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terre des hommes Deutschland (2003): Kinderarbeit - kein Kinderspiel

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Peru»Den Kindern die Würde wiedergeben«Die Bewegung der arbeitenden Kinder (MANTHOC) in Peru20Schon die Jüngstenmüssen arbeiten:Straßenverkäuferinin LimaFoto: Albert Recknagel/ <strong>terre</strong> <strong>des</strong><strong>hommes</strong>Eigentlich wollte Carlos heute schon in aller Früheauf dem Plaza de Armas sitzen, um die ersten Kundenzu bedienen. So wie jeden Tag. Carlos ist elfJahre alt und arbeitet als Schuhputzer in Lima.Auch seine Freunde sind schon früh auf den Beinen.Sie schleppen schwere Kisten, verkaufen Fahrkartenin Bussen oder arbeiten als Verkäufer aufdem Markt. Doch heute ist <strong>kein</strong> normaler Tag.Carlos ist verzweifelt. Gestern hat man ihm seinenSchuhputzkasten geklaut. »Was soll ich denn jetztmachen?«, fragt er in die Runde im MANTHOC-Zentrum. Nachdenklich schauen sich die anderenKinder an. »Ich habe eine Idee«, sagt Jovana. »Wirsammeln für dich. Jeder gibt, was er übrig hat.«Nach kurzer Zeit liegen ein paar angebrocheneTuben Schuhcreme, Putzlappen, zwei Bürsten undeinige Münzen auf dem Tisch. Als Ersatz für denPutzkasten dient ein alter Pappkarton. Etwas verlegen,aber sichtlich erleichtert, bedankt sich Carlos.Er hat Glück, weil er die MANTHOC-Kinder kennt.MANTHOC, das ist die »Bewegung der arbeitendenKinder« in Peru. In fast allen größerenStädten <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> gibt es MANTHOC-Gruppen.Carlos und Jovana gehören der Initiative in Limaan. Dort unterhält MANTHOC drei Häuser fürarbeitende Kinder. Hier können sie sich in ihrerFreizeit oder in den Arbeitspausen treffen, miteinanderspielen oder preiswert essen. Auch kulturelleVeranstaltungen und Seminare finden in den Zentrenstatt. Zum Selbstverständnis der MANTHOC-Kinder gehört die gegenseitige Unterstützung.Wer wie Carlos Hilfe braucht, findet hier immereinen Ansprechpartner. Und wer wegen Krankheitnicht arbeiten kann, erhält Unterstützung aus demgemeinsamen Fonds, den die Kinder eingerichtethaben. Alle zahlen einen kleinen Betrag in dieGemeinschaftskasse ein.Die Initiative zur Gründung der »Bewegung arbeitenderKinder« ging 1978 vom christlichen ArbeiterjugendverbandPerus aus. Auf Grund der <strong>des</strong>olatenwirtschaftlichen Situation nahm die Zahl derarbeitenden Kinder stetig zu. Weil sich niemand fürdie Sorgen der Kinder zuständig fühlte, entstanddie Idee zur Gründung einer Kinderbewegung. Dieerste MANTHOC-Gruppe wurde damals in Limains Leben gerufen. Diesem Vorbild folgten weitereInitiativen im ganzen Land. 1996 kam es zur Gründungder »Nationalen Bewegung arbeitender Kinderin Peru« (MNNATSOP). Über 10.000 Kinder gehörenheute der nationalen Bewegung an; 6.000 vonihnen kommen allein aus den MANTHOC-Gruppen.Auf den Delegiertenversammlungen diskutieren dieKinder Möglichkeiten zur Verbesserung ihrerLebenssituation und planen gemeinsame Aktionen.Schule ohne NotenNicht alle MANTHOC-Kinder müssen den ganzenTag arbeiten. Jovana zum Beispiel geht vormittagsin eine staatliche Schule. Nachmittags arbeitet sieals Verkäuferin auf dem Markt. »Später will icheinen richtigen Beruf erlernen. Deshalb gehe ichzur Schule«, sagt die 15-Jährige. Ihre FreundinCarina schüttelt den Kopf: »In der Schule lerntman doch nichts. Was willst du da?« So wie Carinadenken viele Kinder, denn mit den staatlichenSchulen haben sie schlechte Erfahrungen gemacht.Der Unterricht findet dann statt, wenn die meistenvon ihnen arbeiten müssen. Und auch die Lehrerzeigen wenig Verständnis für die Probleme arbeitenderKinder. Vor diesem Hintergrund entstand 1986die Idee zur Gründung einer eigenen MANTHOC-Schule.In der MANTHOC-Schule ist vieles anders:Die Schulklassen sind nicht nach Alter, sondernnach Interessengebieten eingeteilt. Zeugnisse gibtes nicht. Carina besucht eine Klasse, in der es umLederverarbeitung geht. Mit ihren sieben Mitschülerinnenstellt sie Geldbörsen, Taschen, Brillen undSchlüsseletuis her. Um auf dem Markt einen gutenPreis zu erzielen und nicht übers Ohr gehauenzu werden, lernt sie rechnen, lesen und schreiben.Auch der Unterricht in den anderen Klassen ist aufdie Bedürfnisse der Kinder abgestimmt. »Redenüben« steht auf der Wunschliste ganz oben, dennsie wollen vor allem lernen, wie man die Aufmerksamkeitder Kundschaft auf sich lenkt. Auf demLehrplan steht auch, wie man sich gegen Diebstahl

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