PORTRÄT«Ich bin EXIT-Mitglied , weil…»Marianne Wälchli, seit 1998 im Verein, ängstigt nicht der Tod,das Sterben hingegen schon.«Ich bin EXIT-Mitglied, weil ich nieeinem Menschen, der mich liebt, dieVerantwortung eines Entscheidesüber mein Leben und Sterben zumutenmöchte.Mein Name ist Marianne Wälchli,geboren wurde ich am 14. Dezember1961 als zweites Kind. Eineglückliche Kindheit mit selbstständigerwerbenden Eltern, die immerfür meinen Bruder und michda waren, war mir beschert. Nachder Grundbildung zur Charcuterie-Verkäuferin lernte ich weiter undschloss 1983 als diplomierte Kauffraudes Detailhandels ab. Überverschiedene Stationen im Verkauf,wechselte ich ins Büro. Als Sekretärindes Geschäftsleiters sah ichmich völlig neuen Herausforderungenausgesetzt, aber mit Einsatzwille,viel Freude und Lernbereitschaftgelang der Wechsel in dieBüro-Welt.Ich hatte bereits 1988 auf Grundeiner Kampagne in den Apothekenden Organspenderpass ausgefüllt.Dies in der Überzeugung, sollte icheinen tödlichen Unfall erleiden, hätteneventuell andere Menschen dieChance auf ein besseres Leben, wasmeinem Tod vielleicht Sinn gebenkönnte. In etwa zur gleichen Zeithörte ich erstmals von EXIT.Dem Tod war ich als leidendeDritte, die Menschen, die zu meinemLeben gehört hatten, die ichgeliebt und verloren hatte, schonbegegnet. Als eher nachdenklicherMensch setzte ich mich mit derEndlichkeit meines Lebens auseinanderund gelangte zur Einsicht,dass das Sterben ebenso zum Lebengehört wie die Geburt. Der Tod alssolches ängstigt mich nicht, dasSterben schon. Je älter ich wurde,desto mehr Schweres kreuzte mei-nen Weg. Kranke, von kaum erträglichenSchmerzen geplagte Menschen,Unfallopfer, die zu einemLeben in einem komatösen Körperverdammt sind, alte, leidende odervöllig verwirrte Menschen, dieirgendwann nicht einmal mehr dieKraft haben, selber zu essen undzu trinken – aber das Herz leistetzuverlässig seinen Dienst und lässtsie keine Erlösung finden. So würdeich nicht enden wollen, was meinenEntscheid, EXIT-Mitglied zu werden,festigte. Ein weiterer Grundwar die Möglichkeit, eine Patientenverfügungzu verfassen. DieMitgliedschaft bei EXIT würde ihrentsprechend Gewicht verleihen.Einschneidendes ErlebnisAber erst zehn Jahre später setzteich diesen Gedanken um. Warum?Auf Grund eines Schlüsselerlebnisses,das mir sehr nahe ging: Eine Bekanntewurde im Spätsommer 1997mit einem Bauch-Aneurisma ins Spitaleingeliefert. Die Operation verliefgut, aber danach fiel sie ins Komaund wachte nicht mehr auf. Ihr Ehemannund die erwachsenen Kindermussten im Herbst entscheiden, obihre Frau und Mutter an der Maschinebleiben oder ob man die lebenserhaltendenGeräte ausschalten soll.Ich habe den Ehemann unmittelbarnach diesem Gespräch mit den behandelndenÄrzten erlebt. Rationalwissend, dass seine Frau nie mehraufwachen würde, emotional völligüberfordert mit diesem Entscheid,der seiner geliebten Gefährtin Erlösungbringen würde, war er in Minutenum Jahre gealtert.Das war für mich der entscheidendeAuslöser – Anfang 1998 meldeteich mich als EXIT-Mitglied an.Nie möchte ich einem Menschen,der mich liebt, diese Verantwortungaufladen, einen solchen Entscheidzumuten. Klar, habe ich immerwieder gesagt, dass ich keinesfallsan Maschinen hängen oder um jedenPreis ins Leben zurückgeholtwerden möchte, aber das reichtnicht. Diesen Willen schriftlich zuformulieren und damit die Verantwortungfür sich selbst zu übernehmen,das ist der richtige Weg.Seit 1998 habe ich die beruhigendeGewissheit, dass meine Patientenverfügungmeinen Willen manifestiert,sollte ich dazu selber nichtmehr in der Lage sein. Niemandwird entscheiden müssen, es ist lediglichdafür zu sorgen, dass meinEntscheid durchgesetzt wird. Einefür mich sehr wertvolle Dienstleistungvon EXIT.Und zusätzlich habe ich als Singledie Sicherheit, dass ich – sollteich einen Unfall erleiden oder desLebens müde, alt und krank sein –in EXIT Verbündete habe, die meinemWunsch nach einem würdevollenSterben offen begegnen undmich unterstützen.Eigentlich bin ich sicher, dass ichden Mut dazu, den Zeitpunkt festzulegen,um mein Leben zu beenden,haben werde, aber ob es danneffektiv so sein wird, vermag ichjetzt und heute nicht zu beantworten.Ist auch nicht wichtig. Wichtigist nur: Wenn ich den Mut habenwerde, gibt es eine Organisation,die den Entscheid stützt und michbegleiten wird.»Soll auch Ihr Porträt hier stehen?Interessenten melden sich beiinfo@exit.ch.34 EXIT-INFO 4.2012
EXIT-INTERNAdressenMitglieder mögen sich mit sämtlichenAnliegen zuerst an dieGeschäftsstelle wenden:EXIT – Deutsche SchweizMühlezelgstrasse 45, Postfach 4768047 ZürichTel. 043 343 38 38, Fax 043 343 38 39info@exit.ch, www.exit.chLeitungHans Muralthans.muralt@exit.chLeitung FreitodbegleitungHeidi Vogtheidi.vogt@exit.chBüro BernEXITSchlossstrasse 1273008 BernTel. 031 381 23 80 (Dienstag 9–12 Uhr)Fax 031 381 47 90Besuche nur auf AnmeldungBüro TessinErnesto StreitVia Sottomontagna 20b6512 GiubiascoTel. 091 930 02 22ticino@exit.chSi riceve solo su appuntamentoAnfragen von Mitgliedernbetreffend Freitodbegleitungsind ausschliesslich an dieGeschäftsstelle zu richten.VORSTANDPräsidentinSaskia FreiAdvokatur Basel MitteGerbergasse 134001 BaselTel. 061 260 93 93, Fax 061 260 93 99saskia.frei@exit.chVizepräsident, KommunikationBernhard SutterPostfach 4768047 ZürichTel. 079 403 05 80bernhard.sutter@exit.chFinanzenJean-Claude DübyFlugbrunnenstrasse 173065 BolligenTel. 031 931 07 06jean-claude.dueby@exit.chRechtsfragenIlona Anne BethlenHadlaubstrasse 1108006 ZürichTel. 078 649 33 80ilona.bethlen@exit.chFreitodbegleitungMarion SchafrothWidmannstrasse 134410 LiestalTel. 079 460 75 44marion.schafroth@exit.chAnfragen von Mitgliedernbetreffend Freitodbegleitungsind ausschliesslich an dieGeschäftsstelle zu richten.PALLIACURApalliacura – eine Stiftung von EXITBleierbrunnenweg 38942 OberriedenTel. 044 463 60 22info@lawernie.chKommissionenPatronatskomiteeHeinz Angehrn, Elke Baezner,Sibylle Berg, Susan und Thomas Biland,Andreas Blaser, Rudolf Kelterborn,Werner Kieser, Marianne Kleiner,Rolf Lyssy, Carola Meier-Seethaler,Verena Meyer, Susanna Peter,Hans Räz, Dori Schaer-Born,Barbara Scheel, Katharina und KurtR. Spillmann, Jacob Stickelberger,Beatrice Tschanz, Jo VonlanthenEthikkommissionKlaus Peter Rippe (Präsident),Bernhard Rom, Marion Schafroth,Tanja Soland, Niklaus TschudiGeschäftsprüfungkommissionElisabeth Zillig (Präsidentin),Patrick Middendorf, Richard WyrschRedaktionskommissionThomas Biland, Rolf Kaufmann,Melanie Kuhn, Marion Schafroth,Bernhard SutterImpressumHerausgeberinEXIT – Deutsche SchweizMühlezelgstrasse 45Postfach 4768047 ZürichVerantwortlichMarion SchafrothBernhard SutterMitarbeitende dieser <strong>Ausgabe</strong>Muriel DübySaskia FreiNegar GhafarnejadFriedhelm GreisLucas HugelshoferPeter KaufmannErwin KochMelanie KuhnDaniel MüllerJulian PerrenoudWalter FesenbeckhErnesto StreitBernhard Sutter**nicht gezeichnete ArtikelKorrektoratJean-Claude DübyFotosBriti Bay (Preis)Hans Muralt (Mitarbeiter)Julian Perrenoud (Tagung)Hansueli Trachsel (Kristalle)IllustrationRegina VetterGestaltungAtelier BläuerTypografie und GestaltungZinggstrasse 163007 BernTel. 031 302 29 00DruckereiDMGUntermüli 116302 ZugTel. 041 761 13 21info@dmg.chEXIT-INFO 4.2012 35