12.07.2015 Aufrufe

terre des hommes Deutschland (2003): Kinderarbeit - kein Kinderspiel

terre des hommes Deutschland (2003): Kinderarbeit - kein Kinderspiel

terre des hommes Deutschland (2003): Kinderarbeit - kein Kinderspiel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

KambodschaLeben auf dem MüllSchule auf der Müllhalde in KambodschaMea heißt eigentlich Measchanthaw und ist beigegrau.Sie trägt eine beige-graue Jacke aus grobemLeinen, ihr Hut ist beige-grau, ihre Hose ebenfalls.Selbst ihre Haut ist von einem grauen Schleierüberzogen, der auch dann nur schwer zu entfernenwäre, wenn sie sich waschen würde. In Meas Weltgibt es überhaupt nur eine Farbe: beige-grau. DennMea lebt auf der städtischen Müllhalde von PhnomPenh, der Hauptstadt Kambodschas. Die Lastwagenkommen unentwegt und kippen ihre schmutzigeFracht ab, der Müll türmt sich zu einem gigantischenBerg. Das ist Meas Zuhause. Doch anheimelnde Gefühlevon Geborgenheit wollen hier nicht aufkommen:Die Luft ist erfüllt von Qualm und beißendemGestank, der sich wie ein Alb auf die Brust legt undin alle Poren von Kleidung und Körper kriecht.Enttäuschte HoffnungenMea kam zusammen mit ihren Eltern und ihren dreiGeschwistern aus der Provinz nahe der Grenze zuVietnam nach Phnom Penh, wo die Familie ihrGlück versuchen wollte. Gefunden hat sie es kaum.Heute leben sie alle auf dem städtischen Müllbergund verdienen ihr Geld mit dem Verkauf verwertbarenAbfalls. Wenn wieder ein Lastwagen seine stinkendeLadung abkippt, rennt die 14-Jährige genausowie 200 weitere Kinder und einige Erwachsene los,um die besten Reste in ihren beige-grauen Sack zuschaufeln: Plastikflaschen, Dosen und Aluminiumsind am begehrtesten, denn sie erzielen bei denSchrotthändlern die besten Preise. Nicht, dass derHändler Mea wirklich angemessen entlohnen würde –Mea bekommt pro Tag rund 3.800 Riel, etwa 80 Cent,der Zwischenhändler verdient beim Weiterverkaufdas 20- bis 30-fache. Und doch sind ihre Eltern undGeschwister, die ebenfalls Müllsammler sind, aufdieses Geld dringend angewiesen, um überhauptleben zu können. Doch es gibt eine Tageszeit, zuKinder in KambodschaFast 30 Jahre lang herrschte Krieg in Kambodscha.Die Diktatur der Roten Khmer, die ein Drittel derBevölkerung abschlachteten, und der Bürgerkrieghaben das Land verwüstet zurückgelassen. JedenMonat verunglücken 70 Menschen, weil sie auf Minentreten (CMAC – Cambodian Mine Action Centre).Die Hälfte der kambodschanischen Kinder sindmangel- oder unterernährt. 66 Prozent der Jungenund 65 Prozent der Mädchen werden eingeschult, nur die Hälfte vonihnen erreicht das vierte Schuljahr, alle anderen brechen die Grundschuleab. 43 Prozent der Männer und 80 Prozent der Frauen sindAnalphabeten. (Zahlen: UNICEF)der Mea nicht im Müll stochert: zwischen 15 und17 Uhr geht sie neuerdings zur Schule, und zwardirekt auf dem Müllberg. Dort betreibt die »VulnerableChildren Assistance Organisation« (VCAO)ein einfaches Haus, in dem die Kinder lesen, schreibenund rechnen lernen. Sie können sich zudemwaschen und ausruhen, wenn es gerade nichts zusammeln und zu sortieren gibt.ZukunftspläneDreißig Kinder nehmen derzeit am Unterricht teil.Chea Pyden, Direktor von VCAO, weiß, dass dieKinder auf das wenige Geld, das sie verdienen, angewiesensind und die Schule nur neben der Arbeitabsolvieren. »Deshalb haben wir den Unterricht aufden Nachmittag gelegt, wo nicht so viele Müllwagenankommen. Sonst würden die Kinder immer wiederaufspringen und gleich aus der Klasse rennen, wennein Lastwagen kommt.«In seiner grauen Stoffhose mit akkurater Bügelfaltewirkt Chea Pyden auf dem Müllberg fast einwenig deplatziert. Und doch gehört er hierher mitseinem Engagement und seinem Willen, die Chancender Kinder zu verbessern. Vielleicht ist es auchihm zu verdanken, dass Mea eine klare Vorstellungdavon hat, was sie später machen möchte: Sie willLehrerin werden.Wolf-Christian RammZwischen Müll undSchule: Das MädchenMeaschanthawFoto: Wolf-ChristianRamm11<strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong> unterstützt die Schule auf derMüllhalde von Phnom Penh mit 20.000 Euro im Jahr.In sechs Klassen lernen jeweils 180 bis 200 Kinder –bisher konnten 90 Prozent der Schülerinnen undSchüler in reguläre Schulen integriert werden undauf diese Weise mit der Arbeit auf der Müllhaldeaufhören. Über 150 Familien haben bisher mit Hilfevon VCAO andere Arbeit aufgenommen und sindvon der Müllhalde weggezogen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!