br />

Wasser und nach europäischen Vorstellungen<br />

nur spärliche Lebensqualität zeigte.<br />

Dass seit November 2009 die schnellsten<br />

Rennautos dort Runde um Runde ans Limit<br />

für Mensch und Material gehen, verdanken<br />

die Vereinigten Arabischen Emirate den Einnahmen<br />

aus umfangreichen Öl- und Gasvorkommen.<br />

Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing.<br />

Dirk Lehmann,<br />

Claus Queck GmbH<br />

Bild 2: Erster Entwurf<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Tradition und Moderne: Yas Marina Circuit , Abu Dhabi<br />

Bild 1: Übersicht<br />

© Claus Queck GmbH<br />

²<br />

W<br />

Diese Einnahmen nutzten die Emirate in<br />

unterschiedlichster Weise, um ihre Einkommens-,<br />

Lebens- und Entwicklungsbedingungen<br />

zu verbessern. Das fortschrittliche Emirat<br />

Abu Dhabi setzt hierbei auf gehobenen Shopping-,<br />

Event- und Kunsttourismus in einem<br />

angemessenen Umfeld.<br />

Im Auftrag des derzeitigen Herrschers Scheich<br />

Chalifa bin Zayid Al Nahyan wurde die Aldar<br />

Projektentwicklungsgesellschaft beauftragt,<br />

die Insel Yas Island vor Abu Dhabi mit Hotels,<br />

Shopping Malls, Event World Center, Marina<br />

und einer Rennstrecke für den Formel-1-Zirkus<br />

zu planen und zu bebauen. Die Baukosten<br />

wurden vorerst mit ca. 40.000.000.000 US-$<br />

veranschlagt.<br />

²<br />

Für die Formel-1-Rennstrecke wurde das im<br />

Renngeschehen bekannte Aachener Architekturbüro<br />

Tilke Ingenieure ausgewählt, die<br />

komplette Strecke mit Marina und Rennhotel<br />

zu planen und baubegleitend zu überwachen.<br />

Für den Bau der Strecke, Tribünen und Marina<br />

wurde die Fa. Cebarco aus Bahrain beauftragt.<br />

Im Mai 2007 wurden die ersten Entwürfe<br />

für vier Tribünen (Grandstand Main, -West,<br />

-North und -Dragster) sowie diverse Werkstätten,<br />

Küchen-, Verwaltungs-, Sanitär- und<br />

Eingangsgebäuden vorgestellt.<br />

Diese Entwürfe bildeten die Basis für unser<br />

erstes Angebot und sahen folgende Tribünenkonstruktion<br />

vor: Tribünendächer aus Fachwerkträgern<br />

(polygonal gebogen) mit rückwärtigen<br />

Zugstreben und einer Außenhülle<br />

aus Stehfalz-Alu-Blechen. Die Stehfalzbleche<br />

bildeten die Dach- wie auch Deckenschale.<br />

Durch den geschlossenen Baukörper war es<br />

daher möglich, ca. 40.000 Tribünenplätze klimatisiert<br />

auszuführen.<br />

Noch im Mai wurde das erste Angebot für die<br />

angefragte Leistung eingereicht. Ende Juni<br />

2007 gab es außer jeder Menge Wüstensand<br />

und vereinzelt herumstehenden Baumaschinen<br />

noch keinerlei bauliche Aktivitäten. Im<br />

August 2007 äußerte die Verwaltung Abu<br />

Dhabis erste Bedenken, dass der für die Ausführung<br />

vorgesehene Entwurf die typischen<br />

Einflüsse des Landes nicht berücksichtige. Als<br />

typische Merkmale für das Emirat Abu Dhabi<br />

wurden Wüste, Nomadenzelte und die Perlenfischerei<br />

genannt.<br />

Basierend auf diesen Merkmalen entwarf das<br />

Architekturbüro Tilke innerhalb kürzester Zeit<br />

11<br />

W<br />

²<br />

²


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

einen neuen Masterplan. Es wurden typische<br />

Zeltdächer in sandfarbenen Tönen auf eine<br />

Unterkonstruktion aus Rohren geplant. Der<br />

Bezug zur Perlenfischerei sollte sich in der Architektur<br />

der Königsloge in Form einer Perle,<br />

die über allem thront, wiederfinden. Dieser<br />

Entwurf wurde jedoch später verworfen.<br />

Durch die neue Planung mit offenen Zeltdächern<br />

war es nicht mehr möglich, alle Sitzplätze<br />

zu klimatisieren. Von dieser Vorgabe hatte<br />

man mittlerweile aufgrund der in den Sommermonaten<br />

herrschenden Temperaturen bis<br />

50 °C aus wirtschaftlichen und ökologischen<br />

Gründen bereits Abstand genommen.<br />

Es erfolgte eine neue Ausschreibung, und<br />

weltweit wurden Stahlbauunternehmen aufgefordert<br />

für diese Konstruktion ein Angebot<br />

zu erstellen.<br />

Mittlerweile waren jedoch auf Basis der ersten<br />

Planung die Fundamentierungsarbeiten<br />

im Gange und wurden ohne Berücksichtigung<br />

der geänderten Gegebenheiten fortgeführt.<br />

Die nachfolgenden Gewerke hatten sich somit<br />

den neuen Umständen anzupassen.<br />

Im September 2007 wurde ein überarbeitetes<br />

Angebot auf Basis der geänderten Architektur<br />

eingereicht.<br />

Während der weiteren Bauausführung wurden<br />

die überdachten Tribünenplätze auf ca.<br />

100.000 Besucher erweitert, und man ging<br />

gar so weit, die gesamte Streckenlänge der<br />

Start- und Zielgeraden komplett zu überdachen.<br />

Diese Planung wurde jedoch später<br />

nicht ganz überraschend aus Kosten- und<br />

Termingründen verworfen.<br />

Im Februar 2008 war noch immer nicht entschieden,<br />

welche Firma den Auftrag für die<br />

Stahlbauleistungen erhalten sollte. Auf die<br />

neue Planung und die daraus resultierenden<br />

Terminverschiebungen wurde seitens der<br />

FIA (Internationale Automobil-Organisation)<br />

keine Rücksicht genommen. Der Fertigstellungstermin<br />

der Gesamtbaumaßnahme Yas<br />

Marina Circuit wurde unter Berücksichtigung<br />

einer mehrmonatigen Abnahmephase auf<br />

den 30. Juni 2009 terminiert.<br />

Ende März 2008 wurde nochmals ein überarbeitetes<br />

Angebot, ergänzt um zusätzliche<br />

Tribünendächer sowie zusätzliche Nebengebäude,<br />

eingereicht.<br />

Im April 2008 wurde dann die Claus Queck<br />

GmbH für die Basisausführung beauftragt<br />

12<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 3: Einflüsse des Landes auf die Architektur<br />

© Tilke GmbH/Claus Queck GmbH<br />

und die Erweiterung mit einem Letter of<br />

Intent abgesichert. Hervorzuheben sind die<br />

Tribünenüberdachungen für South Grandstand,<br />

Pit Support Building, Media Center,<br />

West Grandstand, Pit Building, Main Grandstand,<br />

Administration Building, Entrance<br />

Gate West, Driving School, North Grandstand,<br />

Dragster Grandstand, Dragster Race Control<br />

und Entrance Gate North mit einer Gesamtlänge<br />

von 2.700 m und einer Dachfläche von<br />

108.000 m².<br />

Des Weiteren wurden die Stahlbau- und Fassadenarbeiten<br />

für drei Workshops, Shower<br />

Building, Waste Collection, Maintenance Building,<br />

Ferrari Building, Plant Building, Kitchen<br />

Facility, Fuel and Tyre, Transformer Building<br />

und Toilet Buildings beauftragt.<br />

2 Tribünenüberdachung<br />

Die traditionelle Form der Zeltdächer in der<br />

Konstruktion umzusetzen stellte eine interessante<br />

Herausforderung an die Tragwerksplanung<br />

dar. Hierbei wurden Stahl und Membran<br />

mit ihren unterschiedlichen Material- und<br />

Trageigenschaften zu einem ganzheitlichen<br />

Tragsystem zusammengefügt.<br />

Bei der Entwicklung des Tragsystems ging der<br />

maßgebliche Einfluss von der Membrankonstruktion<br />

aus. Grundsätzlich sind alle Rand-,<br />

Kehl- und Gratseile so anzuordnen, dass eine<br />

Vorspannung aller Dachflächen in Kett- und<br />

Schussrichtung der Membran aufgebracht<br />

werden kann. Die so gebildeten Membranflächen<br />

weisen im vorgespannten Zustand<br />

Krümmungen in zwei Richtungen auf und<br />

machen so aus der Membran ein Flächentragwerk,<br />

das auch lotrecht zur Dachfläche Druck-<br />

und Sogkräfte abtragen kann. Ausgehend von<br />

diesen geometrischen und statischen Rahmenbedingungen,<br />

die zur Funktionalität des<br />

Membrantragwerks notwendig sind, wurde<br />

der Stahlbau entwickelt.<br />

Um hierbei die Leichtigkeit der Membrankonstruktion<br />

herauszustellen, wurde eine<br />

Konstruktion aus Rundrohren gewählt, die<br />

geprägt ist durch eine geringe Anzahl von unterschiedlichen<br />

Querschnitten und wenigen<br />

Anschlusspunkten an den Massivbau.<br />

Bild 4: Dachkonstruktion der Tribünen (Regelfelder)<br />

© Claus Queck GmbH


Bild 5: Dachkonstruktion der Tribünen (Vorderseite)<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Bei den Tribünenüberdachungen wurde der<br />

Mast auf die Vorderkante der obersten Ebene<br />

aufgesetzt, so dass die vorderen Spreizstäbe,<br />

mit einer Länge von bis zu 24 m, das Membrandach<br />

über die Sitzstufen der Tribüne auskragen<br />

lassen.<br />

An der Rückseite der Tribünen wurde die<br />

Membran in Form eines langen Schals bis<br />

zum Boden geführt.<br />

Hierdurch, in Kombination mit den an der<br />

Rückseite angeordneten Streben, konnte die<br />

Aussteifung senkrecht zur Tribüne ohne eine<br />

Einspannung des Mastfußpunktes realisiert<br />

werden.<br />

In Längsrichtung der Tribünen erfolgt die<br />

Aussteifung über die Aneinanderreihung<br />

mehrerer Felder, die durch ihre zusammenhängende,<br />

vorgespannte Membranfläche<br />

verbunden und in regelmäßigen Abständen<br />

auf den Massivbau abgespannt sind.<br />

Anders als bei den Tribünen wurde die Überdachung<br />

des Pit Building so konzipiert, dass<br />

die Fläche unterhalb des Daches als begehbare<br />

Terrasse genutzt werden kann.<br />

Hierzu wurde der Mast schwebend über vier<br />

Zugseile an den Ecken der Rahmenkonstruktion<br />

aufgehängt.<br />

Die horizontale Aussteifung der Stahlkonstruktion<br />

erfolgt über die in zwei Richtungen<br />

biegesteif ausgeführte Rahmenkonstruktion.<br />

Dies ermöglicht eine gelenkige Lagerung der<br />

Stützen und verringert somit die Einwirkungen<br />

auf den Massivbau.<br />

3 Anschlussdetails<br />

Aus den großen Dachabmessungen von rund<br />

900 m² Membranfläche je Feld resultieren für<br />

den Anschluss an den Stahlbau Seilzugkräfte<br />

bis 870 kN. Auch die Anschlüsse zwischen<br />

Stahl- und Massivbau sind aufgrund der geringen<br />

Anzahl von Auflagerpunkten sehr stark<br />

belastet.<br />

Besonderes Augenmerk ist hierbei auf den<br />

Anschluss der Mastfußpunkte zu richten, die<br />

neben der geforderten Gelenkigkeit auch<br />

große Horizontal- und Vertikalkräfte abtragen<br />

müssen.<br />

Bild 6: Tribünen (Rückseite)<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 7: Dachkonstruktion des Pit Building (Regelfeld)<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Bild 8: Pit Building mit fliegendem Mast<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Bild 9: Fußpunkt des Mastes<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Bild 11 +12: Anschlusspunkte der Zugseile<br />

© Claus Queck GmbH<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Um die Horizontalkräfte von rund 2.100 kN<br />

mit möglichst geringer Exzentrizität in die<br />

Einbauteile des Massivbaus einleiten zu können,<br />

wurde das Anschlussgelenk unterhalb<br />

der Fußplatte angeordnet. Eine runde, an<br />

die Unterseite der Fußplatte angeschweißte<br />

Auflagerplatte, wird in einen Auflagerring gestellt,<br />

der bauseits ausgerichtet und mit dem<br />

Einbauteil des Massivbaus verschweißt ist.<br />

Die abhebenden Lasten von rund 2.400 kN<br />

werden über vier Ankerstangen abgetragen,<br />

die mit einer Länge von 1,80 m in die unterhalb<br />

liegenden Stahlbetonstützen einbetoniert<br />

sind.<br />

Die Anschlusspunkte der Membrankonstruktion<br />

sind geprägt durch eine Vielzahl von Zugseilen,<br />

die in einem Knoten zusammenlaufen.<br />

Hierbei treten Seilzugkräfte bis 870 kN auf,<br />

die zusätzlich zur eigentlichen Verbindung<br />

der Stahlbauquerschnitte anzuschließen<br />

sind.<br />

Bild 10: Anschlusspunkte der Zugseile<br />

© Claus Queck GmbH<br />

13


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild 13: Mastspitze<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Da diese Knoten im direkten Blickfeld der<br />

Besucher liegen, wurde hier besonders auf<br />

eine kompakte und schlichte Ausführung der<br />

Anschlüsse geachtet.<br />

Die Mastspitze ist für die Montage der Membrankonstruktion<br />

von besonderer Bedeutung.<br />

Da hier die vier Gratseile und der obere Rand<br />

der Membranflächen angeschlossen sind,<br />

kann durch hydraulisches Hochdrücken der<br />

Mastspitze die Vorspannung auf alle angrenzenden<br />

Dachflächen aufgebracht werden.<br />

Die hierfür notwendige Verschiebeeinrichtung<br />

wurde durch zwei ineinanderliegende<br />

Rohre realisiert, von denen das innere biegesteif<br />

an den Mast angeschlossen ist. Das äußere<br />

der beiden Rohre ist Teil der Mastspitze<br />

und wird bei der Montage hochgedrückt.<br />

Im Endzustand wird ein Deckelblech auf das<br />

äußere Rohr gesetzt, das über eine Schubknagge<br />

mit dem inneren Rohr verbunden ist<br />

und mit den Anschlussblechen der Gratseile<br />

verschraubt wird.<br />

Hierdurch können alle auf die Mastspitze wirkenden<br />

Kräfte aus Membran und Randseilen<br />

direkt in das innere Rohr eingeleitet werden.<br />

Die so konzipierten Anschlüsse zeichnen sich<br />

dadurch aus, dass sie unabhängig von Winkel<br />

und Anzahl der zusammenlaufenden Querschnitte<br />

anwendbar sind.<br />

Die hierdurch geschaffene Unabhängigkeit<br />

von Form und Größe der unterschiedlichen<br />

Dächer ermöglicht selbst in den Kurvenbereichen<br />

der Tribünen die Anwendung dieser<br />

Anschlüsse.<br />

Auch die Randfelder, in denen zusätzliche<br />

Dachflächen, Spreizstäbe und Streben zusammenlaufen,<br />

konnten mit diesen Anschlusspunkten<br />

abgedeckt werden.<br />

Durch die in allen Dächern wiederkehrenden<br />

Anschlüsse konnte übergreifend über alle Tribünendächer<br />

ein einheitliches Erscheinungsbild<br />

erzielt werden.<br />

14<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 14: Realisierte Mastspitze<br />

© Claus Queck GmbH<br />

4 Fertigung<br />

Neben Walzprofilen wurden ca. 19 km Rohre<br />

in Einzellängen von 8,00 m bis 12,20 m in<br />

Abmessungen von 219,10 mm × 8 mm bis<br />

610 mm × 38,10 mm per 40‘-Container von<br />

Deutschland über Antwerpen in die UAE<br />

gebracht. Zeitliche Unwägbarkeiten brachte<br />

die Zollabfertigung des in das Land zu bringenden<br />

Materials mit sich. Auf dem Papier<br />

bestehen zwar eindeutige Richtlinien und<br />

Verfahrensabläufe bezüglich der Einfuhr von<br />

Material in die UAE, aber es zeigte sich schnell,<br />

dass die tatsächlichen Abläufe davon abwichen,<br />

teils undurchsichtig waren und sich<br />

ohne ersichtlichen Grund häufig änderten.<br />

Die Fertigung der Bauteile erfolgte überwiegend<br />

über zwei parallele Fertigungsstraßen,<br />

die mit modernsten Maschinen ausgestattet<br />

waren.<br />

Schnell wurde allerdings deutlich, dass Personalkosten<br />

in den UAE eine weitaus geringere<br />

Rolle spielen, als dies bei uns in Europa der Fall<br />

ist. Die Lohnkosten machen nur einen Bruchteil<br />

der Herstellungskosten aus. Dem gegenüber<br />

steht jedoch ein erheblicher Mehraufwand,<br />

der für Termin- und Qualitätsüberwachung<br />

betrieben werden muss. Insbesondere<br />

betrifft dies die Maßhaltigkeit der Bauteile,<br />

die Ausführung der Schweißarbeiten sowie<br />

die Güte des Korrosionsschutzes.<br />

Das hängt einerseits mit der Qualifikation der<br />

Arbeiter sowie ihrer Identifikation mit ihrer<br />

Arbeit zusammen, andererseits aber auch damit,<br />

dass die Qualitätsanforderungen vertraglich<br />

hoch angesetzt werden, in der Praxis die<br />

ausgeführte Qualität aber häufig kaum und<br />

nur unzulänglich kontrolliert wird.<br />

Unsere Zielsetzung war es jedoch, die eigenen,<br />

in Europa üblichen Qualitätsstandards<br />

durchzusetzen, was sich zwar teils nervenaufreibend<br />

darstellte, aber letztlich gelungen ist.<br />

Nach erfolgter Fertigung in Sharjah (nahe<br />

Dubai) erfolgte der Transport der Bauteile per<br />

Lkw zur Baustelle. Während der Bauausführung<br />

war vom Festland nach Yas Island nur<br />

eine zweispurige Brücke verfügbar, über die<br />

Bild 15: Fußpunkt der Randfelder<br />

© Claus Queck GmbH<br />

sämtlicher Personen- und Zulieferverkehr<br />

für den Bau der Rennstrecke, aber auch für<br />

sämtliche zeitgleich ausgeführten Baumaßnahmen,<br />

wie z. B. die Ferrari-Erlebniswelt,<br />

den neuen Jachtclub, das Marina-Hotel, Straßenbau,<br />

Infrastruktur etc., geführt werden<br />

mussten.<br />

Zwangsläufig ergaben sich täglich erhebliche<br />

Behinderungen bei der Zuführung des Materials.<br />

Zur größten Herausforderung im Bereich der<br />

Fertigung wurde die Tatsache, dass die Vorleistungen<br />

auf der Baustelle, also im Wesentlichen<br />

der Rohbau, nicht entsprechend dem<br />

Terminplan fertiggestellt wurden. Dies hatte<br />

zur Folge, dass Fertigungsabläufe mehrfach<br />

umgestellt werden mussten.<br />

Das heißt im Einzelnen: Es mussten kurzfristig<br />

bereits angearbeitete Gebäudeteile<br />

aus der Fertigung genommen und im Werk<br />

zwischengelagert werden, um stattdessen<br />

Bauteile für andere Gebäude vorzuziehen.<br />

Erschwerend kam hinzu, dass Änderungen im<br />

Bauablauf auch kurzfristig »von oben« durch<br />

die Festlegung anderer Prioritäten hervorgerufen<br />

wurden.<br />

Bild 16: Fertigung des Mastfußpunktes<br />

© Claus Queck GmbH


5 Montage<br />

Zunächst einmal wurden die Montagearbeiten<br />

durch für europäische Verhältnisse extreme<br />

klimatische Gegebenheiten beeinflusst.<br />

Temperaturen jenseits der 40°C im Sommer<br />

verbunden mit einer Luftfeuchtigkeit zwischen<br />

80 % und 95 % lassen längere Aufenthalte<br />

im Freien schon ohne Arbeit zur Qual<br />

werden, aber selbst im Winter herrschen noch<br />

Durchschnittstemperaturen von ca. 21°C mit<br />

ähnlich hoher Luftfeuchtigkeit.<br />

Aber auch Besonderheiten im Zusammenhang<br />

mit der jährlichen vierwöchigen Fastenzeit<br />

(Ramadan) mussten berücksichtigt werden.<br />

In dieser Zeit, die während der Bauarbeiten<br />

in den August fiel, wird auf der Baustelle<br />

nur bis zur Mittagszeit gearbeitet. Zudem ist<br />

die Leistung des Montagepersonals, sofern islamischen<br />

Glaubens, zwangsläufig aufgrund<br />

des Fastens sehr gering, insbesondere wenn<br />

man berücksichtigt, dass das Verbot von<br />

Flüssigkeitsaufnahme in die heißeste Zeit des<br />

Jahres fiel.<br />

Ein derart großes Bauvorhaben stellt an die<br />

Montage aber auch insofern besondere Anforderungen,<br />

als die 28 in unserem Auftrag<br />

befindlichen Einzelbauwerke auf einer Baustellenfläche<br />

von ca. 2,50 km² verteilt waren.<br />

Darüber hinaus waren ausgesprochen<br />

enge zeitliche Abhängigkeiten der einzelnen<br />

Gewerke wie Rohbau, Stahlbau, Dachmembranen<br />

und Nebengewerke wie Elektrik,<br />

Haustechnik, Gebäudefassade etc. in Einklang<br />

zu bringen, was sich in Anbetracht der nur<br />

mäßig detaillierten zeitlichen und organisatorischen<br />

Planungsvorgaben der Kundenseite<br />

als recht anspruchsvolle Aufgabe darstellte.<br />

Um die Montagearbeiten möglichst wirtschaftlich<br />

umzusetzen, wurde ein entsprechendes<br />

Montagekonzept erarbeitet. Hauptaugenmerk<br />

wurde dabei auf eine kontinuierliche<br />

Montage der jeweiligen Gebäude gelegt.<br />

Aufwendige und damit kostspielige Ortswechsel<br />

während der Montage sollten weitestgehend<br />

vermieden werden.<br />

Bild 18: North Grandstand<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Ferner wurde für jedes Gebäude ein Lagerplatz<br />

unmittelbar neben dem Rohbau<br />

eingerichtet, um das anzuliefernde Material<br />

im Schwenkbereich der Montagekrane zwischenzulagern.<br />

Ein zentraler Zwischenlagerplatz wurde ausgeschlossen,<br />

da zum einen die sich daraus<br />

ergebenden Zwischentransporte auf der<br />

Baustelle eine zeitliche Belastung bedeutet<br />

hätten, die mit dem engen Zeitrahmen in<br />

Widerspruch stand, zum anderen hätten<br />

Zwischentransporte zugegebenermaßen<br />

auch nennenswerte finanzielle Belastungen<br />

bedeutet.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild 17: Montagesituation an Start-Ziel-Gerade<br />

© Claus Queck GmbH<br />

Zudem wurde schon in der Planungsphase<br />

klar, dass die zeitgleichen Bauaktivitäten der<br />

Infrastruktur wie Straßenbau, Landschaftsbau,<br />

Zuführung und Ausbau der Strom- und<br />

Wasserversorgung etc. erhebliche Einschränkungen<br />

während der Bauphase mit sich bringen<br />

würden, was tatsächlich später dazu führen<br />

sollte, dass Zufahrten, aber auch nutzbare<br />

Verkehrswege innerhalb der Baustelle wöchentlich,<br />

teils sogar täglich, neu organisiert<br />

und temporär festgelegt werden mussten.<br />

15<br />

Bild 19: Fertiggestellte<br />

Start-Ziel-Gerade<br />

© Claus Queck GmbH


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Tatsächlich wurde die Flexibilität während<br />

der Montagearbeiten auf eine harte Probe<br />

gestellt. Nicht zuletzt aufgrund immer wieder<br />

auftretender Änderungswünsche des Endkunden<br />

verzögerten sich die Rohbauarbeiten<br />

in erheblichem Maße, was zur Folge hatte,<br />

dass der geplante Montageablauf nicht wie<br />

vorgesehen umgesetzt werden konnte. Die<br />

Tribünen mussten letztlich in mehreren Teilabschnitten<br />

montiert werden. So wurden<br />

z. B. auf dem Pit Building anfangs 22 Felder<br />

montiert, während die restlichen drei Felder<br />

erst ca. drei Monate später montiert werden<br />

konnten. Ähnliches traf für fast alle Tribünen<br />

zu, was zu einem erheblichen zeitlichen und<br />

auch finanziellen Aufwand führte.<br />

Die Gegebenheiten, bezogen auf die zeitlich<br />

geplanten Abläufe, stellten unser europäisch<br />

geprägtes Verständnis eines organisierten<br />

Bauablaufs oftmals auf eine harte Probe.<br />

Insbesondere unterscheidet sich in der arabischen<br />

Welt das Verhältnis zur Zeit grundlegend<br />

von dem unseren. Bis auf einen Punkt:<br />

Der Endtermin steht!!!<br />

Eine weitere Herausforderung, die sich im<br />

Zuge der Fertigstellung der Rohbauten zeigte,<br />

waren die vorgefundenen Einbautoleranzen<br />

der Einbauteile. Hier mussten Abweichungen<br />

bis zu +/-80 mm in alle Richtungen ausgeglichen<br />

werden, womit durch die erforderlichen<br />

Änderungen an der Stahlkonstruktion aus<br />

Standardanschlüssen teilweise jeweils Einzelanfertigungen<br />

wurden.<br />

16<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 20: Entrance Gate West, Administration Building und (im Hintergrund) North Grandstand<br />

© Claus Queck GmbH<br />

6 Fertigstellung<br />

Die Realisierung des Bauvorhabens wurde<br />

schon allein aufgrund der vorgenannten<br />

Problemstellungen von einem zehnköpfigen<br />

Projektteam, wovon sechs Mitarbeiter ständig<br />

vor Ort waren, betreut. Beim Abschlussrennen<br />

der F-1-Saison 2009 zeigte das Emirat<br />

Abu Dhabi, dass Tradition und Moderne sich<br />

nicht gegenseitig ausschließen, sondern symbiotisch<br />

Zuschauer und Akteure verzaubern<br />

können. Genauso gelingt es unserem Werkstoff<br />

– Stahl – ,Tradition und Moderne miteinander<br />

zu verbinden. Einer der ältesten Baustoffe<br />

in der menschlichen Geschichte wurde<br />

durch technische Neuerungen immer weiterentwickelt,<br />

und ein Ende dieser Entwicklung<br />

ist bis heute nicht erreicht. Bauwerke aus<br />

Stahl finden wir in der Geschichte genauso<br />

wie in der heutigen modernen Architektur.<br />

Unser gemeinsames Bestreben sollte es bleiben,<br />

diesen Baustoff und seine Möglichkeiten<br />

weiterzuentwickeln, damit Visionen wie das<br />

Yas-Island-Marina-Projekt Realität werden<br />

können.<br />

Architekt:<br />

Tilke GmbH & Co. KG<br />

Generalunternehmer:<br />

Cebarco WCT<br />

Stahlbau:<br />

Claus Queck GmbH


1 Einleitung<br />

Die Stadt Mühlberg liegt am nordöstlichen<br />

Ufer der Elbe in Brandenburg, ziemlich genau<br />

in der Mitte zwischen den Städten Torgau und<br />

Riesa.<br />

Mit dem neuen Verkehrszug der Staatsstraße<br />

S 21 und der Landesstraße L 66 wird eine plangleiche<br />

Anbindung an die Bundesstraße B182<br />

Riesa–Torgau geschaffen, die der weiteren<br />

infrastrukturellen und wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Region dient.<br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer,<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Planung und Ausführung der Elbebrücke Mühlberg<br />

Bild 1: Vorentwurf<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Die nächsten Elbebrücken liegen ca. 20 km<br />

flussauf in Riesa und ca. 24 km flussab in Torgau,<br />

so dass der die Elbe querende Verkehr auf<br />

die Elbefähren in Strehla, Mühlberg und Belgern<br />

angewiesen war. Obwohl die Mühlberger<br />

Gierseilfähre mit einem Hilfsantrieb für<br />

den Einsatz bei erhöhtem Wasserstand und<br />

zum Ablegen bei ungünstigen Strömungsverhältnissen<br />

ausgestattet ist, stand auch<br />

diese Fährverbindung nur zu eingeschränkten<br />

Fährzeiten zur Verfügung. Bei Hochwasser,<br />

Niedrigwasser oder bei Eisgang konnten die<br />

drei Fährverbindungen nicht genutzt werden.<br />

Bereits aus den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts<br />

sind Pläne der Mühlberger Bürger<br />

bekannt, eine Elbebrücke zu errichten. So<br />

existierte von 1928 bis 1935 ein Brückenbauverein,<br />

der die Planungen vorantrieb. Im Jahre<br />

1929 wurde der Brückenentwurf eines 550 m<br />

langen Bauwerkes mit einer 100 m weiten<br />

Hauptöffnung erstellt, der Krieg verhinderte<br />

die Verwirklichung des Vorhabens.<br />

Ende des vergangenen Jahrhunderts wurde<br />

die Idee einer Brückenquerung bei Mühlberg<br />

wieder aufgegriffen. Im Frühjahr 2002 wur-<br />

den die Vorentwurfsplanungen der neuen<br />

Elbebrücke an die Planungsgemeinschaft<br />

LAP/VIC beauftragt.<br />

Im Sommer 2004 wurden die Planfeststellungsverfahren<br />

in Brandenburg und Sachsen<br />

eingeleitet und nach einem Jahr mit den Planfeststellungsbeschlüssen<br />

beendet.<br />

2 Variantenuntersuchungen<br />

Die entscheidende Phase beim Entwerfen von<br />

Ingenieurbauten ist die Vorplanungsphase<br />

mit ihrer Variantenuntersuchung. Hier werden<br />

die Weichen für den weiteren Entwurf<br />

gestellt, was vor allem die Herstellungs- und<br />

Unterhaltungskosten wie auch die Gestaltung<br />

des Bauwerkes und seine Einfügung in<br />

die Umgebung betrifft.<br />

Aus diesem Grund wurden in einer umfangreichen<br />

Variantenuntersuchung verschiedene<br />

Lösungsmöglichkeiten untersucht und nach<br />

einheitlichen Gesichtspunkten bewertet und<br />

miteinander verglichen.<br />

Grundlage der Variantenuntersuchungen war<br />

die Lage im Grund- und Aufriss, die durch die<br />

Planungen der Verkehrsanlage vorgegeben<br />

war.<br />

17<br />

Bild 2: Höhenplan<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild 4: Gevouteter Durchlaufträger<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Bild 5: Stabbogenbrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Bild 6: Extradosed Bridge<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

18<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

In einem ersten Bearbeitungsschritt wurden<br />

diejenigen Tragwerksarten ausgewählt, die<br />

grundsätzlich für ein Bauwerk dieser Größenordnung<br />

infrage kommen, wie z. B.<br />

– gevouteter Durchlaufträger in Spannbeton<br />

und Stahlverbund,<br />

– einhüftig gevouteter Durchlaufträger in<br />

Spannbeton und Stahlverbund,<br />

– Stabbogenbrücken als Langer’scher Balken<br />

und Sichelbögen,<br />

– Schrägkabelbrücken, Schrägkabelbrücken<br />

mit flachem Pylonen (»extradosed bridges«),<br />

– Rahmenbauwerke und<br />

– Bogenbrücken.<br />

Aus dieser ersten Variantenstudie kristallisierten<br />

sich als Vorzugslösungen der beidseitig<br />

Bild 7: Geänderte Ausbildung des Knotens linkselbisch<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Bild 3: Varianten<br />

© Leonhardt, Andrä und<br />

Partner<br />

gevoutete Durchlaufträger, der Langer’sche<br />

Balken, die »extradosed bridge« und das Rahmenbauwerk<br />

heraus. Die Bewertung dieser<br />

Varianten nach den Gesichtspunkten Baukosten,<br />

Herstellung, Natur- und Landschaftsschutz,<br />

Betrieb, Unterhaltung sowie Gestaltung<br />

und Einfügung in die Landschaft ergab,<br />

dass ein symmetrisches Rahmenbauwerk mit<br />

166 m Stützweite und Stahlverbundüberbau<br />

die geeignetste Lösung für die Querung der<br />

Elbe ist.<br />

Im weiteren Planungsverlauf änderte sich die<br />

Ausbildung des Knotenpunktes der Landesstraße<br />

L 66/Staatsstraße S 21 mit der Bundesstraße<br />

B 182. Um die Rampenlänge und<br />

-neigung zu minimieren, musste damit die<br />

Gradiente im Bereich des westlichen Widerla-


Bild 8: Einhüftige Rahmenbrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Bild 9: Visualisierung der Vorzugslösung<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

gers nahe der B 182 möglichst tief liegen. Dies<br />

führte zur Aufgabe der bisherigen Planungsidee,<br />

eine Gradiente zu finden, die ein symmetrisches<br />

Bauwerk über die Elbe ermöglicht.<br />

Die gestalterisch sehr ansprechende Lösung<br />

als Rahmenbauwerk stellte wegen<br />

der kleinen Bauhöhe auf der Westseite und<br />

der guten Einhaltung aller Forderungen der<br />

Elbeschifffahrt (wie Lichtraumanforderungen<br />

und Stützenfreiheit des Mittelwassers)<br />

weiterhin die optimale Lösung dar. Deshalb<br />

wurde das Rahmenbauwerk in unmittelbarer<br />

Abstimmung mit dem Gradientenverlauf weiterentwickelt.<br />

Als Ergebnis dieses Planungsprozesses<br />

entstand für die Strombrücke über<br />

die Elbe die Vorzugslösung eines einhüftigen<br />

Rahmenbauwerks in Verbundbauweise mit<br />

einer Stützweite von 144 m, das den unsymmetrischen<br />

Gradientenverlauf auch im Brückenbauwerk<br />

widerspiegelt.<br />

Wesentlich für einen harmonischen Entwurf<br />

ist, dass das gesamte Bauwerk trotz unterschiedlicher<br />

Randbedingungen im Strom- und<br />

Vorlandbereich einheitlich und im Zusammenhang<br />

entworfen und gestaltet wurde.<br />

Nicht die Aneinanderreihung verschiedener<br />

Tragwerksarten, Querschnitte und Materialien<br />

ist zielführend und erfolgversprechend,<br />

sondern die einheitliche Gestaltung des<br />

Gesamtbauwerkes von Widerlager zu Widerlager<br />

aus einem Guss und die harmonische<br />

Einfügung in seine Umgebung.<br />

Das Bauvorhaben liegt in einem sensiblen<br />

Landschaftsraum, in dem zahlreiche europäische<br />

Schutzgebiete aufeinandertreffen.<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Zudem erstreckt sich westlich der Elbe großflächig<br />

das Europäische Vogelschutzgebiet<br />

»Teichgebiet und Elbaue bei Torgau«.<br />

Die Elbe ist in diesem Bereich ein europaweit<br />

bedeutender Zugvogelkorridor. Deshalb<br />

war im Ergebnis der Umweltplanung und<br />

Brutvogelkartierung zur Verhinderung von<br />

Vogelschlag gegen den Fahrzeugverkehr<br />

auf dem Brückenwerk eine beidseitige, 4 m<br />

hohe Kollisionsschutzwand anzuordnen. Die<br />

Querung der Elbaue erforderte weitere Maßnahmen,<br />

um mögliche Beeinträchtigungen<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

für Pflanzenarten, die zum Teil auf der Roten<br />

Liste der Länder Brandenburg und Sachsen<br />

stehen, auf ein Minimum zu reduzieren. Zudem<br />

musste beachtet werden, dass die Elbe<br />

einschließlich der Elbdeichvorländer und die<br />

in die Elbe mündenden Fließgewässer wie<br />

die Dahle ein wichtiges Habitat für Biber und<br />

Fischotter sind. Zu den wichtigsten Maßnahmen<br />

gehören u.a. das Freihalten der Uferzonen<br />

von Brückenpfeilern und die Reduzierung<br />

des Baufeldes.<br />

19<br />

Bild 10:<br />

FFH-Gebiete der Elbebrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und<br />

Partner


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

3 Bauwerksentwurf<br />

Das neue Brückenbauwerk überspannt die<br />

Elbe einschließlich der Polderflächen auf<br />

gesamter Länge, da der Bereich zwischen<br />

dem rechtselbischen und dem linkselbischen<br />

Deich zur Sicherung des Hochwasserabflusses<br />

freigehalten werden muss.<br />

Das 690,50 m lange Bauwerk stellt statisch<br />

einen Durchlaufträger über 12 Felder dar, der<br />

von der Strombrücke mit Stützweiten von<br />

84,50 m + 144,00 m + 120,00 m und 62,00 m<br />

und der über acht Felder durchlaufenden<br />

Vorlandbrücke mit 42,00 m + 6 × 35,00 m und<br />

Bild 11: Längsschnitt und Draufsicht<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

28,00 m gebildet wird. Der Flusslauf der Elbe<br />

wird ohne Strompfeiler mit einer Stützweite<br />

von 144 m überspannt, bei Mittelwasser ist<br />

über der Elbe eine lichte Höhe von 11 m vorhanden.<br />

Im Grundriss verläuft die Brücke in einem<br />

Kreisbogen mit einem Radius von 1.250 m.<br />

Der Überbau der Strombrücke wird als<br />

einseitig gevouteter Hohlkasten in Stahlverbundbauweise<br />

mit schlaff bewehrter<br />

Fahrbahnplatte ausgeführt. Im Bereich der<br />

rechtselbischen Vorlandbrücke geht östlich<br />

der Achse 4 der Überbau in einen massiven<br />

Spannbetonmittelträgerquerschnitt über.<br />

Die Konstruktionshöhe des Verbundüberbaus<br />

nimmt vom Widerlager Achse 0 von 3,50 m<br />

bis zur Achse 2 zu einer kräftigen, 10 m hohen<br />

Voute zu. Im Bereich dieser Voute wird<br />

der Überbau in zwei Stiele und ein Zugband<br />

aufgelöst. Die Sprengwerksstiele in Achse 2<br />

bilden einen Halbrahmen und sind durch<br />

den durchlaufenden Überbau als Zugband<br />

gekoppelt. Anschließend verringert sich die<br />

Konstruktionshöhe des Überbaus bis zum<br />

20<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Übergang Massivquerschnitt auf 2,20 m.<br />

Sowohl aus ästhetischer als auch aus ingenieurtechnischer<br />

Sicht stellt die Auflösung des<br />

biegesteif angeschlossenen Pfeilers in Achse 2<br />

die Besonderheit dieser Brücke dar. Die um<br />

ca. 36°C geneigten Stiele mit ihrem ober- und<br />

unterseitig jeweils gegenläufig parabolisch<br />

gekrümmten Verlauf bilden zusammen mit<br />

dem Riegel des Überbaus eine breite, weithin<br />

sichtbare Öffnung, die bereits als »Auge von<br />

Mühlberg« in der Öffentlichkeit bekannt geworden<br />

ist. Sie bestimmt das Erscheinungsbild<br />

der Brücke maßgeblich.<br />

Bild 13: Pfeiler in Achse 2<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Bild 14: Längsschnitt in Achse 2<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Der Verbundüberbau geht nahtlos in die<br />

Rahmenstiele über. Dabei wird unter Traglasten<br />

die Druckkraft von ca. 90 MN aus den<br />

Rahmenstielen mit der Zugkraft im Überbau<br />

kurzgeschlossen werden. Die Zugkraft im<br />

Überbau nimmt etwa zur Hälfte eine im Hohlkasteninnern<br />

geführte externe Vorspannung<br />

auf. Die andere Hälfte verteilt sich im Normalbereich<br />

anteilig auf die Stahlquerschnitte des<br />

Bodenbleches einschließlich der Steifen, der<br />

Stege, der oberen Flanche sowie der schlaffen<br />

Längsbewehrung der Fahrbahnplatte.<br />

Die externen Spannglieder werden in der<br />

Koppelstelle Überbau–Rahmenstiel gestaffelt<br />

gespannt und umgelenkt. Die Vorspannung<br />

im Überbau reduziert die Momente in den<br />

Rahmenstielen erheblich, die durch die Verlängerung<br />

der Überbauten infolge Längszugs<br />

Bild 12: Regelquerschnitt der Strombrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner


entstehen würden. Zum anderen wird die<br />

Zugkraft über Spannstahl wirtschaftlicher<br />

abgetragen als über den Konstruktionsstahl,<br />

und es werden die Stöße dicker Bleche, die<br />

arbeits- und lohnintensiv sind, vermieden.<br />

Durch die Umlenkung der Spannglieder wird<br />

ein positives Moment im Querschnitt erzeugt,<br />

das den großen negativen Stützmomenten<br />

entgegenwirkt.<br />

Die Vorspannung kriecht nicht, wie bei<br />

Verbundbrücken ohne Zugkraft, in den<br />

Stahlquerschnitt, so dass sie auch zur Verbesserung<br />

der Dauerhaftigkeit der Betonkonstruktion<br />

der Fahrbahnplatte beiträgt. Für die<br />

Verankerung und Umlenkung der Spannglieder<br />

werden massive Querträger eingebaut.<br />

Die Rahmenstiele werden als Verbunddruckglieder<br />

ausgeführt. Der Beton wird im<br />

Anschluss an die Rahmenstiele noch ca. 15 m<br />

im Bereich des Untergurtes des Hohlkastenquerschnittes<br />

in die anschließenden Felder<br />

weitergeführt. Es bildet so die Bodenplatte<br />

einen Doppelverbundquerschnitt. Um die<br />

Verdichtung des Betons im Bereich der Rahmenstiele<br />

gut zu gewährleisten wurde selbstverdichtender<br />

Beton C 55/67 verwendet. Als<br />

Verbundmittel zwischen Betonbodenplatte<br />

und Stahltrog sowie im Bereich der Rahmenstiele<br />

werden Betondübelleisten eingesetzt.<br />

Die Stützquerträger über den Pfeilern Achse<br />

1, 3 und 4 werden als liegende Massivquerträger<br />

ausgebildet. Unter ihnen sind die Lager<br />

und die Pressenstellflächen für den Lagerwechsel<br />

untergebracht. Über Perfobondleisten<br />

werden die Lagerlasten in den Stahlquerschnitt<br />

eingeleitet.<br />

Um die Verdrehungen des Überbaus an<br />

Achse 2 zu verringern, wird im Feld zwischen<br />

Achse 2 und 3 auf 25 m Länge ein Ballastbeton<br />

eingebaut, der das geringere Gewicht<br />

gegenüber dem längeren Stromfeld ausgleicht.<br />

Der Ballastbeton wird analog zum<br />

Doppelverbund im Bereich der Rahmenstiele<br />

ausgeführt.<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Der Stahlverbundüberbau der Strombrücke<br />

und der Spannbetonüberbau der Vorlandbrücke<br />

sind im Momentennullpunkt neben dem<br />

Pfeiler Achse 4 biegesteif verbunden.<br />

Der Spannbetonüberbau wird als Mittelträgerquerschnitt<br />

ausgebildet. Dieser weist<br />

beidseitig Kragarmlängen von 2,95 m auf. Die<br />

Konstruktionshöhe ist zwischen Achse 4 und<br />

Achse 5 variabel, ab Achse 5 beträgt sie konstant<br />

1,50 m.<br />

Bei Regelstützweiten von 35 m und Konstruktionshöhen<br />

von 1,50 m weist der Überbau<br />

eine Schlankheit von 23,40 auf, die gestalterisch<br />

ansprechend und wirtschaftlich ist. Die<br />

Stegaußenfläche ist wie im Strombrückenbereich<br />

mit 1:20 geneigt, die Untergurtbreite<br />

beträgt 6,90 m im Bereich der 1,50 m Konstruktionshöhe.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

21<br />

Bild 15: Übergang<br />

Verbund-/Massivbereich<br />

© Leonhardt, Andrä und<br />

Partner<br />

Bild 16: Querschnitt<br />

der Vorlandbrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und<br />

Partner<br />

Bild 17: Betongelenk<br />

© Leonhardt, Andrä und<br />

Partner<br />

4 Technische Besonderheiten<br />

Neben ihrer gelungenen Gestaltung weist die<br />

Elbebrücke Mühlberg eine Reihe von technischen<br />

Besonderheiten auf.<br />

Die Doppelverbundplatte im Überbau in<br />

Achse 2, die Verbundrahmenstiele, die Betongelenke<br />

und die Bereiche unterhalb der<br />

Betongelenke der Stummelpfeiler wurden<br />

in selbstverdichtendem, hochfestem Beton<br />

der Festigkeitsklasse C55/67 ausgeführt.<br />

Da die Anwendung des selbstverdichtenden<br />

und hochfesten Betons im Brückenbau nicht<br />

geregelt war, wurde für die betontechnologischen<br />

und bemessungsrelevanten Fragen ein<br />

Gutachter eingeschaltet.<br />

Die Rahmenstiele und die Betongelenke müssen<br />

neben hohen Druck- und Biegebeanspruchungen<br />

aufgrund der Bauwerkskrümmung<br />

im Grundriss auch große Torsionsmomente<br />

aufnehmen.


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Die Gelenkhalsfläche weist Abmessungen<br />

von 40 cm × 5 m auf, die Stielquerschnittsfläche<br />

im direkten Anschluss an das Gelenk<br />

hat Abmessungen von 1,60 m × 5,50 m. Das<br />

Torsionsmoment wurde vereinfachend durch<br />

ein Kräftepaar innerhalb der effektiven Gelenkhalsfläche<br />

aufgenommen, was die Querkraftbeanspruchung<br />

der Betongelenke sehr<br />

deutlich erhöht.<br />

Gemäß [1] sollte das Verhältnis zwischen<br />

Querkraft und Normalkraft im Gebrauchszustand<br />

< 0,25 sein, ansonsten wird eine Panzerung<br />

als notwendig erachtet.<br />

Aufgrund der Literaturstudie im Rahmen der<br />

gutachterlichen Stellungnahme [2] wurde der<br />

Grenzwert der Begrenzung der Querkraft mit<br />

0,40 festgelegt und auf einen Nachweis der<br />

Querkraftbewehrung verzichtet. Um ein sprödes<br />

Versagen der Betongelenke sicher auszuschließen,<br />

wurde gemäß [2] eine Bewehrung<br />

in Form geneigter Bewehrungsstäbe in der<br />

22<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Mittellinie des Gelenkhalses angeordnet.<br />

Bereits im Entwurf war in Abstimmung<br />

mit dem Bauherrn festgelegt, die mit Stahl<br />

ummantelten Rahmenstiele aus selbstverdichtendem<br />

Beton herzustellen, da die Herstellung<br />

mit Rüttelbeton als sehr schwierig<br />

angesehen wurde. Deshalb wurden bereits<br />

in den Verdingungsunterlagen ein grober<br />

Rahmen für die Zusammensetzung und die<br />

Festlegung wesentlicher Eigenschaften des<br />

SVB aufgenommen.<br />

5 Überblick über die Bauausführung<br />

Mit den Bauarbeiten wurde im Frühjahr 2006<br />

begonnen, besondere Verkehrsführungsmaßnahmen<br />

waren für die Herstellung des Brückenbauwerkes<br />

nicht zu beachten. Die Gründungen<br />

wurden aufgrund der vorhandenen<br />

hydrologischen Gegebenheiten in geschlossenen<br />

Spundwandkästen mit Unterwasserbetonsohle<br />

ausgeführt. Pfeiler und Widerlager<br />

wurden dabei in den gut tragfähigen Kiesen<br />

und Sanden flach gegründet.<br />

Die Sichtflächen der Pfeiler und Widerlager<br />

wurden mit einer senkrecht verlaufenden,<br />

gehobelten Brettschalung mit regelmäßig<br />

versetzten Stößen hergestellt.<br />

Bild 18: Bauablaufplan<br />

© Leonhardt, Andrä und<br />

Partner<br />

Besonderes Augenmerk wurde bei der Herstellung<br />

auf den Rahmen in Achse 2 gelegt.<br />

Vor der eigentlichen Herstellung der Betongelenke<br />

und der Verbundrahmenstiele wurden<br />

zuerst Misch- und Verarbeitungsversuche<br />

durchgeführt, die vor allem die Eignung<br />

des gewählten SVB sicherstellen sollten.<br />

Um die Betonierbarkeit der Betongelenke<br />

und der Rahmenstiele mit ihren hohen Bewehrungsgraden<br />

nachzuweisen, wurde ein<br />

Probekörper hergestellt, der in Form, Bewehrungsanordnung<br />

und Bewehrungsgrad dem<br />

tatsächlichen Bauwerk entsprach.<br />

Nachdem der Probekörper erhärtet war,<br />

wurde er aufgeschnitten, um eventuelle<br />

Hohlstellen und das Betongefüge genauer<br />

untersuchen zu können. Es zeigte sich, dass<br />

der Beton die Bewehrung in allen Bereichen<br />

sehr gut umhüllt, Fehlstellen wurden dabei<br />

nicht festgestellt.<br />

Die erfolgreiche Herstellung des Probekörpers<br />

lieferte den Beweis, dass die Betongelenke<br />

aus SVB bei diesem Bauwerk im Hinblick auf<br />

den Umgang mit den zu Verfügung stehenden<br />

innovativen Werkstoffen die richtige<br />

Wahl waren.


Bild 19 + 20: Fertiggestelltes Bauwerk<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner<br />

Da auch der Bereich der Stummelpfeiler<br />

unterhalb der Betongelenke einen hohen Bewehrungsgrad<br />

aufwies, wurden im Zuge der<br />

Ausführung die beiden Köpfe der Stummelpfeiler<br />

ebenfalls mit SVB hergestellt.<br />

Die Betonage der Rahmenstiele in Achse 2<br />

erfolgte in zwei Abschnitten. Abschnitt 1<br />

umfasste die Betongelenke und jeweils ein ca.<br />

3,50 m langes Stück des Rahmenstieles. Der<br />

Rest der Rahmenstiele und der Rahmenriegel<br />

bildeten den zweiten Abschnitt. Die hierdurch<br />

entstandene Arbeitsfuge wurde rechtwinklig<br />

zur Rahmenstielachse angeordnet. Die Herstellung<br />

der Vorlandbrücke erfolgte in acht<br />

Abschnitten auf einem bodengestützten<br />

Traggerüst.<br />

Der Stahltrog des Verbundüberbaus wurde<br />

über Land mit Mobilkran auf Hilfsunterstützungen<br />

montiert. Im Bereich der Elbe wurde<br />

ein ca. 70 m langes Mittelteil des Stromfeldes<br />

eingeschwommen und mittels Litzenhebern<br />

eingeschoben.<br />

Nach Komplettierung des Stahltroges wurde<br />

die Fahrbahnplatte in 28 Abschnitten von Osten<br />

nach Westen durchlaufend betoniert.<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

6 Zusammenfassung<br />

Die Elbebrücke Mühlberg überzeugt sowohl<br />

in gestalterischer Hinsicht als auch durch<br />

technische Neuerungen in besonderem<br />

Maße.<br />

Das Bauwerk findet sowohl national als auch<br />

international eine große Anerkennung.<br />

Eine besondere Auszeichnung wurde dem<br />

Bauwerk am 15. März 2010 in Dresden zuteil,<br />

als es mit dem Deutschen Brückenbaupreis<br />

2010 in der Kategorie Straßen- und Eisenbahnbrücken<br />

ausgezeichnet wurde. Von der<br />

Jury wurde die Wahl wie folgt begründet:<br />

»Mit der neuen, 700 m langen Elbebrücke bei<br />

Mühlberg wurde eine schwierige Aufgabe<br />

hervorragend gelöst. Das inzwischen als<br />

Auge von Mühlberg bekannte Bauwerk überzeugt<br />

mit seiner Kombination aus schlichter<br />

Eleganz und innovativer Konstruktionsidee.<br />

Dank der im Strombereich dadurch möglichen<br />

Stützweite von 144 m erfüllt die neue<br />

Elbequerung auch die ökologischen Vorgaben<br />

optimal.«<br />

Beim Preis des Deutschen Stahlbaues 2010<br />

erhielt das Bauwerk eine Auszeichnung. Die<br />

Institution of Structural Engineers nominierte<br />

die Elbebrücke Mühlberg zusammen mit<br />

zwei anderen Bauwerken für den Structural<br />

Award 2009 in der Kategorie Transportation<br />

Structures.<br />

7 Beteiligte<br />

Bauherr:<br />

Land Brandenburg und Freistaat Sachsen<br />

Vorhabenträger:<br />

Landesbetrieb Straßenwesen, Niederlassung<br />

Cottbus, und Straßenbauamt Döbeln<br />

Vorplanung, Entwurf und Ausschreibung:<br />

Ingenieurgemeinschaft Leonhardt, Andrä und<br />

Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH,<br />

und VIC Brücken und Ingenieurbau GmbH<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Ausführungsplanung:<br />

Kinkel und Partner GmbH<br />

Dr. Schütz Ingenieure<br />

Prüfingenieure:<br />

Prof. Dr.-Ing. Graße, Prof. Dr.-Ing. Schubert<br />

Bauüberwachung:<br />

EHS beratende Ingenieure für Bauwesen<br />

Landschaftsplanung:<br />

Plan T Planungsgruppe<br />

Baugrundbeurteilung, Gründungsberatung:<br />

GBA Ingenieurgesellschaft<br />

Gutachter SVB:<br />

Prof. Dr.-Ing. Ngujen Viet Tue<br />

König und Heunisch Planungsgesellschaft<br />

mbH<br />

Bauausführung:<br />

Arge Elbebrücke Mühlberg<br />

Dywidag Bau GmbH / Strabag AG<br />

Subunternehmer Stahlbau:<br />

Eiffel, Lauterbourg<br />

8 Literatur<br />

[1] Leonhardt, Fritz: Vorlesungen über Massivbau,<br />

Teil 2: Sonderfälle der Bemessung<br />

im Stahlbetonbau. Springer-Verlag Berlin,<br />

Heidelberg 1986.<br />

[2] Tue, Nguyen Viet und Jankowiak, Holger:<br />

Betongelenke aus selbstverdichtendem<br />

und hochfestem Beton bei der neuen Elbebrücke<br />

Mühlberg.<br />

23


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

1 Das Bauwerk<br />

Das Ufer des Alstersees ist einer der beliebtesten<br />

Orte in Hamburg. Die Alstertreppen gegenüber<br />

dem Rathaus sind an sonnigen Tagen<br />

voll besetzt. Die Menschen kommen hierher<br />

zum Ausruhen und Entspannen.<br />

Einen solchen Ort bekommt jetzt auch Ludwigshafen,<br />

einen Ort der Begegnungen, ein<br />

urbanes Quartier mit vielen Bausteinen.<br />

Die Rhein-Galerie Ludwigshafen ist eines<br />

der spektakulärsten Zukunftsprojekte der<br />

boomenden Wirtschaftsregion Rhein-Neckar<br />

und wird auf dem Gelände des ehemaligen<br />

Zollhafens direkt am Rheinufer errichtet und<br />

öffnet damit die Innenstadt Ludwigshafens<br />

zum Rhein.<br />

Der Hamburger Projektentwickler ECE bringt<br />

mit der Rhein-Galerie ein Stück Hamburg in<br />

die Pfalz. Das zentrale Element ist das Wasser.<br />

Dieses wird dort künftig nicht nur zu sehen,<br />

sondern auch zu spüren sein.<br />

Dipl.-Ing. Jochen Bartenbach<br />

Vollack Bautechnik GmbH & Co.KG<br />

Beim Bau des 220-Millionen-Projektes gibt es<br />

viel Bemerkenswertes architektonischer Art,<br />

aber auch rund um den Stahlbau, und dies in<br />

einer Art und Weise, die ihresgleichen sucht.<br />

Der Investor Union Investment Real Estate<br />

AG aus Hamburg lässt hier mit dem Generalübernehmer<br />

ECE aus Hamburg und dem GU<br />

Ed. Züblin AG aus Stuttgart ein monumentales<br />

Einkaufszentrum mit 32.000 m² Verkaufsfläche<br />

entstehen.<br />

Die Verkaufsebenen im EG und 1. OG werden<br />

zukünftig 120 Shops und Gastronomie, das<br />

2. und 3. OG 1.350 Parkplätzen Raum bieten.<br />

24<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Architektur Stahlbau: Rhein-Galerie Ludwigshafen<br />

Bild 1: Einkaufscenter Rhein-Galerie Ludwigshafen<br />

© ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG<br />

Bild 2: Computeranimation<br />

© ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG<br />

80 m × 400 m große lichtdurchlässige und<br />

illuminierte Membrandachkonstruktion, die<br />

das komplette Center überspannt und hier die<br />

markante architektonische Prägung darstellt.<br />

Stationiert am alten Winterhafen von Ludwigshafen,<br />

einem ehemaligen »Parkplatz« für<br />

Schiffe während der kalten Jahreszeit, der in<br />

den 1950er-Jahren zugeschüttet wurde, stellt<br />

der Untergrund eine problematische Gründungssohle<br />

dar.<br />

Bild 3: Eröffnung im September 2010<br />

© ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG<br />

So war bei Baubeginn eine aufwendige<br />

Pfahlgründung nötig, bei der 550 Pfähle vom<br />

Generalunternehmer, der Fa. Ed. Züblin, bis zu<br />

25 m tief in den Untergrund gerammt wurden.<br />

Die besondere Herausforderung für die<br />

Vollack®-Experten lag bei diesem Projekt jedoch<br />

beim Stahlbau. Die technische Federführung<br />

in der Arge Stahlbau Rhein-Galerie Ludwigshafen<br />

Vollack/Bühler wird von Vollack®<br />

Stahlbau HiTec erbracht und durchgeführt.<br />

Das architektonische Highlight ist jedoch die Bild 4: Winterhafen<br />

© Ed. Züblin AG


Bild 5: Baukörperanordnung<br />

© Ed. Züblin AG<br />

Sie ist somit zuständig und verantwortlich für<br />

die technische Planung der Sonderlösungen,<br />

Koordination und Umsetzung der kompletten<br />

Stahlkonstruktion im EG und 1. OG, der Stahlverbundkonstruktion<br />

der Parkebene im 2. OG<br />

sowie für die Ausführung der räumlichen<br />

Stahlrohrunterkonstruktion der Membrandächer,<br />

auf die in der hier vorliegenden Veröffentlichung<br />

noch näher eingegangen wird.<br />

An dieser Stelle sei gestattet, die Unternehmensgruppe<br />

Vollack® kurz vorzustellen:<br />

Neben dem reinen Geschäftsfeld Stahlbau ist<br />

die Unternehmensgruppe Vollack® ein innovativer<br />

Baudienstleister mit einer über Jahre<br />

kontinuierlich weiterentwickelten Methodenkompetenz<br />

zur Entwicklung und Steuerung<br />

von komplexen Industrie-Bauprojekten.<br />

Mit derzeit 350 Mitarbeitern, davon allein<br />

150 Architekten und Ingenieure, bearbeitet<br />

Vollack® von zehn Standorten aus jährlich bis<br />

zu 100 Projekte mit einem Jahresumsatz von<br />

etwa 170 Mio. €.<br />

Die neue Firmenzentrale Vollack® Forum 1 in<br />

Karlsruhe, neu bezogen im Januar 2010, ist<br />

ein Gebäude, in dem heute schon in Bezug<br />

auf neue Arbeitswelten in der Bürolandschaft<br />

sowie auch in Bezug auf alternative Energien<br />

die Zukunft gelebt wird.<br />

Bild 8: Membrandachkonstruktion<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Das neue Werk 1, neu bezogen in 2009,<br />

geplant und weiterentwickelt als Durchlaufproduktion<br />

über mehrere Standorte hinweg<br />

(Werk 2 in Mihla bei Eisenach), gewährleistet<br />

einzigartige, effiziente Produktionsabläufe in<br />

einer der modernsten Stahlbaufertigungen.<br />

Bild 6 + 7: Firmenzentrale in Karlsruhe<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Bild 9: Dach mit Giebelbindern<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

2 Das prägende Architekturmerkmal<br />

Das Membrandach ist das architektonische<br />

Highlight des Einkaufscenters Rhein-Galerie<br />

Ludwigshafen und besteht aus einer Unterkonstruktion<br />

aus Stahl und einer Membrankonstruktion<br />

aus glasfaserverstärkter<br />

PTFE-Folie.<br />

Das Membrandach ist in zwei Hauptteile<br />

gegliedert. Das »große Dach« ist rund 230 m<br />

lang und 80 m breit und besteht aus insgesamt<br />

22 Hauptachsen, das »kleine Dach« ist<br />

immer noch etwa 110 m lang und besteht aus<br />

zehn Hauptachsen.<br />

Gestützt werden die über 80 m in Querrichtung<br />

gespannten Kastenträger (aus Blechen<br />

unterschiedlicher Dicke zusammengesetzte<br />

Hohlkästen, b/d = 300 mm × 700 mm) in<br />

jeder Achse von je zwei Baumstützen mit<br />

jeweils vier Ästen und zwei V-Stützen mit<br />

zwei Ästen. Insgesamt ergeben sich somit 32<br />

Baumstützen mit 128 Ästen und 16 V-Stützen<br />

mit 32 Ästen. An den Längsrändern erfolgt<br />

die Lastabtragung über 30 m bzw. 40 m frei<br />

25


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

gespannte Längsbinder aus zweifach gekrümmten<br />

Rohren mit einem Außendurchmesser<br />

von 506 mm in unterschiedlichen<br />

Wandstärken. An den Stirnseiten erhält das<br />

Dach einen Randabschluss über freitragende<br />

Giebelrohrbinder mit den gleichen Abmessungen.<br />

Zwischen den Hauptquerbindern<br />

sind die Rundrohrpfetten mit Durchmesser<br />

244,50 mm in ebenfalls unterschiedlichen<br />

Wandstärken angeordnet.<br />

Jeder dieser Äste, Giebelrohr- und Längsrohrbinder<br />

und auch die Kastenträger wurden als<br />

geschraubte Konstruktion im Rahmen eines<br />

Sondervorschlages konzipiert. Ausgehend<br />

vom Entwurf der bauseitigen Planung des<br />

Bauherrn, bei der eine komplett geschweißte<br />

Konstruktion vorgesehen war, entwarfen und<br />

planten die Stahlbauexperten von Vollack®<br />

HiTec bereits im Angebotsstadium den jetzt<br />

ausgeführten geschraubten Entwurf.<br />

Am Anfang steht der Anspruch: Wir sind Partner<br />

von Anfang an, wenn es gilt, höchstes Ingenieur-Know-how<br />

in Gestaltung mit Stahl in<br />

Projekte einzubringen. Getreu diesem Motto<br />

von Stahlbau HiTec wurde der Sonderentwurf<br />

zur Ausführungsreife detailliert und ausgearbeitet.<br />

Gegenüber dem ausgeschriebenen<br />

Ursprungsentwurf wurden mehr als 1 Mio. €<br />

eingespart und die Montagezeit gegenüber<br />

der geplanten Version mit Hunderten von<br />

Baustellenschweißungen erheblich reduziert.<br />

»Architektenvisionen werden wahr und bleiben<br />

so bezahlbar − im Interesse des Bauwerks,<br />

des Bauherrn und aller anderen Planungsbeteiligten.«<br />

Neben der reinen geometrischen Planung<br />

sind bei solch komplexen und architektonisch<br />

anspruchsvollen Geometrien auch Punkte<br />

wie »optimierte Fertigung«, »reibungslose<br />

Logistik« und »effiziente Montage« bei der<br />

Ausarbeitung der Sondervorschläge zu berücksichtigen.<br />

Es gibt z. B. in Europa nur ganz wenige Betriebe,<br />

die solche Rohre entsprechend den<br />

CAD-Vorgaben biegen können. Daher waren<br />

höchstes technisches Know-how, intensives<br />

Vordenken, Anlieferung »just in sequence«<br />

und präziser Einbau nötig, um den Termin,<br />

das Budget und insbesondere die gewünschte<br />

Qualität zu erreichen.<br />

26<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 10: Längsrohrbinder mit festen Auflagern<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Bild 11: Baum- und V-Stützen<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Bild 12: Leergerüst der Längswandbinder<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Bild 14: Knoten aus fünf Rohrteilen<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

So wurde aufgrund der komplizierten, räumlich<br />

zweifach gekrümmten Geometrie die<br />

Stahlkonstruktion der Längs- und Giebelbögen<br />

in einer um 90° zur Vertikalen gekippten<br />

1:1-Schablone gefertigt.<br />

Des Weiteren wurden aufgrund immer wiederkehrender<br />

Bauteile spezielle justierbare<br />

Schablonen zur Fertigung hergestellt, um<br />

eine entsprechende Genauigkeit zu gewährleisten.<br />

Bereits in der Fertigung wurden Bauteilgruppen<br />

in Echtgröße zusammengebaut, um hier<br />

auch Rückschlüsse für die spätere Montage<br />

vor Ort zu gewinnen und gleichzeitig die in<br />

separaten Plänen dargestellten Kontrollmaße<br />

zu überprüfen. Darüber hinaus wurden diese<br />

Bauteile dazu genutzt, Anschlussdetails, Verblendungen<br />

etc. zusammen mit den Architekten<br />

zu bemustern und zu besprechen.<br />

Bidl 13: Schablone zur Knotenfertigung<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Bild 15: Knoten mit werkseitiger Grundierung<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG


Bild 16: Um 180° gedrehtes Teilelement<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Neben den Schablonen in der Werkstatt<br />

wurden auch entsprechende Schablonen<br />

für die Montage geplant und konzipiert, um<br />

eine vermessungstechnische Kontrolle der<br />

Konstruktion im Raum vornehmen zu können.<br />

Diese Montagegerüste wurden aus der<br />

3D-CAD-Planung abgeleitet und vor Ort von<br />

einem Vermesser entsprechend eingemessen<br />

und montiert.<br />

3 System Montageablauf<br />

Bild 19: Stadtseitige Baumstütze mit Hilfsgerüst<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Bild 21: Einfahren der Schlussträger<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 17: Ausgelegter Hohlkastenquerträger<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

4 Zusammenfassung<br />

Bei komplexen modernen Gebäuden aus<br />

Stahl steht am Anfang der gestalterische<br />

Entwurf des Architekten. Ästhetik und Freiformen<br />

stehen oftmals im Vordergrund. Die<br />

Einbindung der Stahlbauexperten erfolgt<br />

jedoch meistens erst nach oder während<br />

der Ausschreibungsphase. Aus Sicht des<br />

Stahlbauexperten wäre es bei komplexen,<br />

Bild 20: Rheinseitige Baumstütze mit Hilfsgerüst<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

Bild 22: Lückenschluss der Dachbinder<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild 18: Hilfsgerüst der Längsbinder<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

architektonisch anspruchsvollen Gebäuden<br />

aber wünschenswert, wenn das stahlbauspezifische<br />

Ingenieur-Know-how und die Stahlbaukompetenz<br />

der Spezialisten früher zum<br />

Tragen kämen und diesen in vielen Bereichen<br />

schon in den Genehmigungsentwurf mit einfließen<br />

würden.<br />

So könnte man viele der beim vorliegenden<br />

Projekt im Nachgang aufgeworfenen Fragen<br />

und Details schon frühzeitig in die Gesamtplanung<br />

ohne Termindruck mit einfließen<br />

lassen: Grenzabmessungen für Rohrbiegungen,<br />

Verfügbarkeit und Walztermine der<br />

Rohrquerschnitte, Hilfsunterstützungen für<br />

Montage, Transportlängen, Terminfenster für<br />

Sonderbearbeitung wie »CAD-Rohrkonturfräsung«,<br />

Krankapazitäten, Montagestöße, Baustellenschweißungen,<br />

Schnittmengen mit<br />

angrenzenden Gewerken wie Betonbau und<br />

Membrandach, zu berücksichtigende Randbedingungen<br />

anderer Gewerke und vieles mehr.<br />

Partner von Anfang an – das ist das Ziel, das<br />

man anstreben sollte – im Sinne des Projektes<br />

und aller Planungsbeteiligten.<br />

Dann ist Vollack® mit seinen Stahlbauspezialisten<br />

ein Garant für die Architekten, moderne<br />

Architektur auch mit Stahl umzusetzen.<br />

Das Ergebnis kurz vor der Eröffnung – ein<br />

nicht alltägliches Bauwerk!<br />

Bild 23: Baustelle am 10. August 2010<br />

© Vollack Bautechnik GmbH & Co. KG<br />

27


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Dipl.-Ing. Uwe Heiland,<br />

Eiffel Deutschland<br />

Stahltechnologie GmbH<br />

1 Masterplan<br />

Der Flughafen Berlin-Brandenburg International<br />

(BBI) ist nach München die zweite komplette<br />

Neuerrichtung eines Airportsystems<br />

in Deutschland mit unabhängig voneinander<br />

zu betreibenden Start- und Landebahnen<br />

sowie einer in der Mitte angeordneten Passagierabfertigung.<br />

Diese Konzeption garantiert<br />

kürzeste Rollwege für die Flugzeuge, damit<br />

schnelle Umkehrzeiten und einen wirtschaftlichen<br />

Betrieb.<br />

Im BBI werden die Verkehrsträger Bahn, Straße<br />

und Luftverkehr im Sinne des Passagiers in<br />

einem Punkt zusammengeführt, wobei durch<br />

den unterirdischen Flughafenbahnhof und<br />

die direkte Verknüpfung mit der Autobahn<br />

ein Höchstmaß an Vernetzung erreicht wird.<br />

Der Terminal besteht aus einer Haupthalle<br />

und vorgelagerten Piergebäuden. Seine klare<br />

räumliche Aufteilung bietet dem Reisenden<br />

die kürzestmöglichen Verbindungen und<br />

gewährleistet eine gute Orientierung. Anpassungsfähigkeit,<br />

Veränderbarkeit und Flexibilität<br />

waren für die bauliche Struktur des<br />

Terminals die wichtigsten Maximen.<br />

Dipl.-Ing. Thomas Stihl,<br />

Eiffel Deutschland<br />

Stahltechnologie GmbH<br />

28<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Airport BBI: Die Stahlkonstruktion des Terminals<br />

2 Zum Tragwerk<br />

In einem Zeitungsbericht zur Gestaltung des<br />

Flughafens heißt es: »(…) wenn Schinkel einen<br />

Flughafen gebaut hätte...«, und weiter: »(…)<br />

sparsam im Aufwand, nobel im Gesims, der<br />

Landschaft angepasst …«<br />

Das funktionale und bauliche Konzept des<br />

Flughafens beruht auf einer in Ost-West-<br />

Richtung verlaufenden Hauptachse und<br />

orthogonalen anschließenden Nebenachsen.<br />

Dipl.-Ing. Peter Roßmeier,<br />

Eiffel Deutschland<br />

Stahltechnologie GmbH<br />

Bild 1: Visualisierung des Terminalgebäudes<br />

© gmp Architekten/JSK Architekten<br />

Bild 2: Ansicht von Dach, Fassade und Vorfahrt<br />

© gmp Architekten/JSK Architekten<br />

Sie bilden die Symmetrieachse des Fluggastterminals,<br />

wobei die Dachscheibe dieses Ordnungsprinzip<br />

fortsetzt – durch in Haupt- und<br />

Nebenachsrichtung angeordnete Oberlichter,<br />

die wiederum 20 opak eingepasste Kassetten<br />

gliedern. Das Dachtragwerk überspannt auch<br />

den Bereich der Vorfahrt, die Check-in-Areale<br />

sowie den zentralen Marktplatz bis zur Abflugzone<br />

im Piergebäude.<br />

3 Komponenten und Geometrie<br />

Das Dachtragwerk des Fluggastterminals<br />

ist ein ebener Trägerrost mit einer Gesamtbauhöhe<br />

von ca. 4,20 m, der in einem Raster<br />

von 43,75 m durch 30 Pendelstützen getragen<br />

und an dem überbauten Stahlbetonbaukörper<br />

durch zwei Festpunkte horizontal ausgesteift<br />

wird. Er ruht auf der angrenzenden<br />

Massivbaukonstruktion des eingestellten<br />

Stahlbetonbaukörpers, des Piergebäudes sowie<br />

der Untergeschosse.<br />

Es gliedert sich entsprechend den Tragfunktionen<br />

einzelner Bauteile in eine Primär-,<br />

eine Sekundär- und eine Tertiärstruktur. An<br />

das Dachtragwerk schließen die Außen- und


Bild 3: System und Geometrie<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Bild 4: Längs- und Querschnitt<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Innenfassaden an, die als transparente, durch<br />

Seilbinder stabilisierte Glashüllen ausgebildet<br />

sind. Aufgrund des Designs dieser »Glashaut«<br />

war es notwendig, die Stahlkonstruktion<br />

in den Anschlussbereichen zur Fassade<br />

mit einer außergewöhnlichen Genauigkeit<br />

von +/-5 mm herzustellen.<br />

Neben den die Dachscheibe erzeugenden<br />

Bauteilen<br />

– A: Primärtragwerk mit 4.532 t,<br />

– B: Sekundärtragwerk mit 2.265 t,<br />

– C: Tertiärtragwerk mit 1.415 t,<br />

waren auch die Elementgruppen<br />

– D: Stützen mit 484 t,<br />

– E: Marktplatzbrücken mit 80 t,<br />

– F: Pierdächer mit 574 t,<br />

und damit ein Gesamtgewicht von ca. 9.350 t<br />

Bestandteil der Stahlbauleistungen.<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

4 Konstruktive Lösungen<br />

Die vom Architektenteam vorgegebene Konstruktionsweise<br />

kombiniert verschiedene im<br />

modernen Stahlbau vorhandene Bauweisen.<br />

So wurden parallelgurtige Fachwerke (Sekundärtragwerk),<br />

dreieckige Fachwerkbinder<br />

(Tertiärtragwerk Obergeschoß) oder Vollwandbinder<br />

(Primärtragwerk) für den Entwurf der<br />

Dachscheibe verwendet – und unter anderem<br />

die Vollwandbinder des Haupttragwerks erstmalig<br />

als über 4 m hohe Träger mit Trapezsteg<br />

ausgebildet. Das heißt, es musste der bislang<br />

höchste Trapezsteg für eine Hochbaukonstruktion<br />

hergestellt werden. Die Fabrikation<br />

der Trapezstege war damit nicht allein eine<br />

Herausforderung für das Kanten der Stege,<br />

sondern ebenso eine neue Aufgabe für das<br />

Fügen der Kantsektionen. Insgesamt wurden<br />

ca. 300 Trapezstege in einer Länge von<br />

12,50 m und einer Höhe von 4,20 m gefertigt.<br />

Dies konnte mit automatisierter Technik auf<br />

einem Schweißroboter in der kurzen Zeit<br />

mit der verlangten Genauigkeit verwirklicht<br />

werden.<br />

Auch bei der Realisierung der Lager für die<br />

Pendelstützen der in 30 m Höhe schwebenden<br />

Dachscheibe wurde in Zusammenarbeit<br />

zwischen den Tragwerksplanern Schlaich<br />

Bergermann und Partner und Eiffel Deutschland<br />

Stahltechnologie GmbH eine optimierte<br />

konstruktive Lösung gefunden: Die Gelenke<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

der Stützen wurden als wartungsfreie Kalottenwälzlager<br />

ausgeführt, bei denen jegliches<br />

Gleiten und infolgedessen ein Verschleiß ausgeschlossen<br />

bleiben. Dies ließ sich wiederum,<br />

für den Betrachter von außen nicht erkennbar,<br />

ohne Einfluss auf den Architektenentwurf<br />

technisch ändern und umsetzen.<br />

Bild 5: Struktur<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Bild 6: Roboterportal zur Trapezstegfertigung<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

29


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

5 Werksfertigung<br />

Die Werksfertigung erfolgte unter Einbeziehung<br />

von neun (Fertigungs-)Standorten. Nur<br />

so ließ sich das gesamte Tragwerk von ca.<br />

9.350 t innerhalb von lediglich sieben Monaten<br />

montagefertig zur Baustelle nach Berlin<br />

liefern. Koordinierung und Überwachung der<br />

Fertigung und Schnittstellen oblagen dabei<br />

einem Team von Mitarbeitern, für das eine<br />

spezifische Projektstruktur in einem eigenen<br />

Großraumbüro geschaffen wurde.<br />

Schnittstelleninformationen waren somit<br />

»über den Tisch« verfügbar, so dass die räumliche<br />

Trennung der Fertigungsstellen keinen<br />

nachteiligen Einfluss auf den Ablauf hatte.<br />

Selbst die englische Schwestergesellschaft<br />

des Generalunternehmers Stahlbau, die<br />

Eiffel Steelworks UK, konnte so an der Maßnahme<br />

»Flughafenterminal BBI« beteiligt<br />

werden, um die anspruchsvollen Lieferzeiten<br />

zu gewährleisten. Zur Überprüfung der<br />

hergestellten Komponenten diente das eingeführte<br />

Qualitätsmanagementsystem, das<br />

alle Abläufe regelte und durch mehrere Kontrollebenen<br />

überwacht wurde. So gab es die<br />

Eigenüberwachung von Eiffel Deutschland<br />

Stahltechnologie, die bei auswärtigen Fertigungsstellen<br />

durch die Ingenieurgesellschaft<br />

BGS Grontmij ergänzt wurde, sowie die ingenieurtechnische<br />

Kontrolle der bauseitigen<br />

Planungsgesellschaft PGBBI, die das Qualitätsmanagement<br />

komplettierte. Derart war<br />

es machbar, Fertigungsstellen mit optimalen<br />

Möglichkeiten und maschineller Ausrüstung<br />

(Roboterschweißen, Kantbänke, spanende<br />

Bearbeitung) für die unterschiedlichen Bauweisen<br />

(Fachwerke, Faltwerke, Vollwandträger,<br />

Stahlgussbauteile) auszuwählen – und im<br />

Ergebnis optimal aufeinander abgestimmte<br />

Bauteile zu fertigen und auszuliefern.<br />

Die geometriebestimmende Baugruppe Kapitelle,<br />

welche direkt auf den Pendelstützen<br />

ruht, wurde im Werk der Eiffel Deutschland<br />

Stahltechnologie GmbH hergestellt. Bei<br />

diesen Kapitellen handelt es sich um kreuzförmig<br />

angeordnete, dicht verschweißte und<br />

innen ausgesteifte Kastenwände, die 7,60 m<br />

breit und 5,20 m hoch sind und eine Bautiefe<br />

von nur 312 mm aufweisen. In ihrer Spitze<br />

wurden die Kalottenpfannen der Pendelstützen<br />

angeschweißt, die für Lagerlasten bis zu<br />

15.700 kN ausgelegt sind.<br />

Im Detail mussten komplizierte Strukturen<br />

realisiert werden, die im architektonischen<br />

Entwurf leicht, glatt und klar gegliedert wirken.<br />

Durch die Entfernung des Betrachters<br />

zum Tragwerk sind die oft aufwendig gefertigten<br />

Anschlüsse jedoch nicht sichtbar, was<br />

die Schwierigkeiten bei der Herstellung gar<br />

nicht aufzeigt.<br />

30<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 7: Kalottenwälzlager aus Stahlguss<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Bild 8: Knoten am Primärtragwerk<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Bild 9: Ursprüngliches Montagekonzept<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

6 Montage und Vormontage<br />

Der Gesamtablauf sah folgendermaßen aus:<br />

– Auftragsvergabe: 2. Januar 2009 (1. Monat)<br />

– Werks- und Montageplanung: ab Februar<br />

2009 (2. Monat)<br />

– Materialbestellung, Walzung der Halbzeuge:<br />

ab März 2009 (3. Monat)<br />

– Werkstattfertigung transportabler Baueinheiten:<br />

ab Mai 2009 (5. Monat)<br />

– Vormontage der Bauteile zu Hubeinheiten<br />

im Baufeld: ab Juni 2009 (6. Monat)<br />

– Endmontage der Hubeinheiten im Baufeld<br />

auf dem Massivrohbau: ab August 2009 (8.<br />

Monat)<br />

– Einhub letztes Großbauteil: 7. März 2010<br />

(14. Monat)<br />

Für die Montage waren den am Bieterverfahren<br />

beteiligten Firmen Randbedingungen<br />

vorgeschrieben und eine Machbarkeitsstudie<br />

überreicht, aber die Ausführung an sich grundsätzlich<br />

freigestellt worden.<br />

Mit der Machbarkeitsstudie wurde gezeigt,<br />

dass ein auf dem obersten Geschoß des Terminals<br />

operierender Raupenkran in der Lage<br />

wäre, die notwendigen Baugruppen in die<br />

(Einbau-)Position zu verbringen. Basis dieses<br />

Vorschlages wäre jedoch eine Durchsteifung<br />

des Gesamtgebäudes bis auf die Gründung<br />

gewesen, die vor und während des Raupenkraneinsatzes<br />

zu montieren, vorzuhalten und<br />

zu warten gewesen wäre.<br />

Infolge des Baufortschritts von Vorgängergewerken<br />

und anderer Überlegungen konnte<br />

eine ausführbare Alternativlösung gezeigt<br />

werden, die<br />

– Vorlaufgewerken einen Zeitpuffer einräumte,<br />

– keine Einbauten (Aussteifungen) in den<br />

Terminalrohbau erforderlich machte und<br />

– die Anzahl der notwendigen Hubvorgänge<br />

erheblich reduzierte.<br />

Bild 10: Gewähltes Montageverfahren mit zwei Kranen<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH


Bild 11: Baustellenlayout: Vormontageflächen mit Zwischenlager (grün),<br />

Kranstandort (rot), Terminal (schwarz)<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Bild 12: 60-t-Portalkran zur Vormontage<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Das gewählte Montageverfahren (Einhub<br />

großer Hubeinheiten mittels großer Raupenkrane)<br />

ermöglichte ein zeitliches und räumliches<br />

Entzerren der Arbeiten, da bereits große<br />

Anteile der Montage- und Schweißvorgänge<br />

im Vorfeld auf den Vormontageplätzen durchgeführt<br />

werden konnten. Dadurch war es<br />

machbar, die Dachkonstruktion früher an die<br />

Nachfolgegewerke zu übergeben.<br />

Domänen des Stahlbaus<br />

Bild 13: 45.000 m² Zwischenlagerflächen<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

Voraussetzung für die Realisierung der zur<br />

Anwendung gekommenen Alternative waren<br />

jedoch das Zug-um-Zug-Bereitstellen,<br />

-Nutzen und -Räumen von Logistikflächen<br />

durch das Flächenmanagement sowie eine<br />

Arbeitsorganisation, welche in der Lage war,<br />

auf den diversen Vormontageflächen aus den<br />

antransportierten Bauteilen kontinuierlich<br />

Hubeinheiten mit bis zu 123 t und 51,50 m<br />

Länge zu erzeugen und diese mittels Schwerlasttransportfahrzeugen<br />

in die Schwenkbereiche<br />

der Raupenkrane zu verbringen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

7 Zusammenfassung<br />

Die Errichtung der Stahlkonstruktion des<br />

Terminalgebäudes des neuen Großflughafens<br />

Berlin-Brandenburg International<br />

(BBI) innerhalb von 14 Monaten zwischen<br />

Auftragserteilung bzw. Planungsbeginn und<br />

Fertigstellung der Montage erforderte eine<br />

hohe koordinative und technische Kompetenz<br />

sowie adaptive logistische Konzepte. Im klugen<br />

Zusammenwirken und Weiterentwickeln<br />

der vorliegenden Basisplanung wurden im<br />

Rahmen der Werk- und Montageplanung optimierte<br />

Lösungen zwischen Architekten und<br />

Ingenieuren, dem Auftraggeber und dem ausführendem<br />

Unternehmen Eiffel Deutschland<br />

Stahltechnologie GmbH erarbeitet.<br />

Bild 14: Einhub eines 115-t-Elements<br />

© Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />

8 Beteiligte<br />

Bauherr:<br />

FBS Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH<br />

Entwurf:<br />

gmp Architekten<br />

von Gerkan, Marg und Partner, Berlin<br />

JSK Dipl.-Ing. Architekten, Berlin<br />

Tragwerksplanung:<br />

Schlaich Bergermann und Partner,<br />

Stuttgart, Berlin<br />

Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH,<br />

Berlin<br />

Werkstatt- und Montageplanung:<br />

Gregull & Spang Ingenieurgesellschaft für<br />

Stahlbau mbH,<br />

Berlin<br />

Ausführung:<br />

Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH,<br />

Hannover<br />

31


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

1 Einleitung<br />

Bei der Herstellung von Großbauwerken<br />

wie zum Beispiel Kraftwerken, Brücken oder<br />

Stahlwasserbauten usw. ist es nicht nur in<br />

Deutschland üblich, dass eine Bauüberwachung<br />

durchgeführt wird. Oft werden dann<br />

sogenannte Inspektionsstellen vom Bauherrn<br />

damit beauftragt, die fachgerechte Umsetzung<br />

der vertraglich vereinbarten Leistungen<br />

zu überprüfen.<br />

Dipl.-Ing. Jörg Mährlein,<br />

GSI mbH, NL SLV Duisburg<br />

32<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Qualitätsüberwachung im Kraftwerksbau<br />

2 Überwachung –<br />

Grundlegende Betrachtung<br />

Unter dem Begriff der Überwachung ist nach<br />

Oppler [1] eine beobachtende, überprüfende<br />

und vergleichende Tätigkeit zu verstehen.<br />

Zum einen wird mit dem Begriff »Überwachung«<br />

also auch die Eigenüberwachung des<br />

Herstellers mit erfasst. Daneben werden aber<br />

auch noch öffentlich-rechtliche und privatrechtliche<br />

Bauüberwachungen durchgeführt.<br />

Unabhängig davon, welche von beiden Überwachungen<br />

durchgeführt werden, hat der<br />

Hersteller die Leistung immer in eigener Verantwortung<br />

zu erbringen.<br />

2.1 Eigenüberwachung<br />

Nicht erst mit Einführung der Richtlinie<br />

89/106/EWG (Bauproduktenrichtlinie) [2]<br />

wurde der Begriff »Eigenüberwachung«<br />

durch den Begriff der werkseigenen Produktionskontrolle<br />

ersetzt.<br />

Nach Nr. 6.3.1, 1 und 2 der DIN EN 1090-1 [3]<br />

muss der Hersteller ein System der werkseigenen<br />

Produktionskontrolle einrichten, dokumentieren<br />

und aufrechterhalten, um sicherzustellen,<br />

dass die in den Verkehr gebrachten<br />

Produkte die deklarierten Leistungsmerkmale<br />

aufweisen.<br />

Das System der werkseigenen Produktionskontrolle<br />

muss schriftlich festgelegte Verfahren,<br />

regelmäßige Kontrollen und Prüfungen<br />

und/oder Beurteilungen sowie die Anwendung<br />

von Ergebnissen zur Überwachung der<br />

Halbzeuge, der Ausrüstung, des Herstellungsverfahrens<br />

und des hergestellten Bauteils<br />

umfassen.<br />

2.2 Bauüberwachung nach Baurecht<br />

Nach Nr. 1, Satz 1 § 53 MBO [4] hat der Bauherr<br />

u. a. zur Vorbereitung, Überwachung<br />

und Ausführung eines nicht verfahrensfreien<br />

Bauvorhabens geeignete Beteiligte nach<br />

Maßgabe der §§ 54 bis 56, also Entwurfsverfasser,<br />

Unternehmer und Bauleiter zu<br />

bestellen, soweit er nicht selbst zur Erfüllung<br />

der Verpflichtungen nach diesen Vorschriften<br />

geeignet ist.<br />

Entsprechend Nr. 1, Sätze 1 und 2, § 56 MBO<br />

hat der Bauleiter darüber zu wachen, dass die<br />

Baumaßnahme entsprechend den öffentlichrechtlichen<br />

Anforderungen durchgeführt<br />

wird, und die dafür erforderlichen Weisungen<br />

zu erteilen.<br />

Nach Nr. 2, Sätze 1und 2 § 56 MBO muss der<br />

Bauleiter über die für seine Aufgabe erforderliche<br />

Sachkunde und Erfahrung verfügen.<br />

Verfügt er auf einzelnen Teilgebieten nicht<br />

über die erforderliche Sachkunde, so sind geeignete<br />

Fachbauleiter hinzuzuziehen.<br />

2.2 Privatrechtliche Bauüberwachung<br />

Daneben muss der Bauherr darüber entscheiden,<br />

ob die Annehmbarkeit des Produktes<br />

gegeben ist. Dies erfolgt, indem er die Abnahme<br />

durchführt. Nach Vygen [5] muss der<br />

Bauherr im Einzelnen überprüfen, ob das<br />

Produkt seinem Bestellerwillen entspricht.<br />

In der Rechtsprechung wird hier von der Billigung<br />

des hergestellten Werkes durch den<br />

Bauherrn gesprochen. Der Bauherr muss also<br />

über ausreichende Fachkenntnisse verfügen,<br />

um vorhandene Mängel erkennen zu können.<br />

Außerdem muss er die Prüfungen rechtzeitig<br />

durchführen, so dass der Hersteller die Möglichkeit<br />

zur Nachbesserung hat. Verfügt der<br />

Bauherr nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse<br />

und/oder die Personalkapazitäten,<br />

kann er, auf eigene Kosten, entsprechende<br />

Fachleute hinzuziehen. Diese müssen dann<br />

die Leistung dahingehend überprüfen, ob sie<br />

mit der vertraglich vereinbarten Soll-Leistung<br />

übereinstimmt.<br />

Auch nach Auffassung Opplers erscheint die<br />

Bauüberwachung angezeigt. Die Bauabnahme<br />

alleine reicht demnach nicht aus, um die<br />

ordnungsgemäße Bauausführung feststellen<br />

zu können.<br />

Viele Gutachten, so Oppler, die erst nach der<br />

Bauausführung durchgeführt wurden, um<br />

die Mängelursache festzustellen, bestätigen<br />

diese Annahme.<br />

3 Ergebnisse durchgeführter<br />

Bauüberwachungen<br />

Bei der Herstellung von Produkten kann es<br />

immer wieder einmal zu Abweichungen von<br />

den Soll-Vorgaben kommen.<br />

Grundsätzlich sollten diese Abweichungen<br />

aber im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle<br />

festgestellt werden. In Abhängigkeit<br />

vom Grad der Abweichung bestehen<br />

mehrere Möglichkeiten, damit umzugehen.<br />

Die einfachste, jedoch für den Hersteller<br />

nicht immer wirtschaftlichste Lösung besteht<br />

darin, die Abweichung zu korrigieren und die<br />

Übereinstimmung mit der Soll-Vorgabe herzustellen.<br />

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass<br />

der Hersteller sich die Abweichung vom Bauherrn<br />

genehmigen lässt. Dazu muss der Hersteller<br />

einen Abweichungsbericht erstellen,<br />

darauf aufbauend einen Lösungsvorschlag


erarbeiten und mit beiden Unterlagen dann<br />

einen sogenannten Tolerierungsantrag beim<br />

Hersteller stellen. Somit hat der Hersteller die<br />

Möglichkeit, über die Zulässigkeit der Abweichung<br />

zu entscheiden.<br />

Die Gründe dafür, wieso es aber überhaupt zu<br />

den Abweichungen kommen kann, sind sehr<br />

vielschichtig.<br />

Interessanterweise waren viele dieser Abweichungen<br />

auf sehr ähnliche, u. a. nachfolgend<br />

beschriebene Ursachen zurückzuführen.<br />

3.1 Planung und technische Unterlagen<br />

3.1.1 Spezifikationen<br />

Die zu erbringende Leistung wird in den<br />

Spezifikationen unvollständig oder missverständlich<br />

beschrieben. So enthalten z. B. die<br />

Spezifikationen Normen und Regelwerke, die<br />

nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik<br />

entsprechen. Auch wird oft nicht erkannt,<br />

dass manche Texte in den Normen einer<br />

Präzisierung bedürfen, damit der Hersteller<br />

genau weiß, was er später umzusetzen und<br />

einzuhalten hat.<br />

Beispiel:<br />

Pos. 12345 Verzinkter Träger HEB 500 mit<br />

Stirnplatten t = 45 mm, alles aus S355J0+N<br />

nach DIN EN 10025-2 [6] mit Verzinkung nach<br />

DIN EN ISO 1461 [7], Schichtdicke 80 µm, Ausbesserungen<br />

sind nur mittels thermischen<br />

Spritzens nach DIN EN 22063 [8] zulässig. Hier<br />

fehlen z. B. die Hinweise darauf, dass<br />

a) die Verzinkerei den Übereinstimmungsnachweis<br />

ÜZ nach DASt 022 [9] und<br />

b) der Hersteller, welcher das thermische<br />

Spritzen ausführt, den Übereinstimmungsnachweis<br />

ÜHP zu erbringen hat.<br />

3.1.2 Bauliche Durchbildung<br />

Viele Hersteller verfügen heutzutage nicht<br />

mehr über eigene technische Büros. Die<br />

Erstellung der technischen Unterlagen wird<br />

untervergeben. Allerdings verfügen nicht alle<br />

dieser Unterlieferanten über die notwendigen<br />

Erfahrungen, die jedoch notwendig sind,<br />

ein Stahlbauwerk schweiß-, schraub-, prüf-<br />

und korrosionsschutzgerecht konstruieren zu<br />

können.<br />

Bild 2: Nicht schweiß- und korrosionsschutzgerecht<br />

konstruiertes Verstärkungsblech<br />

© GSI mbH<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Auch kennen diese Unterlieferanten häufig<br />

nicht die fertigungstechnischen Möglichkeiten<br />

des Herstellers, so dass es auch hierdurch<br />

zu Festlegungen kommt, welche die Fertigung<br />

dann später nicht erfüllen kann.<br />

3.1.3 Zeichnerische Darstellung<br />

von Schweißverbindungen<br />

Oftmals werden Nahtvorbereitungen nicht<br />

oder nur unvollständig dargestellt. Auch<br />

fehlen Angaben zu ggf. notwendigen Prüfumfängen<br />

für die zerstörungsfreien Prüfungen,<br />

obwohl diese entsprechend dem statischen<br />

Nachweis oder nach dem Betriebsfestigkeitsnachweis<br />

erforderlich sind.<br />

Beispiel:<br />

Vorgabe Statik:<br />

Durchgeschweißte Naht, Tab. 19, Zeile 2<br />

Vorgabe Zeichnung:<br />

Bewertungsgruppe C nach DIN EN ISO 5817<br />

Ergebnis:<br />

Es wurde eine über die Gesamtlänge nicht<br />

durchgeschweißte Stumpfnaht hergestellt.<br />

Auch der nachträglich berechnete Soll-Einbrand<br />

wurde nicht erreicht.<br />

7 4<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Bild Bild 2. 1: Symbolische Darstellung Darstellung einer I-Naht I-Naht für den für den Stumpfstoß von I PE 160<br />

Stumpfstoß von IPE 160<br />

© GSI mbH<br />

Bild 3: Ungenügende Durchschweißung<br />

Bild 3: Ungenügende Durchschweißung<br />

© GSI mbH<br />

3.2 Werkstoffe<br />

3.2 Werkstoffe<br />

Neben der Festlegung der Festigkeitsklassen<br />

wird es notwendig, die zusätzlichen Anforderungen<br />

an den Werkstoff bereits beim Erstellen<br />

der Spezifikation festzulegen.<br />

Dazu gehören zum Beispiel:<br />

– Nachweis der Sprödbruchsicherheit durch<br />

Wahl der entsprechenden Stahlgütegruppe<br />

– Nachweis der verbesserten Verformungseigenschaften<br />

senkrecht zur Erzeugnisoberfläche<br />

nach DIN EN 10164 [10] (für Stähle<br />

z. B. nach DIN EN 10025-2 aber nur für die<br />

Gütegruppen J2 und K2)<br />

– Nachweis der Freiheit von Dopplungen und<br />

anderen inneren Fehlern<br />

– Begrenzung der zulässigen Oberflächenungänzen<br />

und der Art des Ausbesserns von<br />

Oberflächenfehlern durch Schleifen und/<br />

oder Schweißen z. B. nach DIN EN 10163-2<br />

[11] für Bleche und Breitflachstähle usw.<br />

��������<br />

160<br />

Neben der Festlegung der Festigkeitsklassen wird es notwendig,<br />

Anforderungen an den Werkstoff bereits beim Erstellen der Spezifikation fe<br />

33<br />

Dazu gehören zum Beispiel:


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

3.2.1 Anwendung des Ersatzkriteriums<br />

für den Aufschweißbiegeversuch<br />

Das Durchführen des Aufschweißbiegeversuches<br />

nach DIN 18800-7, Tab. 100 [12] dient<br />

zum Nachweis eines ausreichenden Rissauffangvermögens.<br />

Typische Abweichungen ergeben sich häufig,<br />

weil nicht auf die richtige Werkstoffbezeichnung<br />

bei der Bestellung geachtet wird bzw.<br />

die Lieferzustände nicht eindeutig festgelegt<br />

werden.<br />

Beispiel:<br />

Vorgabe Statik:<br />

Blech S235, Dicke t = 45 mm<br />

Vorgabe Zeichnung:<br />

S235JR – DIN EN 10025-2<br />

Ist-Werkstoffnachweis:<br />

S235JR + AR nach DIN EN 10025-2<br />

Anforderung Äquivalenzkriterium:<br />

Lieferzustand +N oder +M nach DIN EN<br />

10025-2<br />

Ergebnis:<br />

Die Anforderungen sind nicht erfüllt.<br />

Der Aufschweißbiegeversuch ist nachträglich,<br />

sofern noch Restmaterial zur Verfügung steht<br />

und eine eindeutige Rückverfolgbarkeit gegeben<br />

ist, durchzuführen.<br />

3.2.2 Nachweis der Freiheit von<br />

Dopplungen und anderen (inneren)<br />

Fehlern<br />

Die modernen Herstellungsverfahren der europäischen<br />

Walzwerke ermöglichen eine weitestgehend<br />

fehlerfreie Fertigung. Dennoch<br />

lassen sich Fehler nie ganz ausschließen. Die<br />

Durchführung von Wareneingangsprüfungen<br />

sollte immer unter Berücksichtigung des<br />

Verwendungszweckes und des Sicherheitsniveaus<br />

des Bauteils erfolgen.<br />

So weist z. B. das OLG Hamm (19 U 35/86 vom<br />

28.10.1986, rechtskräftig, Revision zum BGH<br />

nicht zugelassen) in seinem Urteil darauf hin,<br />

dass es auch eine Pflicht des Stahlbauunternehmens<br />

als Herstellers einer geschweißten<br />

Konstruktion ist, die Wareneingangsprüfung<br />

durchzuführen und sich nicht alleine auf das<br />

Vorhandensein einer Werkstoffbescheinigung<br />

zu verlassen.<br />

34<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Bild 4: Riss im Stegbereich eines Walzprofiles<br />

© GSI mbH<br />

3.3 Unwirksamkeit der werkseigenen<br />

Produktionskontrolle<br />

Vielen dieser Abweichungen ist gemeinsam,<br />

dass sie eigentlich bereits im Rahmen der<br />

durch den Hersteller durchzuführenden<br />

werkseigenen Produktionskontrolle hätten<br />

erkannt werden müssen.<br />

Da es sich hier um Bauprodukte handelt,<br />

bedürfen diese nach Nr. 1 § 22 MBO einer<br />

Bestätigung ihrer Übereinstimmung mit den<br />

technischen Regeln nach § 17 Abs. 2 (Bauregelliste<br />

A). Nach Nr. 1 § 23 darf der Hersteller<br />

eine Übereinstimmungserklärung aber nur<br />

abgeben, wenn er durch werkseigene Produktionskontrolle<br />

sichergestellt hat, dass das<br />

von ihm hergestellte Bauprodukt den maßgebenden<br />

technischen Regeln, der allgemeinen<br />

bauaufsichtlichen Zulassung, dem allgemeinen<br />

bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder der<br />

Zustimmung im Einzelfall entspricht.<br />

Bezogen auf die festgestellten Abweichungen<br />

bleibt jedoch festzustellen, dass eine funktionierende<br />

werkseigene Produktionskontrolle<br />

häufig nur sehr bedingt vorhanden ist.<br />

3.3.1 Schweißtechnische Ausführung<br />

Nach 13.3, l) der DIN 18800-7 ist zu prüfen, ob<br />

die geforderten Ausführungsgüten erreicht<br />

worden sind. Grundsätzlich sind im Rahmen<br />

der werkseigenen Produktionskontrolle die<br />

Prüfergebnisse zu dokumentieren und zu<br />

bewerten.<br />

3.3.2 Korrosionsschutz<br />

Die Forderung der DIN 18800-7, Pkt. 13.3 o),<br />

dass im Rahmen der werkseigenen Produk-<br />

tionskontrolle die erforderlichen Maßnahmen<br />

bei der Ausführung der Korrosionsbeschichtungen<br />

nach DIN EN ISO 12944-1 bis<br />

DIN EN ISO 12944-8 eingehalten und dokumentiert<br />

werden müssen, wird vielfach nicht<br />

berücksichtigt.<br />

Ebenso wenig findet die eindeutige Regelung<br />

der DIN EN ISO 12944-7, Pkt. 3.1.1, Satz 2 [13]<br />

Anwendung.<br />

Demnach hat der Unternehmer immer den<br />

Nachweis zu erbringen, dass er zertifiziertes<br />

Personal einsetzt.<br />

Alles andere wäre dann die Ausnahmeregelung<br />

und gesondert vertraglich zu vereinbaren.<br />

Bild 5: Eingesetztes Passstück am Gehrungsstoß<br />

© GSI mbH<br />

Bild 6: Strahlmittelreste in der Beschichtung<br />

© GSI mbH


4 Zusammenfassung<br />

Entsprechend Nr. 1, Satz 1, § 53 MBO hat der<br />

Bauherr u. a. immer dann einen Bauleiter zu<br />

bestellen, wenn er selber diese Aufgabe nicht<br />

wahrnehmen kann.<br />

Unabhängig davon benötigt der Bauherr aber<br />

auch jemanden, der ihn bei der Abnahme des<br />

Bauwerkes unterstützt. Auch hier gilt, das er<br />

geeignete Fachleute hinzuziehen kann, die<br />

ihn hierbei unterstützen.<br />

Wenn der Bauherr schon einen Bauleiter zu<br />

bestellen hat, liegt es also nahe, dass dieser<br />

sich durch Fachbauleiter unterstützen lässt,<br />

die dann gleichzeitig auch noch »technische<br />

Abnahmen« durchführen können.<br />

Dazu gehört aber z. B., dass der Bauüberwacher<br />

– über entsprechende Berufserfahrung und<br />

umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen<br />

in der Herstellung von Stahlbauwerken verfügt,<br />

– den Bauherrn auch auf technisch nicht<br />

durchführbare Leistungen hinweist oder<br />

auf solche, die nicht mehr den anerkannten<br />

Regeln der Technik entsprechen. Somit<br />

können diese Leistungen auf das technisch<br />

Machbare und Notwendige hin geändert<br />

werden,<br />

– bereits in die Planungsphase integriert<br />

wird, um so rechtzeitig auf notwendige<br />

Maßnahmen hinweisen zu können, z. B. auf<br />

Haltepunkte für das Auslegen und Aufmessen<br />

der Konstruktion oder für das Durchführen<br />

von zerstörungsfreien Prüfungen<br />

vor dem weiteren Zusammenbau,<br />

– den Hersteller rechtzeitig auf Abweichungen<br />

der zu erbringenden Leistung vom Sollzustand<br />

hinweist,<br />

– dem Bauherrn bei Abweichungen Lösungsvorschläge<br />

unterbreitet oder vom<br />

Unternehmer eingereichte Lösungsvorschläge<br />

bewertet, damit die zu erbringende<br />

Leistung fachgerecht hergestellt und das<br />

Bauwerk einer Abnahme ohne Vorbehalte<br />

zugeführt werden kann.<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

5 Ausblick<br />

Die Schaffung des »Arbeitskreises Kraftwerksbau«<br />

unter der Federführung des DSTV war<br />

die wichtigste Voraussetzung dafür, alle an<br />

der Herstellung von Kraftwerkskomponenten<br />

beteiligten Parteien zusammenzubringen.<br />

In den bereits erfolgten Sitzungen bestand<br />

durchaus Einigkeit darüber, dass es als notwendig<br />

angesehen wird, Mindestanforderungen<br />

zu formulieren. Diese Mindestanforderungen<br />

sollen sich u. a. auf folgende Punkte<br />

beziehen:<br />

– Ausführung der Stahlbauprodukte<br />

– Qualifikation der Planungsbüros<br />

– Qualifikation der Hersteller (Schweißtechnik/Korrosionsschutz)<br />

unter Berücksichtigung<br />

der EN 1090-1<br />

– Personalqualifikation der Inspektoren<br />

– Schaffung einer Anhörungsstelle unter<br />

Leitung des DSTV. Diese Stelle soll in den<br />

Fällen, bei denen kein Konsens zwischen<br />

den Parteien gefunden wird, eine abschließende<br />

Klärung herbeiführen.<br />

Nach dem Erstellen dieser Mindestanforderungen<br />

sollen diese veröffentlicht werden.<br />

Damit besteht dann für alle am Bauvorhaben<br />

Beteiligten die Möglichkeit, bereits zum Zeitpunkt<br />

einer Angebotsabgabe prüfen zu können,<br />

ob sie diese Mindestanforderungen auch<br />

wirklich einhalten können.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

6 Literatur<br />

[1] Oppler, M.: in Ingenstau/Korbion, 14.<br />

Auflage, B § 4 Nr. 1, Rdn. 53. Düsseldorf:<br />

Werner 2001.<br />

[2] Richtlinie des Rates vom 21. Dezember<br />

1988 zur Angleichung der Rechts- und<br />

Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten<br />

über Bauprodukte (89/106/EWG),<br />

veröffentlicht im Amtsblatt der EU, Nr. L<br />

040 vom 11/02/1989 S. 0012–0026.<br />

[3] DIN EN 1090-1: 2009-10; Ausführung von<br />

Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken<br />

– Teil 1: Konformitätsnachweisverfahren<br />

für tragende Bauteile; 2009.<br />

[4] Musterbauordnung – MBO – 11/2002,<br />

zuletzt geändert durch den Beschluss<br />

der Bauministerkonferenz vom Oktober<br />

2008, einschl. Änderung von § 20 Satz 1<br />

gem. Beschluss der FK Bauaufsicht vom<br />

Mai 2009.<br />

[5] Vygen, K.: Bauvertragsrecht nach VOB und<br />

BGB, Handbuch des privaten Baurechts,<br />

3. Auflage, Rdn. 367. Wiesbaden: Bauverlag<br />

1997.<br />

[6] DIN EN 10025-2:2005-02, Warmgewalzte<br />

Erzeugnisse aus Baustählen, Teil 2: Technische<br />

Lieferbedingungen für unlegierte<br />

Baustähle; 2005.<br />

[7] DIN EN ISO 1461: 2009-10, Durch Feuerverzinken<br />

auf Stahl aufgebrachte Zinküberzüge<br />

(Stückverzinken) – Anforderungen<br />

und Prüfungen, 2009.<br />

[8] DIN EN 22063: 1994-08, Metallische und<br />

andere anorganische Schichten – Thermisches<br />

Spritzen – Zink, Aluminium und ihre<br />

Legierungen, 1994.<br />

[9] DASt 022: 2009-08, Feuerverzinken von<br />

tragenden Stahlbauteilen, hrsg. Stahlbau-<br />

Verlagsgesellschaft, Düsseldorf, 2009.<br />

[10] DIN EN 10164: 2005-03, Stahlerzeugnisse<br />

mit verbesserten Verformungseigenschaften<br />

senkrecht zur Erzeugnisoberfläche<br />

– Technische Lieferbedingungen;<br />

2005.<br />

[11] DIN EN 10163-2: 2005-03, Lieferbedingungen<br />

für die Oberflächenbeschaffenheit<br />

von warmgewalzten Stahlerzeugnissen<br />

(Blech, Breitflachstahl und Profile)<br />

– Teil 2: Blech und Breitflachstahl, 2005.<br />

[12] DIN 18800-7: 2008-11, Stahlbauten<br />

– Teil 7: Ausführung und Herstellerqualifikation,<br />

2008.<br />

[13] DIN EN ISO 12944-7: 1998-07, Ausführung<br />

und Überwachung der Beschichtungsarbeiten<br />

Hrsg. für alle DIN-Normen: Deutsches<br />

Institut für Normung e.V.; Berlin: Beuth-<br />

Verlag<br />

35


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Dr.-Ing. Peter Schäfer,<br />

Produktionsleiter,<br />

Donges SteelTec GmbH<br />

Kraftwerksbau<br />

Ob Kesselgerüste oder Unterstützungskonstruktionen<br />

für umweltfreundliche Kraftwerksanlagen, immer do�<br />

miniert der Stahlbau durch seine Flexibilität und Lei�<br />

stungsfähigkeit.<br />

Kesselgerüst des<br />

800 MW Steinkohlekraftwerks<br />

Wilhelmshaven<br />

GDF SUEZ Energie Deutschland AG<br />

Donges Steeltec GmbH<br />

Mainzer Str.55, 64293 Darmstadt<br />

Tel. 06151889�221, Fax �219<br />

Email: info@donges�steeltec.de<br />

www.donges�steeltec.de<br />

36<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Qualitätsmanagement im Kraftwerksbau<br />

Dipl.-Ing. Alexander Lieber,<br />

Leiter Qualitätsmanagement,<br />

Donges SteelTec GmbH<br />

1 Einführung, Begriffe und Grundlagen<br />

Zu dem Begriff Qualität lassen sich viele<br />

verschiedene Definitionen finden. Nach EN<br />

ISO 9000: 2005, der zurzeit gültigen Norm<br />

zum Qualitätsmanagement, wird Qualität als<br />

»Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale<br />

Anforderungen erfüllt« definiert. Vereinfacht<br />

gesagt, gibt Qualität also an, in welchem<br />

Maße ein Produkt den bestehenden Anforderungen<br />

entspricht.<br />

Qualitätsmanagement hat demzufolge<br />

die Aufgabe, organisierte und aufeinander<br />

abgestimmte Tätigkeiten (Prozesse) im Unternehmen<br />

einzuführen und umzusetzen, die<br />

gewährleisten, dass alle Anforderungen an<br />

das Produkt sicher erfüllt werden. Hinsichtlich<br />

einer wirtschaftlichen Projektabwicklung<br />

ist dabei von besonderer Bedeutung, dass<br />

Übererfüllung nicht zusätzlich vergütet wird,<br />

dass Untererfüllung aber hart bestraft wird.<br />

Daraus wird deutlich, dass sich jedes Unternehmen<br />

sehr genau mit den Produktanforderungen<br />

(Vertrag, Spezifikation, Leistungsverzeichnis,<br />

Normen etc.) auseinandersetzen<br />

muss.<br />

Kraftwerksbau ist ein sehr umfangreiches Betätigungsfeld.<br />

Dieser Aufsatz beschäftigt sich<br />

nur mit dem Bau von Steinkohlekraftwerken<br />

und dabei ausschließlich mit den Bauteilen<br />

der Traggerüste und Bühnen, also mit dem<br />

eigentlichen Stahlbau.<br />

2 Das Produkt und seine Anforderungen<br />

2.1 Allgemeiner Lieferumfang<br />

und Produktbeschreibung<br />

Seit Mai 2008 wurden von der Donges Steel-<br />

Tec GmbH ca. 50.000 t Stahlkonstruktionen<br />

für folgende Steinkohlekraftwerke in Auftrag<br />

genommen und größtenteils hergestellt:<br />

Betreiber Kraftwerksstandort<br />

Leistung<br />

[MW]<br />

Lieferumfang<br />

[t]<br />

Davon gefertigt<br />

in Darmstadt [%]<br />

E.ON Datteln 1.100 ca. 3.800 ca. 100<br />

Electrabel Wilhelmshaven 800 ca. 13.250 ca. 60<br />

E.ON Maasvlakte 1.100 ca. 18.550 ca. 67<br />

Electrabel Rotterdam 800 ca. 13.900 ca. 85<br />

Wesentliche Gebäudeteile sind dabei die<br />

Kesselgerüste mit einer Höhe bis zu 106 m.<br />

Rund um das Kesselgerüst herum schließen<br />

Traggerüste und Bühnen für das Luvo-Haus,<br />

das Kesselhaus und das Bunkerhaus an. Zur<br />

weiteren Stahlkonstruktion gehören die<br />

Bunkertaschen, die die Kohle aufnehmen,<br />

die Bandagen, die den Kessel einrahmen, und<br />

diverse Hilfskonstruktionen, die zur Montage<br />

des gesamten Kraftwerksblocks benötigt<br />

werden.<br />

Bunkerhaus<br />

Bunkertaschen<br />

Kesselgerüst<br />

Kesselhaus<br />

Luvohaus<br />

Bild 1: 1: Kraftwerksblock in schematischer in schematischer Darstellung Darstellung<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

Dr.-Ing. P. Schäfer, Produktionsleiter der Donges SteelTec GmbH Seite 2 von 12<br />

Dipl.-Ing. A. Lieber, Leiter Qualitätsmanagement der Donges SteelTec GmbH


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

2.2. Beschreibung der Gebäudeteile am Beispiel des E.ON-Kraftwerks MPP3 in<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung 7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Maasvlakte<br />

Am Beispiel des E.ON-Kraftwerks MPP3 in Maasvlakte, siehe Bild 2, wird die<br />

Mengenstruktur für die einzelnen Gebäudeteile dargestellt.<br />

Bunkerhaus<br />

Kesseltragrost<br />

Bild 2: Stahlkonstruktion Kraftwerk Maasvlakte während der Montagephase.<br />

2.2 Beschreibung der Gebäudeteile<br />

am Beispiel des E.ON-Kraftwerks<br />

MPP3 in Maasvlakte<br />

Am Beispiel des E.ON-Kraftwerks MPP3 in<br />

Maasvlakte wird die Mengenstruktur für die<br />

einzelnen Gebäudeteile dargestellt.<br />

Die gesamte Stahlkonstruktion teilt sich wie<br />

folgt auf:<br />

Gebäudeteil Lieferumfang [t] Anzahl der Bauteile Durchschn. Teilegewicht [kg]<br />

Kesselgerüst ca. 4.000 ca. 1.300 ca. 3.100<br />

Luvo-Haus ca. 3.700 ca. 20.100 ca. 180<br />

Kesselhaus ca. 4.600 ca. 40.000 ca. 110<br />

Bunkerhaus ca. 1.750 ca. 6.300 ca. 280<br />

Bunkertaschen ca. 1.000 ca. 260 ca. 3.800<br />

Bandagen ca. 1.100 ca. 3.800 ca. 290<br />

Sonstiges ca. 2.400<br />

Gesamt ca. 18.550<br />

Kesselgerüst<br />

Luvo-Haus<br />

2.3 Anforderungen an das Produkt<br />

am Beispiel des E.ON-Kraftwerks<br />

MPP3 in Maasvlakte<br />

Die Anforderungen an die Herstellung der<br />

Stahlkonstruktion sind grundsätzlich in DIN<br />

18800-7 beschrieben. Darüber hinausgehende<br />

Anforderungen aus der Kundenspezifikation<br />

werden im Folgenden dargestellt.<br />

Die schwersten Einzelbauteile, die im Werk<br />

hergestellt Dr.-Ing. P. wurden, Schäfer, sind Produktionsleiter die oberen Kessel- der Donges SteelTec GmbH Toleranz-<br />

2 über<br />

Dipl.-Ing. A. Lieber, Leiter Qualitätsmanagement der Donges SteelTec bis GmbH 30 bis<br />

klassegerüstriegel<br />

mit knapp 83 t, die Kesselgerüst-<br />

30 120<br />

stützen mit bis zu 76 t und die Kesseldeckenträger<br />

mit ca. 66 t Bauteilgewicht.<br />

über<br />

120<br />

bis<br />

400<br />

über über Seite 3 von 13<br />

400 1.000<br />

bis bis<br />

1.000 2.000<br />

Bild 2: Stahlkonstruktion des Kraftwerks Maasvlakte<br />

während der Montagephase<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

Nennmaßbereich l (in mm)<br />

über über über über über<br />

2.000 4.000 8.000 12.000 16.000 über<br />

bis bis bis bis bis 20.000<br />

4.000 8.000 12.000 16.000 20.000<br />

Grenzabmaße t (in mm)<br />

A ± 1 ± 1 ± 2 ± 3 ± 4 ± 5 ± 6 ± 7 ± 8 ± 9<br />

± 1<br />

C<br />

± 3 ± 4 ± 6 ± 8 ± 11 ± 14 ± 18 ± 21 ± 24 ± 27<br />

Toleranzklasse<br />

2.3.1 Allgemeine Toleranzen<br />

für geschweißte Bauteile<br />

Während DIN 18800-7 für Längen- und Winkelmaße<br />

die Toleranzklasse C nach DIN EN<br />

ISO 13920 fordert, schreibt die Kundenspezifikation<br />

die Einhaltung der Toleranzen nach<br />

Toleranzklasse A der DIN EN ISO 13920 vor.<br />

Für die Ebenheits- und Parallelitätstoleranzen<br />

gilt nach der Kundenspezifikation die Toleranzklasse<br />

E, während nach DIN 18800-7 die<br />

Toleranzklasse G ausreichend wäre.<br />

Grenzabmaße für Längenmaße:<br />

Grenzabmaße für Winkelmaße:<br />

Nennmaßbereich l (in mm)<br />

(Länge oder kürzerer Schenkel)<br />

bis 400 über 400 bis 1.000 über 1.000<br />

37<br />

Grenzabmaße � �<br />

(in Grad und in Minuten)<br />

A ± 20’ ± 15’ ± 10’<br />

C ± 1° ± 45’ ± 30’


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Toleranzklasse<br />

über<br />

30 bis<br />

120<br />

über<br />

120<br />

bis<br />

400<br />

über<br />

400 bis<br />

1.000<br />

über<br />

1.000<br />

bis<br />

2.000<br />

38<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Grenzabmaße für Ebenheits- und Parallelitätstoleranzen:<br />

Nennmaßbereich l (in mm)<br />

über<br />

2.000 bis<br />

4.000<br />

über<br />

4.000 bis<br />

8.000<br />

über<br />

8.000<br />

bis<br />

12.000<br />

über<br />

12.000<br />

bis<br />

16.000<br />

über<br />

16.000<br />

bis<br />

20.000<br />

Grenzabmaße t (in mm)<br />

E 0,5 1 1,5 2 3 4 5 6 7 8<br />

G 1,5 3 5,5 9 11 16 20 22 25 25<br />

Toleranzen in Abhängigkeit von den Längenmaßen<br />

Bauteil<br />

• 6.000<br />

Längenmaße (mm)<br />

> 6.000 - • 12.000 > 12.000<br />

Stützen ± 1,0 ± 1,5 ±2,0<br />

Riegel +0 / -2 +0 / -3 +0 / -4<br />

Bezeichnung Toleranzen<br />

Riegelanschlusshöhe ∆H = ±<br />

H<br />

4000<br />

= ±0,25 mm/m x H<br />

Riegelabstand<br />

Stützabstand<br />

h<br />

∆h = ±<br />

3000<br />

gewirkt werden. A<br />

∆A = ±<br />

3000<br />

= ±0,33 mm/m x h<br />

= ±0,33 mm/m x A<br />

Riegelschieflage ∆RS = ±<br />

L<br />

2000<br />

= ±0,50 mm/m x L<br />

über<br />

20.000<br />

Bei Gegenüberstellung der Grenzabmaße<br />

wird deutlich, dass zur Einhaltung der schärferen<br />

Toleranzanforderungen auch ein höherer<br />

Anspruch an den Herstellprozess gestellt<br />

wird.<br />

Insbesondere bei geschweißten Kopf- und<br />

Fußplatten mit starken Schweißnähten und<br />

bei Flanschen von Schweißprofilen muss<br />

der Schrumpfung und dem Verzug aus den<br />

Schweißnähten in geeigneter Form entgegen-<br />

2.3.2 Geometrische Toleranzen<br />

für die Kesselgerüstbauteile<br />

Die allgemeinen Toleranzen nach DIN EN ISO<br />

13920 wären hinsichtlich der Bauteile für das<br />

Kesselgerüst viel zu großzügig. Um eine reibungslose<br />

Montage zu sichern, werden hier<br />

für die Fertigung und die Vormontage wesentlich<br />

engere Toleranzen vorgeschrieben.<br />

Toleranzklasse<br />

über<br />

30 bis<br />

120<br />

über<br />

120<br />

bis<br />

400<br />

über<br />

400 bis<br />

1.000<br />

Nennmaßbereich l (in mm)<br />

über Längentoleranzen für über Stützen über und Riegel über<br />

über über<br />

am<br />

1.000<br />

8.000 12.000 16.000 über<br />

bis Einzelbauteil:<br />

2.000 bis 4.000 bis<br />

bis bis bis 20.000<br />

4.000 8.000<br />

2.000<br />

12.000 16.000 20.000<br />

Grenzabmaße t (in mm)<br />

E<br />

G<br />

Bauteil<br />

0,5<br />

1,5<br />

1 1,5 2 3 4 5 6<br />

Toleranzen in Abhängigkeit von den Längenmaßen<br />

3 5,5 9 11 Längenmaße 16 (mm) 20 22<br />

� 6.000 > 6.000 - � 12.000 > 12.000<br />

7<br />

25<br />

8<br />

25<br />

Stützen ± 1,0 ± 1,5 ±2,0<br />

Riegel +0 / -2 +0 / -3 +0 / -4<br />

Toleranzen in Abhängigkeit von den Längenmaßen<br />

Bauteil<br />

• 6.000<br />

Längenmaße (mm)<br />

> 6.000 - • 12.000 > 12.000<br />

Stützen ± 1,0 ± 1,5 ±2,0<br />

Riegel +0 / -2 +0 / -3 +0 / -4<br />

Auch die Verdrillung der Kastenprofile ist zu<br />

kontrollieren und darf den Maximalwert von<br />

± 0,33 mm/m nicht überschreiten.<br />

Toleranzen für den vormontierten Zustand:<br />

Bezeichnung Toleranzen<br />

Riegelanschlusshöhe ∆H = ±<br />

H<br />

4000<br />

= ±0,25 mm/m x H<br />

Riegelabstand ∆h = ±<br />

h<br />

3000<br />

= ±0,33 mm/m x h<br />

Stützabstand ∆A = ±<br />

A<br />

3000<br />

= ±0,33 mm/m x A<br />

Riegelschieflage ∆RS = ±<br />

L<br />

2000<br />

= ±0,50 mm/m x L<br />

2.3.3 Schweißnahtprüfungen<br />

Gegenüber den Prüfanforderungen nach DIN<br />

18800-7, Kapitel 12, ergeben sich aus der<br />

Kundenspezifikation folgende Zusatzanforderungen:<br />

1. Oberflächenrissprüfungen (Magnetpulverprüfungen)<br />

an 20 % aller Kehlnähte und<br />

HY/DHY-Nähte, 10 % aller durchgeschweißten<br />

Nähte, 100 % aller Hebeösen.<br />

2. UT- oder RT-Prüfungen an 10 % aller HV/<br />

DHV- Nähte und an 100 % aller durchgeschweißten<br />

Stumpfstöße – unabhängig<br />

von der Nahtauslastung.<br />

3. Bewertung der Schweißnahtqualität nach<br />

Bewertungsgruppe »B« der DIN EN ISO<br />

5817 für Kesselgerüst, Kesseldeckenträger,<br />

alle Stumpfnähte. Bewertungsgruppe »C«<br />

nur für Bühnenträger und leichten Stahlbau.<br />

Insbesondere an schlecht zugänglichen<br />

Schweißnahtenden und Blechumschweißungen<br />

können selbst bei geübter Handhabung<br />

kleine Nahtunregelmäßigkeiten entstehen,<br />

die bei Durchführung der MT-Prüfung zu<br />

Scheinanzeigen führen. Werden diese Anzeigen<br />

durch den Prüfer rein theoretisch und<br />

ohne den notwendigen Praxisbezug bewertet,<br />

kommt es zu vermeidbaren Kontroversen<br />

über die Zulässigkeit der Anzeige sowie zu<br />

unnötiger Nacharbeit.<br />

Bild 3: MT-Prüfung an einer Schweißnaht<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

Um den Prüfprozess effizient zu gestalten,<br />

haben wir uns dazu entschlossen, mehrere eigene<br />

Mitarbeiter zu zertifizierten VT- und MT-<br />

Prüfern ausbilden zu lassen und diese ständig<br />

weiterzuqualifizieren.<br />

Dr.-Ing. P. Schäfer, Produktionsleiter der Donges SteelTec GmbH Seite 14 von 14<br />

Dipl.-Ing. A. Lieber, Leiter Qualitätsmanagement der Donges SteelTec GmbH


2.3.4 Logistische Anforderungen<br />

zur Abnahme<br />

Eine besondere Herausforderung an Produktion,<br />

Produktionsplanung und Qualitätsmanagement<br />

im Stahlbaubetrieb entsteht durch<br />

die Forderung der Abnahmebereitschaftsmeldungen,<br />

die jeweils zehn Tage vor dem<br />

kommenden Abnahmetermin an den Kunden<br />

verschickt werden müssen.<br />

Dabei erfolgt eine Abnahmebereitschaftsmeldung<br />

zehn Tage vor dem geplanten Ende<br />

des Schweißprozesses und eine weitere ca.<br />

8–10 Tage vor dem Ende der Beschichtung.<br />

Zum Abnahmetag<br />

– sollen alle angemeldeten Bauteile (bis zu<br />

100 Bauteile am Tag) von der werkseigenen<br />

Produktionskontrolle bereits abgenommen<br />

sein und gut zugänglich zur Prüfung durch<br />

den Abnahmeinspektor vorgestellt werden,<br />

– müssen alle erforderlichen Bauteil- und<br />

Schweißnahtprüfungen abgeschlossen,<br />

protokolliert und dokumentiert sein,<br />

– muss der Abnahmeinspektor des Kunden<br />

betreut werden,<br />

– muss der IRN (Inspection Release Note) vorbereitet<br />

sein und unterschrieben werden.<br />

Für die Abnahme der Beschichtung müssen<br />

zusätzlich alle erforderlichen Korrosionsschutzprüfungen<br />

abgeschlossen, protokolliert<br />

und dokumentiert sein.<br />

Alle Bauteile mit einem Bauteilgewicht<br />

> 10 kg müssen durch einen IRN belegt sein.<br />

Erst danach darf die Auslieferung der Bauteile<br />

erfolgen.<br />

2.3.5 Anforderungen an die Qualitätssicherung<br />

auf der Baustelle<br />

Auf der Baustelle muss die Qualitätssicherung<br />

dafür sorgen, dass folgende Anforderungen<br />

erfüllt werden:<br />

1. Jeder Schweißer muss unabhängig von<br />

einer gültigen Schweißerprüfung eine Arbeitsprobe<br />

schweißen.<br />

2. Jede Schweißarbeit ist beim Kunden anzumelden<br />

und von diesem schriftlich zu<br />

genehmigen.<br />

3. Für jede Schweißnaht muss eine WPS erstellt<br />

werden, die vom Kunden geprüft und<br />

freigegeben wird und die der Schweißer<br />

mit sich führen muss.<br />

4. Jede ZfP ist beim Kunden anzumelden und<br />

im Beisein des Kunden durchzuführen.<br />

5. Die Dokumentation muss jederzeit für den<br />

Kunden einsichtig sein.<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Bild 4: RASI-Chart<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

3 Wesentliche Prozesse im Rahmen<br />

des Qualitätsmanagements<br />

3.1 Verantwortungsstruktur<br />

in der Projektabwicklung<br />

Im Rahmen des QM-Systems wurden die<br />

Verantwortlichkeiten für die einzelnen<br />

Prozesse der Projektabwicklung festgelegt.<br />

Bild 4 zeigt einen kleinen Ausschnitt aus einer<br />

umfangreichen Verantwortlichkeitsmatrix<br />

(RASI-Chart).<br />

Zerstörungsfreie�<br />

Prüfungen<br />

VT�Prüfung<br />

(Schweißnaht)<br />

MT�Prüfung<br />

PT�Prüfung<br />

UT�Prüfung<br />

RT�Prüfung<br />

Prüfung�ZfP�Protokolle�<br />

Bild 5: Aufgaben der QS im Werk<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

Zerstörungsfreie�<br />

Prüfungen<br />

VT�Prüfung<br />

MT�Prüfung<br />

PT�Prüfung<br />

UT�Prüfung<br />

LT�Prüfung<br />

(RT�Prüfung)<br />

QS�Werk�Darmstadt<br />

QS�Prüfungen� Schweißaufsicht<br />

Wareneingangs�<br />

prüfung<br />

Sichtprüfung<br />

(Bauteil)<br />

Bauteilvermessung<br />

Korrosionsschutz�<br />

prüfung<br />

Bild 6: Aufgaben der QS auf der Baustelle<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

3.2 Verantwortungsstruktur<br />

im Bereich QM / QS<br />

Alle qualitätssichernden Aufgaben im Werk<br />

Darmstadt, auf den Montagebaustellen und<br />

bei den Fremdfertigungsbetrieben sind dem<br />

Leiter des Qualitätsmanagements zugeordnet<br />

und von ihm und seinen Mitarbeitern<br />

durchzuführen. Dies ist insbesondere die<br />

werkseigene Produktionskontrolle bis hin zur<br />

Bauteilabnahme und Dokumentation.<br />

Bild 5 zeigt die umfangreichen Aufgaben der<br />

QS im Werk Darmstadt, Bild 6 die Aufgaben<br />

auf der Baustelle.<br />

39<br />

Prüfung�Vorwärm�<br />

temperaturen<br />

Prüfung�Schweißnaht�<br />

vorbereitung<br />

Prüfung�Schweiß�<br />

parameter<br />

Schweißerprüfungen<br />

Dokumentation�<br />

Materialzeugnis�<br />

prüfung<br />

Materialrück�<br />

verfolgung<br />

Zeichnungsprüfung Verfahrensprüfungen<br />

UT�/RT�Protokolle<br />

QS�Baustelle<br />

QS�Prüfungen� Schweißaufsicht<br />

Bauteilvermessung<br />

Korrosionsschutz�<br />

prüfung<br />

Schweißerschulungen<br />

Schweißtechnische<br />

Zeichnungsprüfung<br />

Prüfung�Vorwärm�<br />

temperaturen<br />

Prüfung�Schweißnaht�<br />

vorbereitung<br />

Prüfung�Schweiß�<br />

parameter<br />

Arbeitsproben<br />

Schweißer<br />

Erstellen�WPS<br />

Dokumentation�<br />

VT�Protokolle<br />

MT�/�PT�Protokolle<br />

Vermessungsprotokolle<br />

Korrosionsschutz�<br />

protokolle<br />

Verschraubungs�<br />

protokolle<br />

Materialrück�<br />

verfolgung<br />

VT�Protokolle<br />

MT�/�PT�Protokolle<br />

UT�/�RT�Protokolle<br />

Vermessungsprotokolle<br />

Korrosionsschutz�<br />

protokolle


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

40<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

3.3 Montageplanung und Festlegung<br />

einer Montageabrufstruktur<br />

Für den Erfolg des Bauvorhabens sind die<br />

frühzeitige und ganzheitliche Montageplanung<br />

und die Strukturierung der gesamten<br />

Stahlkonstruktion in kleinere Montageabrufeinheiten<br />

ein unbedingtes Muss. Alle<br />

Leistungen innerhalb der Projektabwicklung<br />

werden anhand solcher Montageabruflisten<br />

terminlich geplant und gesteuert. Bild 7 zeigt<br />

beispielhaft einen Ausschnitt aus der Montageabrufliste<br />

des Luvo-Hauses und den terminlichen<br />

Stand der jeweiligen Abrufe.<br />

Auftr.-Nr.: 20052 GB: K<br />

Terminplanung: zzz<br />

Datum: 12.07.10<br />

Projekt: Maasvlakte: Luvo Pl: xxx<br />

KW 28<br />

Gewicht: ca. 3200 t TB: yyy<br />

Wenn nicht anders bezeichnet, sind Termine Endtermine<br />

Mont.-abr. /<br />

Baugr.<br />

Zeichnung<br />

Benennung<br />

t<br />

Anford.<br />

Material<br />

Bestelltermin<br />

Liefertermin<br />

Zeichnungen<br />

Externes<br />

Büro<br />

AV- Bearbei-<br />

TB-<br />

Halle<br />

tung<br />

Freigabe<br />

PMZ PMH PMB<br />

76 Bühnenträger 35 erl erl erl erl erl erl 3 erl erl erl erl 02. 11<br />

77 Bühnenträger 36 erl erl erl erl erl erl 5 erl erl erl erl 08. 11<br />

78 Bühnenträger 36 erl erl erl erl erl erl 3 erl erl 20. 07 08. 08 08. 11<br />

79 Bühnenträger 36 erl erl erl erl erl erl 3 erl 12. 07 26. 07 12. 08 12. 11<br />

80 Bühnenträger 36 erl erl erl erl erl erl 4 12. 07 16. 07 30. 07 12. 08 12. 11<br />

90 Gerüstkonstruktion Achse F 90 erl erl erl erl erl erl 4 erl 20. 07 03. 08 12. 08 12. 11<br />

89 Gerüstkonstruktion Achse E1/E2 9 erl erl erl erl erl erl 15. 07 22. 07 05. 08 17. 08 17. 11<br />

94 Bühnenträger 39 erl erl erl erl erl erl 16. 07 26. 07 09. 08 17. 08 17. 11<br />

88 Gerüstkonstruktion Achse D 5 erl erl erl erl erl erl 19. 07 30. 07 13. 08 22. 08 22. 11<br />

87 Gerüstkonstruktion Achse B 27 erl erl erl erl erl erl 21. 07 03. 08 17. 08 24. 08 24. 11<br />

93 Bühnenträger 41 erl erl erl erl erl erl 23. 07 07. 08 21. 08 24. 08 24. 11<br />

85 Gerüstkonstruktion Reihe 15 24 erl erl erl erl erl 13. 07 27. 07 11. 08 22. 08 26. 08 26. 11<br />

96 Bühnenträger 71 erl erl erl erl erl 17. 07 31. 07 15. 08 24. 08 26. 08 26. 11<br />

84 Gerüstkonstruktion Reihe 4 23 erl erl erl erl erl 19. 07 02. 08 18. 08 26. 08 29. 08 29. 11<br />

86 Gerüstkonstruktion Achse A 42 erl erl erl erl erl 22. 07 05. 08 20. 08 28. 08 29. 08 29. 11<br />

95 Bühnenträger 69 erl erl erl erl erl 25. 07 08. 08 22. 08 01. 09 02. 09 02. 12<br />

Bild 7: Ausschnitt aus einer Montageabrufliste<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

Fertigung<br />

Versand<br />

Montagebeginn<br />

Die Termine der Montageabruflisten dienen<br />

gleichzeitig als Grundlage für die Abnahmebereitschaftsmeldungen<br />

nach Kap. 2.3.4.<br />

3.4 Produktions- und Terminplanung<br />

Durch terminliche Zusammenfügung aller<br />

Montageabruflisten wird die Gesamtkapazität<br />

des Betriebs wöchentlich mit dem Bedarf<br />

abgeglichen. Mögliche Abweichungen vom<br />

Plan werden sofort sichtbar und können<br />

durch geeignete Maßnahmen korrigiert werden.<br />

Zerstörungsfreie�<br />

Prüfungen�<br />

VT�Prüfung�<br />

(Schweißnaht)�<br />

MT�Prüfung�<br />

UT�Prüfung�<br />

PT�Prüfung�<br />

RT�Prüfung�<br />

QS�Fremdfertiger�<br />

QS�Prüfungen�<br />

Sichtprüfung�<br />

(Bauteil)�<br />

Bauteilvermessung<br />

Korrosionsschutz��<br />

prüfung�<br />

Zeichnungsprüfung<br />

3.5 Lieferantenbeurteilung, -auswahl,<br />

-begleitung und -überwachung<br />

Da nicht alle Konstruktionsteile im eigenen<br />

Werk hergestellt werden können, müssen<br />

leistungsfähige Lieferanten ausgewählt werden,<br />

die die gestellten Anforderungen an das<br />

Produkt kennen und beherrschen. Bei Beurteilung,<br />

Auswahl und Vergabeentscheidung<br />

ist das QM an relevanter Stelle in den Prozess<br />

eingebunden.<br />

Nach der Vergabeentscheidung werden die<br />

Fremdfertigungsbetriebe bei der Abarbeitung<br />

des Auftrags begleitet. Dies umfasst die Terminkontrollen<br />

für alle Abwicklungsschritte,<br />

die Unterstützung bei Fragen zur Technischen<br />

Dokumentation sowie alle Aufgaben der<br />

eigentlichen Qualitätssicherung. Im Rahmen<br />

der Fertigungsüberwachung werden von uns<br />

unabhängige QS-Prüfungen beim Fremdfertigungsbetrieb<br />

durchgeführt.<br />

3.6 Zeichnungsprüfung<br />

Besonders wichtiges Element im Rahmen<br />

des Qualitätsmanagements ist die Zeichnungsprüfung.<br />

Mehrfach musste festgestellt<br />

werden, dass Angaben auf Werkstattzeichnungen<br />

unvollständig, fehlerhaft oder nicht<br />

ausführbar waren. Würde dies nicht im<br />

Vorfeld erkannt und geändert, so käme es<br />

spätestens bei der Herstellung im Werk zu<br />

Nachfragen und Zeichnungsänderungen bzw.<br />

zu Abweichungsberichten oder zu Abnahmeverweigerung<br />

durch den Kunden.<br />

Um diese Problematik frühzeitig zu umgehen,<br />

erhalten alle Konstruktionsbüros<br />

klare Vorgaben bezüglich der Lieferung von<br />

Fertigungsunterlagen. Diese beinhalten z. B.<br />

Festlegungen zu Zeichnungsinhalten, Zeichnungsdarstellung,<br />

Konstruktionsprinzipien,<br />

Schweißnahtausbildung etc.<br />

Die eigentliche Zeichnungsprüfung erfolgt<br />

dann mit Hilfe einer Checkliste und umfasst<br />

die formalen Anforderungen, die Umsetzung<br />

der allgemeinen Anforderungen und der Spezifikation<br />

sowie die fertigungs- und schweißtechnische<br />

Prüfung.<br />

Dokumentation�<br />

VT�Protokolle�<br />

MT�/�(PT)�Protokolle<br />

UT�/�(RT)�Protokolle<br />

Korrosionsschutz��<br />

protokolle�<br />

Bild 8: Aufgaben der QS im Fremdfertigungsbetrieb<br />

© Donges Steeltec GmbH


3.7 Wareneingangsprüfungen<br />

Alle eingehenden Materialien werden bei Wareneingang<br />

mit der Bestellspezifikation abgeglichen.<br />

Bei Stahlmaterial gewährleisten die<br />

Auswahl geeigneter Lieferanten und eine lückenlose<br />

Kontrolle der Materialprüfbescheinigungen,<br />

dass nur für den Verwendungszweck<br />

geeignetes Material zum Einsatz kommt.<br />

Kommen dennoch Zweifel an der Eignung<br />

eines Materials auf, so werden zusätzliche,<br />

eigene Materialprüfungen, z.B. UT, Spektralanalyse<br />

etc., veranlasst und dokumentiert.<br />

Bei Bedarf werden auch Probestücke für<br />

die nachträgliche Ermittlung einer Z-Güte<br />

entnommen. Die Durchführung der dazu<br />

erforderlichen Versuche wird bei externen<br />

Instituten beauftragt.<br />

3.8 Fertigungs- und<br />

Montageanweisungen<br />

Diverse Fertigungs- und Montageanweisungen<br />

wurden projekt- und teils bauteilbezogen<br />

erarbeitet und ergänzen Zeichnungen und<br />

Stücklisten. Nur mit Hilfe dieser Anweisungen,<br />

z. B. zum Bohren von Anschlussbohrungen<br />

in die Kesselgerüststützen, kann sichergestellt<br />

werden, dass der Herstellprozess mit<br />

der geforderten Sorgfalt und Genauigkeit<br />

abläuft und dass das Produkt später den Anforderungen<br />

genügt. Qualität kann nur durch<br />

gut organisierte Prozesse erzeugt werden. Sie<br />

kann nicht nachträglich »erprüft« werden.<br />

3.9 Schulung und Weiterbildung<br />

von Mitarbeitern<br />

Aufgrund der kontinuierlich durchgeführten<br />

Prüfungen und Kontrollen werden auch<br />

Schwachstellen in der Organisation und spezieller<br />

Schulungsbedarf bei den Mitarbeitern<br />

transparent. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern,<br />

dass sie bereit sind, sich den steigenden<br />

Anforderungen anzupassen und Neues<br />

hinzuzulernen. So haben wir beispielsweise<br />

im Bereich der Schweißtechnik ein spezielles<br />

Projekt zur internen praktischen Aus- und<br />

Weiterbildung gestartet, bei dem wir bereits<br />

nach wenigen Monaten eine sehr gute Resonanz<br />

und wirtschaftliche Verbesserungen<br />

erkennen können. Letztendlich sind aber alle<br />

Abteilungen des Unternehmens in den kontinuierlichen<br />

Verbesserungsprozess und das<br />

übergeordnete QM-System eingebunden.<br />

Neues aus Forschung, Entwicklung und Normung<br />

Bild 9: Checkliste für Zeichnungsprüfung<br />

© Donges Steeltec GmbH<br />

4 Schlussfolgerung und Ausblick<br />

1. Ein gut durchdachtes Qualitätsmanagement<br />

ist Voraussetzung dafür, dass alle Anforderungen<br />

an das Produkt sicher erfüllt<br />

werden und dass der Kunde sein Bauwerk<br />

termingerecht in Betrieb nehmen kann.<br />

Wesentlich dabei ist, dass die einzelnen<br />

Prozesse optimal aufeinander abgestimmt<br />

sind und dass ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess<br />

im Unternehmen verankert<br />

ist.<br />

2. Die Durchführung der erforderlichen Planungen,<br />

Kontrollen und Schulungen im<br />

Unternehmen erzeugt Aufwand. Ohne diesen<br />

Aufwand können aber die sehr hohen<br />

Anforderungen nicht dauerhaft und sicher<br />

erfüllt werden.<br />

3. Aufwand schlägt sich auf der Kostenseite<br />

nieder. Die geforderte Qualität im Kraftwerksbau<br />

hat ihren Preis.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

4. Ursprünglich kostengünstiger Einkauf von<br />

Stahlbauleistungen bei Firmen, die nicht in<br />

der Lage sind, die geforderte Qualität zu liefern,<br />

entpuppt sich im Nachhinein als teure<br />

Lösung, da Bauteile verschrottet und ein<br />

zweites Mal gefertigt werden müssen. Bauzeitenverlängerungen<br />

sind nicht selten die<br />

logische Folge aus dieser Vorgehensweise.<br />

Die teils immer noch vorherrschende Vergabepraxis<br />

sollte an dieser Stelle überdacht<br />

werden.<br />

5. Um den Gesamtprozess und die Anforderungen<br />

an den Stahlbau zu vereinheitlichen,<br />

wurde die Fachgemeinschaft Kraftwerksbau<br />

im Deutschen Stahlbau-Verband<br />

gegründet. An den Sitzungen der Fachgemeinschaft<br />

nehmen Anlagenbetreiber, Anlagenbauer,<br />

Stahlbauer und Planungsbüros<br />

teil. Weitere Interessenten sind herzlich<br />

eingeladen.<br />

41


<strong>Deutscher</strong> <strong>Stahlbautag</strong><br />

7.–8. Oktober 2010 in Weimar<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>Deutscher</strong> Stahlbau-Verband DSTV<br />

Sohnstr. 65<br />

40237 Düsseldorf<br />

Tel.: 02 11/670 78 00<br />

Fax: 02 11/670 78 20<br />

www.deutscherstahlbau.de<br />

contact@deutscherstahlbau.de<br />

Verlag<br />

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />

mit<br />

MixedMedia Konzepts<br />

Biebricher Allee 11 b<br />

65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 06 11/98 12 92-0<br />

Fax: 06 11/80 12 52<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

Chefredaktion:<br />

Dipl.-Ing. Michael <strong>Wiederspahn</strong><br />

Satz/Layout<br />

Birgit Siegel<br />

Druck<br />

Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />

Ginsheim-Gustavsburg<br />

Schutzgebühr<br />

15 €<br />

Copyright<br />

Der Tagungsband und alle in ihm enthaltenen Beiträge<br />

und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde<br />

Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Tagungsbandes darf<br />

ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner<br />

Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare<br />

Sprache übertragen werden.<br />

Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine<br />

Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar.<br />

Beilagen<br />

Die Gesamtauflage beinhaltet eine Beilage<br />

der Firma Carl Spaeter.<br />

42


Ad hoc<br />

laden wir zu einer Veranstaltung<br />

FLUGHAFENBAU<br />

national und international<br />

nach Frankfurt am Main ein.<br />

Am Dienstag, dem 26. Oktober 2010, werden wir im<br />

Steigenberger Airport-Hotel mit der Fraport AG nicht<br />

nur den Frankfurter Flughafen mit den großen Neu- und<br />

Ausbauprojekten (Rollbrücken, Start- und Landebahnen,<br />

Terminals usw.) erläutern und vorstellen, sondern vor allem<br />

auch Planer, wie z. B. JSK Architekten, in Vorträgen erleben.<br />

Ein besonderes Highlight wird sicher auch das Referat<br />

»Ausbau und Weiterbau des Internationalen Airports<br />

Charles de Gaulle« sein. Das vortragende Büro entwickelt<br />

und baut weltweit internationale Airports.<br />

Darüber hinaus erläutern Unternehmen, wie Max Bögl<br />

und Eiffel Stahltechnologie Deutschland, Ausführung und<br />

Umsetzung komplexer Projekte.<br />

Und last but not least laden wir am darauffolgenden Tag,<br />

Mittwoch, dem 27.10.2010, zu einer geführten Besichtigung<br />

der am Flughafen Frankfurt in Realisierung befi ndlichen<br />

Vorhaben ein. Dazu gehört natürlich auch das »The Squaire«<br />

(früher Airrail Center).<br />

Unter www.mixedmedia-konzepts.de<br />

bzw. www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

sind genaue Informationen wie<br />

Themenplan, Referentenverzeichnis,<br />

Anmeldemodalitäten und<br />

Teilnehmergebühren zu erhalten.<br />

Wir freuen uns auf Sie.<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts


MSH-Profile - das Original!<br />

Mannesmann-Stahlbau-Hohlprofile<br />

aus dem Hause VALLOUREC &<br />

MANNESMANN TUBES inspirieren<br />

seit Jahrzehnten führende<br />

Architekten weltweit zu gewagten,<br />

innovativen Werken. Es sind nicht<br />

nur die hohe Qualität oder die be-<br />

sonders glatten Oberflächen und die<br />

größte Auswahl an Abmessungen,<br />

auch unser technischer Support<br />

spricht für das Original. Wir beglei-<br />

ten mit unserer Erfahrung und<br />

unserem Know-how Ihr Bauwerk:<br />

von der Projektierung über die Just<br />

in Time-Lieferung – bis hin zum<br />

After Sales Service und sind Ihr<br />

verlässlicher Partner, wenn es um<br />

tragfähige wirtschaftliche Lösungen<br />

geht. Profitieren Sie von unserer<br />

Kompetenz und unserer weltweiten<br />

Präsenz.<br />

Allianz Arena, München<br />

Sprechen Sie mit uns:<br />

VALLOUREC & MANNESMANN TUBES<br />

Theodorstraße 90<br />

40472 Düsseldorf<br />

Tel: 0211-960 3580<br />

Fax: 0211-960 2345<br />

E-Mail: info.service@vmtubes.de<br />

www.vmtubes.com

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!