SEITE 32INNOVATIONSMOTOR BADEN-WÜRTTEMBERGDas Remstal als „Packaging Valley“Entlang der Rems ballen sich die Verpackungsfirmen / 50 Firmen im Packaging Excellence Center in WaiblingenWie an einer Perlenschnur reihensich im Remstal die Unternehmenaneinander, die Lösungenfür Verpackungen und Automatisierunganbieten. DieseFirmen haben fast alle eineWurzel: die Firma Geiger & Hesser,die vor 150 Jahren in BadCannstatt gegründet wurde.Zeitsprung: Es war in den1990er Jahren, als das kalifornischeSilicon Valley noch einengeradezu mystischen Klanghatte und wo sich Gegenwartder Industriegesellschaft unddie Zukunft des Computerzeitaltersbegegneten. Auf einerInterpack, der alle drei Jahrestattfindenden Messe für Verpackungstechnikschlechthinin Düsseldorf, war eines Tagesvom „Packaging Valley“ dieRede. „Packaging Valley“? Gemeintwar das schwäbischeRemstal, wo sich die Verpackungsfirmenballten und dasSilicon Valley für VerpackungsundAutomatisierungstechniksei. Auf die Idee, sich diesengriffigen Namen schützen zulassen und zu vermarkten, kamendie mittelständischen Unternehmeraus dem Remstal,die sich ein wenig im Glanz deskalifornischen Silicon Valleysonnten, damals freilich nicht.Jahre später sollten sie das Versäumnisbereuen, als diese Firmenenger zusammenrücktenund über Kooperationen nachdachten,um als Mittelständlerim globalen Markt bestehen zukönnen. Für das geplante Kompetenzzentrumwäre das Label„Packaging Valley“ genau dasrichtige gewesen. Doch dieseshatten sich bereits ihre Konkurrentenan Jagst und Kocher unterden Nagel gerissen, wo sichähnlich wie an der Rems und ander Murr die Verpacker konzentrieren.Das neu gegründeteKompetenzzentrum für Verpackungs-und Automatisierungstechnikin Waiblingen,ein Zusammenschluss vonüber 50 Firmen aus der Region,hat sich mit „Packaging ExcellenceCenter“ ebenfalls einenschillernden Namen gegeben,an das deutsche Übersetzungenwie „Verpackungs-Gütezentrum“oder „Verpackungs-Leistungszentrum“ nicht heranreichen.Otto Höfliger: eine LegendeImmerhin, räumt selbst HeinzBühler, Chef der SchwäbischerHaller Optima-Gruppe und Initiatordes hohenlohischen „PackagingValley“, ein: Auch dieWurzeln der Firmen an Kocherund Jagst gehen meist auf Hes-BOSCH: BRANCHENRIESE DER VERPACKUNGSINDUSTRIEBosch (Bild) hat, wie die meisten Verpackungsfirmen im Remstal,seine Wurzeln bei Hesser & Geiger bzw., später, Otto Höfliger.Bild: BüttnerUNTERNEHMENSPORTRÄT: OSKAR FRECH GMBH + CO. KGANZEIGEMit Innovationen in die ZukunftDie Zukunft der Druckgießmaschinen wird in Schorndorf gemachtDie Schorndorfer UnternehmensgruppeOskar Frech<strong>GmbH</strong> + Co. KG ist Weltmarktführerbei Druckgießmaschinen,mit denen Automobilkomponenten,Armaturen,Möbelbeschläge, Handyteileund vieles mehr produziertwerden.Dr. Ioannidis, was bedeutetInnovation?Dr. Ioannis Ioannidis: Innovationenmüssen zu Wissenssprüngenführen.Was wäre in Ihrer Brancheeine Weltneuheit?Dr. Ioannis Ioannidis ist Geschäftsführer der Frech-Gruppe.Dr. Ioannis Ioannidis: Daswäre eine Druckgießmaschinemit einer neuen Verfahrenstechnologiefür die Verarbeitungvon Nichteisenmetalllegierungenwie Zink, Magnesiumoder Aluminium. Das Zielmüsste sein, dass unsere Kundendamit bis zu 30 % schnellerund mit 20 % weniger Energieaufwandproduzieren könnten.Wann werden Sie dieseMaschine bauen?Dr. Ioannis Ioannidis: Da darfich noch nicht viel verraten.Aber wir werden die Nase vornbehalten! Im Juni findet dieWeltleitmesse für die Gießereibranchestatt. Dort werden wirauch das Frech Gating Systemvorstellen: Durch angussarmesDruckgießen verringern wirden Energieverbrauch enormund produzieren qualitativbessere Teile in kürzerer Zeit.Wann gelingen solcheQuantensprünge?Dr. Ioannis Ioannidis: Es werdenmehrere Jahre Forschungsarbeitbenötigt und die Zusammenarbeitmit Forschungseinrichtungenist von großer Bedeutung.Wir forschen mitmehreren Hochschulen zusammenund investieren dafür sehrviel Geld. Innovationspotenzialsehen wir aber auch bei denDienstleistungen. Wir arbeitenderzeit an einem präventivenServicemanagement, mit demwir die ungewollten Maschinenstillstandszeitenreduzierenund die echte Verfügbarkeitunserer Maschinen deutlicherhöhen.Sind erneuerbare Energienein Markt für Frech?Dr. Ioannis Ioannidis: Hier entstehtfür uns ein neuer Anwendungsbereich,bei dem wirschon aktiv geworden sind. Wirwerden zunehmend neueChancen für die Produktionvon Komponenten mit Druckgießtechnologienutzen.Das Gespräch führteSigrid KrügelKONTAKTOskar Frech<strong>GmbH</strong> + Co. KGSchorndorfer Straße 3273614 Schorndorf-WeilerTel. 07181/7020Fax 07181/75 430info@frech.comwww.frech.com
INNOVATIONSMOTOR BADEN-WÜRTTEMBERG SEITE 33ser & Geiger und später aufden legendären Otto Höfliger,der Senator genannt, und seinUnternehmen Höfliger & Kargzurück, den heutigen WeltkonzernBosch. Otto Höfliger warwohl kein einfacher Charakter.Er hat 1945 zusammen mit demHesser-Mann Rudolf Karg inCannstatt die Firma Höfliger &Karg gegründet und einigeMeilensteine im Verpackungsmaschinenbaugesetzt. „Fürdas Arbeitsende fehlte uns jeglichesMaß“, erzählte ein ehemaligerMitarbeiter über denAlltag in dem zunächst nochhandwerklichen Betrieb.Zusammenarbeit mit jungenUnternehmenEine Folge war: Höfliger liefendie Leute davon und gründetenlieber ihr eigenes Unternehmen,als weiter unter seinemKuratel zu stehen. Zum BeispielHans Paal Senior, der in Remshaldensich selbstständigmachte, oder Karl Utz in Korb.Als junge Unternehmer kamenMANCHE MITTELSTÄNDLER GEBEN DEN TAKT VORJenseits von Weltmarktführern wie Bosch ist der Rems-Murr-Kreisein Tummelplatz von mittelständischen Firmen, die mit ihrenEntwicklungen und Nischenprodukten oft sogar den Takt vorgeben.Unser Bild zeigt eine Faltschachtelklebemaschine der FirmaBahmüller, Plüderhausen. Bild: Bernhardtsie freilich gut mit Otto Höfligeraus und machten als Zulieferermit ihm weiter Geschäfte.Sie sind nicht die einzigen Unternehmen,die auf Hesser beziehungsweiseHöfliger & Kargzurückgehen. Im Remstal sinddies auch Sortimat in Winnenden-Birkmannsweiler,Oku inWinterbach, HPF Elektronik inUrbach, Catalent in Schorndorf(früher Allpack) und natürlichHarro Höfliger in Allmersbachim Tal. Dieser Stammbaum, derin dem kürzlich herausgegebenenBuch „Tüftler. Schaffer.Weltmarktführer. 150 JahreVerpackungsmaschinenbau imSüdwesten“ erschien, zeigt dieVerflechtungen auf – und unterstreicht,wie viele Firmen inder Region Stuttgart und in Hohenlohesich in der Verpackungs-und Automatisierungstechniktummeln. DieBallung, neudeutsch: Cluster,ist längst zu einem wirtschaftspolitischenInstrument geworden,das die Wirtschaftsförderungdes Verbandes RegionStuttgart bewusst einsetzt.Nämlich dort, wo die Unternehmenstark sind, sollen sienoch stärker zu werden – undnicht sich auf Feldern abmühen,von denen sie keine Ahnunghaben.Wenn heute die Mittelständlerverstärkt über Zusammenarbeitnachdenken oder wie Claus Paalsein Unternehmen gar an denWeltmarktführer Bosch verkauftoder Sortimat unter das Dachdes ATS-Konzerns schlüpft, dannheißt das nicht, dass der Mittelstandin dieser Branche keine Zukunftmehr hat. Harro Höfliger,Neffe von Otto Höfliger, jedenfallshat einen anderen Weg eingeschlagen.Das auf 600 Beschäftigte gewachsene,in einer Garage gegründeteUnternehmen setztauf Kooperation mit fünf anderenMittelständlern. So kann erkomplette Anlagen samt 24-Stunden-Service anbieten, denein chinesischer, brasilianischeroder amerikanischerKunde eben erwartet.Sein Onkel Otto Höfliger ahntebereits in späten 1960er-Jahren,wie schwer es für den Mittelstandwerden wird und verkauftedie Firma an Bosch, dasHesser & Geiger übernommenhatte und damit den Grundsteinfür die heutige Bosch PackagingTechnology legte. „DieArbeit der Zukunft wird in großemStil nur noch von jenen bewältigtwerden können, die imGroßen produzieren und entwickelnkönnen“, schrieb Höfliger1969 an die Mitarbeiter.„Ich wage zu behaupten, dassder typische freie Unternehmein 20 - 30 Jahren nur noch ganzselten anzutreffen sein wird.“Bosch mit Sitz in Waiblingen istzwar Weltmarktführer. Abergerade im „Packaging Valley“tummeln sich noch immer einerReihe von mittelständischenFirmen, die mit ihrenEntwicklungen und Nischenproduktensogar den Takt vorgeben.Martin WinterlingPORTRÄT: STABSSTELLE KREISWIRTSCHAFTSFÖRDERUNG IM LANDRATSAMT REMS-MURR-KREISANZEIGEErfolgreiche Kompetenzzentren im Rems-Murr-KreisMarkus Beier ist der Wirtschaftsförderer des Landratsamtes in WaiblingenMarkus Beier leitet die StabsstelleWirtschaftsförderung,Tourismus und Europa imLandratsamt Rems-Murr. Ersieht den Landkreis beim ThemaInnovationskraft hervorragendaufgestellt.Herr Beier, wo kann manunsere Region im europäischenVergleich einordnen?Markus Beier: Die RegionStuttgart ist eine der innovativsteneuropäischen Regionen.Beispielsweise haben wir hierdie höchste Patentdichte inganz Europa.Wie hoch sind Unternehmensausgabenfür Forschungund Entwicklung?Markus Beier: Von den gesamtenForschungs- und Entwicklungsausgabendeutscher Unternehmenwird mehr als jederzehnte Euro von Firmen in derRegion Stuttgart investiert.Deutschlandweit belegt die Regionmit einem Ausgabenanteilvon rund 6,5 Prozent vomBruttoinlandsprodukt den erstenPlatz, weit vor Münchenmit knapp 4 Prozent.Und wie sieht es im Rems-Murr-Kreis aus?Markus Beier: Als Teil der Regionprofitieren unsere Unternehmennatürlich von dem innovativenUmfeld. Gleichzeitigsind sie auch selbst der Motorund setzen Maßstäbe innerhalbder Region, denken Sie z.B.an Stihl oder Kärcher.Welche Aufgaben hat dieKreiswirtschaftsförderung?Markus Beier: Wir begreifenuns als Lotse und Mittler zwischenVerwaltung und Unternehmen,setzendurch eigene Initiativenund ProjektethematischeSchwerpunkte undsuchen den engenSchulterschlussmit den Kompetenzzentren,denAkteuren aufLandkreisebeneund unserem regionalenKooperationspartnerWirtschaftsförderung RegionStuttgart <strong>GmbH</strong> (WRS). BesondereSchwerpunkte setzen wirderzeit beim Thema Fachkräftesicherung.Markus Beier.Bild: BernhardtSie sprechen die Kompetenzzentrenan. Was mussman sich darunter vorstellen?Markus Beier: In einem Kompetenzzentrumwird die Vernetzungvon Akteuren in bestimmtenTechnologiebereichengezieltgefördert. Sosollen die innovativenKräfte einerRegion effektiv gebündeltwerden,um dadurch Synergienzu schaffenund Beiträgezur schnellerenUmsetzung voninForschungsergebnissenmarktfähige Produkte zu leisten.Die Akteure aus Wirtschaftund Wissenschaft werden aktivzu einem regionalen Netzwerkverbunden.Welche Kompetenzzentrenhat der Rems-Murr-Kreis?Markus Beier: In Waiblingenhaben wir das PEC, ein Kompetenzzentrumfür VerpackungsundAutomatisierungstechnik.In Fellbach ist das VDC angesiedelt,ein Netzwerk für VirtualEngineering, in Backnangschließlich das DeSK - das DeutscheZentrum für Satelliten-Kommunikation.Auf große Resonanz stießauch der von Ihnen ins Lebengerufene InnovationspreisRems-Murr im vergangenenJahr.Markus Beier: Der Preis war einMusterbeispiel für die gute Zusammenarbeitzwischen denPartnern im Landkreis. Hervorhebenmöchte ich hier insbesonderedie Unterstützungdurch die SWN Kreissparkasse.Wir hatten 43 hoch qualifizierteBewerbungen.Den nächsten Innovationspreiswird es schon im Jahr 2012 geben!Das Gespräch führteAndreas Krohberger