26.11.2012 Aufrufe

Buch der Begriffe - TU Wien

Buch der Begriffe - TU Wien

Buch der Begriffe - TU Wien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

20 BUCH DER BEGRIFFE<br />

„Bist behin<strong>der</strong>t?“ ist unter Jugendlichen ein häufig gebrauchtes<br />

Schimpfwort. Es wird für jene Teenager gebraucht, die Außenseiter<br />

sind und durch den Gruppenzwang nicht in das Gruppenbild passen.<br />

Sie tragen die falsche Kleidung, haben an<strong>der</strong>e Ansichten, sind<br />

nicht so schlagfertig wie ihre Kameraden. Jugendliche reflektieren<br />

oft ihre Ausdruckweise nicht, ihr Verhalten spiegelt aber eine<br />

gewisse gesellschaftliche Werthaltung wi<strong>der</strong>, die ihnen von den<br />

Erwachsenen vorgelebt wird.<br />

Das Image, das Menschen und Gruppen in <strong>der</strong> Gesellschaft haben,<br />

drückt sich auch in <strong>der</strong> Sprache aus. Ist das Image negativ, sind<br />

meist auch die Bezeichnungen negativ, herabwürdigend und diskriminierend.<br />

So werden Migrant/innen häufig als Belastung für<br />

den heimischen Arbeitsmarkt gesehen und mit abfälligen<br />

Ausdrücken wie „Tschuschen“ o<strong>der</strong> „Krowotn“ abgestempelt. Auch<br />

behin<strong>der</strong>te Menschen werden vielfach als wirtschaftliche Belastung<br />

empfunden und nur allzu leicht mit dem Etikett „Sozialschmarotzer“<br />

bedacht. Das ist aber nicht die einzige Ebene, auf<br />

<strong>der</strong> die Geringschätzung beruht. Für die Leute auf <strong>der</strong> Straße<br />

drängt sich oft das Bild physischer und psychischer Unzulänglichkeiten<br />

auf. Sie sind vom scheinbaren Elend peinlich berührt und<br />

wissen sich oft nur durch Wegschauen zu helfen. Das, was gemeinhin<br />

unter „Mitleid“ verstanden wird, ist nicht Mitleiden im Sinne<br />

von „einfühlen“ und die Situation eines Menschen verstehen. Es<br />

ist vielmehr ein Ausdruck peinlicher Berührtheit, des Wegschauens<br />

und <strong>der</strong> Hilflosigkeit gegenüber einer für die Nichtbehin<strong>der</strong>ten<br />

„schrecklichen“ Tatsache <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung.<br />

Diese Unfähigkeit mit einer Situation umzugehen manifestiert sich<br />

im Sprachgebrauch. So finden sich zahlreiche Redewendungen, die<br />

scheinbares Leid implizieren. Beispiele dafür sind: „an<br />

Behin<strong>der</strong>ung leiden“, „einen Schicksalsschlag erleiden“, „sein<br />

Leben fristen müssen“, „hilfsbedürftig“ o<strong>der</strong> „an den Rollstuhl<br />

gefesselt sein“.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!