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ENGAGEMENT IM AUSLANDEthikratrat Auskunft geben muss, zeigt, wiegross die Berührungsängste sind.Deutschland hat mindestens dreieigene Vereine, doch diese sind javielleicht bald verboten (auch dieVermittlung von Sterbehilfe gilt alskommerziell), und so werden siejetzt schon geschnitten. Selbst vomEthikrat.Die Anhörung der vier Fachleuteund die Diskussion fand – tadellosorganisiert – in einem klassizistischenSaal am Berliner Gendarmenmarktstatt. Die Standpunkte wa renrecht einseitig, die Sätze gedrechseltund verschlungen zugleich.Weiter vom Volk, um dessen Sterbeproblemees eigentlich ginge, hättedas Gremium nicht sein können.Und so erstaunt auch das Resultatnicht: Das eigene Sterben zu beschleunigen,entspricht den gutenSitten nicht; Selbstbestimmung istzu hoch fürs Volk; der Sterbehilfemuss härter begegnet werden alsnur mit einem Verbot der Gewerbsmässigkeit.Immerhin rügte der Rat der Weisendie Ärzte: Es sei unethisch,wenn sie sich Sterbehilfe gegenseitigmit Standesregeln verböten, wennschon müsse das der Staat tun …Und so wurde rasch klar: DieEthik ist offenbar ungeeignet, umüber Sterbehilfe in Deutschland zubefinden; wenn schon, wird dasletztlich wohl die Justiz tun müssen,dann nämlich, wenn sie vonden drei unangehörten Vereinenangerufen wird, welche das Quasi-Verbot abwenden möchten.Und: Noch dauert es also, bisSchwerkranke in Deutschland mitruhigem Gewissen und in Würdeselbstbestimmt sterben dürfen. DieLeidenden stimmen weiterhin mitden Füssen ab und kommen zumselbstbestimmten Sterben in dieSchweiz.KOMMENTARDie Bedürfnisseder Menschen zählenwenigIn der Sterbehilfe-Frage dürfen in Deutschlandnicht Bürgerinnen und Bürgerentscheiden. Und selbst ihre Meinung,die gleich wie in allen anderen westeuropäischenLändern mit grosser Mehrheitfür die Selbstbestimmung am Lebensendeist, zählt nichts. Entscheiden tun alleinPolitiker; die Meinung abgeben dürfennur Experten aus Gesundheitsindustrie,Kirchen und Universitäten. Und wenn esfür einmal wirklich nicht ohne das Fachwissender Sterbehilfe- und Selbstbestimmungsorganisationengeht, dann werdennicht etwa die Vereine in Deutschlandangehört, sondern einer aus dem Ausland.Und so kam es, dass EXIT vergangenenHerbst mit Vorstandsmitglied und ÄrztinMarion Schafroth an einem Hearing inBerlin den Meinungsbildungsprozess desdeutschen Ethikrates mitbeeinflussenkonnte – und sich dabei mitten in einemInteressenskampf zwischen Gesundheitsanbietern,Politik und Kirche wiederfand.Nicht überraschend zählen dabei dieBedürfnisse und Schicksale von Menschenam Lebensende wenig im Vergleich zuden Interessen und Glaubenssätzen von«Experten» wie der StrafrechtsprofessorinBrigitte Tag oder dem ÄrztevorsitzendenFrank Ulrich Montgomery.BERNHARD SUTTERtungen Montgomerys zurück, wonachdie Bereitschaft zur Sterbehilfe dasärztliche Berufsethos zerstören würde.«Sterbehilfe kann der letzte, vonLeiden erlösende und manchmal besteDienst für einen Mitmenschen sein.Ein Akt von grösster Humanität», sagteSchafroth.Die deutsche Medizinethikerin BrigitteTag von der Universität Zürichsagte, es gebe in keiner Weise Anhaltspunkte,dass Ärzte durch das Verabreichentödlicher Medikamente in ihremBerufsethos «verbogen» würden.Schafroth verwies darauf, dass EXITstrenge Kriterien festgelegt habe, unterdenen der Verein Sterbehilfe leiste.Zunächst würden ärztliche Zeugnisseeingeholt und intensive Gespräche mitden Patienten geführt, in denen auch Alternativenzum Selbstmord auf gezeigtwürden. Die Urteils- und Handlungsfähigkeitdes Patienten, der unter einerunheilbaren Erkrankung oder unzumutbarenBehinderung leide, müssesichergestellt sein. Jeder Todesfallwerde von den Behörden untersucht.Der Ethikrat begrüsste nach Abschlussder Anhörung die Pläne derBundesregierung, die organisierte Suizidhilfegesetzlich zu regeln. Er seialler dings mehrheitlich der Auffassung,dass der vorliegende Gesetzesentwurfmehr Probleme als Lösungenschaffe. Es bestehe die Gefahr, dassdurch die Beschränkung auf die gewerbsmässigeSuizidhilfe grössereAn reize für andere Formen der organisiertenHilfe geschaffen würden. DerEthikrat plädierte dafür, «jede Formder organisierten Suizidbeihilfe zuregulieren».FRIEDHELM GREISEXIT-INFO 4.2012 17

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