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ante Srebrenica - Genese eines Genozids

Diese Abhandlung befasst sich mit der Suche nach den initiierenden Umständen von Genoziden und zeigt wie das Zusammenspiel von sozialen, ökonomischen, historischen und psychologischen Komponenten zu einem Ausbruch der Gewalt führt, der äußerst pointiert als „crime of crimes“ betitelt wird. Insbesondere in der Vergangenheit erlittene Gewaltexzesse, wie Genozide, die sich im kollektiven Gedächtnis eingebrannt haben, ergeben einen mächtigen Pool an Hasspotential für nationalistische Demagogen um eine pluralistische Gesellschaft in einer allgemeinen Schwächephase zu spalten. Nationale Führungsriegen konstruieren eine imaginäre Bedrohungssituation durch die andere Gruppe und lassen gewöhnliche Menschen aus ihrer Opferrolle heraus legitimiert Menschen massenhaft ermorden. Um einen derartigen Prozess adäquat veranschaulichen zu können, werden in dieser Arbeit die Entwicklungen am Vorabend des Massakers von Srebrenica herangezogen.

Diese Abhandlung befasst sich mit der Suche nach den initiierenden Umständen von Genoziden und zeigt wie das Zusammenspiel von sozialen, ökonomischen, historischen und psychologischen Komponenten zu einem Ausbruch der Gewalt führt, der äußerst pointiert als „crime of crimes“ betitelt wird. Insbesondere in der Vergangenheit erlittene Gewaltexzesse, wie Genozide, die sich im kollektiven Gedächtnis eingebrannt haben, ergeben einen mächtigen Pool an Hasspotential für nationalistische Demagogen um eine pluralistische Gesellschaft in einer allgemeinen Schwächephase zu spalten. Nationale Führungsriegen konstruieren eine imaginäre Bedrohungssituation durch die andere Gruppe und lassen gewöhnliche Menschen aus ihrer Opferrolle heraus legitimiert Menschen massenhaft ermorden. Um einen derartigen Prozess adäquat veranschaulichen zu können, werden in dieser Arbeit die Entwicklungen am Vorabend des Massakers von Srebrenica herangezogen.

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<strong>ante</strong> <strong>Srebrenica</strong> – <strong>Genese</strong> <strong>eines</strong> <strong>Genozids</strong><br />

Polizeieinheiten“ unter dem aufsteigenden Kommando von Krstić, Mladić und Karadžić, die<br />

als Verantwortliche für das Massaker gelten. 47 Die Beteiligung der sogenannten „griechischen<br />

Freiwilligengarde“ (Ενή Εεοντή Φρουρά, Grčka dobrovoljačka garda) an dem<br />

Massaker wird weitreichend ausgeblendet und nicht weiter aufgearbeitet. 48<br />

Neben den direkten Ausführenden der Tötungstat sind jedoch auch „indirekte“<br />

Beteiligte zu nennen, denen zumindest eine schließlich entscheidende Teilschuld<br />

nachgewiesen werden kann.<br />

Schon 1993 klagten Bosnien und Herzegowina die Bundesrepublik Jugoslawien<br />

wegen Völkermordes vor dem Internationalen Gerichtshof an, aufgrund der ethnischen<br />

Säuberungen, nicht wegen der Ereignisse von <strong>Srebrenica</strong>, die erst zwei Jahre später<br />

geschahen. 2007 wurde Serbien als Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien vom<br />

Vorwurf des Völkermordes freigesprochen. Jedoch habe Serbien der bosnisch-serbischen<br />

Armee weitreichende finanzielle und militärische Hilfe zukommen lassen und sei seiner<br />

„Pflicht, den Völkermord in <strong>Srebrenica</strong> zu vermeiden sowie in dessen Aufklärung mit dem<br />

ICTY zusammenzuarbeiten, nicht nachgekommen“. 49<br />

Auch der bosnischen Regierung wird mitunter vorgeworfen, während des Krieges<br />

keine großen Anstrengungen zur Vermeidung des Massakers unternommen haben. Deutlich<br />

wird dies am Protest der bosnischen Regierung bei einer Evakuierungsmission des UNHCR<br />

(United Nations High Commissioner for Refugees), dem Beihilfe zur ethnischen Säuberung<br />

<strong>Srebrenica</strong>s vorgeworfen wurde. 50<br />

Frankreich und der NATO wurde in Person von General Bernard Janvier das Versagen<br />

attestiert, die Forderung nach NATO-Luftunterstützung nicht weitergeleitet zu haben. Grund<br />

dafür soll ein Geheimabkommen mit Mladić und Momčilo Perišić, dem Befehlshaber der<br />

serbischen Armee, über die Freilassung gefangengenommener französischer Blauhelme<br />

gewesen sein. Im Gegenzug wurde den SerbInnen ein am-Boden-Bleiben der NATO-<br />

Luftstreitkräfte versprochen. Diese Vorwürfe konnten jedoch aus Mangel an Beweisen nicht<br />

verifiziert werden und weitere Ermittlungen blieben aus. 51<br />

Die Niederlande gelangen in Form ihrer in <strong>Srebrenica</strong> stationierten UN-Blauhelme in<br />

den Fokus der Anklage, die der unterlassenen Hilfeleistung zur Verhinderung des <strong>Genozids</strong><br />

47 Vgl. Mehler, <strong>Srebrenica</strong>, 205f.<br />

48 Vgl. Ebda. 214f.<br />

49 Vgl. Ebda. 209f.<br />

50 Vgl. Sundhausen, <strong>Srebrenica</strong>, 615f.<br />

51 Vgl. Mehler, <strong>Srebrenica</strong>, 211f.<br />

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