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Spezifikationsbericht E-Procurement

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<strong>Spezifikationsbericht</strong><br />

„E-<strong>Procurement</strong>“<br />

Von<br />

Landeshauptstadt Magdeburg<br />

KID Magdeburg GmbH<br />

Im Rahmen der Initiative<br />

MEDIA@Komm-Transfer<br />

Gefördert vom<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

Koordiniert und unterstützt von<br />

Transferagentur MEDIA@Komm-Transfer<br />

Capgemini Deutschland GmbH<br />

Oktober 2006


IMPRESSUM<br />

Impressum<br />

Dieser Bericht ist Teil der Veröffentlichungsreihe „<strong>Spezifikationsbericht</strong>e“ im Rahmen des Projekts<br />

MEDIA@Komm-Transfer, das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

im Zeitraum Frühling 2004 bis Herbst 2006 gefördert wurde.<br />

Herausgeber:<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

Referat P3 – Öffentlichkeitsarbeit –<br />

www.bmwi.de<br />

Download:<br />

www.mediakomm-transfer.de<br />

Redaktion:<br />

Transferkommune Magdeburg, Marco Hauffe, KID Magdeburg GmbH, Bereichsleiter Anwendungen,<br />

Angela Kreutziger, Landeshauptstadt Magdeburg<br />

Transferkommune Berlin, Joachim Eckert, Senatsverwaltung für Inneres, Abteilung Zentraler<br />

Service, Frau Prof. Dr. Margrit Falck, Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege<br />

Berlin<br />

Unterstützt durch Transferagentur MEDIA@Komm-Transfer, Anna-Jelena Krüger, Capgemini<br />

Deutschland GmbH, Public Services<br />

Qualitätsgesichert durch Dr. Norbert Niemeier (Projektleiter) und Ricarda König, Capgemini<br />

Deutschland GmbH, Public Services<br />

Design und Umsetzung Inhalt:<br />

Graphic Services, Capgemini Deutschland GmbH<br />

Stand: Oktober 2006<br />

2 von 64


VORWORT<br />

Vorwort<br />

An der Nahtstelle von Staat, Wirtschaft und Bürger sind leistungsfähige Kommunen<br />

ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. In Verbindung<br />

mit einer Optimierung der Prozesse bietet der Einsatz von E-Government-<br />

Lösungen ein hohes Potenzial für Verbesserungen. So können kommunale Aufgaben<br />

effizienter erbracht werden. Die Qualität und Transparenz der Dienste kann gesteigert<br />

werden. Der Kontakt zu Bürgern und Wirtschaft wird verstärkt. Erweiterte Dienstleistungen<br />

werden möglich.<br />

Anders als auf den Ebenen von Bund und Ländern mit ausgeprägten E-Government-<br />

Initiativen stehen die ca. 12.000 Kommunen und Kreise vor der großen Aufgabe, geeignete<br />

Lösungen mit beschränktem Know-how und Ressourcen bereitzustellen. Mit<br />

dem Förderprogramm MEDIA@Komm hat das Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Technologie (BMWi) in den Jahren 1999 bis 2003 die Entwicklung von rechtssicherem<br />

kommunalem E-Government maßgeblich vorangetrieben. Wichtige Standards für<br />

Dienste der öffentlichen Verwaltung (OSCI) mit großer Bedeutung auch für Bund und<br />

Länder (SAGA, KoopA ADV) sind entstanden.<br />

Mit MEDIA@Komm-Transfer hat das BMWi seine Aktivität zum E-Government in den<br />

Jahren 2004 bis 2006 fortgeführt. Zentrale Handlungsfelder waren Harmonisierung,<br />

Verbreitung und Internationalisierung. Getragen wird MEDIA@Komm-Transfer von<br />

20 Transferkommunen, die in einem Wettbewerb aus mehr als 100 Interessenten<br />

ausgewählt wurden, und der Transferagentur, die vom BMWi mit der zentralen Koordination<br />

beauftragt wurde.<br />

Die Transferkommunen haben 24 mit Blick auf E-Government besonders relevante<br />

kommunale Themen ausgewählt und in enger Abstimmung untereinander sowie in<br />

eigener Regie erarbeitet. Die Ergebnisse liegen nun in Form von <strong>Spezifikationsbericht</strong>en<br />

vor. In diesen Berichten wurden strategische, technische, funktionale und organisatorische<br />

Anforderungen an E-Government untersucht. Den Transferkommunen,<br />

die diese Themen mit hohem Einsatz bearbeitet haben, und den Experten der<br />

Qualitätssicherung gilt ein besonderer Dank.<br />

Die in den <strong>Spezifikationsbericht</strong>en zusammengetragenen Anforderungen, Verfahren,<br />

Vorgehensweisen und Erfahrungen stehen allen Akteuren für eigene weitere Schritte<br />

in das E-Government zur Verfügung. Aufgezeigter Nutzen und Wirtschaftlichkeit der<br />

harmonisierten Verfahren machen deutlich, dass E-Government sich lohnt für Verwaltung,<br />

Wirtschaft und Bürger. Als Leitfäden sollen diese <strong>Spezifikationsbericht</strong>e Impulse<br />

für den Transfer und die Verbreitung des eGovernment in Deutschland geben<br />

und helfen, bisherige Zurückhaltung in der Umsetzung zu überwinden.<br />

Ein Erfolgsfaktor von MEDIA@Komm-Transfer waren Netzwerke und Kooperationen,<br />

die zwischen Kommunen und zwischen Staat und Wirtschaft geknüpft wurden. Jetzt<br />

kommt es darauf an, dass die Akteure und Netzwerke (Kommunen, Datenzentralen<br />

und Softwareunternehmen, Deutschland-Online, kommunale Spitzenverbände, Ver-<br />

3 von 64


VORWORT<br />

bände der Wirtschaft, Initiative D21) die angestoßenen Entwicklungen weiterführen<br />

und für möglichst flächendeckende Breitenwirksamkeit sorgen. Denn E-Government<br />

entwickelt sich mehr und mehr zu einem wesentlichen Standortfaktor im globalen<br />

Wettbewerb.<br />

Berlin, im Oktober 2006<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

4 von 64


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Impressum.................................................................................................................. 2<br />

Vorwort ....................................................................................................................... 3<br />

Inhaltsverzeichnis...................................................................................................... 5<br />

Abbildungsverzeichnis.............................................................................................. 7<br />

Tabellenverzeichnis................................................................................................... 8<br />

Abkürzungsverzeichnis............................................................................................. 9<br />

1 Einleitung.......................................................................................................... 11<br />

1.1 Ziele und Inhalte der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e........................................... 11<br />

1.2 Gegenstand und Bearbeiter des <strong>Spezifikationsbericht</strong>s „E-<br />

<strong>Procurement</strong>“.......................................................................................... 13<br />

2 Harmonisierung im Rahmen der Initiative MEDIA@KommTransfer ........... 15<br />

3 Beschreibung des Verfahrens „E-<strong>Procurement</strong>“......................................... 18<br />

3.1 Definition und Funktionalität ................................................................... 18<br />

3.2 Einsatzfelder........................................................................................... 19<br />

3.3 Nutzen für verschiedene Nutzergruppen................................................ 19<br />

3.4 Wirtschaftlichkeit .................................................................................... 21<br />

3.5 Gesetzliche Vorgaben ............................................................................ 22<br />

4 Spezifikation des Verfahrens „E-<strong>Procurement</strong>“........................................... 24<br />

4.1 Organisatorische Anforderungen ........................................................... 24<br />

4.2 Der Prozess der Vergabe....................................................................... 26<br />

4.3 Funktionale Anforderungen .................................................................... 33<br />

4.3.1 Sicherstellung der Funktionalität des Verfahrens ................... 36<br />

4.3.2 Verfügbarkeit .......................................................................... 36<br />

4.3.3 Dokumentation ....................................................................... 37<br />

4.4 Technische Anforderungen .................................................................... 37<br />

4.4.1 Schnittstellen und Integration ................................................. 38<br />

4.4.2 Mindestanforderungen an den Arbeitsplatz............................ 39<br />

4.5 Anforderungen an die Sicherheit............................................................ 40<br />

4.5.1 Datenschutz............................................................................ 40<br />

4.5.2 Datensicherheit/IT-Sicherheit ................................................. 41<br />

5 Praxisbeispiele aus den Transfer-kommunen............................................... 47<br />

5.1 Landeshauptstadt Magdeburg................................................................ 47<br />

5 von 64


INHALTSVERZEICHNIS<br />

5.2 Land Berlin ............................................................................................. 50<br />

Literaturverzeichnis................................................................................................. 55<br />

Anhang 1 – Schutzbedarfsfeststellung.................................................................. 56<br />

Anhang 2 – Kriterienkatalog für Softwarelösungen zur elektronischen<br />

Vergabe, Stand April 2003............................................................................... 61<br />

6 von 64


ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Charakterisierung der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e ....................................... 12<br />

Abbildung 2: Der Beitrag der Harmonisierungsvorhaben zur Fortentwicklung des E-<br />

Governments ............................................................................................................. 16<br />

Abbildung 3: Der Prozess der Vergabe ..................................................................... 27<br />

Abbildung 4: Teilprozess 1 – Vergabe- und Beschaffungsstrategie .......................... 28<br />

Abbildung 5: Teilprozess 2 – Marktkunde.................................................................. 29<br />

Abbildung 6: Teilprozess 3 – Vergabevorlauf ............................................................ 30<br />

Abbildung 7: Teilprozess 4 - Durchführung der Vergabe (1/2) .................................. 31<br />

Abbildung 8: Teilprozess 4 - Durchführung der Vergabe (2/2) .................................. 32<br />

Abbildung 9: Teilprozess 5 - Administration............................................................... 33<br />

Abbildung 10: Technisches Systemkonzept .............................................................. 38<br />

Abbildung 11: Anmeldung Magdeburger Vergabeplattform....................................... 48<br />

Abbildung 12: Übersicht über laufende Vergabeprojekte .......................................... 49<br />

Abbildung 13: Angebotsübersicht .............................................................................. 49<br />

Abbildung 14: Vergabe- und Beschaffungswesen im Land Berlin (Prozesslandkarte)<br />

................................................................................................................................... 52<br />

Abbildung 15: Vergabe- und Beschaffungswesen im Land Berlin (Rollenmodell)..... 54<br />

7 von 64


TABELLENVERZEICHNIS<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Schutzbedarfsklassen ............................................................................... 56<br />

Tabelle 2: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Vertraulichkeit ............. 58<br />

Tabelle 3: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Integrität...................... 58<br />

Tabelle 4: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Authentizität und Nicht-<br />

Abstreitbarkeit der übertragenen Daten..................................................................... 59<br />

Tabelle 5: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Authentizität der<br />

Kommunikationspartner............................................................................................. 59<br />

Tabelle 6: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Vertraulichkeit ............. 60<br />

Tabelle 7: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Vertraulichkeit ............. 60<br />

Tabelle 8: Tabelle zur Auswahl eines Vergabeproduktes (Quelle: KGSt) ................. 64<br />

8 von 64


ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

BITV Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung<br />

BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (vor September<br />

2005 BMWA)<br />

BSI Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

bzgl. bezüglich<br />

bzw. beziehungsweise<br />

d. h. das heißt<br />

DIN Deutsches Institut für Normung<br />

EDV Elektronische Datenverarbeitung<br />

E-Government Electronic Government<br />

E-Mail Electronic Mail<br />

EN Europanorm<br />

etc. et cetera<br />

EVB-IT Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von Informationstechnologie<br />

ggf. gegebenenfalls<br />

GIS Geografisches Informations-System<br />

GPRS General Packet Radio Service<br />

GSM Global System for Mobile communication<br />

GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />

HTML Hyper Text Markup Language<br />

ID Identity<br />

IEC International Electrotechnical Commission<br />

ISIS-MTT Industrial Signature Interoperability Specification MailTrusT-<br />

Standard<br />

ISO International Standardization Organization<br />

IT Informationstechnik /-technologie<br />

IuK Information und Kommunikation<br />

9 von 64


ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

KGSt Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement<br />

o. g. oben genannt<br />

OSCI Online Services Computer Interface<br />

PC Personal Computer<br />

PCMCIA Personal Computer Memory Card International Association<br />

PDA Personal Digital Assistant<br />

PKI Public Key Infrastructure<br />

SAGA Standards und Architekturen für E-Government<br />

SchwbG Schwerbehinderten Gesetz<br />

SMS Short Message Service<br />

sog. so genannt<br />

u. a. unter anderem<br />

URL Uniform Resource Locators<br />

usw. und so weiter<br />

VGG Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz<br />

VgV Vergabeverordnung<br />

VOL Verdingungsordnung für Leistungen<br />

VPN Virtual Private Network<br />

VSV Vorschriftensammlung<br />

WCAG Web Content Accessibility Guidelines<br />

WIMP Windows, Icons, Menus, Pointing devices<br />

X-ÖV Zusammenfassung der verschiedenen, fachlich orientierten Standards<br />

für den interoperablen Datenaustausch im E-Government<br />

z. B. zum Beispiel<br />

10 von 64


EINLEITUNG<br />

1 Einleitung<br />

Die Initiative MEDIA@Komm-Transfer des Bundesministeriums für Wirtschaft und<br />

Technologie verfolgt das Ziel, E-Government auf kommunaler Ebene zu fördern. Ein<br />

Netzwerk von zwanzig Transferkommunen erarbeitete Ansätze im nationalen und<br />

internationalen Bereich, wie kommunales E-Government weiterentwickelt werden<br />

kann. Hierbei wurden sie von der Transferagentur unterstützt, die durch Capgemini<br />

Deutschland gestellt wird.<br />

Die Initiative MEDIA@Komm-Transfer ist in drei Aufgabenbereiche untergliedert (nähere<br />

Informationen siehe Kapitel 2):<br />

• Harmonisierung: Ziel der Harmonisierung war es, Anforderungen an kommunales<br />

E-Government über regionale Grenzen hinweg zu bestimmen und zu dokumentieren.<br />

Die Transferkommunen haben sich hierfür in Arbeitsgruppen zusammengefunden<br />

und mit Unterstützung der Transferagentur zu einzelnen Themenstellungen<br />

<strong>Spezifikationsbericht</strong>e erarbeitet, die ein wesentliches Ergebnis der Initiative<br />

MEDIA@Komm-Transfer darstellen.<br />

• Verbreitung: Die in den Transferkommunen vorliegenden Erfahrungen und die<br />

Ergebnisse der Harmonisierung wurden auf zentralen und regionalen Veranstaltungen<br />

einem breiten Publikum vorgestellt und in individuellen Workshops mit interessierten<br />

Kommunen diskutiert. So wurde eine breite Öffentlichkeit für das<br />

Thema kommunales E-Government erreicht.<br />

• Internationale Kooperation: Weiteres Ziel war es, auch auf internationaler Ebene<br />

kommunales E-Government aus Deutschland bekannt zu machen und mit internationalen<br />

Initiativen zu vernetzen. Kooperationen wurden insbesondere im<br />

Bereich der EU und Osteuropa etabliert.<br />

Bei dem hier vorliegenden Dokument handelt es sich um einen <strong>Spezifikationsbericht</strong><br />

aus dem Aufgabenbereich der Harmonisierung. Im Folgenden werden die Ziele und<br />

Inhalte der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e zunächst allgemein und anschließend bezogen auf<br />

das in diesem Bericht behandelte Verfahren erläutert.<br />

1.1 Ziele und Inhalte der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e<br />

Ein wesentliches Resultat der Arbeiten der einzelnen Vorhaben im Rahmen der Harmonisierung<br />

sind die <strong>Spezifikationsbericht</strong>e. Die <strong>Spezifikationsbericht</strong>e beschreiben<br />

Verfahren und Konzepte mit dem Ziel, eine Harmonisierung innerhalb des kommunalen<br />

E-Governments voranzutreiben (s. Abbildung 1).<br />

11 von 64


EINLEITUNG<br />

Der <strong>Spezifikationsbericht</strong> ist …<br />

• … eine detaillierte Beschreibung<br />

des Verfahrens hinsichtlich<br />

– der Grundmerkmale wie<br />

Funktionalität, Nutzen,<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

– der technischen, funktionalen<br />

und organisatorischen Anforderungen<br />

• … ein Leitfaden zur Handhabung<br />

des Verfahrens in den<br />

Kommunen<br />

* Vgl. KBSt 2005<br />

Abbildung 1: Charakterisierung der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e<br />

• … komplette Beschreibung der<br />

Verfahren<br />

• … Charakterisierung der Verfahren<br />

nach dem SAGA-Prinzip<br />

(Viewpoint etc.) *<br />

Der <strong>Spezifikationsbericht</strong> liefert<br />

keine …<br />

• … komplette Beschreibung der<br />

Verfahren<br />

• … Charakterisierung der Verfahren<br />

nach dem SAGA-Prinzip<br />

(Viewpoint etc.)<br />

• … Standards im Sinne der Festlegung<br />

von Lösungen<br />

• … Anleitung zum Roll-out von<br />

Produkten<br />

*<br />

Der <strong>Spezifikationsbericht</strong> liefert<br />

keine …<br />

• … Standards im Sinne der Festlegung<br />

von Lösungen<br />

• … Anleitung zum Roll-out von<br />

Produkten<br />

Hauptadressaten 1 der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e sind folglich zuerst Kommunen, 2 die<br />

sich damit befassen, die in den <strong>Spezifikationsbericht</strong>en beschriebenen Anwendungen<br />

oder Komponenten des E-Governments einzuführen. Zweite Zielgruppe sind Unternehmen,<br />

die Softwarelösungen für die in den Berichten beschriebenen E-Government-Anwendungen<br />

und -Komponenten entwickeln.<br />

Die <strong>Spezifikationsbericht</strong>e dienen vor allem als Leitfaden. Darüber hinaus sind es Berichte<br />

aus der Praxis mit Fallbeispielen zur Verdeutlichung von abstrakten Anforderungen.<br />

Weiterhin stellen die Transferkommunen ihre Vorgehensweisen zum jeweiligen<br />

Harmonisierungsverfahren vor. Damit wird der pragmatische Charakter der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e<br />

deutlich hervorgehoben.<br />

Die <strong>Spezifikationsbericht</strong>e sind das Ergebnis von interkommunalen Arbeitsgruppen,<br />

in denen die beteiligten Transferkommunen kooperativ zusammengearbeitet haben.<br />

Die Grundlage der Berichte sind die konkreten Entwicklungs- und Implementierungsaktivitäten<br />

der Kommunen, die an der jeweiligen Arbeitsgruppe beteiligt waren. Die<br />

Definition und Konkretisierung der jeweiligen Inhalte der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e erfolgte<br />

gemeinsam mit der Transferagentur. Um die Berichte auf ein solides Fundament<br />

1 In dem vorliegenden Dokument wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gesonderte Nennung beider<br />

Genera verzichtet. Bei Nennung nur einer grammatikalischen Form sind grundsätzlich sowohl weibliche als auch<br />

männliche Personen gemeint.<br />

2 Der Begriff „Kommunen“ wird hier als Oberbegriff für alle kommunalen (Gebiets-)Körperschaften, wie Gemeinden,<br />

Kreise, kreisfreie Städte oder Kommunalverbände mit eigenen Selbstverwaltungsaufgaben, verwendet (vgl. Andersen<br />

1997, S. 174).<br />

12 von 64


EINLEITUNG<br />

zu stellen, wurden diese von Anfang an mit Experten aus Kommunen, Verbänden,<br />

Wissenschaft und Wirtschaft abgestimmt. Hiermit geht die Zielstellung einher, einen<br />

möglichst breiten Konsens herzustellen und somit eine Doppel- oder Parallelarbeit an<br />

Spezifikationen in verschiedenen kommunalen Gremien zu vermeiden. Dies schont<br />

wertvolle Ressourcen und reduziert aufwändige und – aufgrund oftmals verfestigter<br />

Interessenlagen – mühselige Ex-post-Abstimmungen mit ungewissem Ausgang.<br />

Überdies ist im Falle verwaltungsebenen-übergreifender Anwendungen und Verfahren<br />

die frühzeitige Kooperation bei der Erstellung von Spezifikationen zwingend.<br />

Vor diesem Hintergrund wurden die Spezifikationen in allen relevanten Harmonisierungsvorhaben<br />

mit den Vertretern der nationalen Gremien (z. B. TeleTrusT, DIN,<br />

OSCI-Leitstelle) diskutiert und mit den Arbeitsgruppen der Initiative Deutschland-<br />

Online abgestimmt. Außerdem wurde bei der Erarbeitung der Spezifikationen der<br />

Sachverstand der Vertreter der MEDIA@Komm-Regionen Bremen, Esslingen und<br />

des Städteverbundes Nürnberg hinzugezogen, sofern dies inhaltlich geboten schien<br />

und alle Beteiligten dies als sinnvoll ansahen.<br />

1.2 Gegenstand und Bearbeiter des <strong>Spezifikationsbericht</strong>s<br />

„E-<strong>Procurement</strong>“<br />

Unter E-<strong>Procurement</strong> (elektronische Vergabe und elektronische Beschaffung) wird<br />

der Einsatz verschiedener DV-Lösungen zur effizienten und kostengünstigen Abwicklung<br />

des gesamten Vergabe- und Beschaffungsablaufs im Bereich der Öffentlichen<br />

Verwaltung und der Wirtschaft verstanden. E-<strong>Procurement</strong> ist ein Teilbereich von<br />

E-Government.<br />

Die öffentliche Verwaltung in Deutschland ist zurzeit der größte Einkäufer von Gütern<br />

und Dienstleistungen in Europa. Mit einem Anteil von rund 12 Prozent am deutschen<br />

Bruttoinlandsprodukt stellt das öffentliche Auftragswesen eine wichtige Komponente<br />

der jährlichen Wertschöpfung dar. Bund, Länder und Kommunen verfügen jedes Jahr<br />

gemeinsam über ein Auftragsvolumen in Höhe von mehr als 250 Milliarden Euro.<br />

E-<strong>Procurement</strong> besteht aus den zwei Teilprozessen E-Vergabe und E-Beschaffung.<br />

Die Vergabe bezeichnet die Prozesse von der Bedarfsermittlung über die Vorbereitung<br />

einer Ausschreibung und die eventuelle Bieterauswahl, die direkte Durchführung<br />

der Ausschreibung, die nach Ausschreibungsende erforderliche Bewertung der Angebote<br />

bis hin zum Lieferantenmanagement im Sinne der Zuschlagserteilung.<br />

Ein weiterer Teilprozess des E-<strong>Procurement</strong>s ist die Beschaffung. Sie bezeichnet das<br />

Bestellwesen und den Abruf der zuvor ausgeschriebenen oder freihändig vergebenen<br />

Produkte und Dienstleistungen. E-Beschaffung umfasst, wenn man den gesamten<br />

Prozess abbildet, die Suche nach und die Auswahl von geeigneten Lieferanten (oftmals<br />

auf Basis eines Katalogsystems), den internen Genehmigungsprozess, den integrierten<br />

Bestellprozess, die Zahlungsabwicklung und den Wareneingang sowie die<br />

Auswertung der Bestellaktivitäten.<br />

13 von 64


EINLEITUNG<br />

Der vorliegende <strong>Spezifikationsbericht</strong> E-<strong>Procurement</strong> konzentriert sich auf die Beschreibung<br />

der wesentlichen Anforderungen an ein E-Vergabe-System, da der Harmonisierungsbedarf<br />

hier am Größten ist und eine Berücksichtigung des E-Beschaffungsbereiches<br />

den Projektrahmen weit überschritten hätte. E-Beschaffung wird folglich<br />

nur teilweise bei der Prozessbetrachtung angerissen.<br />

Der Bericht gliedert sich in fünf Kapitel. Neben der Einleitung in Kapitel 1 erfolgt in<br />

Kapitel 2 die grundsätzliche Beschreibung der Harmonisierung im Rahmen der Initiative<br />

MEDIA@Komm-Transfer. In Kapitel 3 wird das Verfahren E-<strong>Procurement</strong> anhand<br />

der Definition, der Funktionalität sowie der Einsatzfelder beschrieben. Die Anforderungen<br />

an die Technik, Sicherheit sowie Ergonomie werden in Kapitel 4 betrachtet.<br />

Das Kapitel 5 beschreibt Praxisbeispiele aus den Transferkommunen.<br />

An der Erstellung des vorliegenden <strong>Spezifikationsbericht</strong>s wirkten mit:<br />

• für die federführende Transferkommune Magdeburg:<br />

─ Herr Marco Hauffe, KID Magdeburg GmbH, Bereichsleiter Anwendungen<br />

─ Frau Angela Kreutziger, Landeshauptstadt Magdeburg<br />

• für die Transferkommune Berlin:<br />

─ Herr Joachim Eckert, Senatsverwaltung für Inneres, Abteilung Zentraler Service<br />

─ Frau Prof. Dr. Margrit Falck, Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege<br />

Berlin<br />

• unterstützend von der Transferagentur: Frau Anna-Jelena Krüger, Mitarbeiterin im<br />

Bereich Public Services bei Capgemini, sowie weitere Mitarbeiter.<br />

Die Autoren danken Herrn Stefan Jung von Public One – Governance Consulting aus<br />

Berlin für wertvolle Anregungen und die engagierte Unterstützung bei der Erstellung<br />

dieses <strong>Spezifikationsbericht</strong>es.<br />

14 von 64


HARMONISIERUNG IM RAHMEN DER INITIATIVE<br />

MEDIA@KOMMTRANSFER<br />

2 Harmonisierung im Rahmen der Initiative<br />

MEDIA@KommTransfer<br />

Harmonisierung ist – wie eingangs dargestellt – neben der Verbreitung und der Internationalisierung<br />

eine der drei Hauptaktivitäten der Initiative MEDIA@Komm-Transfer<br />

des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi, vormals Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Arbeit, BMWA).<br />

Diese Initiative ist ein wesentlicher Pfeiler der Bemühungen der Bundesregierung,<br />

eine leistungsfähigere und dabei kostengünstigere öffentliche Verwaltung zu schaffen.<br />

MEDIA@Komm-Transfer unterstützt im Rahmen von Deutschland-Online die<br />

Modernisierung der Kommunalverwaltungen in Deutschland. Ein selbstorganisierter<br />

Prozess der Entwicklung und Verbreitung von E-Government-Verfahren wird in Gang<br />

gebracht, der geeignet ist, Verwaltungsvorgänge zu vereinfachen, die Beteiligungsmöglichkeiten<br />

für die Bürgerinnen und Bürger zu fördern und die Nachfrage bei Hard-<br />

und Softwareherstellern sowie bei Dienstleistern zu erhöhen.<br />

MEDIA@Komm-Transfer soll dazu beitragen, die Entwicklung von E-Government<br />

bundesweit zu beschleunigen und zu harmonisieren sowie die Position des<br />

E-Government-Standorts Deutschland im internationalen Wettbewerb zu verbessern.<br />

Durch die Verknüpfung besonders viel versprechender kommunaler und regionaler<br />

Initiativen zu einem länderübergreifenden E-Government-Netzwerk sollen der Transfer<br />

von Best Practice-Verfahren und von Know-how erleichtert, Standards weiterentwickelt<br />

und Selbstorganisationsprozesse für die weiterführende Verbreitung angestoßen<br />

werden. Gleichzeitig soll die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft intensiviert werden,<br />

damit das Wachstums- und Beschäftigungspotenzial von E-Government genutzt<br />

werden kann. Dies schließt auch die Vertiefung internationaler Kontakte und Kooperationen<br />

zur Förderung der digitalen Integration Europas und die Erschließung neuer<br />

Exportchancen mit ein.<br />

Die zwanzig MEDIA@Komm-Transfer-Kommunen, welche im Jahre 2003 im Rahmen<br />

einer Interessenbekundung von einer unabhängigen Jury, gebildet von Vertretern<br />

der kommunalen Spitzenverbände, 3 des BMWi und der Wissenschaft, ausgewählt<br />

wurden, entwickeln Verfahren und Komponenten. Sie beschreiben diese unter<br />

technischen, funktionalen und organisatorischen Gesichtspunkten.<br />

Zur Unterstützung und Koordination der dezentralen Aktivitäten in den Transferkommunen<br />

wählte das BMWi die Unternehmensberatung Capgemini als Transferagentur<br />

für die mehr als zweijährige Laufzeit des Projekts MEDIA@Komm-Transfer aus.<br />

Die Harmonisierungsvorhaben im MEDIA@Komm-Transfer-Projekt haben eine wesentliche<br />

Bedeutung in der Herausbildung von zukunftsfähigem E-Government, das<br />

3 Die kommunalen Spitzenverbände haben sich beim letzten Wahlgang ihrer Stimme enthalten.<br />

15 von 64


HARMONISIERUNG IM RAHMEN DER INITIATIVE<br />

MEDIA@KOMMTRANSFER<br />

als integriertes, nutzenorientiertes und wirtschaftliches E-Government – fokussiert auf<br />

medienbruchfreie Transaktionen – zu verstehen ist.<br />

Harmonisierung bedeutet, jenseits der historisch gewachsenen, zum Teil gravierend<br />

unterschiedlichen Lösungsansätze, einzelne Verwaltungsverfahren bzw. Komponenten<br />

in ihren wesentlichen Anforderungen zu spezifizieren. Es werden funktionale und<br />

technische Anforderungen sowie die organisatorischen Voraussetzungen zur Gewährleistung<br />

einer rechtsverbindlichen, authentifizierten und sicheren Transaktion<br />

zwischen kommunaler Verwaltung und ihren Kunden ausreichend und detailliert dargestellt.<br />

Nach Maßgabe des in Art. 28a Grundgesetz verbrieften kommunalen Selbstverwaltungsrechts<br />

und des sich daraus ableitenden, spezifisch kommunalen Vergaberechts<br />

können weiterreichende Ziele, wie etwa eine für die Kommunen und Marktteilnehmer<br />

verbindliche Standardisierung von Verfahren und Komponenten, nicht verfolgt werden.<br />

Standardisierungen kann es unter den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen<br />

in Deutschland nur für die Bundesverwaltung und die Landesbehörden in ihrem<br />

rechtlichen Wirkungsbereich geben. So können sich Bundes- und Landesverwaltungen<br />

dazu verpflichten, zur Unterstützung der internen wie externen Aufgabenverrichtung<br />

und Kommunikation standardisierte Verfahren und Produkte beispielsweise<br />

aus der XÖV-Welt zu verwenden. Gegenüber den Kommunen wird es dagegen immer<br />

nur ein Angebot geben, ein einheitliches Verfahren zu nutzen.<br />

Von zentraler Bedeutung ist die Präzisierung unterschiedlicher Themenstellungen in<br />

den <strong>Spezifikationsbericht</strong>en, sei es in technischer, funktionaler oder organisatorischer<br />

Hinsicht. Dies bedeutet, dass durch die <strong>Spezifikationsbericht</strong>e eine Klärung der Semantik<br />

erfolgt. Bestehende Ansätze und Lösungen werden konkret für die Kommunen<br />

beschrieben und ausgearbeitet. Diese können als Richtschnur für das Handeln<br />

der Kommunen dienen. Über spezifische Anpassungen können einzelne Kommunen<br />

die Inhalte der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e auf ihren konkreten Bedarf hin ausrichten (siehe<br />

Abbildung 2).<br />

Leitbild von zukunftsfähigem E-Government<br />

Inhalt der Harmonisierung<br />

Beschreibung der technischen,<br />

funktionalen und<br />

organisatorischen Anforderungen<br />

der Verfahren und<br />

Komponenten des<br />

E-Governments<br />

Ziel<br />

Handlungssicherheit für<br />

Kommunen und<br />

Dienstleister<br />

Zukünftiges Ergebnis<br />

Modernisierung der<br />

Kommunalverwaltung<br />

Klärung der Semantik für<br />

E-Government-Anbieter und<br />

-Nachfrager<br />

Abbildung 2: Der Beitrag der Harmonisierungsvorhaben zur Fortentwicklung des<br />

E-Governments<br />

Weiterhin besteht die Hoffnung, dass die mit den <strong>Spezifikationsbericht</strong>en gegebene<br />

Harmonisierung der Verfahren dazu führen wird, dass Kommunen ihre Ausschreibungen<br />

weitgehend nach diesen harmonisierten Verfahren ausrichten und Softwarehersteller<br />

zunehmend ihre Produkte entsprechend der Verfahrensbeschreibungen<br />

16 von 64


HARMONISIERUNG IM RAHMEN DER INITIATIVE<br />

MEDIA@KOMMTRANSFER<br />

entwerfen bzw. anpassen. Dies ist ein Beitrag, um dem Flickenteppich aus Einzellösungen<br />

durch eine relative Vereinheitlichung der Vorgehensweisen und der Softwareprodukte<br />

– oder zumindest deren Schnittstellen – entgegen zu wirken.<br />

Harmonisierungsaktivitäten bewegen sich strikt im vorwettbewerblichen Raum, dienen<br />

aber dazu, den Wettbewerb transparenter zu gestalten. Harmonisierung trägt<br />

somit dazu bei, das Handlungsfeld für Kommunen wie für Produkt- und Dienstleistungsanbieter<br />

transparent zu gestalten und einen gemeinsamen Bezugsrahmen für<br />

Angebot und Nachfrage zu schaffen.<br />

Was ist nun der Gegenstand der Harmonisierung? Betrachtet werden die technischen,<br />

funktionalen und organisatorischen Anforderungen an das jeweilige Verfahren.<br />

Nur wenn der Datenaustausch aufgrund einheitlicher Protokolle und eindeutiger<br />

semantischer Festlegungen erfolgt, können Transaktionen medienbruchfrei und mit<br />

gegenüber heutigen Verhältnissen erheblich verringertem Aufwand durchgeführt<br />

werden. Zukunftsfähiges E-Government ist ferner nur möglich, wenn die Geschäftsprozesse<br />

innerhalb der Verwaltung und in den Kooperationen mit externen (privaten<br />

oder öffentlichen) Akteuren angepasst sind. Eine wesentliche Aufgabe der <strong>Spezifikationsbericht</strong>e<br />

besteht folglich darin, für die jeweiligen Harmonisierungsvorhaben die<br />

technischen und funktionalen Merkmale der Verfahren bzw. Komponenten zu definieren<br />

und die organisatorischen Voraussetzungen zu identifizieren, die einen Datenaustausch<br />

und einen optimierten Geschäftsprozess möglich machen sowie die Funktionalität<br />

des Verfahrens sicherstellen.<br />

17 von 64


BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

3 Beschreibung des Verfahrens<br />

„E-<strong>Procurement</strong>“<br />

3.1 Definition und Funktionalität<br />

Wie eingangs bereits erwähnt, konzentriert sich der vorliegende Bericht auf die Beschreibung<br />

des Teilbereiches E-Vergabe. Mit einer elektronischen Vergabelösung<br />

wird den öffentlichen Auftraggebern die rechtskonforme elektronische Durchführung<br />

kompletter Vergabeverfahren gemäß der einschlägigen Verdingungsordnungen ermöglicht.<br />

Dabei wird die gesamte Prozesskette von der Vorbereitung über die Bekanntmachung,<br />

Durchführung und Bewertung bis hin zum Zuschlag unterstützt. Die<br />

hohe Wiederverwertbarkeit von Ausschreibungsmustern bzw. Leistungsbeschreibungen<br />

einzelner Komponenten und die rechtskonforme Nutzerführung ermöglichen effiziente<br />

Vergabeverfahren.<br />

Die Zielsetzung, den Vergabeprozess effizienter und effektiver zu gestalten, erfordert<br />

unmittelbar die Einbeziehung von Überlegungen, dies IT-gestützt durchzuführen.<br />

Eine so genannte IT-basierte Vergabelösung muss dabei die folgenden Vergabeordnungen<br />

und Vergabearten unterstützen:<br />

• Öffentliche Ausschreibung (national)<br />

• Offenes Verfahren (EU-Verfahren)<br />

• Beschränkte Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb (national)<br />

• Beschränkte Ausschreibung ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb (national)<br />

• Nichtoffenes Verfahren (EU-Verfahren)<br />

• Freihändige Vergabe (national)<br />

• Verhandlungsverfahren (EU-Verfahren)<br />

Herausragende Merkmale einer E-Vergabe-Lösung:<br />

• Unterstützung des gesamten Vergabeprozesses bzw. einzelner definierter Prozessschritte<br />

• Rechtliche Plausibilisierung von Nutzerentscheidungen<br />

• Bewertungsprozess wird unterstützt und ist anpassbar<br />

• Signifikante Prozesskostenreduktion, revisionssichere Zuschlagsentscheidung<br />

• Protokollierte Kommunikation mit Veröffentlichungsorganen und Bietern<br />

• Unterstützung qualifizierter elektronischer Signaturen und hochsichere Verschlüsselung<br />

für elektronische Angebote<br />

18 von 64


BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

• Angebotsabgabe per Mantelbogen oder per digitaler Signatur, konventionell garantiert<br />

diskriminierungsfreier Bieterzugang sowie maximale Reichweite im Bezug<br />

auf potentielle Bieter<br />

3.2 Einsatzfelder<br />

Eine Ausschreibung ist ein rechtlich geregeltes Verfahren zur Ermittlung des Angebotspreises<br />

als Vorbereitung zur Vergabe eines Auftrages. Für Ausschreibungen öffentlicher<br />

Auftraggeber (Bund, Land, Gemeinden) gelten spezielle Regelungen. Die<br />

Verfahrensweise ist geregelt in<br />

• der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB),<br />

• der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL)<br />

• der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF).<br />

Eine E-Vergabelösung sollte den Nutzern der öffentlichen Verwaltung sowie der Wirtschaft<br />

als Plattform zur Verfügung gestellt werden. Sie unterstützt medienbruchfrei<br />

alle internen und externen Teilprozesse wie die Vorbereitung, Bekanntmachung und<br />

Durchführung für alle Vergabearten. Damit ist die E-Vergabe eingebettet in den komplexen<br />

Prozess des Übergangs zur Informations- und Wissensgesellschaft. Diese<br />

Einbettung liefert zugleich den Kontext für die vorgesehene Einführung der elektronischen<br />

Ausschreibung und Auftragsvergabe. Aus diesem Grund ist von Anfang an eine<br />

ganzheitliche Sicht auf diese Entwicklung erforderlich, die über ressortorientiertes<br />

Denken und die isolierte Betrachtung von Prozessen hinausgeht. Bei der Gestaltung<br />

von E-Government geht es sowohl um die Prozesse innerhalb des öffentlichen Sektors<br />

als auch um jene zwischen der Verwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern,<br />

den Unternehmen der Wirtschaft und den Nicht-Profit- und Non-Government-<br />

Organisationen. Ziel ist eine reibungslose digitale, wenn möglich medienbruchfreie<br />

Abbildung des öffentlichen Vergabe- und Auftragswesens, wobei pragmatische Umsetzungen<br />

angestrebt werden sollen, auch wenn diese die hundertprozentige Medienbruchfreiheit<br />

nicht gewährleisten.<br />

3.3 Nutzen für verschiedene Nutzergruppen<br />

Für die Verwaltung können Nutzenpotentiale durch die Verkürzung der internen Prozessschritte<br />

erzielt und damit zeit- und kostengünstiger erledigt werden.<br />

Folgender Nutzen kann dabei erzielt werden:<br />

• Unterstützung der Vergabestelle bei der effizienten Durchführung rechtskonformer<br />

Vergabeverfahren<br />

• Beschleunigung und Vereinfachung des Informationsflusses in den Vergabe- und<br />

Bedarfsstellen sowie zwischen Auftraggebern und Bietern<br />

• Größere Publizität für die Ausschreibungen<br />

19 von 64


BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

• Erleichterung des Austauschs und der Auswertung der Angebote durch verstärkte<br />

Nutzung<br />

• standardisierte Dateiformate (z.B. GAEB im VOB-Bereich)<br />

• Verbesserung der Angebotsqualität<br />

• Verbesserung des Außenauftritts<br />

• Unterstützung der Bieter bei der Abgabe formal korrekter Angebote<br />

• Maximale Bieterakzeptanz durch Entgegennahme elektronischer und konventioneller<br />

Angebote<br />

• Effizienzvorteile für die Vergabestelle auch bei konventionell eingehenden Angeboten<br />

• Nachvollziehbare Angebotsbewertung und Zuschlag an den wirtschaftlichsten<br />

Bieter (beispielsweise gem. UfAB-Formel, auch andere Formelansätze müssen in<br />

E-Vergabe-Lösungen abgebildet werden können)<br />

• transparente Informationsdarstellung zu den Vergabeverfahren für die Beteiligten<br />

• Reduzierung des Aufwandes beim Bieter<br />

• Reduzierung des Aufwandes beim Auftraggeber<br />

• Übergang in den Beschaffungsprozess ohne Medienbruch möglich (Voraussetzung<br />

dafür wäre die digitale Signatur)<br />

Eine E-Vergabe-Lösung sorgt für Prozesssicherheit und Transparenz bei der Vergabe<br />

an den wirtschaftlichsten Bieter, unabhängig davon, ob die Angebote elektronisch<br />

oder konventionell abgegeben wurden.<br />

In diesem Zusammenhang ist der Übergang zu einem elektronischen Vergabesystem<br />

nicht nur eine Substitution der bei einer Prozessdurchführung bisher genutzten Technologie<br />

durch eine neue, sondern erfordert in der Regel eine entsprechende Neugestaltung<br />

der Prozesse (Process-Reengineering). In diesem Sinne setzt die Einführung<br />

der elektronischen Ausschreibung/Auftragsvergabe eine integrative Gesamtsicht über<br />

die gesamte Prozesskette von der Entstehung des Bedarfes über die Ausschreibung,<br />

die Vergabe, den Vertragsabschluss bis hin zur elektronischen Bezahlung voraus,<br />

wenngleich den Kommunen überlassen bleibt, bis zu welchem Prozessschritt eine<br />

digitale Unterstützung umgesetzt wird. Alle Beteiligten, sowohl auf der Seite der Bedarfsträger<br />

in der öffentlichen Verwaltung als auch auf der Seite der Bieter, Dienstleister<br />

bzw. Lieferanten in der Wirtschaft, sind involviert. Handlungsrelevant sind in jedem<br />

Fall die rechtlichen Rahmenbedingungen, die sowohl für die Pilotierung der elektronischen<br />

Ausschreibung/Auftragsvergabe als auch nachfolgend deren routinemäßige<br />

Nutzung wesentliche Voraussetzungen darstellen.<br />

20 von 64


BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

3.4 Wirtschaftlichkeit<br />

Die wirkungsvollsten Einsparpotentiale sind weniger durch die Reduzierung der Einkaufspreise,<br />

sondern vor allem durch die Optimierung der verwaltungsinternen Prozesse<br />

und Strukturen zu erzielen.<br />

Eine E-Vergabe-Plattform trägt mittel- bis langfristig zur Senkung der Kosten der Beschaffungs-<br />

und Ausschreibungsverfahren bei. Weiterhin führt die Einführung zu einer<br />

Erhöhung der Qualität hinsichtlich Geschwindigkeit und Fehlerfreiheit sowie hinsichtlich<br />

des Wettbewerbs unter Beachtung des Diskriminierungsverbotes und der<br />

Einhaltung der Verträge. Insofern sind wirtschaftliche Aspekte in diesem Gesamtzusammenhang<br />

unbedingt zu bewerten, wenngleich sie schwer messbar sind.<br />

Diese Wirtschaftlichkeitsfaktoren betreffen auch die Herausforderungen, denen sich<br />

kleine Kommunen stellen müssen, damit diese nicht von vornherein aus Kostengründen<br />

von den Vorteilen der Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

ausgeschlossen werden. Hier können weitere Nutzenaspekte durch die<br />

gemeinsame Verwendung einer Plattform durch mehrere Kommunen erzielt werden<br />

(sog. regionale Marktplatzlösungen wie bei der Landeshauptstadt Magdeburg, d-<br />

NRW, u.a.).<br />

Kostensenkungen lassen sich prozess- und systembedingt in aller Regel nur durch<br />

einen flächendeckenden Roll-out einer E-Vergabe-Lösung erzielen. Vergleichbar mit<br />

ERP-Systemen oder einem E-Mail-System steigt das Rationalisierungspotential exponentiell<br />

mit der Anzahl der Nutzer. Je mehr Nutzer eine solche Lösung innerhalb<br />

einer Behörde anwenden, desto größer sind die zu erzielenden Einsparpotentiale.<br />

Die verwaltungsweite Einführung der E-Vergabe und der E-Beschaffung wird dann zu<br />

einem vereinfachten, beschleunigten und vergaberechtlich sicheren Verfahren beitragen.<br />

Durch den geringen Bearbeitungsaufwand und schnelleren Zugang zu potenziellen<br />

Lieferanten verringern sich nachweislich Prozess- und Transaktionskosten.<br />

Die qualitativen und quantitativen Verbesserungen entstehen vor allem in den folgenden<br />

Bereichen:<br />

• Durch den Einsatz der E-Vergabe und der E-Beschaffung wird der Arbeitsfluss<br />

(Workflow) des bisherigen Vergabe- und Beschaffungsprozesses neu überarbeitet<br />

und somit Prozessineffizienzen vermieden. Die Digitalisierung vermindert Medienbrüche<br />

und erlaubt, Ausschreibungen schneller und unkomplizierter dem Bieterkreis<br />

zugänglich zu machen. Eine Doppelerfassung von Daten wird durch die<br />

automatisierte Datenübernahme bei späteren Prozessschritten vermieden und<br />

somit die gesamte quantitative Auswertung und Beurteilung beschleunigt.<br />

• Durch die Wiederholbarkeit von Vergabeverfahren, die Nutzung von Archiven<br />

(Bekanntmachung, Leistungsverzeichnisse, Stammdaten, etc.) und die elektronische<br />

Bekanntmachung verbessert sich die Prozessgeschwindigkeit.<br />

• Die Qualität wird durch Standardisierung, automatisierte Auswertungen und Integration<br />

von Best-Practice-Erfahrungen gesteigert.<br />

21 von 64


BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

• Die Wirtschaftlichkeit wird auch durch die Intensivierung des Wettbewerbs erhöht:<br />

In der Regel kann ein größeres und qualitativ besseres Anbieterspektrum erreicht<br />

werden als über den herkömmlichen Veröffentlichungskanal (Amtsblatt, Zeitungen,<br />

etc.). Dadurch entsteht ein höherer Wettbewerb unter den Bietern, die dann<br />

nicht regional eingegrenzt sind. Regionsbedingte Preisgefälle können dazu genutzt<br />

werden, Beschaffungskosten zu senken.<br />

• Durch die einfache Aufteilung von Bedarfen in kleinere Lose werden auch die<br />

Anbieter erreicht, die bisher zu klein für die ausgeschriebenen Leistungen waren.<br />

• Korruptionsprävention<br />

• Weniger Nachprüfungsverfahren<br />

3.5 Gesetzliche Vorgaben<br />

Die elektronische Vergabe von Aufträgen und Leistungen ist in Deutschland möglich:<br />

Voraussetzung hierfür ist allerdings die vergaberechtskonforme Umsetzung. Viele<br />

Softwarelösungen haben sich deshalb bereits zertifizieren lassen, und den nachziehenden<br />

Kommunen wird empfohlen, ausschließlich geprüfte Lösungen bei der Umsetzung<br />

einzusetzen und von Eigenentwicklungen abzusehen.<br />

Den Startschuss zur elektronischen Vergabe im öffentlichen Auftragswesen gab die<br />

Europäische Kommission bereits in ihrer Richtlinie 97/52/EWG vom 13.10.1997. Darin<br />

ermunterte die Kommission die Vergabestellen der Mitgliedsstaaten, sich der elektronischen<br />

Übermittlung von Informationen im Internet zu bedienen. Das Grünbuch<br />

der Europäischen Kommission sah vor, dass bis zum Jahr 2003 ein Viertel der öffentlichen<br />

Aufträge über das Internet abgewickelt werden sollten. Durch die EU-Richtlinie<br />

vom 17. Juli 2000 über den elektronischen Geschäftsverkehr waren die EU-<br />

Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis zum 17.01.2002 die technischen Voraussetzungen<br />

für die elektronische Vergabe von Angeboten zu schaffen. In Deutschland haben nur<br />

wenige Kommunen diese Voraussetzungen geschaffen, allerdings sind sich die Beobachter<br />

heute einig, dass die E-Vergabe in den nächsten 5 Jahren eine stetige<br />

Verbreitung finden wird. Im deutschen Vergaberecht legte die neue Verordnung über<br />

die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) in § 15 fest, dass öffentlichen Auftraggebern<br />

die Möglichkeit offen steht, neben der schriftlichen Abgabe per Post auch andere Offerten<br />

zuzulassen. Mit anderen Worten: Die Vergabestellen von Bund, Ländern und<br />

Gemeinden können das Internet für den Schriftverkehr mit Auftragnehmern nutzen -<br />

vorausgesetzt, die Vertraulichkeit der Angebote bleibt gewahrt. Eine ähnliche Bestimmung<br />

findet sich in der VOB 2000, die in ihrem Teil A (VOB/A) zahlreiche, durch<br />

die digitale Angebotsabgabe bedingte Änderungen vorsieht. Kernstück der Öffnung<br />

für digitale Angebote ist die Neuregelung von § 21 VOB/A. Danach kann ein öffentlicher<br />

Auftraggeber neben Angeboten, die auf herkömmliche Weise unterzeichnet<br />

werden, auch Offerten zulassen, die mit einer digitalen Signatur versehen sind und<br />

verschlüsselt eingereicht werden.<br />

22 von 64


BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Eine ähnliche Regelung sahen grundsätzlich auch die VOL und VOF vor. Da die angestrebten<br />

Prozesskosteneinsparungen nur dann realisiert werden können, wenn<br />

Medienbrüche vermieden werden und der gesamte Leistungserstellungsprozess innerhalb<br />

der öffentlichen Beschaffung digital abgebildet ist, ist es auch für eine webbasierte<br />

Plattform von entscheidender Bedeutung, dass sie allen Rechtsnormen entspricht<br />

und mit dem elektronischen Teil der Wertschöpfungskette kompatibel ist, der<br />

die öffentlichen Ausschreibungen abbildet.<br />

Das Vergaberecht ist einem beständigen Wandel unterworfen. Bis zum 31.01.2006<br />

waren die europäischen Richtlinien in das nationale Recht vollständig umzusetzen.<br />

Gerade für Auftraggeber aus dem Sektorenbereich ergeben sich eine Vielzahl von<br />

Erleichterungen und Neuerungen aber auch Einschnitten. Neben der Umsetzung des<br />

EU-Legislativpakets 2004 soll das nationale Vergaberecht grundlegend vereinfacht<br />

und den Gegebenheiten der europarechtlichen Rechtsprechung angepasst werden.<br />

Nach vergaberechtlichen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes wird es<br />

u.a. für Städte und Gemeinden zunehmend schwieriger werden, eigenen Beteiligungen<br />

und Zweckverbänden Aufträge zu erteilen.<br />

Soweit im Rahmen des Betriebs einer E-Vergabe-Lösung personenbezogene Daten<br />

erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, sind neben dem Wettbewerbs- und Vergaberecht<br />

auch gesetzliche Vorgaben des Datenschutzes zu beachten, die u. a. im<br />

Bundesdatenschutzgesetz sowie in korrespondierenden Landesdatenschutzgesetzen<br />

normiert sind.<br />

Das Vergaberecht enthält Regeln über die Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche<br />

Auftraggeber (und in gewissen Sonderfällen durch private Auftraggeber).<br />

Grundlage bilden VOL, VOB und VOF.<br />

Die Regelungen über die konkrete Ausgestaltung des Vergabeverfahrens werden<br />

dadurch getroffen, dass in den §§ 4-7 VgV auf folgende, von Verdingungsausschüssen<br />

außerhalb eines öffentlich-rechtlichen Rechtsetzungsverfahrens erarbeiteten Regelwerke<br />

verwiesen wird:<br />

• Verdingungsordnung für Leistungen (VOL), Teil A<br />

• Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Teil A<br />

• Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF).<br />

Durch diese Verweisung erhalten die Teile A der VOL und der VOB (abgekürzt<br />

VOL/A bzw. VOB/A) und die VOF für Aufträge oberhalb der Schwellenwerte Rechtsnormqualität.<br />

23 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

4 Spezifikation des Verfahrens<br />

„E-<strong>Procurement</strong>“<br />

Die Umsetzung einer elektronischen Vergabelösung kann unterschiedlich weit reichend<br />

erfolgen. Der vorliegende <strong>Spezifikationsbericht</strong> geht von einer vollständigen,<br />

weitestgehend medienbruchfreien Umsetzung von VOL-, VOB- sowie VOF-Vergaben<br />

aus, wenngleich sich in allen beteiligten Projekten gezeigt hat, dass es vorteilhaft ist,<br />

mit jeweils einem VOL-Bereich zu starten und Erfahrungen zu sammeln. Mittelfristig<br />

sollte es aber immer um den Aufbau einer umfassenden Vergabelösung gehen. Institutionen,<br />

die zu klein für den Aufbau einer Komplettlösung sind, sollten im Verbund<br />

mit anderen öffentlichen Institutionen eine gemeinsame Lösung anstreben, wofür es<br />

bereits prototypische Lösungen gibt (z.B. Vergabemarktplatz Magdeburg, E-<strong>Procurement</strong>-Plattform<br />

im Rahmen von d-NRW, u.a.). Die dabei zum Einsatz kommenden<br />

Softwarelösungen sollten den durch die KGSt aufgestellten Kriterien unbedingt<br />

entsprechen und über eine Zertifizierung bzw. über ein juristisches Auditing verfügen.<br />

Eine vollständige Workflow-basierte elektronische Vergabelösung sollte die Phasen<br />

Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation des gesamten Vergabeprozesses<br />

entsprechend der Verdingungsordnungen (VOB/A und VOL/A inkl. des EU-Verfahrens<br />

sowie VOF) berücksichtigen. Die Vorteile einer elektronischen Lösung liegen<br />

darin begründet, dass die Prozesse über das Internet (i.d.R. mit Hilfe eines Web-<br />

Browsers) medienbruchfrei umgesetzt werden können. Keiner der Prozessbeteiligten,<br />

weder Vergabestelle noch Bieter, benötigen deshalb eine zusätzliche Applikation auf<br />

ihrem PC. Für die Verwendung einer elektronische Vergabelösung sollte lediglich ein<br />

Standard-Internetbrowser (ggf. Signatursoftware und Kartenlesegerät) erforderlich<br />

sein.<br />

Die KGSt erarbeitete in einer Arbeitsgruppe gemeinsam mit unterschiedlichen Firmen<br />

einen Kriterienkatalog, der die Anforderungen an ein öffentliches, vergaberechtskonformes<br />

elektronisches Vergabesystem beschreibt. Ein Auszug aus dem<br />

KGSt-Bericht ist im Anhang des <strong>Spezifikationsbericht</strong>s zu finden (siehe Anhang 2 –<br />

Kriterienkatalog für Softwarelösungen zur elektronischen Vergabe, Stand April<br />

2003). 4<br />

4.1 Organisatorische Anforderungen<br />

Die Einführung einer elektronischen Vergabelösung stellt alle öffentlichen Auftraggeber<br />

vor neue Herausforderungen. Bisherige Organisationsformen müssen überdacht<br />

werden und führen so zu einer kritischen Prüfung der bestehenden Organisations-<br />

4 KGSt-Bericht 04/2003 „Elektronische Vergabe und Beschaffung in Kommunalverwaltungen“<br />

24 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

formen. Grundsätzlich kann als eines der wichtigsten organisatorischen Prinzipien<br />

gesagt werden, dass mit Einführung der E-Vergabe die jeweiligen Vorteile einer zentralen<br />

sowie einer dezentralen Beschaffungsorganisation kombiniert werden können.<br />

Durch die Prozessdigitalisierung können beide Prinzipien erstmals zum Vorteil aller<br />

miteinander kombiniert werden. Das Organisationsprinzip orientiert sich folglich primär<br />

an den vorhanden und zu realisierenden Prozessen in der Verwaltung und weniger<br />

an der zu erfüllenden Funktion und markiert die Umstellung der Verwaltung von<br />

einer Funktionslogik, hin zu einer Prozesslogik.<br />

Die elektronische Abwicklung des Vergabeverfahrens von der Veröffentlichung der<br />

Ausschreibung über die Versendung bzw. Bereitstellung der elektronischen Vergabeunterlagen<br />

sowie die Übermittlung der elektronischen Angebote verlangt erweiterte<br />

Kenntnisse der Mitarbeiter beim Umgang mit dem neuen System, die zusätzlich zu<br />

den erforderlichen Kompetenzen über das Vergaberecht beherrscht werden müssen.<br />

Nicht zuletzt die Veränderungen aus dem neuen Vergaberecht haben zur Folge, dass<br />

hohe Ansprüche an die Weiterbildung der betroffenen Mitarbeiter gestellt werden.<br />

Aufgrund des hiermit verbundenen Aufwands zur Bereitstellung dieses Fachwissens<br />

sollte dieses Wissen deshalb in Form einer zentralen Vergabestelle vorgehalten werden.<br />

Die Einführung einer elektronischen Vergabelösung unterstützt die zentrale Vergabestelle,<br />

indem sie die Anwender durch das gesamte Vergabeverfahren leitet und<br />

dabei vielseitige Funktionen, z. B. bei der Terminplanung und -überwachung, anbietet<br />

und über Plausibilitätsprüfungen die Qualität gesichert wird.<br />

Dezentrale Bedarfsstellen ohne tiefer gehende Expertise im Vergaberecht können<br />

auf die zentrale Vergabestelle zurückgreifen und das Vergabeverfahren weitgehend<br />

selbständig durch die elektronische Vergabelösung abwickeln. Die zentrale Vergabestelle<br />

steht als interner Dienstsleiter für alle zentralen Fragen und Aufgaben als Qualitätssicherer<br />

zur Verfügung, übernimmt aber nicht das gesamte Vergabeverfahren für<br />

die dezentrale Bedarfsstelle. So wird eine hohe Qualität des Vergabeverfahrens gewährleistet<br />

bei gleichzeitiger Entlastung der Bedarfsträger.<br />

Gleichzeitig zeichnen die Bedarfsträger im Regelfall für die Definition der Anforderungen<br />

in Form eines Leistungsverzeichnisses verantwortlich. Ebenso erfolgt die<br />

Einbindung der Bedarfsträger bei der Submission, d. h. die inhaltliche Bewertung der<br />

Angebote erfolgt weiterhin durch den Bedarfsträger, ggf. unterstützt durch das elektronische<br />

System und die zentrale Vergabestelle.<br />

Durch eine elektronische Vergabe-Plattform wird die Zusammenarbeit zwischen Bedarfsträger<br />

und zentraler Vergabestelle vereinfacht, da neben einer klaren, von der<br />

Software unterstützten Rollenverteilung im Ausschreibungsverfahren auch die medienbruchfreie<br />

Kommunikation zwischen den Beteiligten ermöglicht wird, wie z. B. die<br />

elektronische Übermittlung des Leistungsverzeichnisses vom Bedarfsträger an die<br />

zentrale Vergabestelle.<br />

In welcher Form und welchem Umfang die zentrale Stelle bei einem Vergabeverfahren<br />

grundsätzlich mit einzubeziehen ist, ist durch die Verwaltung selbst zu definieren<br />

und ist in starkem Ausmaß davon abhängig, um welche Beschaffungen es sich im<br />

25 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Einzelfall handelt. Folgende Aufgaben sind i. d. R. der zentralen Vergabestelle zuzuordnen:<br />

• Aufbau und Betrieb einer zentralen Vergabelösung<br />

• Qualitätssicherung aller erzeugten Ausschreibungen<br />

• Erarbeitung von Dienstanweisungen zum Vergabeverfahren<br />

• Überwachung des Vergaberechts, dessen Änderungen sowie der internen Anpassungsbedarfe<br />

hinsichtlich der Organisation und der Technik<br />

• Aufbau einer Bibliothek mit Standard-Leistungsverzeichnissen bzw. Leistungsverzeichnis-Komponenten<br />

• Korruptionsprävention und Beratung<br />

• Zentrale Stelle zu Fragen des Vergaberechts<br />

• Zentrale Kommunikation mit Bedarfsträgern und Bietern bei Rückfragen zur elektronischen<br />

Verfahrensabwicklung<br />

Neben einer klar definierten Rollenverteilung zwischen Bedarfsträgern und zentraler<br />

Vergabestelle ist auch der Vergabeprozess selbst zu standardisieren und im System<br />

abzubilden. Diese systemunterstützte Standardisierung des Vergabeprozesses innerhalb<br />

der Verwaltung geht mit einer Reduzierung der Prozesskosten einher. Neben<br />

dem Nutzeneffekt innerhalb der Verwaltung ergeben sich durch eine standardisierte<br />

und elektronische Abwicklung des gesamten Vergabeverfahrens auch Nutzenpotenziale<br />

beim Bieter. Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass es hier naturgemäß<br />

historisch gewachsene Prozesse in den unterschiedlichen Verwaltungen gibt, die sich<br />

nicht alle standardisieren lassen. Allerdings sollte der Spielraum für Harmonisierung<br />

nicht unterschätzt werden, handelt es sich doch um einen Prozess, der für alle öffentlichen<br />

Auftraggeber durch das Vergaberecht stark vorstrukturiert ist.<br />

4.2 Der Prozess der Vergabe<br />

Eine elektronische Vergabe-Lösung muss mittelfristig den gesamten Prozess der öffentlichen<br />

Vergabe von der Vorbereitung über die Durchführung bis hin zur Auswertung<br />

und dem Zuschlag unterstützen. Die Ablauforganisation der elektronischen Vergabe<br />

lässt sich in mehrere Teilprozesse unterteilen, wie wir sie im Folgenden näher<br />

beschreiben werden. Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass die einzelnen Prozessschritte<br />

hier idealtypisch dargestellt sind und in der Praxis – je nach zu beschaffendem<br />

Produkt oder zu beschaffender Leistung – variieren können. Dennoch sollte<br />

sich eine Kommune bei der Einführung an diesem Prozess orientieren und die Digitalisierung<br />

auf die daraus entstehenden Anforderungen abstimmen.<br />

Der Hauptprozess lässt sich grob in die folgenden 3 Phasen gliedern:<br />

26 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Phase 1<br />

Vorbereitung<br />

• Bedarfsermittlung<br />

• Vergabe- und<br />

Beschaffungsstrategie<br />

• Vergabevorlauf<br />

Phase 2<br />

Durchführung<br />

Abbildung 3: Der Prozess der Vergabe<br />

• Vergabeverfahren<br />

und -art festlegen<br />

• Zeitplan erstellen<br />

• Verdingungsunterlagen<br />

erstellen und versenden<br />

Phase 3<br />

Nachbereitung<br />

• Öffnung der Angebote<br />

• Bewertung der Angebote<br />

• Zuschlagserteilung/<br />

Bekanntmachung<br />

Die folgenden Abbildungen stellen die einzelnen Phasen in ihren Teilprozessschritten<br />

genauer dar, wie sie von der Transferagentur innerhalb einer Prozessuntersuchung<br />

in der Landeshauptstadt Magdeburg aufgenommen und in Hinblick auf die Harmonisierungsbestrebungen<br />

von MEDIA@Komm-Transfer weiterentwickelt wurden. Die<br />

Teilprozessschritte sind in der Arbeitsgruppe vorgestellt, diskutiert und modifiziert<br />

worden, so dass sie sich als Grundlage für eine Harmonisierung eignen. Es wird ausdrücklich<br />

darauf hingewiesen, dass es in Deutschland verschiedene Softwarelösungen<br />

gibt, welche die hier dargestellten Prozesse abbilden können. Bei einer Auswahlentscheidung<br />

sollten die einzusetzenden Softwarelösungen anhand der hier<br />

dargestellten Prozessketten auf ihre Tauglichkeit hin untersucht werden. Darüber hinaus<br />

wird die Empfehlung ausgesprochen, den durch die KGSt entwickelten Kriterienkatalog<br />

für den Softwareeinsatz im Bereich E-Vergabe für einen Entscheidungsprozeß<br />

zu nutzen. Außerdem werden die bereits vorhandenen Altsysteme in einer Verwaltung<br />

mitunter den Auswahlprozess mit beeinflussen. Grundsätzlich kann aber von<br />

einer Eigenentwicklung stark abgeraten werden, da der Markt bereits umfassende<br />

Lösungspakete zur Verfügung stellt. Auch für kleine Kommunen bietet sich verstärkt<br />

die Möglichkeit, die bereits aufgebauten Vergabesysteme größerer Städte kostengünstig<br />

zu nutzen und auf aufwändige Eigeneinführungen zu verzichten.<br />

Die technologische Abbildung der hier dargestellten Vergabeprozesse ist jedoch ohne<br />

einen parallel aufzubauenden Change-Management-Prozess nur schwer darzustellen.<br />

Die Praxis zeigt, dass es vor allem um den Aufbau und die Etablierung von<br />

Organisationsentwicklungsprozessen in der Verwaltung geht, um die E-Vergabe nicht<br />

nur technologisch, sondern vor allem auch innerhalb der täglichen Arbeitsabläufe und<br />

Organisationsprozesse zu etablieren.<br />

27 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Bedarf<br />

Prozessschritt Ablauforganisation<br />

Ermittlung und<br />

Gewichtung der<br />

Kriterien<br />

1.2<br />

Bündelung /<br />

Standardisierung,<br />

generelle<br />

Vorgaben<br />

1.3<br />

Organisatorische<br />

Klärungen<br />

(Verantwortung /<br />

Prozessfragen)<br />

1.4<br />

Controlling<br />

Initiieren<br />

1.5<br />

Marktkunde<br />

2<br />

Entscheidung<br />

Eigen-/<br />

Fremdvergabe<br />

1.1<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Abbildung 4: Teilprozess 1 – Vergabe- und Beschaffungsstrategie<br />

Softwareabbildung<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

28 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Beschaffungs-<br />

Strategie<br />

1<br />

Prozessschritt Ablauforganisation<br />

Externe<br />

Markt-<br />

Beobachtung*)<br />

2.1<br />

Analyse und aktive<br />

Suche neuer<br />

Lieferanten<br />

2.2<br />

Klassifizierung der<br />

Lieferanten /<br />

Dienstleister<br />

2.3<br />

Vergabevorlauf<br />

3<br />

Abbildung 5: Teilprozess 2 – Marktkunde<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Softwareabbildung<br />

���<br />

���<br />

���<br />

*) Anmerkung: Das Diskriminierungsverbot ist unbedingt zu beachten.<br />

Eine Auswahl von Bietern kommt nur bei Freihändiger Vergabe oder<br />

bei beschränkter Ausschreibung in Betracht. Die Kriterien zur<br />

Zuverlässigkeit sind in VOB, VOL und VOF vorgegeben.<br />

Marktkunde spielt vor allem bei der Entwicklung der Leistungsspezifikation eine entscheidende<br />

Rolle. Während bei den freihändigen Vergaben eine laufende Marktbeobachtung<br />

einfacher darzustellen ist, muss die Verwaltung innerhalb öffentlicher oder<br />

beschränkter Ausschreibungen eine absolute Unabhängigkeitsstellung bewahren,<br />

damit einzelne Bieter nicht diskriminiert werden. Es hat sich als überaus vorteilhaft<br />

erwiesen, eine Trennung zwischen zentraler Vergabestelle (die den Vergabeprozess<br />

führt) und dezentralen bzw. teilzentralen Beschaffungsstellen (die die Leistung zu<br />

Beginn spezifizieren) aufzubauen. Die Vorteile von Zentralität und Dezentralität lassen<br />

sich technologisch durch die E-Vergabe produktiv machen, ohne die jeweiligen<br />

Nachteile in Kauf nehmen zu müssen, die durch Beibehaltung jeweils nur einer Organisationsvariante<br />

entstehen würden.<br />

29 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Marktkunde<br />

2<br />

Prozessschritt Ablauforganisation<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

nachweisen<br />

3.2<br />

Auftragswert<br />

schätzen<br />

3.3<br />

Verfügbarkeit<br />

von<br />

Haushaltsmitteln<br />

klären<br />

3.4<br />

Einhaltung<br />

sonstiger<br />

Vorschriften<br />

3.5<br />

Vergabedurchführung<br />

4 (1/2)<br />

Bedarf<br />

analysieren und<br />

Leistung<br />

spezifizieren<br />

(LV) 3.1<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Abbildung 6: Teilprozess 3 – Vergabevorlauf<br />

Softwareabbildung<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

30 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Vergabevorlauf<br />

3<br />

Prozessschritt Ablauforganisation<br />

Vergabeart /<br />

-verfahren<br />

festlegen<br />

4.2<br />

Zeitplan erstellen<br />

4.3<br />

Schritte bis<br />

Versand<br />

Verdingungs-<br />

Unterlagen<br />

4.4<br />

Versand<br />

Verdingungsunterlagen<br />

4.5<br />

Behandlung von<br />

Bewerberfragen<br />

4.6<br />

Angebotsöffnung<br />

4.7<br />

Vergabe-<br />

Durchführung<br />

(2/2)<br />

Vergabeakte<br />

anlegen<br />

4.1<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Abbildung 7: Teilprozess 4 - Durchführung der Vergabe (1/2)<br />

Softwareabbildung<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

31 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Vergabedurchführung<br />

(1/2)<br />

Prozessschritt Ablauforganisation<br />

Zuschlagsempfehlung<br />

nach<br />

formeller Prüfung<br />

4.9<br />

Information<br />

nicht<br />

berücksichtigter<br />

Bieter<br />

4.10<br />

Zuschlagserteilung<br />

(dadurch<br />

Vertragsschluss)<br />

4.11 *)<br />

Bekanntmachung,<br />

Melde- und<br />

Berichtspflichten<br />

4.12<br />

Abruf /<br />

Lieferung<br />

Bewertung<br />

der Angebote<br />

4.8<br />

Abschluss des<br />

Vergabeverfahrens<br />

4.13<br />

ggf. Vergabebeschwerde<br />

/<br />

Klage<br />

4.14<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

und Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Vergabestelle<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

*) Anmerkung: In Sonderfällen (vgl. VOL, VOB, VOF) fallen Zuschlag und Vertrag<br />

auseinander. In solchen Fällen werden Erstellung der Vertragsurkunde und<br />

Unterzeichnung der Vertragsurkunde extra behandelt.<br />

Abbildung 8: Teilprozess 4 - Durchführung der Vergabe (2/2)<br />

Softwareabbildung<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

���<br />

32 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Abruf /<br />

Lieferung<br />

Prozessschritt Ablauforganisation<br />

ggf. Reklamation<br />

5.2<br />

Ende<br />

Prüfung der<br />

Rechnung und<br />

Zahlungsanweisung<br />

5.1<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Fachamt /<br />

Fachbereich /<br />

Bedarfsträger<br />

Abbildung 9: Teilprozess 5 - Administration<br />

Softwareabbildung<br />

����<br />

Nicht alle Teilprozessschritte werden immer und in jedem Fachbereich und Amt gleichermaßen<br />

durchgeführt. Unterschiede zeigen sich besonders bei den strategischen<br />

Hauptprozessen (Abbildung 4: Teilprozess 1 – Vergabe- und Beschaffungsstrategie<br />

und Abbildung 5). Die operativen Prozessschritte (Abbildungen 6 bis 9) sind dagegen<br />

in allen beschaffenden Stellen vorzufinden.<br />

Die operativen Prozessschritte haben keine längerfristigen Auswirkungen auf das<br />

Vergabewesen und eher eine verwaltende als eine steuernde Funktion. In der Regel<br />

finden diese Prozessschritte pro Vergabevorgang statt.<br />

Die strategischen Prozessschritte haben dagegen längerfristige Auswirkungen auf<br />

das Vergabewesen. Sie haben eine steuernde Funktion und finden in der Regel unabhängig<br />

von konkreten Vorgängen statt. Unter die strategischen Prozessschritte fallen<br />

daher alle Teilprozessschritte, die bei den Hauptprozessschritten „Beschaffungsstrategie"<br />

und „Marktkunde" genannt werden. Diese Prozessschritte werden nicht in<br />

allen Vergabestellen durchgeführt. In der Regel führt die zentrale Vergabestelle diese<br />

Prozessschritte aus, während die dezentralen Nutzer sie partiell ausführen, was eine<br />

konsequente Arbeitsteilung zeigt.<br />

4.3 Funktionale Anforderungen<br />

Eine elektronische Vergabelösung muss den vollständigen Workflow des Vergabeprozesses<br />

entsprechend der gesetzlichen Vorgaben, wie Verdingungsordnungen,<br />

weitestgehend medienbruchfrei über das Internet abdecken. Der gesamte Vergabeprozess<br />

sollte mittels einer Applikation abgewickelt werden können. Für den Anwender<br />

sollte lediglich der Internetbrowser notwendig sein. Es hat sich gezeigt, dass das<br />

Thema Medienbruchfreiheit sehr pragmatisch behandelt werden sollte. Zwar ist aus<br />

Prozesssicht eine medienbruchfreie Abbildung aller Prozesse vorteilhaft, allerdings<br />

zeigt die Praxis, dass das Voraussetzen einer digitalen Signaturkarte auf Bieterseite<br />

dazu führt, dass nur wenige elektronische Angebote abgegeben werden. Es sollte<br />

daher unbedingt darauf geachtet werden, dass das sog. Mantelbogenverfahren mit<br />

33 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

unterstützt wird und die Bieter immer die Möglichkeit haben, die Angebote handschriftlich<br />

zu signieren.<br />

Zu den grundlegenden Funktionalitäten einer E-<strong>Procurement</strong>-Lösung zählen:<br />

• Internet-basierte Fachanwendung zur rechtssicheren und anwenderfreundlichen<br />

Durchführung des Prozesses<br />

• Komplettes Vergabeverfahren nach VOL/A, VOF und VOB/A<br />

• Unterstützung aller Prozessschritte – Vorbereitung, Bekanntmachung, Durchführung,<br />

Wertung und Zuschlag<br />

─ die Erfassung der Vergabe<br />

─ die Bekanntmachung einer Vergabe (Veröffentlichung)<br />

─ die Online-Bewerbung<br />

─ das Erfassen der Bewerbungen<br />

─ das Prüfen und Erstellen einer Firmenliste<br />

─ das Bereitstellen der Vergabeunterlagen im Internet<br />

─ das Versenden der Vergabeunterlagen<br />

─ das Abrufen der Vergabeunterlagen im Internet<br />

─ das Versenden von Änderungsmitteilungen<br />

─ die Verwaltung zusätzlicher Informationen zu Vergaben<br />

─ die Online-Abgabe von Angeboten<br />

─ Lieferung eines Offline-Tools zur Angebotsbearbeitung durch den Bieter<br />

─ die Öffnung und Verlesung der Angebote (Submission), einschließlich Protokollierung<br />

• Nutzerführung in allen Vergabearten und Verwendung von Vorlagen<br />

• Übernahme vorhandener elektronischer Dokumente und Formulare in gängigen<br />

Formaten (Word, PDF, Excel, HTML)<br />

• Effiziente Kooperation von Vergabestelle und Bedarfsträger<br />

• Unterstützung elektronischer und papiergebundener Angebote<br />

• Umfassende Wertung aller Angebote nach spezifischen Kriterienkatalogen als<br />

Basis für einen wirtschaftlichen und revisionssicheren Zuschlag<br />

Die genannten Prozessschritte sollen von unterschiedlichen Funktionsträgern (z. B.<br />

Mitarbeiter der Vergabestellen, dezentrale Bedarfsträger) durchgeführt und verantwortet<br />

werden können. Dabei ist eine durchgängige Unterstützung der jeweiligen Mitarbeiter<br />

zu gewährleisten. Dies bedeutet u. a. die automatische Benachrichtigung der<br />

verantwortlichen Mitarbeiter für durchzuführende Prüfungen oder Freigaben, übersichtliche<br />

Aufgabenlisten und Terminüberwachungen. Eine einfache Benutzerführung<br />

in deutscher Sprache mit kontextsensitiver Hilfe ist ebenso Bestandteil wie die Hinterlegung<br />

eines Handbuches und ein vergaberechtskonformer Ablauf jeder Vergabe.<br />

34 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Eine intuitive graphische Bedieneroberfläche soll es ermöglichen, komplexe und umfangreiche<br />

Informationen strukturiert und übersichtlich zu präsentieren. Durch eine<br />

moderne Architektur sind auf Seiten der Anwender (Sachbearbeiter und Bieter) nur<br />

einfache PCs mit Internet-Browsern notwendig.<br />

Der Prozessnutzen ist für die Vergabestellen unmittelbar spürbar, auch ohne dass<br />

alle Bieter sofort die elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten nutzen. Mit einer<br />

elektronischen Vergabe-Lösung lässt sich im Teilbereich des Ausschreibungswesens<br />

eine nachhaltige E-Government-Strategie verfolgen, nämlich die schrittweise Ausweitung<br />

der elektronischen Interaktion mit den Bietern auf Basis eines von Anfang an<br />

nutzbringenden, elektronisch unterstützten Prozesses bei der Vergabestelle.<br />

Praxisbeispiel E-Vergabe-Plattform Magdeburg<br />

Die Plattform E-Vergabe ist als rein web-basierte Vergabeplattform ausgelegt, auf die<br />

sowohl die Vergabestelle als auch die Bieter Zugriff haben und sich die jeweils relevanten<br />

Bekanntmachungsorgane anschließen lassen. Neben einer weit reichenden<br />

Detailfunktionalität über die gesamte Prozesskette sind zwei weitere wesentliche<br />

Merkmale zu nennen:<br />

Die Lösung arbeitet erstens Datenbank-gestützt, d. h. auf Basis strukturierter Informationen,<br />

die zu jedem Zeitpunkt des Prozesses komplett in einer Datenbank gehalten<br />

werden. Dies hat weit reichende Auswirkungen, z. B. im Bereich der Verwaltung<br />

und Wiederverwendung von Teilstrukturen von Ausschreibungen (Stichwort: Ausschreibungsarchiv),<br />

was Effizienzsteigerungen bewirkt, oder etwa im Bereich der systemgestützten,<br />

automatisierbaren Auswertungen, die ein weiteres Systemmerkmal<br />

darstellen.<br />

Das System erlaubt zweitens die Online-Kommunikation mit dem Bieter und unterstützt<br />

mehrere Varianten der Ausschreibungsabwicklung aus Bietersicht, von online<br />

über offline zu hybrid und der konventionellen Abwicklung bei gleichzeitiger Einhaltung<br />

der durch die Vergaberichtlinien gegebenen Anforderungen an die Sicherheit,<br />

Authentizität und Integrität von Informationen. Dies ist insbesondere wichtig im Hinblick<br />

auf die Akzeptanz des Verfahrens in der Außenwirkung und die Vermeidung von<br />

Diskriminierung einzelner Bieter, indem technische Voraussetzungen abgefordert<br />

werden, die einzelne Bieter nicht erbringen können oder wollen (z.B. digitale Signatur).<br />

Die optionale Anbindung eines E-Beschaffung-Moduls an die E-Vergabe erweitert<br />

den Vergabeprozess durch die Integration einer katalogbasierten Beschaffungsapplikation.<br />

Hierdurch ist es möglich, zugeschlagene Leistungsverzeichnisse zum unterjährigen<br />

Abruf von Teilleistungen, wie z.B. Jahresleistungsverzeichnisse und ausgeschriebene<br />

Rahmenverträge, zu realisieren. Dabei wird das Auftragsleistungsverzeichnis<br />

als Rahmenvertrag der E-Beschaffung per interner Schnittstelle übergeben.<br />

Ferner ist es durch diese Integration möglich, die E-Vergabe mit einem zusätzlichen<br />

Mutterleistungsverzeichnis zu ergänzen und im Bedarfsfalle Katalogpositionen inkl.<br />

35 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

aller Eigenschaften und Langtexte der E-Vergabe als Ausschreibungsposition zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

4.3.1 Sicherstellung der Funktionalität des Verfahrens<br />

Im Zuge der Beschaffung einer E-Vergabe-Plattform ist festzulegen, durch wen die<br />

Weiterentwicklung und Pflege des Systems betrieben werden soll.<br />

Die Verfahrensweiterentwicklung liegt in der Regel bei dem jeweiligen Hersteller oder<br />

bei einem Betreiber des Systems. Dieser stellt die Weiterentwicklung und die Funktionalität<br />

des Verfahrens sicher. Alle Veränderungen innerhalb des programmierten<br />

Systems werden über den Hersteller bzw. den Betreiber herbeigeführt. Ein entsprechender<br />

Pflege- und Wartungsvertrag ist mit dem Systemanbieter im Zuge der Beschaffung<br />

abzuschließen.<br />

Die Bearbeitung von variablen Daten und Unterlagen kann vom jeweilig geschulten<br />

Personal (Systemadministratoren) durchgeführt werden. Supportleistungen wie kleine<br />

Service- und Wartungsarbeiten können in der Regel im Rechenzentrum durchgeführt<br />

werden. Bei jedem Mandanten (Kommune, Ministerium, Sektorenbetrieb etc.) muss<br />

sichergestellt werden, dass der Datenbestand einheitlich und in elektronischer Form<br />

vorliegt und bei Notwendigkeit grundsätzlich nur an einer Stelle im System eingepflegt<br />

und verändert werden muss.<br />

4.3.2 Verfügbarkeit<br />

Hinsichtlich der Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit des Verfahrens sind Service Level<br />

Agreements mit dem Betreiber zu vereinbaren. Es ist festzulegen, zu welchen<br />

Tageszeiten der Service mit welcher garantierten Verfügbarkeit zur Verfügung steht<br />

[z. B. werktäglich von 7 bis 20 Uhr (Tagesbetriebszeit) bzw. mit einer monatlichen<br />

Verfügbarkeit von 99,7 Prozent].<br />

Zudem ist festzulegen, wie lange eine maximale Unterbrechung des Services während<br />

der Tagesbetriebszeit andauern darf (z. B. Unterbrechung während der Tagesbetriebszeit<br />

muss nach maximal vier Stunden behoben sein). Auch die Summe der<br />

maximalen Ausfallzeiten innerhalb eines Kalenderjahres, die nicht überschritten werden<br />

dürfen, sind in den Service Level Agreements festzulegen (z. B. maximale Ausfallzeiten<br />

von zehn Stunden pro Jahr dürfen nicht überschritten werden).<br />

Aus der geforderten Verfügbarkeit sind rückwirkend die Anforderungen an die technische<br />

Architektur der Anwendung und die IT-Infrastruktur abzuleiten.<br />

Eventuell auftretende Ausfälle der Anwendung oder der IT-Infrastruktur dürfen keinesfalls<br />

zu Datenverlusten führen. Diesbezüglich sind geeignete Redundanzen zu<br />

schaffen und Logging- und Recovery-Strategien zu verwenden.<br />

Es müssen wirksame Vorkehrungen getroffen werden, die auch bei unvorhersehbaren<br />

Ereignissen im Umfeld (z.B. Brand, Explosion) die Wiederaufnahme des Betriebs<br />

nach kurzer Unterbrechung ermöglichen.<br />

36 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Hier sind u. a. die Punkte: Kommunikationswege, Informationen (kurz- und langfristig),<br />

Signieren von Archivinhalten, Key/ Message-Recovery, Virenschutz, etc. zu berücksichtigen.<br />

4.3.3 Dokumentation<br />

Es sind zielgruppenspezifische Dokumentationen zur E-Vergabe-Lösung beim Systemersteller<br />

einzufordern. Dies umfasst sowohl ein auf die Anwender zugeschnittenes<br />

Anwenderhandbuch, das den Umgang mit dem Verfahren beschreibt, die einzelnen<br />

Masken und deren Felder erläutert sowie typische Prozessschritte darstellt. Ferner<br />

werden auch Dokumentationen für die Fach- und Systemadministratoren benötigt.<br />

Den Anwendern (sowohl den Erstellern als auch den Bietern) sollte zusätzlich eine<br />

elektronische, kontextsensitive Benutzerhilfe in der E-Vergabe-Lösung zur Verfügung<br />

stehen. Alle wesentlichen, für die Benutzung des Verfahrens notwendigen Angaben<br />

sind hierüber zu dokumentieren.<br />

Zudem ist darauf zu achten, dass eine intuitive Benutzung der Anwendung möglich<br />

ist. Die Benutzeroberfläche sollte weitgehend selbsterklärend gestaltet sein und den<br />

Anwender durch das Verfahren führen. Plausibilitätsprüfungen sollten den Bearbeitungsaufwand<br />

reduzieren.<br />

4.4 Technische Anforderungen<br />

Die technische Realisierung einer Vergabeplattform trägt zur Senkung der Kosten der<br />

Beschaffungs- und Ausschreibungsverfahren bei sowie zu einer Erhöhung der Qualität<br />

hinsichtlich Geschwindigkeit, Fehlerfreiheit und des Wettbewerbs unter Beachtung<br />

des Diskriminierungsverbotes und der Einhaltung der Verträge.<br />

Funktional ist sicher zu stellen, dass die Plattform alle internen und externen Ausschreibungsprozesse<br />

– wie Vorbereitung, Bekanntmachung und Durchführung - für<br />

alle Vergabearten und seitens der EU diskutierten Änderungen der Vergaberichtlinien<br />

unterstützt. Zudem muss die Prozesssicherheit und die Transparenz bei der Vergabe<br />

an den wirtschaftlichsten Bieter gewährleistet sein, unabhängig davon, ob die Angebote<br />

elektronisch oder konventionell abgegeben wurden. 5<br />

Die folgenden grundlegenden technischen Voraussetzungen sollten durch die E-Vergabe-Lösung<br />

erfüllt werden:<br />

5 In Abhängigkeit davon, wie ein Bieter sein Angebot abgibt (konventionell in Papierform oder elektronisch), kann man<br />

ggf. nicht mehr von einer medienbruchfreien Prozesskette sprechen. Man hat sich in Magdeburg dafür entschieden,<br />

dass dies der Bieter entscheiden muss, da eine digitale Signatur vielfach (noch) nicht im Einsatz ist. Diese wäre<br />

aber für eine komplett medienbruchfreie Abbildung notwendig.<br />

37 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

• Integriertes Benutzer- und Sicherheitsmanagement über ein umfangreiches<br />

Rechte- und Rollenkonzept<br />

• Uneingeschränkte Benutzeranzahl durch Skalierbarkeit und Mandantenfähigkeit<br />

• Datenverschlüsselung<br />

• Web-basierte Software (Softwareverteilung entfällt, ASP-Nutzung möglich)<br />

• Moderne Architektur (die sich im konkreten Anwendungsfall in die Systemlandschaft<br />

vor Ort einpasst)<br />

Praxisbeispiel Technisches Systemkonzept<br />

Die folgende Abbildung zeigt das technische Systemkonzept, wie es in Magdeburg<br />

realisiert wurde. Die Darstellung zeigt eine mögliche Realisierungsform des technischen<br />

Systemaufbaus von E-Vergabe-Lösungen.<br />

AppUser IE>5.x<br />

NS>6.x<br />

Admin<br />

Terminal<br />

Services<br />

Router<br />

Internet<br />

VPN<br />

HTTP/HTTPS<br />

SMPT<br />

Router Terminal Services<br />

TCP 3389<br />

FTP/SFTP<br />

Abbildung 10: Technisches Systemkonzept 6<br />

4.4.1 Schnittstellen und Integration<br />

WebServer<br />

IIS6.0<br />

(Cluster)<br />

FileServer<br />

TCP port 1433<br />

UDP port 1434<br />

Terminal Services<br />

TCP 3389<br />

FTP/SFTP<br />

DBServer<br />

SQL2000<br />

(Cluster)<br />

Bei der Auswahl einer E-Vergabe-Lösung ist zu überprüfen, welche Schnittstellen<br />

durch das Verfahren zu bedienen sind. Beispielsweise sollte es möglich sein, Termine<br />

und Aufgaben in Standard-Programme zu übertragen (z. B. Lotus Notes oder MS<br />

Outlook). Auch die Übernahme von Firmenadressen von der Plattform in vorhandene<br />

Adressdatenbanken sollte z. B. über eine CSV-Schnittstelle ermöglicht werden. Weitere<br />

Schnittstellenanforderungen sind zu überprüfen.<br />

6 in Magdeburg realisiert<br />

38 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Folgende weitere Fragestellungen sollten vor der Auswahl der E-Vergabe-Lösung<br />

beantwortet werden, um das System in die bestehende System-Landschaft zu integrieren:<br />

• Wird ein API (Application Programming Interface) benötigt, um z. B. Fremdsysteme<br />

an die Plattform anzubinden oder externe Erweiterungen zu programmieren<br />

(z.B. ERP-Systeme)?<br />

• Soll ein interkommunaler und interministerieller Austausch von Leistungsverzeichnissen<br />

oder Katalogdateien mit anderen Katalog-basierten Beschaffungssystemen<br />

ermöglicht werden?<br />

• Wird eine Schnittstelle zum Reporting benötigt?<br />

• Sind SAP Backendsysteme oder andere Systeme in die Plattform z. B. über<br />

NetWeaver, IST, WebAS, BusinessConnector oder Microsoft BizTalkServer zu integrieren?<br />

• In welchen Formaten sollen die Schnittstellen umgesetzt werden können (z. B.<br />

XLS, XML oder ASCII)?<br />

• Wie und in welchem Format soll der Export von Dateien ermöglicht werden? Zum<br />

Beispiel:<br />

• Automatisierter Export von Dateien per Mail als PDF, Excel, XML oder TIFF über<br />

zeit- und eventgesteuerte Aufgaben<br />

• Manuelle Ex- und Importe von Dateien<br />

• Exporte über WebService-Schnittstellen, die von Fremdapplikationen angesprochen<br />

werden?<br />

4.4.2 Mindestanforderungen an den Arbeitsplatz<br />

Die Einführung einer web-basierten E-Vergabe-Plattform stellt technische Mindestanforderungen<br />

an die Arbeitsplätze der Anwender. Es ist entsprechend zu überprüfen,<br />

ob die IT-Infrastruktur der Verwaltung diesen Mindestanforderungen entspricht oder<br />

Investitionen in die Infrastruktur notwendig sind.<br />

Zu den Mindestanforderungen des Arbeitsplatzes zählen:<br />

• Gängige Internetzugänge wie DSL, ISDN oder analoge Zugänge mit einer Bandbreite<br />

von min. 56 kbit (Breitbandzugänge sind unbedingt vorzuziehen)<br />

• E-Mail-Konto der Anwender<br />

• Jeder Mitarbeiter muss über einen PC-Arbeitsplatz verfügen, der mit dem Intranet,<br />

Extranet und Internet vernetzt ist. Absicherung des Internetzugangs durch eine<br />

Firewall<br />

• Verfügbarkeit von Standard-Softwareprodukten wie MS Office, Open Office oder<br />

Acrobat Reader<br />

39 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

4.5 Anforderungen an die Sicherheit<br />

Die Gewährleistung sicherer und vertraulicher Kommunikations- und Dienstleistungsangebote<br />

über das Internet ist eine zwingende Voraussetzung für die Akzeptanz und<br />

den Erfolg einer E-Vergabe-Lösung bei den Nutzern.<br />

Anforderungen an die Sicherheit beziehen sich einerseits auf den Datenschutz sowie<br />

andererseits auf die Daten- bzw. IT-Sicherheit.<br />

Aufgabe des Datenschutzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch<br />

den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten 7 in unzulässiger Weise in seinem<br />

Recht beeinträchtigt wird, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten<br />

zu bestimmen.<br />

Die Daten- bzw. IT-Sicherheit umfasst alle Maßnahmen für die Sicherstellung der<br />

Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Integrität von Daten.<br />

Im Folgenden werden Anforderungen im Zusammenhang mit dem Datenschutz sowie<br />

der Daten- bzw. IT-Sicherheit erläutert.<br />

4.5.1 Datenschutz<br />

Eine Kommune bzw. ein Kreis hat zu prüfen, ob und inwieweit personenbezogene<br />

Daten über die Vergabelösung erhoben, verarbeitet 8 oder genutzt werden. Für personenbezogene<br />

Daten muss generell ein Grundschutz gewährleistet werden. Im<br />

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist darüber hinaus geregelt, dass personenbezogene<br />

Daten verstärkt zu schützen sind (vgl. § 3 Abs. 9 BDSG).<br />

Werden über die Vergabelösung personenbezogene Daten (z. B. Kontaktdaten eines<br />

Mitarbeiters) übermittelt, sind entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen<br />

des Datenschutzes zu treffen, so z. B.:<br />

• Feststellung und Bewertung des Schutzbedarfs personenbezogener Daten:<br />

Personenbezogene Daten sind im Hinblick auf ihren Schutzbedarf sowohl einzeln<br />

als auch im Gesamtkontext der Anwendung zu bewerten. Da an einer Vergabelösung<br />

verschiedene Stellen mitwirken können, ist darauf zu achten, dass die Daten<br />

der beteiligten Einrichtungen insgesamt bewertet werden. Die Ausgestaltung<br />

von Schutzmaßnahmen muss sich daran orientieren, welche Folgen für einen Betroffenen<br />

bei Datenschutzverletzungen entstehen können und welcher potenzielle<br />

Schaden für die Behörde eintreten kann.<br />

• Personelle Maßnahmen: Es ist ein Rollen- und Zugriffsrechtekonzept zu erstellen,<br />

das regelt, welche Personen im Rahmen ihrer jeweiligen Funktion (Anwen-<br />

7 Als personenbezogene Daten werden einzelne Informationen gewertet, durch die sich Rückschlüsse auf die Identität<br />

oder die sachlichen Verhältnisse einer Person ziehen lassen (vgl. § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz), so z. B.<br />

Name, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Beruf oder Einkommen.<br />

8<br />

Zur Verarbeitung personenbezogener Daten zählen das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen<br />

(§ 3 Abs. 5 BDSG).<br />

40 von 64


SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

dungsentwickler, Systemadministrator, Anwenderbetreuer, Sachbearbeiter, Datenschutzbeauftragter)<br />

welche Daten erheben, verarbeiten und nutzen dürfen.<br />

• Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten der Kommune bzw. des Kreises: Eine<br />

Die Veröffentlichung von Bedienstetendaten (z. B. Kontaktdaten) auf der Vergabeplattform<br />

sollte nur erfolgen, wenn der Dienstverkehr es erfordert oder die Einwilligung<br />

des Bediensteten eingeholt wurde.<br />

• Veröffentlichung personenbezogener Daten weiterer Akteure: Die Veröffentlichung<br />

von personenbezogenen Daten weiterer Akteure setzt in jedem Fall eine<br />

Einwilligung voraus.<br />

• Protokollierung der Nutzung: Für Art, Umfang und Aufbewahrung der Protokollierung<br />

und Bestandsdaten gilt der Grundsatz der Erforderlichkeit. Protokolldaten<br />

dürfen nur zu den Zwecken genutzt werden, die Anlass für ihre Speicherung waren.<br />

Die Verwendung von Protokolldaten zu Zwecken der Verhaltens- und Leistungskontrolle<br />

ist untersagt. Nur im Einzelfall ist eine Auswertung der Protokolldaten<br />

zur Aufdeckung von Missbräuchen zulässig.<br />

• Nutzungsbedingungen: Nutzungsbedingungen regeln die Bedingungen der Inanspruchnahme<br />

elektronischer Informations- und Dienstleistungsangebote. Dazu<br />

zählen beispielsweise Ausführungen zum Datenschutz, die Abgrenzung des Angebots<br />

der Verwaltung von dem Angebot anderer Behörden oder privater Rechtsträger<br />

sowie Regelungen zur Haftung bei mangelnder Verfügbarkeit der Dienste<br />

und für Verweise auf fremde Webseiten (Hyperlinks) etc.<br />

Die Formulierung der Nutzungsbedingungen ist abhängig vom Umfang des<br />

Dienstleistungsangebots. Die Nutzungsbedingungen sollten in der Vergabelösung<br />

integriert sowie über einen deutlichen Hinweis auf der Angebotsseite<br />

leicht erreichbar sein.<br />

• Beteiligung des Datenschutzbeauftragten: Durch den Einbezug des behördlichen<br />

Datenschutzbeauftragten wird gewährleistet, dass die Kommune bzw. der<br />

Kreis den Erfordernissen des Datenschutzes umfassend Rechnung trägt.<br />

Umfassende Lösungskonzepte sowie Leitlinien zum Thema Datenschutz sind im<br />

E-Government-Handbuch des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(BSI) 9 niedergelegt.<br />

4.5.2 Datensicherheit/IT-Sicherheit<br />

4.5.2.1 Schutzbedarfsfeststellung<br />

Mit der Schutzbedarfsfeststellung wird für identifizierte onlinefähige Dienstleistungen<br />

definiert, welchen Schutzbedarf die ihr zu Grunde liegende Kommunikation zwischen<br />

9 Vgl. BSI 2005b.<br />

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SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Nutzer und der Behörde nach sich zieht. 10 Die zu betrachtenden Sicherheitsziele sind<br />

Vertraulichkeit und Verbindlichkeit (Integrität, Authentizität und Nicht-Abstreitbarkeit,<br />

Authentizität der Kommunikationspartner). Unverzichtbare Voraussetzung für das<br />

Funktionieren der Lösung ist ferner die Verfügbarkeit der technischen Systeme auf<br />

Behördenseite (z. B. Web-Server). Für rechtsverbindliche Transaktionen ist grundsätzlich<br />

der Aspekt des Schriftformerfordernisses zu berücksichtigen (für eine umfangreiche<br />

Beschreibung der Schutzbedarfe siehe Anhang). 11<br />

Für eine kommunale Vergabelösung, wie im vorliegenden <strong>Spezifikationsbericht</strong> vorgestellt,<br />

wurde insgesamt die Schutzbedarfsklasse „hoch“ ermittelt (siehe Anhang 1 –<br />

Schutzbedarfsfeststellung).<br />

4.5.2.2 Maßnahmen zur Gewährleistung von Daten- bzw. IT-Sicherheit<br />

Auf Basis der ermittelten „hohen“ Schutzbedarfsklasse sind technisch-organisatorische<br />

Anforderungen zur Gewährleistung der Daten- bzw. IT-Sicherheit zu formulieren.<br />

Bei der elektronischen Angebotserstellung ist die Vertraulichkeit der Daten durch<br />

Verschlüsselungsalgorithmen der Bieterdaten zu sichern. Nach der elektronischen<br />

Angebotsabgabe sind die Angebote nur nach Verstreichen des Eröffnungstermins<br />

nach dem Vier-Augenprinzip durch zwei Mitarbeiter der Vergabestelle zu entschlüsseln.<br />

Folgende Punkte müssen gewährleistet sein:<br />

• SSL-verschlüsselter, gesicherter Online-Zugriff auf die Ausschreibungsunterlagen<br />

durch die Bieter<br />

• Hoch vertrauliche Online-Angebotserstellung durch hochgradige Verschlüsselung<br />

der Bieterdarten<br />

• Rechtssichere Online-Abgabe von Angeboten mit qualifizierter elektronischer<br />

Signatur nach Signatur-Gesetz<br />

• Kompatibilität zu allen X509 Signaturstandards<br />

• Rechtssichere Online-Angebotsabgabe mittels Hashwert-Generierung und Erzeugung<br />

eines papiernen Mantelbogens (ähnlich dem ELSTER – Verfahren)<br />

• Hoch sichere Verschlüsselung bei Online-Abgabe<br />

• Integrität und Authentizität der Angebote durch hochsichere kryptographische<br />

Mechanismen<br />

• Verschluss der Angebote bis zur Öffnung durch die Vergabestelle mit der Möglichkeit<br />

des Rückzugs bis zur Submission<br />

10<br />

Quelle: IT-Grundschutzhandbuch: 2.2. Schutzbedarfsfeststellung (http://www.bsi.de/gshb/deutsch/baust/02002.html<br />

am 25.09.2006).<br />

11 Quelle: E-Government-Handbuch: Phasenplan E-Government „Phase 3 Analyse”;<br />

(http://www.bsi.bund.de/fachthem/egov/download/3_Phase3.pdf am 25.09.2006).<br />

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SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

• Öffnung nach Vier-Augenprinzip unter Berücksichtigung der Stellvertreter-<br />

Regelung<br />

Um die sichere Abwicklung der Vergabeprozesse gewährleisten zu können, muss die<br />

E-<strong>Procurement</strong>-Anwendung eine Reihe von Sicherheitsanforderungen erfüllen. Diese<br />

Anforderungen können thematisch in folgende Aspekte gegliedert werden:<br />

• Rechtsverbindlichkeit<br />

• Authentizität<br />

• Vertraulichkeit<br />

• Verbindlichkeit<br />

• Verfügbarkeit<br />

• Integrität<br />

• Nichtabstreitbarkeit<br />

• Vertrauenswürdigkeit der Software<br />

• Rechte-Rollen-Konzept<br />

Im Folgenden werden die Anforderungen im Einzelnen beschrieben:<br />

Rechtsverbindlichkeit:<br />

Die Sicherstellung der Rechtsverbindlichkeit ist durch die Verwendung der „qualifizierten<br />

elektronischen Signatur“ zu erreichen, die per Gesetz der eigenhändigen Unterschrift<br />

gleichgestellt ist und diese ersetzen kann. Die qualifizierte elektronische Signatur<br />

wird auf Basis eines mathematischen Verfahrens und mit Hilfe eines privaten<br />

kryptographischen Schlüssels (Private Key) beim Absender erzeugt. Durch einen dazugehörigen,<br />

öffentlichen kryptographischen Schlüssel (Public Key) kann die Signatur<br />

jederzeit überprüft und gleichzeitig der Schlüsselinhaber und die Unverfälschtheit<br />

(Integrität) der Daten festgestellt werden. Die jeweils einmaligen Schlüsselpaare (privater<br />

und öffentlicher Schlüssel) werden durch staatlich überwachte Stellen (Zertifizierungsstellen,<br />

Trust Center) natürlichen Personen auf Antrag fest zugeordnet. Diese<br />

Zuordnung wird durch ein qualifiziertes Signaturschlüssel-Zertifikat beglaubigt.<br />

Die Bindung des Signaturschlüssels an den Inhaber erfolgt durch den zusätzlichen<br />

Besitz einer Chipkarte (Signaturkarte) mit PIN. Somit ist für den Einsatz der qualifizierten<br />

elektronischen Signatur immer die gleichzeitige Verwendung eines zertifizierten<br />

Schlüsselpaares und der Chipkarte mit PIN erforderlich.<br />

Für die elektronische Angebotsabgabe sind andere Signaturverfahren als die qualifizierte<br />

Signatur (z. B. fortgeschrittene Signaturverfahren nach PGP) nicht zugelassen.<br />

Authentizität:<br />

Im Vergabeprozess ist es erforderlich, sich zuverlässig von der Identität seines Partners<br />

zu überzeugen. Dies gilt insbesondere für die Zurechenbarkeit von Aktivitäten<br />

zu Personen und den Austausch sensibler Daten. Andererseits muss sichergestellt<br />

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SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

sein, dass es sich bei der Kommunikation mit dem Web-Server tatsächlich um den<br />

Server der ausschreibenden Behörde handelt (Web-Server Authentizität).<br />

In diesem Zusammenhang muss durch den Systemanbieter gewährleistet werden,<br />

dass Sperrinformationen zu Zertifikaten (z. B. bei Kartenverlust oder beim Wegfall<br />

bestimmter Eigenschaften) rechtzeitig vom System erkannt und verarbeitet werden<br />

können.<br />

Über ein personalisiertes Berechtigungs- und Rollenkonzept werden die Pflegeberechtigungen<br />

für die Ausschreibungsdaten sichergestellt. Für die folgenden Anwendergruppen<br />

sind Berechtigungs- und Rollenkonzepte zu realisieren:<br />

• Einkäufer<br />

• Zentrale Vergabestelle<br />

• Bieterfirmen<br />

Es muss die Möglichkeit bestehen, diese Rollen an die spezifischen Anforderungen<br />

der Organisation der jeweiligen Stadt anzupassen. Neue Rollen müssen eingerichtet<br />

bzw. an bestehende Hierarchien angepasst werden können.<br />

Hinsichtlich der Vergabe eines Passwortes sind folgende Kriterien zu erfüllen:<br />

• verdeckte Eingabe<br />

• Mindestlänge<br />

• Sperrung nach einer definierten Anzahl an Fehlversuchen<br />

Vertraulichkeit:<br />

Der Schutzbedarf der ausgetauschten Daten im E-<strong>Procurement</strong>-Verfahren hinsichtlich<br />

Vertraulichkeit ist als hoch bis sehr hoch zu bezeichnen (siehe hierzu auch Abschnitt<br />

4.5.2.1). Deshalb müssen Verschlüsselungssysteme eingesetzt werden, die<br />

eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der zu übermittelnden Daten ermöglichen.<br />

Bei der Datenübermittlung ist die Vertraulichkeit der Informationen durch Verwendung<br />

von SSL/TLS-verschlüsselten Kanälen unter Nutzung zugehöriger Server-<br />

Zertifikate sicherzustellen. Derzeitiger Standard für eine sichere Kommunikation bei<br />

symmetrischen Verfahren ist eine Schlüssellänge von 128 Bit RC4 oder 112 Bit 3-<br />

DES. Darüber hinaus muss durch geeignete Verschlüsselungsmechanismen für die<br />

Dokumente die Vertraulichkeit der Angebote sichergestellt werden. Bei einer softwarebasierten<br />

Verschlüsselung ist der derzeitige Standard ein RSA-Algorithmus mit<br />

einer Schlüssellänge von mindestens 1024 Bit.<br />

Auf Seiten der digitalen Signatur wird als Verschlüsselungsstandard ein Verfahren<br />

angewendet, das den aktuellen Stand des Signaturgesetzes (SigG) und der Signaturverordnung<br />

(SigV) einhält und somit eine Grundlage zur Schaffung rechtsgültiger<br />

Dokumente in digitaler Form schafft. Die Kommunikation ist bei dem E-<strong>Procurement</strong>-<br />

Verfahren generell mittels SSL-Verschlüsselung durchzuführen.<br />

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SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Verbindlichkeit:<br />

Verbindlichkeit wird durch die Gewährleistung der Integrität, der Authentizität und<br />

Nicht-Abstreitbarkeit sowie der Authentizität der Kommunikationspartner erreicht.<br />

Entsprechende Maßnahmen können der Schutz der Daten vor unberechtigter Veränderung<br />

durch entsprechende Rollen- und Zugriffsrechtekonzepte (siehe auch Beschreibungen<br />

zum Punkt „Rechte-Rollen-Konzept“) und die Sicherung der Datenverbindung<br />

sein.<br />

Verfügbarkeit:<br />

Mit der Verfügbarkeit der Vergabeplattform sind Anforderungen verknüpft, welche die<br />

kontinuierliche Bereitstellung der Lösung für die Nutzer gewährleisten.<br />

In diesem Zusammenhang sind Maßnahmen zur Sicherstellung eines geordneten<br />

Geschäftsverkehrs im „üblichen“ Rahmen zu ergreifen, so z. B. ein regelmäßiges<br />

Back-up.<br />

Integrität:<br />

Die Zuordnung empfangener Daten zu einem konkreten Absender und die nachweisbare<br />

Feststellung ihrer Unverfälschtheit ist insbesondere bei rechtsverbindlichen<br />

Verwaltungsprozessen unabdingbar, speziell dann, wenn grundsätzlich damit zu<br />

rechnen ist, dass diese Daten als Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren verwendet<br />

werden müssen. Zu diesem Zweck sind die zu übertragenen Dokumente unter<br />

Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur zu signieren. Damit kann<br />

eine Manipulation des Dokuments relativ sicher erkannt werden.<br />

Alle Unterlagen unterliegen dem Grundsatz der Vertraulichkeit, und jede Verletzung<br />

der Integrität würde dazu führen, dass sich der so genannte Hashwert, der gebildet<br />

wird, verändert. Bei Öffnung der Unterlagen wird als erstes die Unversehrtheit der<br />

Unterlagen geprüft.<br />

Nichtabstreitbarkeit:<br />

Beim Vergabeprozess handelt es sich um einen Austausch von Dokumenten, deren<br />

Zugang/Abgang mit Aufzeichnung des Zeitpunkts unabstreitbar dokumentiert werden<br />

muss. Diese Zeitpunkte beziehen sich auf das Erstellen, Signieren, Empfangen,<br />

Senden und erstmalige Öffnen der Dokumente. Diese Zeitpunkte müssen im Geschäftsprozess<br />

zuverlässig bestimmt und nachvollziehbar dokumentiert werden. Dazu<br />

muss ein qualifizierter Zeitstempel verwendet werden. Die Urheberschaft der übertragenen<br />

Dokumente ist zweifelsfrei durch digitale Signierung nachzuweisen (alternative<br />

teilelektronische Verfahren mit Mantelbogen sind zulässig, s. o.).<br />

Vertrauenswürdigkeit der Software:<br />

Der Geschäftsprozess der elektronischen Vergabe ist stark von der eingesetzten<br />

Software abhängig. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, für die Signaturkomponenten<br />

das E-<strong>Procurement</strong>-Verfahren nur Software einzusetzen, die nach anerkannten<br />

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SPEZIFIKATION DES VERFAHRENS<br />

„E-PROCUREMENT“<br />

Regelwerken evaluiert und durch Dritte mindestens nach den Stufen EAL 3+ (CC)<br />

oder E2 (IT-SEC) zertifiziert sind oder deren Zertifizierung zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe<br />

aktenkundig beantragt ist.<br />

Rechte-Rollen-Konzept:<br />

Im gesamten Vergabeprozess wirken unterschiedliche Organisationseinheiten (Vergabestellen<br />

von Auftraggebern, externe Dienstleister, Bewerber) unterschiedlicher<br />

Mandanten mit. Auf der Basis der zu unterstützenden Vergabeprozesse ist deshalb<br />

für die Arbeitsteilung und die praktische Nutzung des E-<strong>Procurement</strong>-Verfahrens ein<br />

dynamisches, funktionsorientiertes Rechte-Rollen-Konzept erforderlich und zu implementieren.<br />

Die Definition unterschiedlicher Rollen ergibt sich aus der differenzierten<br />

Beteiligung und Verantwortung im Vergabeprozess und auf Grund unterschiedlicher<br />

Hierarchiestufen in den Vergabestellen. Die jeweiligen Rollen müssen frei definierbar<br />

sein.<br />

Folgende Rollen sind erforderlich:<br />

• Systemadministrator<br />

• Sachbearbeiter Vergabe<br />

• Qualifizierter Sachbearbeiter Vergabe<br />

• Freiberuflich Tätiger<br />

• Bewerber / Bieter<br />

Den definierten Rollen müssen wahlfrei Rechte für Fachfunktionen und Benutzeraktionen<br />

zugeordnet werden. Dadurch werden Lese- und Schreibrechte (Anzeigen, Erstellen,<br />

Ändern, Löschen, Speichern usw.) für einzelne Fachfunktionen und Informationsobjekte<br />

geregelt. Die praktische Umsetzung des Rechte-Rollen-Konzepts erfolgt<br />

in der Benutzerverwaltung.<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

5 Praxisbeispiele aus den Transferkommunen<br />

5.1 Landeshauptstadt Magdeburg<br />

Die Applikation, die in der Landeshauptstadt Magdeburg derzeit realisiert wird, trägt<br />

die Bezeichnung Public-e<strong>Procurement</strong>-Plattform und besteht aus den Modulen<br />

E-Beschaffung (stadtweites Katalogsystem), E-Vergabe (für Mitarbeiter der Vergabestellen<br />

und weitere ausgewählte Mitarbeiter wie Rechungsprüfer, Beschaffer, etc.)<br />

sowie einem Marktplatz-Modul zur Veröffentlichung von Ausschreibungen und der<br />

Abgabe von Angeboten seitens der Lieferanten. Über dieses komplett webbasierte,<br />

elektronische Vergabe- und Beschaffungssystem können die Bedarfsträger in der<br />

Verwaltung sowie die Vergabespezialisten den Vergabeprozess abwickeln und aus<br />

elektronischen Katalogen direkt und nahtlos Waren und Dienstleistungen beim Lieferanten<br />

bestellen. Dies gilt sowohl für direkte Materialien als auch für indirekte Güter<br />

und Dienstleistungen.<br />

Die bedarfsorientierte elektronische Abwicklung des Bestellprozesses reduziert Auftragsdurchlaufzeiten<br />

und Transaktionskosten. Sie erhöht die Prozessqualität des einkaufenden<br />

und liefernden Unternehmens durch die Integration der Prozessketten. Sie<br />

steigert die Effizienz des Einkaufs, der von nicht-wertschöpfenden Routinetätigkeiten<br />

entlastet wird. Diese gewonnene Zeit kann für strategische Einkaufsaufgaben, Lieferantenbewertungen<br />

oder Einkaufskostenmanagement verwendet werden und führt<br />

wiederum zu besseren Preisen und dem gezielten Einsatz der besten Lieferanten.<br />

Die Applikation soll mittelfristig in das verwaltungsinterne Finanzsystem integriert<br />

werden. Die Anbindung von externen Lieferanten oder elektronischen Marktplätzen<br />

aller Art ist durch die offene Architektur der Plattform möglich und auch angestrebt.<br />

Die Landeshauptstadt Magdeburg (deren kommunales Rechenzentrum, die KID<br />

Magdeburg GmbH, die Verfahren betreibt) nutzt das Microsoft.NET-Framework als<br />

Entwicklungsplattform für die Produkte und Lösungen im Umfeld der öffentlichen Beschaffung.<br />

Die folgenden Fachverfahren und Prozesse werden berührt:<br />

• Vergabeverfahren mit den Prozessschritten:<br />

• Bedarfsermittlung und Erstellung des Leistungsverzeichnisses<br />

• Vergabevorbereitung<br />

• Veröffentlichung / Ausschreibung<br />

• Distribution der Verdingungsunterlagen<br />

• Angebotsabgabe seitens der Lieferanten (digital/ konventionell)<br />

• Öffnung und Wertung der Angebote<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

• Zuschlag<br />

• Datenübernahme in den Warenkatalog<br />

• Archivierung und Prozessdokumentation<br />

• Beschaffungsverfahren mit den Prozessschritten:<br />

• Suche und Auswahl im webbasierten Katalog<br />

• Automatisierte Genehmigungsprozesse<br />

• Integrierte Bestellprozesse<br />

• Lieferung und Wareneingang<br />

• Rechungs- und Zahlungsabwicklung.<br />

• Beispielhaft sollen an der folgenden Stelle einige Einblicke in die konkrete Softwareumgebung<br />

gegeben werden. Eine komplette visuelle Darstellung ist in dem<br />

vorliegenden <strong>Spezifikationsbericht</strong> aus Platzgründen nicht möglich. Die Transferkommunen<br />

Magdeburg und Berlin geben gerne detaillierte Auskünfte.<br />

Abbildung 11: Anmeldung Magdeburger Vergabeplattform<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

Abbildung 12: Übersicht über laufende Vergabeprojekte<br />

Abbildung 13: Angebotsübersicht<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

5.2 Land Berlin<br />

Das Projekt „Bündelung interner Querschnittsaufgaben der bezirklichen Ebene und<br />

der Hauptverwaltung“ (ProQuer) ist ein zentrales Vorhaben der Neuordnungsagenda<br />

2006. ProQuer ist als ein organisatorisches Dach im Sinne einer „Gesamtlogik“ zu<br />

verstehen, unter dem einzelne Querschnittsaufgaben in Form von Teilprojekten behandelt<br />

werden. Das Thema Beschaffung stellt ein Teilprojekt von ProQuer dar. Das<br />

Projekt ist inzwischen abgeschlossen.<br />

Das Teilprojekt Beschaffung bezieht sich in erster Linie auf der Vergabeordnung für<br />

Leistungen (VOL) basierende Vorgänge. Soweit wie möglich werden auch Vorgänge<br />

nach der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) einbezogen. Die Reorganisation<br />

von Beschaffungen nach der Vergabeordnung für Bauleistungen (VOB)<br />

wird im Projekt „eVergabe“ unter der Federführung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />

behandelt. Eine enge Abstimmung beider Projekte ist gewährleistet.<br />

Ein zentrales Ziel des Projekts war die Definition von Mustergeschäftsprozessen<br />

(Festlegung von Aufgaben, Rollen und Abläufen) als Mittel der Standardisierung und<br />

des Qualitätsmanagements sowie als Grundlage für die medienbruchfreien Gestaltung<br />

der Beschaffungsvorgänge im Land Berlin.<br />

Voruntersuchungen hatten gezeigt, dass im Zuge der Verwaltungsreform mit dem<br />

Ziel, die dezentrale Ressourcenverantwortung zu stärken, das Beschaffungswesen in<br />

der Mehrzahl der Verwaltungen auch innerhalb der Behörden dezentralisiert wurde.<br />

Dadurch haben sich sehr unterschiedliche Arbeitsweisen in der Vergabe und Beschaffung<br />

herausgebildet, die insgesamt wenig transparent waren.<br />

Die Unterschiede in den Prozessorganisationen wurden in der Ist-Analyse anhand<br />

ausgewählter Vergabestellen herausgearbeitet. Die Ursachen für die Unterschiede<br />

lagen vorrangig in der jeweiligen Personalausstattung (Kompetenzen und Qualifikationen),<br />

in den verschiedenen Aufgabenschwerpunkten (VOB, VOL) sowie in der von<br />

den Vergabestellen gewählten strategischen Zielstellung (z. B. Qualitätssicherung,<br />

Service, Bedarfsbündelung). Im Einzelnen handelte es sich um die Beschaffung:<br />

• im Bezirksamt Lichtenberg (Schwerpunkt Serviceangebote bei der Vergabe und<br />

Beschaffung bis hin zur Reparatur, Inventarisierung und Aussonderung);<br />

• im Landesverwaltungsamt (Schwerpunkt Bedarfsbündelung im Sammelbestellverfahren);<br />

• für die Polizei (Schwerpunkt Qualitätssicherung in Vergabe und Beschaffung);<br />

• im Bezirksamt Mitte (Schwerpunkt Vergabe);<br />

• im IT-Dienstleistungszentrum (Schwerpunkt Bedarfsbündelung in der IT-<br />

Beschaffung).<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

Anschließend wurden die fünf Prozessvarianten zu einem Muster-Prozessmodell<br />

verallgemeinert, das den IST-Situationen in den verschiedenen Vergabestellen<br />

Rechnung trägt. Der Weg der Verallgemeinerung führte über:<br />

• den Entwurf der Musterprozesse,<br />

• deren Qualitätssicherung durch „Mentorenteams“ und<br />

• die abschließende Abstimmung im Forum der Vergabestellen, zu dem alle Mitarbeiter<br />

im Vergabe- und Beschaffungswesen der Berliner Verwaltung Zugang haben.<br />

Hierzu ist anzumerken, dass mit der Verallgemeinerung nicht nur die Vereinheitlichung<br />

der verschiedenen IST-Zustände erreicht wurde, sondern auch eine Optimierung<br />

im Sinne der Übernahme von „Best Practices“ sowie durch Korrektur bekannter<br />

Defizite.<br />

Für die Entwicklung der Musterprozesse wurde ein ganzheitlicher Modellierungsansatz<br />

gewählt, der alle Prozesse von der Entstehung des Bedarfs über die Bedarfsdeckung<br />

bis hin zur Inventarisierung 12 und Aussonderung 13 von beschafften Waren<br />

einschließt, auch wenn noch nicht alle Teilprozesse im Detail modelliert wurden. Das<br />

Prozessmodell schließt auch die Prozesse zu externen Beteiligten (Bieter, Lieferanten,<br />

Fachberater) ein.<br />

12 Teilprozess im Geschäftsprozess J#-Wareneingang und Bezahlung (s. Abb.1)<br />

13 Teilprozess im Geschäftsprozess K#-Datenauswertung (s. Abb.1)<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

Abbildung 14: Vergabe- und Beschaffungswesen im Land Berlin (Prozesslandkarte)<br />

Ein wichtiges Optimierungsziel aus der Sicht der Mitarbeiter war die Qualitätssicherung<br />

im Sinne der Rechtskonformität von Vergabeverfahren. Hierzu wurden folgende<br />

Optimierungsmaßnahmen umgesetzt:<br />

• der Einsatz der elektronischen Vergabeplattform, mit der ein IT-System zur revisionssicheren<br />

Durchführung von Vergabeverfahren zur Verfügung steht und<br />

• ein prozessorientiertes Wissensmanagement, mit dem Praxiswissen u. a. in Form<br />

von Vordrucken, Formularen, Arbeitshilfen, und Gesetzestexten bedarfsgerecht<br />

an den Prozessschritten bereitgestellt wird. Die sich im Umlauf befindlichen Vordrucke<br />

wurden auf eine geeignete Anzahl reduziert, einheitlich gestaltet und sowohl<br />

in Papierform als auch in digitaler Form bereitgestellt.<br />

Ergebnisse:<br />

• Die Dokumentation der Musterprozesse liegt online als Vergabehandbuch sowohl<br />

in Form einer Web-Präsentation als auch in Form eines elektronischen Dokumentes<br />

vor. Das Handbuch kann als Nachschlagewerk genutzt werden, aber auch als<br />

Grundlage für ein Qualifizierungs- und Fortbildungsprogramm.<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

• Alle Informationen und Dokumente sind zentral im Intranet zugänglich.<br />

• Die im Prozess benötigten Dokumente (prozessorientiertes Wissensmanagement)<br />

sind als Übersicht im Dokumentenmodell zusammengefasst und elektronisch<br />

an zentraler Stelle in einem Verzeichnis hinterlegt. Damit wird die Aktualisierung<br />

der Dokumente erleichtert.<br />

• Die im Prozessmodell angelegten Rollen sind als Übersicht im Rollenmodell dargestellt<br />

(s. Abb. 2) und die zu den Rollen gehörenden Aufgabenprofile wurden<br />

dokumentiert.<br />

Rollen sind keine Stellen, sondern Aufgabenprofile. Sie ergeben sich aus<br />

der Summe der Aufgaben, die einer Rolle in den Prozessen der Vergabe<br />

und Beschaffung zugeordnet sind. Damit wurde eine von der konkreten Behördenstruktur<br />

unabhängige Darstellung der Aufbauorganisation gewählt.<br />

So bleibt es den Behörden bei der Implementierung der Musterprozesse in<br />

eine konkrete Prozessorganisation überlassen, ob die Aufgaben einer Rolle<br />

einer oder mehreren Personen als Träger einer Rolle zugewiesen werden.<br />

Insofern kann aus der Auflistung der Rollen noch kein Personalbedarf abgeleitet<br />

werden.<br />

Die Aufgabenprofile können auch als Grundlage einer systematischen Personalentwicklung<br />

genutzt werden. Ebenso kann im Sinne des Serviceverständnisses<br />

die operative Ausführung einer Rolle durchaus an einen Dienstleiter<br />

(SE) übertragen werden, während die Verantwortung für die Rolle<br />

beim Rollenträger verbleibt.<br />

Die Ergebnisse stehen auch im Internet auf der „Virtual Community – Geschäftsprozessmanagement“<br />

(www.vc-gpm.de) zur Verfügung unter:<br />

http://www.fhvr-berlin.de/fhvr/fileadmin/dozent/falck/vc/schnupper-vc/Vergabe-<br />

Beschaffung-Berlin/Start.htm<br />

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PRAXISBEISPIELE AUS DEN TRANSFER-KOMMUNEN<br />

Abbildung 15: Vergabe- und Beschaffungswesen im Land Berlin (Rollenmodell)<br />

Mit der Definition von Mustergeschäftsprozessen sind Voraussetzungen für den Aufbau<br />

von Kompetenzzentren geschaffen worden, die zur zentralen Unterstützung der<br />

dezentralen Bedarfsträger nach dem Prinzip „Einer oder wenige für alle“ die notwendigen<br />

Service- bzw. Supportfunktionen erfüllen, während die Ressourcenverantwortung<br />

im Sinne der Entscheidungsbefugnisse dezentral bei den Bedarfsträgern verbleibt.<br />

(Wahrung der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung)<br />

Die Weiterentwicklung der Kompetenzzentren zu „Shared Services“ erfordert ein einheitliches<br />

Kennzahlensystem, das den Leistungsvergleich und Wettbewerb untereinander<br />

ermöglicht.<br />

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LITERATURVERZEICHNIS<br />

Literaturverzeichnis<br />

BSI 2005a Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: BSI-<br />

Standard 100-2: IT-Grundschutz-Vorgehensweise. Version<br />

1.0, Bonn 2005.<br />

http://www.bsi.bund.de/literat/bsi_standard/index.htm<br />

Abruf 29.06.2006.<br />

BSI 2005b Projektgruppe E-Government im Bundesamt für Sicherheit in<br />

der Informationstechnik: Datenschutzgerechtes<br />

E-Government. Handlungsempfehlungen. Modul aus dem<br />

E-Government-Handbuch. Bonn 2005.<br />

http://www.bsi.bund.de/fachthem/egov/6.htm<br />

Abruf 28.10.2005.<br />

BSI 2005c Projektgruppe E-Government im Bundesamt für Sicherheit in<br />

der Informationstechnik: Phasenplan E-Government.<br />

Phase 3 Analyse. Modul aus dem E-Government-Handbuch.<br />

Bonn 2005<br />

http://www.bsi.bund.de/fachthem/egov/6.htm<br />

Abruf 28.10.2005.<br />

BSI 2005d Projektgruppe E-Government im Bundesamt für Sicherheit in<br />

der Informationstechnik: Phasenplan E-Government.<br />

Phase 3 Analyse. Modul aus dem E-Government-Handbuch.<br />

Bonn 2005<br />

http://www.bsi.bund.de/fachthem/egov/6.htm<br />

Abruf 28.10.2005.<br />

KBSt 2005 Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für<br />

Informationstechnik in der Bundesverwaltung (KBSt): SAGA.<br />

Standards und Architekturen für E-Government-<br />

Anwendungen. Version 2.1. Schriftenreihe der KBSt. Band<br />

82. September 2005.<br />

http://www.kbst.bund.de/cln_011/nn_836960/Content/<br />

Standards/Saga/Standards/standards__node.<br />

html__nnn=true<br />

Abruf 29.06.2006.<br />

55 von 64


ANHANG 1 – SCHUTZBEDARFSFESTSTELLUNG<br />

Anhang 1 – Schutzbedarfsfeststellung<br />

Das hier dargestellte Vorgehen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(BSI) 14 , die so genannte E-Government-spezifische Schutzbedarfsfeststellung,<br />

betrachtet ausschließlich die Kommunikation zwischen Nutzern und Behörde<br />

und damit die Schnittstellen des Online-Dienstleistungsangebots.<br />

Dabei wird hinsichtlich der Schadensauswirkungen auf der Seite der Nutzer sowie<br />

auf der Seite der Behörde der Schutzbedarf festgelegt.<br />

Unter den Schadensauswirkungen auf Seite der Nutzer sind insbesondere Auswirkungen<br />

auf die gesellschaftliche Stellung oder auf die wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

des Kunden (z. B. Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts,<br />

Beeinträchtigung der persönlichen Unversehrtheit, finanzielle Auswirkungen) zu verstehen.<br />

Auf Behördenseite stehen das gesetzmäßige Verwaltungshandeln (z. B. Verstoß gegen<br />

Gesetze/Vorschriften/Verträge) und ein damit verbundener Imageverlust (z. B.<br />

negative Außenwirkungen) im Vordergrund. Andere Auswirkungen (z. B. Beeinträchtigung<br />

der Aufgabenerfüllung, finanzielle Auswirkungen) sind denkbar. Dabei sind<br />

insbesondere die finanziellen Auswirkungen nicht generell in absoluten Zahlen zu<br />

quantifizieren.<br />

Als Orientierungshilfe werden im Folgenden fünf Schutzbedarfsklassen definiert. Da<br />

der Schutzbedarf meist nicht unmittelbar quantifizierbar ist, beschränkt sich die Definition<br />

auf eine qualitative Aussage:<br />

Schutzbedarfsklasse Ausprägung der Schutzbedarfsklasse<br />

kein Ein besonderer Schutz ist nicht notwendig, da keine Schadensauswirkungen<br />

zu erwarten sind.<br />

niedrig Die Schadensauswirkungen sind eng begrenzt.<br />

mittel Die Schadensauswirkungen sind begrenzt und überschaubar.<br />

hoch Die Schadensauswirkungen können beträchtlich sein.<br />

sehr hoch Die Schadensauswirkungen können ein existenziell bedrohliches,<br />

katastrophales Ausmaß erreichen.<br />

Tabelle 1: Schutzbedarfsklassen<br />

14 Quelle: E-Government-Handbuch: Phasenplan E-Government. Phase 3 “Analyse”<br />

(http://www.bsi.bund.de/fachthem/egov/download/3_Phase3.pdf).<br />

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ANHANG 1 – SCHUTZBEDARFSFESTSTELLUNG<br />

Die Schutzbedarfsklasse für das Verfahren wird anhand der Sicherheitsziele<br />

• Vertraulichkeit,<br />

• Verbindlichkeit (Verbindlichkeit der Kommunikation, Integrität, Authentizität und<br />

Nicht-Abstreitbarkeit der übertragenen Daten, Authentizität der Kommunikationspartner),<br />

• Schriftformerfordernis sowie<br />

• Verfügbarkeit der technischen Systeme auf Behördenseite<br />

festgestellt.<br />

Bei der Feststellung des Schutzbedarfs wird bei der elektronischen Vergabe davon<br />

ausgegangen, dass umfangreiche Informationen im Internet angeboten werden. Darüber<br />

hinaus werden Möglichkeiten zur Kommunikation angeboten, z. B. E-Mail-<br />

Formulare. Der Schutzbedarf für die Abwicklung von Dienstleistungen bzw. Transaktionen<br />

über das Internet ist hier nicht Gegenstand der Betrachtung.<br />

1. Vertraulichkeit der Kommunikation:<br />

Werden Daten zwischen Kunden und Behörde ausgetauscht, so ist es in vielen Fällen<br />

notwendig, sicherzustellen, dass diese nicht von unberechtigten Dritten mitgelesen<br />

werden; die Vertraulichkeit der übertragenen Daten muss also geschützt werden.<br />

Im herkömmlichen papiergestützten Verfahren wird dies in der Regel durch die Verwendung<br />

von Briefumschlägen sichergestellt.<br />

Einordnung Erläuterung Schutzbedarf<br />

Kein Allgemeine Informationen; konventionelle Übermittlung<br />

durch Veröffentlichung in Broschüren/<br />

Zeitungen/ allgemein zugänglichen<br />

Medien oder Versand per Postkarte.<br />

Niedrig Gering schützenswerte personenbezogene<br />

bzw. vertrauliche Daten; konventionelle Übermittlung<br />

durch Versand per Postkarte oder<br />

Brief.<br />

Mittel Eingeschränkt schützenswerte personenbezogene<br />

bzw. vertrauliche Daten; konventionelle<br />

Übermittlung durch Versand per verschlossenem<br />

Brief.<br />

Hoch Personenbezogene bzw. vertrauliche Daten;<br />

konventionelle Übermittlung durch Versand<br />

per verschlossenem Brief.<br />

Sehr hoch Besonders schützenswerte personenbezogene<br />

bzw. vertrauliche Daten; konventionelle<br />

Übermittlung üblicherweise durch Versand per<br />

Vergabe-Lösung<br />

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ANHANG 1 – SCHUTZBEDARFSFESTSTELLUNG<br />

Postzustellungsurkunde oder persönliche Übergabe.<br />

Tabelle 2: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Vertraulichkeit<br />

2. Verbindlichkeit der Kommunikation:<br />

Unter dem Sammelbegriff Verbindlichkeit von Daten sind im E-Government Schutzbedarfe<br />

hinsichtlich der Integrität, Authentizität und Nicht-Abstreitbarkeit zu betrachten.<br />

2.1 Integrität der übertragenen Daten:<br />

Werden Daten übertragen, so ist sicherzustellen, dass diese nicht auf dem Übertragungsweg<br />

verändert werden; ihre Integrität bedarf eines mittleren Schutzes.<br />

Einordnung Erläuterung Schutzbedarf<br />

Niedrig Allgemeine Informationen<br />

Mittel Informationen für einen eingeschränkten Benutzerkreis<br />

Hoch Steuererklärung, Steuerbescheid<br />

Sehr hoch Daten, die zu automatischen Handlungen oder zu<br />

Hilfseinsätzen führen<br />

Tabelle 3: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Integrität<br />

2.2 Authentizität und Nicht-Abstreitbarkeit der übertragenen Daten:<br />

Vergabelösung<br />

Es ist ferner zu prüfen, inwieweit es notwendig ist, die übersandten Daten ihrem Absender<br />

zuordnen zu können. Dies betrifft sowohl die Authentizität der kommunizierten<br />

Daten, d. h. die für den Empfänger verlässliche Zuordnung zum vermeintlichen Absender,<br />

als auch die Nicht-Abstreitbarkeit, also die gegenüber Dritten beweisbare<br />

Zuordnung.<br />

Einordnung Erläuterung Schutzbedarf<br />

Kein Der Abruf allgemeiner Informationen<br />

Niedrig Beispiel: Für die Vereinbarung eines persönlichen<br />

Beratungsgesprächs ist das Themengebiet und<br />

ggf. die Telefonnummer des Gesprächspartners<br />

relevant.<br />

Mittel Beispiel: Die Mitteilung über die Änderung der<br />

Bankverbindung, auf die eine monatliche geringe<br />

Förderung überwiesen wird, sollte nur der Förderberechtigte<br />

vornehmen können.<br />

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ANHANG 1 – SCHUTZBEDARFSFESTSTELLUNG<br />

Hoch Beispiel: Die Mitteilung über die Änderung der<br />

Bankverbindung, auf die eine einmalige hohe<br />

Summe überwiesen wird, darf nur der Förderberechtigte<br />

vornehmen können.<br />

Sehr hoch Beispiel: Bei der Aushändigung des Personalausweises<br />

ist persönliches Erscheinen unter Vorlage<br />

eines Dokuments zur Authentisierung erforderlich.<br />

Der Erhalt des Ausweises wird gegengezeichnet<br />

(Nicht-Abstreitbarkeit).<br />

Vergabelösung<br />

Tabelle 4: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Authentizität und Nicht-<br />

Abstreitbarkeit der übertragenen Daten<br />

2.3 Authentizität der Kommunikationspartner:<br />

Die Nutzung von Online-Dienstleistungen setzt oft voraus, dass Behörde und Nutzer<br />

sich „erkennen“ können.<br />

Einordnung Erläuterung Schutzbedarf<br />

Kein Die Kommunikationspartner können ungenannt<br />

bleiben<br />

Niedrig Die Behauptung der Identität reicht aus<br />

Mittel Die Identität der Kommunikationspartner lässt sich<br />

plausibel nachprüfen<br />

Hoch Die Identität der Kommunikationspartner lässt sich<br />

verbindlich nachprüfen<br />

Sehr hoch Bei der Aushändigung eines bestimmten Dokuments<br />

ist persönliches Erscheinen unter Vorlage<br />

eines Dokuments zur Authentisierung erforderlich<br />

(Nicht-Abstreitbarkeit)<br />

Vergabelösung<br />

Tabelle 5: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Authentizität der Kommunikationspartner<br />

3. Schriftformerfordernis:<br />

Im Zuge der Schutzbedarfsfeststellung wird auch erhoben, ob ein Schriftformerfordernis<br />

besteht, da dieses direkten Einfluss auf die einzusetzenden Sicherheitsmechanismen<br />

hat.<br />

Schutzbedarfsaspekt Kommentar<br />

Wird für diesen Kommunikationsschritt die Schriftform gefordert?<br />

Ist diese rechtliche Vorgabe notwendig oder kann das Gesetz/die<br />

59 von 64


ANHANG 1 – SCHUTZBEDARFSFESTSTELLUNG<br />

Verordnung im Sinne des Bürokratieabbaus oder der Prozessoptimierung<br />

kurzfristig geändert werden?<br />

Gibt es in den zu Grunde liegenden Gesetzen und Verordnungen<br />

eine darüber hinausgehende Anforderung?<br />

Gibt es eine Abschwächung?<br />

Wenn keine Schriftform: Werden in diesem Kommunikationsschritt<br />

im konventionellen Verfahren Unterschriften eingesetzt?<br />

Wenn ja, zu welchem Zweck? Wodurch können sie ersetzt werden?<br />

Tabelle 6: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Vertraulichkeit<br />

4. Verfügbarkeit der technischen Systeme auf Behördenseite:<br />

Online-Dienstleistungen können nur genutzt werden, wenn die technischen Systeme<br />

auf Behördenseite verfügbar sind. Es ist für jede Dienstleistung zu prüfen, in welcher<br />

Zeit-Größenordnung ein Ausfall der Systeme akzeptabel ist.<br />

Einordnung Erläuterung Schutzbedarf<br />

Niedrig bis<br />

mittel<br />

Eine Ausfallzeit der Online-Dienstleistung von<br />

mehr als 24 Stunden kann toleriert werden.<br />

Hoch Eine Ausfallzeit der Online-Dienstleistung zwischen<br />

einer und 24 Stunden wird als tolerable eingeschätzt.<br />

Sehr hoch Die maximal tolerierbare Ausfallzeit der Online-<br />

Dienstleistung liegt unter einer Stunde.<br />

Tabelle 7: Schutzbedarfsfeststellung für das Sicherheitsziel Vertraulichkeit<br />

Vergabelösung<br />

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ANHANG 2 – KRITERIENKATALOG FÜR<br />

SOFTWARELÖSUNGEN ZUR ELEKTRONISCHEN<br />

VERGABE, STAND APRIL 2003TPF FPT<br />

Anhang 2 – Kriterienkatalog für Softwarelösungen<br />

zur elektronischen Vergabe, Stand April<br />

2003 15<br />

Dieser Kriterienkatalog beschreibt die Anforderungen an ein öffentliches, vergaberechtskonformes,<br />

elektronisches Vergabesystem (Software, Plattform). Unterschieden<br />

wird hierbei nach:<br />

• Muss-Kriterien (Funktionen, die vorhanden sein müssen, um Vergaberechtskonformität<br />

zu erfüllen; im Sinne einer rechtlichen, technischen und funktionalen Mindestanforderung),<br />

• Soll-Kriterien (Funktionen, die vergaberechtlich nicht unbedingt vorhanden sein<br />

müssen, die aber eine wirtschaftliche Vergabe erheblich unterstützen),<br />

• Kann-Kriterien (Funktionen, die die Wirtschaftlichkeit des Prozesses im Sine von<br />

E-Government unterstützen, z. B. Kommunikation zu den Bietern).<br />

• Der Kriterienkatalog wurde von der KGSt und den Firmen Administration Intelligence,<br />

Cosinex, CSC Ploenzke, Healy Hudson, Intersource und subreport gemeinsam<br />

entwickelt (weitere Unternehmen sind am Markt tätig). Er soll für öffentliche<br />

Auftraggeber als Checkliste und Leitfaden für die Bewertung und Auswahl<br />

von E-<strong>Procurement</strong>-Lösungen dienen. Gleichzeitig soll er Anbieter solcher Lösungen<br />

dabei unterstützen, ihre Softwareprodukte und Plattformen vergaberechtskonform<br />

zu gestalten und betreiben.<br />

• An dieser Stelle seien öffentliche Auftraggeber darauf hingewiesen, dass auch im<br />

Rahmen der elektronische Vergabe und Beschaffung jeweils die ausschreibende<br />

Stelle für die Abwicklung des Einkaufsgeschäfts verantwortlich bleibt. Eine sorgfältige<br />

Prüfung der Vergaberechtkonformität der Lösung gehört daher zu den<br />

Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung von E-<strong>Procurement</strong>, wie<br />

es in den Transferkommunen realisiert wird.<br />

1. Veröffentlichung des Bekanntmachungstextes<br />

Muss Eine Vergabeplattform muss in jedem Fall eine Möglichkeit bieten,<br />

die Bekanntmachung von Ausschreibungen bzw. das Bekanntmachungsformular<br />

gem. VOL, VOB und VgV elektronisch<br />

zu veröffentlichen.<br />

15 Auszug aus KGSt-Bericht 4/2003 – Elektronische Vergabe und Beschaffung in Kommunalverwaltungen<br />

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ANHANG 2 – KRITERIENKATALOG FÜR<br />

SOFTWARELÖSUNGEN ZUR ELEKTRONISCHEN<br />

VERGABE, STAND APRIL 2003TPF FPT<br />

2. Erstellung und Übermittlung der Vergabeunterlagen<br />

Muss Eine Softwarelösung zur elektronischen Vergabe muss Funktionen<br />

zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe es der ausschreibenden<br />

Stelle möglich ist, die Vergabeunterlagen vollständig und<br />

zusammenhängend an das Vergabesystem zu übertragen. Wichtig<br />

sind dabei Protokollierungsfunktionen über Zeitpunkt, Unversehrtheit<br />

der Datenpakete und Vollständigkeit der übertragenen<br />

Daten. Dabei muss die Softwarelösung in der Lage sein, die vom<br />

Auftraggeber übermittelten Daten gemäß seiner Standards an<br />

die Bewerber in lesbarer Form zur Verfügung zu stellen.<br />

3. Elektronischer Versand der Vergabeunterlagen<br />

Muss Auf der Basis der mit dem Lösungsanbieter zu vereinbarenden<br />

technischen Verfügbarkeit muss die Softwarelösung gewährleisten,<br />

dass über den gesamten, jeweils von der ausschreibenden<br />

Stelle festgelegten Zeitraum die Vergabeunterlagen bereitgestellt<br />

werden.<br />

Muss Es muss grundsätzlich eine Funktionalität bereitgestellt werden,<br />

die es dem Auftraggeber ermöglicht, den Zugriff des Bewerberkreises<br />

auf die Verdingungsunterlagen zu kontrollieren.<br />

Muss Im Falle einer notwendigen Veränderung der Vergabeunterlagen<br />

muss die Softwarelösung Funktionalitäten bereitstellen, um die<br />

Bewerber und eventuell bereits vorhandene Bieter über die Veränderung<br />

zu informieren und die veränderten Vergabeunterlagen<br />

bereit zu stellen.<br />

4. Rollenkonzept<br />

Muss Die Softwarelösung sollte ein geeignetes Rollen- und Nutzenkonzept<br />

vorsehen, um z. B. sicherstellen zu können, dass eine<br />

Unterscheidung von ausschreibender Person und Submissionsleitung<br />

stattfinden kann.<br />

5. Entgegennahme, Zurückziehen und erneute Entgegennahme elektronischer<br />

Angebote<br />

Muss Eine Vergabeplattform muss über die Funktion verfügen, digitale<br />

Angebote verschlüsselt entgegennehmen und diese bis zu einem<br />

Stichtag unversehrt aufheben.<br />

Es muss für den Bieter möglich sein, ein bereits an die Plattform<br />

versandtes Angebot bis zum Submissionstermin wieder zurück-<br />

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ANHANG 2 – KRITERIENKATALOG FÜR<br />

SOFTWARELÖSUNGEN ZUR ELEKTRONISCHEN<br />

VERGABE, STAND APRIL 2003TPF FPT<br />

zuziehen und ein neues (verändertes) Angebot abzugeben.<br />

6. Unterstützung der Angebotswertung<br />

Soll Zum Teil bieten Softwarelösungen auch eigene Funktionen an,<br />

um die Auftraggeber bei der Prüfung und Wertung der Angebote<br />

zu unterstützen. In jedem Fall muss dabei die Unversehrtheit der<br />

elektronischen Originaldokumente durch die Bewertung gewährleistet<br />

sein. Ebenso sollen konventionell eingereichte Angebote<br />

in der Wertung berücksichtigt werden können. Zusätzlich soll sichergestellt<br />

sein, dass eine Auswertung der Angebote in herkömmlicher<br />

Weise möglich bleibt.<br />

7. Unterstützung der digitalen Kommunikation bis zum Submissionstermin<br />

Kann Neben der Unterstützung in der Angebotsphase kann ein Vergabesystem<br />

auch in den weiteren Prozessschritten die Kommunikation<br />

zwischen den Auftraggebern und den Bietern ermöglichen.<br />

So können beispielsweise Teile der Aufklärungsgespräche<br />

über das Vergabesystem kommuniziert werden.<br />

8. Unterstützung der digitalen Kommunikation am dem Submissionstermin bis<br />

zum Zuschlag<br />

Soll Im Anschluss an den Submissionstermin sollte die Softwarelösung<br />

Funktionalitäten zur Übermittlung der Bieterinformation über<br />

die Nichtberücksichtigung sowie die Zuschlagserteilung bereitstellen.<br />

Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Versendung<br />

einer digitalen Zuschlagserteilung nur mit der qualifizierten<br />

digitalen Signatur rechtskräftig ist.<br />

9. Verschlüsselung<br />

Muss Aus technischer Sicht spielt die Art und Weise der Verschlüsselung<br />

eine entscheidende Rolle. Hierbei ist auf eine angemessen<br />

hohe Verschlüsselung zu achten. Derzeitiger Standard ist hier<br />

1024 Bit Schlüssellänge. Grundsätzlich werden die zwei im Folgenden<br />

beschriebenen Verschlüsselungsmechanismen eingesetzt:<br />

Verschlüsselung der Verbindung/SSL: Zum einen ist eine sichere<br />

Kommunikation zwischen öffentlichem Auftraggeber und<br />

den Bewerbern/Bietern über das Vergabesystem zu ermöglichen.<br />

Dies geschieht in der Regel über eine Verschlüsselung der<br />

Verbindungen zum Vergabesystem. Derzeitiger Standard für si-<br />

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ANHANG 2 – KRITERIENKATALOG FÜR<br />

SOFTWARELÖSUNGEN ZUR ELEKTRONISCHEN<br />

VERGABE, STAND APRIL 2003TPF FPT<br />

chere Kommunikation ist eine Schlüssellänge von 128 Bit.<br />

Verschlüsselung der Daten: Darüber hinaus ist es essentiell,<br />

dass mit geeigneten Verschlüsselungsmechanismen die Vertraulichkeit<br />

der Angebote sichergestellt wird. Dabei können sowohl<br />

software- als auch hardwarebasierte Verschlüsselungsmethoden<br />

angewandt werden. Bei einer softwarebasierten Verschlüsselung<br />

ist darauf zu achten, dass mindestens ein RSA-Algorithmus mit<br />

einer Schlüssellänge von 1024 Bit verwendet wird.<br />

10. 4-Augen-Prinzip bei Angebotsöffnung<br />

Muss Zum Submissionstermin müssen von der Softwarelösung Mechanismen<br />

zur Sicherstellung des 4-Augen-Prinzips bereitgestellt<br />

werden. Dies kann z. B. durch den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien<br />

und/oder Signaturkarten realisiert werden.<br />

11. Qualifizierte digitale Signatur<br />

Muss Für die vergaberechtskonforme Abwicklung ist zur Abgabe eines<br />

digital übermittelten Angebots und zur Erteilung/Übermittlung eines<br />

digital übermittelten Zuschlags die qualifizierte elektronische<br />

Unterschrift gemäß SigG zwingend erforderlich. Eine Softwarelösung<br />

muss dazu mindestens eine signaturgesetzkonforme qualifizierte<br />

digitale Signatur unterstützen.<br />

12. Dokumentation<br />

Muss Eine wesentliche Anforderung an eine Softwarelösung ist die<br />

Dokumentation der durchgeführten Verfahrensschritte. Es ist unbedingt<br />

erforderlich, die juristisch relevanten Sachverhalte vollständig<br />

und unverfälscht zu dokumentieren und verfügbar zu<br />

machen.<br />

13. Aufbewahrung der eingegangenen Angebote<br />

Muss Die eingegangenen Angebote müssen als Urdokumente dauerhaft<br />

als solche erkennbar und erhalten bleiben und dürfen auf<br />

keine Weise veränderbar sein. Dies bedeutet, dass diese als Originaldatei<br />

mit Hilfe geeigneter Archivierungsmechanismen gespeichert<br />

und aufbewahrt werden müssen.<br />

Tabelle 8: Tabelle zur Auswahl eines Vergabeproduktes (Quelle: KGSt)<br />

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