VietnamWerben für Einschulung, Stipendien und AusbildungDas erste <strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong>-Projekt gegen <strong>Kinderarbeit</strong> in Vietnam16In Vietnam werden94 Prozent der Kindereingeschult. Kinderarmer Bauern brechendie Schule ab, wenndie Ernte schlecht istFoto: Tho Beckmann /<strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong>VietnamDie Provinz Bin Thuan nordöstlich von Ho-Chi-Minh-Stadt gehört zu den armen in der SozialistischenRepublik Vietnam. 410 Dollar ist das durchschnittlicheBruttosozialprodukt pro Jahr und Kopfder Bevölkerung, in der Provinz Bin Thuan sind es257 Dollar.59 Berggemeinden sind nur schwer zu erreichen –nur einmal im Jahr kann Reis geerntet werden.Wenn es nicht genug regnet, sind viele der Dörfervon Hunger bedroht. Die Gemeinden an der Küsteleben eher schlecht als recht von der Fischerei. <strong>Kinderarbeit</strong>ist in der Provinz Bin Thuan nicht selten.94 Prozent der vietnamesischen Kinder werden eingeschult.Die fünfte Klasse erreichen 83 Prozent derEingeschulten. Vier Prozent der Männer und neunProzent der Frauen sind Analphabeten. Auf demLand hat nur jeder zweite Bewohner Zugang zusauberem Trinkwasser. Besonders im Mekong-Delta,wo die Amerikaner im Vietnamkrieg das dioxinhaltigeEntlaubungsmittel »Agent Orange« gespritzthatten, sind Grundwasser und Böden hoch belastet. Die Zahl der Fehlgeburtenund der Kinder und Erwachsenen mit Behinderungen ist indiesen Lan<strong>des</strong>teilen extrem hoch.In der Gemeinde Phong Nam gehen viele Kindergar nicht zur Schule, oder sie brechen früh ab, weilsie arbeiten müssen. Sie helfen Eltern oder Nachbarnin der Landwirtschaft, sie verkaufen in denStädten Lottoscheine oder sammeln wiederverwertbarenAbfall.In den Gemeinden Phu Hai und Duc Nghia istdie Situation ähnlich: Die Kinder arbeiten in derFischerei, manche fahren sogar mit den Fischerntagelang hinaus auf das südchinesische Meer – alsTagelöhner, wie ihre Väter, die <strong>kein</strong>e eigenen Bootebesitzen.Vietnam ist das einzige Land, in dem <strong>terre</strong> <strong>des</strong><strong>hommes</strong> mit staatlichen Stellen als Projektträgerkooperiert, denn in der Sozialistischen VolksrepublikVietnam ist nur diese Form der Zusammenarbeitmöglich, unabhängige private Initiativengibt es kaum.Projektträger ist das Komitee für »Bevölkerung,Familie und Kinder«. Die stellvertretende LeiterinFrau Hiep setzt sich seit Jahren für bessere Lebensbedingungenfür Kinder ein. Sie hat für ihre Provinzin Zusammenarbeit mit dem <strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong>-Partner CROM (Zentrum für Rehabilitation unterernährterKinder in Ho-Chi-Minh-Stadt) ein umfassen<strong>des</strong>Programm zur Mutter-Kind-Betreuungund Ernährungssicherung und -verbesserung fürKleinkinder umgesetzt.Das Thema <strong>Kinderarbeit</strong> wurde zunächst aufallen Verwaltungsebenen der Provinz Bin Thuandiskutiert, Zahlen über Einschulung und Abbrecherquotenwurden gesammelt. Jetzt führen die ProvinzverwaltungenEinschulungskampagnen durch undsprechen das Thema <strong>Kinderarbeit</strong> auf Dorfversammlungenund Parlamentssitzungen an. In den dreibesonders armen Gemeinden Phu Hai, Phong Namund Duc Nghia bekommen 80 Kinder, die bishernicht zur Schule gingen, Schulmaterial, die Familienwerden mit zusätzlichen Lebensmitteln unterstützt.Weitere 50 Familien bekommen einen Kredit überjeweils eine Million Dong (etwa 62 Euro), damitsie in Kleinviehzucht oder Kleinhandel investierenkönnen und so dauerhaft sich und die Familieernähren können.Barbara Küppers<strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong> unterstützt das Projekt zurBekämpfung der <strong>Kinderarbeit</strong> in Phan Thiet mit8.000 Euro im Jahr. <strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong> fördert seit1967 Projekte in Vietnam: Ein Zentrum für behinderteKinder, ein Zentrum für unterernährteKinder sowie zahlreiche Programme zur Verbesserungder Gesundheit und Bildung von Kindernund zur Dorfentwicklung.
KolumbienAusbildung statt Drogen und GewaltWerkstattschulen in KolumbienSan Cristóbal liegt im Südosten der kolumbianischenHauptstadt Bogotá und gehört zu jenenGegenden, in denen Jugendliche nur selteneine befriedigende Zukunftsperspektive haben:Weniger als ein Viertel der Bevölkerung imarbeitsfähigen Alter hat eine geregelte Anstellung,vaterlose Familien sind häufig. Viele Kindermüssen schon früh Geld verdienen. Sie verkaufenBonbons oder Zigaretten, putzen Schuheoder arbeiten auf dem Markt. Die Versuchung,mit Drogen die Zukunftsangst zu betäuben oderaber einer der bewaffneten Jugendbanden beizutreten,ist unter diesen Umständen groß.Zudem produziert die Allgegenwart der Gewalt –sei es in Form von Rekrutierungen durch dieParamilitärs, Schießereien zwischen Jugendbandenoder durch die Berichterstattung in denMedien – schon in den Kindern eine Rambo-Mentalität, die Gewalt als das schnellste undeinfachste Mittel zur Durchsetzung von Interessenerachtet.Den Kindern dieses Viertels möglichst früheine Alternative zur Kriminalität nahe zu bringen,versucht die <strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong>-Partnerorganisation»Creciendo Unidos« (»Gemeinsamwachsen wir auf«). In Werkstattschulen lernenJungen und Mädchen Bäckerei, Schreinerei,Schlosserei, Schneiderei und Besenbinderei.Mit diesen Fähigkeiten können sie später infremd- oder selbstverwalteten Kleinbetriebenein Einkommen erwirtschaften. Neben derhandwerklichen Ausbildung gibt es in denWerkstattschulen Nachhilfeunterricht, psychologischeBetreuung, Kurse über Gesundheit,Ernährung und Sexualität, kulturelle, sportlicheund spielerische Aktivitäten. Die Jugendlichenwerden angeregt, sich zu organisieren und sichfür die Durchsetzung ihrer eigenen Interessenund das Wohl ihrer Gemeinden einzusetzen.Die Erfahrung lehrt: Je eher die Kinderin das Programm aufgenommen werden, <strong>des</strong>tobesser. Denn während ältere Jugendliche <strong>des</strong>Viertels oft bereits drogensüchtig und kriminellsind, lernen die Jüngeren mit Begeisterung.KolumbienJe<strong>des</strong> Jahr werden in Kolumbien26.000 Menschen ermordet.Über 3.000 dieser Mor<strong>des</strong>ind politisch motiviert, dieTäter kommen aus den Reihender Paramilitärs, derGuerilla oder der Sicherheitskräfte.Die Kultur der Gewalthat in Kolumbien eine lange Tradition: Schon über50 Jahre lang werden die Menschen durch Kriegterrorisiert. 2,5 Millionen Menschen sind aus ihrenHeimatorten geflohen. Jeder fünfte Kolumbianer istarbeitslos, die Analphabetenrate liegt bei acht Prozent,20 Prozent der Bevölkerung verfügen überweniger als einen Dollar pro Tag.Die Drogenmafia in Kolumbien ist der weltweitgrößte Hersteller von Kokain und einer der wichtigstenLieferanten von Heroin und Marihuana.Nach der Schule:Zwiebeln undChilies verkaufenFoto: Christel Kovermann/ <strong>terre</strong> <strong>des</strong><strong>hommes</strong>17<strong>terre</strong> <strong>des</strong> <strong>hommes</strong> finanziert die Werkstattschulenmit 24.000 Euro im Jahr. 2001 konntezusätzlich durch eine Spende von 26.000 Euroder Spielzeugfirma Gollnest & Kiesel ein Hausfür die Werkstattschule gekauft werden.