GvO <strong>Bochum</strong> Lokal40 Jahre Familien- und Krankenpflege -ein ganzes Arbeitsleben. Rede von Prof. Dr. Volker HarlanWer heute wissen möchte,wer die Familien- und Krankenpflege <strong>Bochum</strong> ist, gibt den Namen insInternet ein und bekommt sofort eine Übersicht über alles Wissenswertepräsentiert. Aber wie hat es angefangen?Professor Dr. Volker Harlan,Vorstandsmitglied undMitbegründer der FamilienundKrankenpflege <strong>Bochum</strong>bei seiner Ansprache zum40-jährigen Bestehen derFamilien- und Krankenpflege<strong>Bochum</strong>.Das ist wie eine Erzählung aus GroßmuttersZeiten. Es war einmal eine Gemeindeversammlungder Christengemeinschaft in <strong>Bochum</strong>, dieam 23. September 1966 auf Initiative des PfarrersDr. Diether Lauenstein einen „Hauspflegeverein“gründete. In Essen war dasselbe schon geschehen.Hauspflegeverein sollte die Einrichtungheißen, weil sie insbesondere Familien im Blickhatte, die der Hilfe zu Hause bedurften – beiKrankheit der Mutter, älterer Ehepaare oder Alleinstehender,bei Behinderungen aller Art oderbei schwerer Krankheit und nahendem Tod, derzu Hause, nicht im Krankenhaus erwartet werdenkonnte, usw. Wenn auch später, 1972, durch unsder erste ambulante Putzdienst in Deutschlandeingeführt wurde, gab der Name doch immerwieder Anlass zu Irrtümern, denn es sollte einPflegehilfsdienst, keine Gebäudereinigung sein.So änderten wir den Namen 1969 in die bis heutegebrauchte Form.Winzig waren die Anfänge und eben zeitgemäßaltertümlich. Im kleinen Büro am Husemannplatzteilten wir den Raum mit dem ParitätischenWohlfahrtsverband. Das Telefon, einschwarzes Bakelitgehäuse mit Wählscheibe, dasBuchhaltungsjournal, mit dem Stift zu führen,eine alte klappernde Schreibmaschine, Doppelmit Kohlepapier und hauchdünnem zweitenDurchschlags-Blatt zu schreiben. Es gab wederKopierer noch EDV (elektronische Datenverarbeitung),geschweige denn Mobiltelefon undAutos für die Einsätze. Aber es sprach sich schnellherum, dass unsere Einrichtung – wenngleichdurch die damals zahlenmäßig noch kleine Ge-II | <strong>Gesundheit</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> Lokal 3/2007
GvO <strong>Bochum</strong> Lokalmeinde der Christengemeinschaft gegründet– weltanschaulich und parteipolitischungebunden, schnell und unbürokratischzu handeln vermochte. Wie es der Mannaus Samaria, der Samariter, tat, der denim Gebirge von Räubern überfallenen undmisshandelten Mann versorgte, währenddie <strong>vor</strong>beikommenden Tempelpriester dasunterließen, so gilt unsere Hilfeleistungprinzipiell jedem Menschen. ChristlicheNächstenliebe ist heute Allgemeingut derMenschheit und Basis vieler Staatsverfassungen.Abgesehen davon wuchs dieZahl unserer Mitarbeiter so schnell, dassMenschen aus der Gründungsgruppebald gar nicht mehr dabei waren – außerFrau Anita Graumann, die 1968 die Leitungder Einrichtung übernahm und mitunternehmerischem Geschick nach allenSeiten hin erweiterte: Sowohl in die NachbarstädteWattenscheid, Witten, Herdeckeund Herne als auch in die verschiedenstenweiteren Angebote. Denn wo immer einHilfebedarf oder Notstand entdeckt wurde,wurde die nötige Hilfe organisiert. Sokam schon 1968 der Dienst „Essen aufRädern“ dazu, der erst nur wochentags,dann auch wochenends frisch gekochtesEssen oder Tiefkühlkost in die Wohnungenbrachte. Das ging auf Dauer nicht ohne Zivildienstleistende,von denen bald fünfzigoder sechzig ihren Dienst hier leisteten.Diese jungen Männer können gerade auchfür ältere Menschen manchen hilfreichenGriff tun.Weil die Räume immer wieder zu kleinwurden, zogen wir mehrfach um: 1968 indas Gemeindehaus, das Schulte-VelsscheGutshaus am Glockengarten, dann Durchbruchins Nachbarhaus, schließlich in dasangrenzende Haus an der Velsstraße.Auch hier immer weitere Ausdehnungin leer werdende Räume und zuletzt derUmzug in das Haus am Paddenbett, dasbis heute für Verwaltung und Einsatzleitunggenügend Platz bietet – weil inzwischenSozialstationen in verschiedenenStadtteilen eingerichtet wurden. Über dieheute bestehenden Hilfsangebote orientiertdieses Heft an anderer Stelle.Natürlich hatte die Einrichtung auchKrisen zu bestehen. Als FrauGraumann altersbedingt aufhörte,und die Geschäftsführungin andere Hände kam,gab es durch unkalkulierbareExpansion im Bereich von Altenwohnungenfinanzielle Engpässe, dienur dank der Hilfe des Dachvereins gemeistertwerden konnten. Den hatten wir1976 aus eben diesem Grund gegründet,so dass sich die entstehenden Vereine inden Ruhrstädten bei der Gründung und„Winzig waren die Anfänge“Professor Dr. Volker Harlanbei Problemen gegenseitig helfenkönnten. Dadurch ist so mancheRettungsaktion gelungen – gelungenaber auch durch die Solidaritätder MitarbeiterInnen und des Betriebsrates,die sich so hinter unsere Einrichtungstellten und stellen, dass sie weiterexistieren kann. Denn hatten wirdamals in den Jahren der Gründungvier andere Initiativen in <strong>Bochum</strong>,die dieselbe Arbeit am Menschenleisteten, so wurden es in den neunzigerJahren über 90 (neunzig!).Die <strong>Gesundheit</strong>spolitik hatte jainzwischen hart in die ambulantePflege eingegriffen und sie von einer ausMitmenschlichkeit getragen Arbeit zuHistorie:· 1966Gründung des Hauspflegevereinsdurch Dr. phil. habil. Diether Lauensteinund Mitglieder der Christengemeinschaftin <strong>Bochum</strong>.· 1967Eröffnung des Pflegedienstes amHusemannplatz in <strong>Bochum</strong>-Mittemit ambulanter Krankenpflege,Hauspflege, Familienpflege.· 1968SchlüsselübergabeOpel-Caravan von derFirma Adam Opel fürden neuen Essen aufRädern Dienst.· 1969Umbenennung des Hauspflegevereinsin Familien- und Krankenpflegee.V. <strong>Bochum</strong>.· 1970Eröffnung der Zweigstelle <strong>Bochum</strong>-Wattenscheid mit ambulanterKrankenpflege, Hauspflege,Familienpflege und Essen-auf-Rädern-Dienst.· 1982Anerkennung als Zivildienststelleund Erweiterungder Leistungen umMobile Soziale Dienste undIndividuelle Schwerstbehindertenbetreuungin den Zweigstellen<strong>Bochum</strong>-Mitte und Wattenscheid.· 1982Einrichtung der erstenbetreuten Wohngruppefür psychisch Krankein <strong>Bochum</strong>-Langendreer(8 Plätze).· 1986Jubiläumsplakat zum20jährigen Bestehen derFamilien- und Krankenpflege.weiter auf Seite V<strong>Gesundheit</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> Lokal 3/2007 |III