Geschäftsbericht 2010 [pdf 2 MB] - ITI
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ein Plädoyer für größere Interpretationsräume<br />
und poetische Freiheit von Literatur. In<br />
der Arbeitsgruppe Rezeption, die das kindliche<br />
Publikum zu fassen versuchte, wurde<br />
nicht zuletzt die mangelnde Fantasie und<br />
Offenheit der Lehrer sowie die fehlende<br />
Auseinandersetzung mit dem Kindertheater<br />
durch eine professionelle Theaterkritik<br />
beklagt. Die Arbeitsgruppe Ästhetik diskutierte<br />
Fragen wie diejenige, ob das Kindertheater<br />
seinen eigenen Weg gehe oder<br />
ob es durch künstlerische Entwicklungen<br />
insgesamt überhaupt berührt werde. Die<br />
Gruppe Dramaturgie sammelte ihre Argumente<br />
für ein zeitgenössisches Erzählen für<br />
Kinder in Anlehnung und Abgrenzung von<br />
Kinderfilmdramaturgie.<br />
Die Intensität der Diskussionen war nicht<br />
zuletzt den konzentrierten Impulsreferaten<br />
zu verdanken, mit denen das Symposium<br />
seinen theoretischen Auftakt nahm. Hans-<br />
Heino Ewers, Professor für Kinder- und<br />
Jugendliteratur an der Johann Wolfgang<br />
Goethe-Universität Frankfurt/Main gab einen,<br />
die zeitgenössische Perspektive herausfordernden<br />
Einblick in die historischen<br />
Wendepunkte von Kinderliteratur seit dem<br />
18. Jahrhundert. Er endete bei der Erfolgsgeschichte<br />
heutiger Fantasy-Literatur, die<br />
nicht zuletzt dem Resonanzraum Film zu<br />
verdanken sei. Die Kinderfilmdramaturgin<br />
Beate Völcker stellte ihren Kollegen vom<br />
Kindertheater zehn Grundthesen zur Dramaturgie<br />
von Kinderfilmen vor. Wolfgang<br />
Bergmanns Vortrag diskutierte die Auswirkungen<br />
von Computerspielen auf die Seele<br />
von Kindern. Suzanne Osten, Leiterin des<br />
Kinder- und Jugendtheaters „Unga Klara“<br />
sprach über ihre Arbeit für Kinder im Theater<br />
und Film. Auch sie plädierte eindringlich<br />
für die Eigenständigkeit und Würde von<br />
Kindern als Publikum.<br />
Die „Akademie für generationsübergreifendes<br />
Sehen“ und „Play Young“ waren der<br />
Versuch, eine neue Qualität in der Diskussion<br />
über Kindertheater zu initiieren. Die<br />
Intensität, mit der der Dialog zwischen den<br />
unterschiedlichen Disziplinen der Experten<br />
für Kinder entfacht wurde, zeigte, dass das<br />
Symposium ein Ausgangspunkt sein kann<br />
für eine engagierte und Sparten übergreifende<br />
Auseinandersetzung über die<br />
künstlerische Praxis für Kinder. Die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer unterstrichen<br />
die Notwendigkeit für einen Austausch,<br />
der vielfach als inspirierend wahrgenommen<br />
wurde und ausgebaut werden sollte.<br />
Basierend auf gegenseitiger Neugierde und<br />
Respekt ist ein Austausch dann fruchtbar,<br />
wenn bisher nicht initiierte Begegnungen<br />
zwischen Künstlern und Produzenten un-<br />
terschiedlicher Gattungen gestiftet werden.<br />
„Play Young“, die „Akademie für generationsübergreifendes<br />
Sehen“ und das<br />
Begleitprogramm von Peggy Mädler waren<br />
ein anregendes und anspruchsvolles, diskursives<br />
wie künstlerisches Programm, das<br />
aufzeigte, worum es in der theoretischen<br />
Debatte letztendlich geht: um Kunst für<br />
Kinder. Gerd Taube, Leiter des Kinder- und<br />
Jugendtheaterzentrums in Frankfurt am<br />
Main, das gemeinsam mit dem <strong>ITI</strong> sowie<br />
dem Mülheimer Theater an der Ruhr Veranstalter<br />
von „Play Young“ war, weist darauf<br />
hin, dass der Diskurs mit den ausländischen<br />
Beobachtern erneut gezeigt habe,<br />
dass das Kindertheater in Deutschland über<br />
„weltweit unvergleichliche Ressourcen und<br />
Strukturen“ verfüge. In der Tat sind die<br />
Produktionsweisen von Kindertheater vom<br />
Staatstheater bis zur freien Gruppe mannigfaltig<br />
und unterschiedlich. Es erscheint für<br />
ein zukünftiges Kindertheater folgerichtig,<br />
diese Strukturen im intensiven Dialog mit<br />
den angrenzenden Künsten, dem Jugend-<br />
und Erwachsenentheater noch besser zu<br />
nutzen.<br />
Nina Peters und Andrea Zagorski<br />
(Kuratorinnen)<br />
„Non Griffiths“ in der Choreografie von Sarah Michelson (c) Rudolf Grittner<br />
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