Themenspezifische Planungshilfen - LZG.NRW
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Ortsnahe Koordinierung Häusliche Gewalt und Gesundheit<br />
1.4.3 Spezifische Folgen körperlicher Gewalt<br />
Direkte körperliche Folgen bilden Stich- und Hiebverletzungen, Schnitt- und<br />
Brandwunden, Prellungen, Hämatome, Würgemale. Häufig beschrieben werden<br />
Kopf-, Gesichts-, Nacken, Brust-, Armverletzungen, Frakturen insbesondere des<br />
Nasenbeins, Arm- oder Rippenbrüche, Trommelfellverletzungen, Kiefer- und Zahnverletzungen<br />
(Browne 1993; Campbell u.a. 2002; Campbell 2002). Je nach Art der<br />
Verletzungen können bleibende Behinderungen entstehen, wie Einschränkungen<br />
der Seh- und Hörfähigkeit (Muelleman, Lenaghan, Pakieser 1996; Fanslow u.a.<br />
1998; Goldmann u.a. 2000).<br />
Weitere somatische Beschwerden sind Kopf-, Rücken-, Brust- und Unterleibsschmerzen<br />
(Muelleman, Lenaghan, Pakieser 1998), Magen-Darm-Störungen (Drossmann<br />
u.a. 1995; McCauley u.a. 1995; Campbell u.a. 2002). Frauen, die häusliche<br />
Gewalt erlebt haben, berichten über chronische Anspannung, Angst und Verunsicherungen,<br />
die sich als Stressreaktionen in psychosomatischen Beschwerdebildern<br />
und chronischen Erkrankungen (z.B. Migräne und chronische Rückenschmerzen)<br />
ausdrücken können. So stellen die von Campbell (2002) zusammengefassten Studien<br />
einhellig fest, dass diese Frauen signifikant häufiger an Kopfschmerzen und<br />
Migräne sowie unter chronischen Nacken-Schulter-Schmerzen leiden.<br />
Von häuslicher Gewalt betroffene Frauen berichten, so das Ergebnis mehrere Studien,<br />
auch signifikant häufiger über Magen-Darm-Probleme (z.B. Appetitverlust<br />
und Essstörungen) und diagnostizierten funktionalen Magenkrankheiten (z.B. chronisches<br />
irritiertes Magensyndrom), die mit chronischem Stress assoziiert werden<br />
(McCauley u.a. 1995; Chamberlain 2000; Campbell u.a. 2002). Diese Beschwerden<br />
können während einer akuten gewalttätigen und somit mit Stress verbundenen<br />
Beziehung beginnen, können aber auch mit erlebter sexualisierter Gewalt in der<br />
Kindheit zusammenhängen.<br />
1.4.4 Auswirkungen auf die reproduktive Gesundheit<br />
Geschlechtsbezogene Gewalt verletzt nicht allein die Grenzen der persönlichen<br />
Integrität, sondern zusätzlich - vielleicht sogar vorrangig - die Beziehung einer<br />
Frau zum eigenen weiblichen Körper und zum alltäglich erlebten Selbst. Sie stellt<br />
daher eine besondere Gefährdung der frauenspezifischen und insbesondere der<br />
reproduktiven Gesundheit im weitesten Sinne dar, da sie das Vertrauen in die<br />
Potenzen und die Achtungswürdigkeit des weiblichen Körpers beeinträchtigt. Unter<br />
der Wirkung von erlebter Gewalt können Frauen längere Zeit unfruchtbar oder im<br />
Gegenteil immer wieder in rascher Folge schwanger werden. Sie können spontane<br />
Fehlgeburten haben, Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen durchlaufen<br />
oder außerstande sein, die Mutterschaft innerlich anzunehmen.<br />
In der Schwangerschaft besteht eine statistisch erhöhte Gefahr, dass ein potenziell<br />
gewalttätiger Mann seine Frau schlägt oder die bereits zuvor ausgeübte<br />
Gewalt merklich steigert, und infolgedessen ein erhöhtes Risiko einer Fehl- oder<br />
Frühgeburt (Schmuel, Schenker 1998). Belegt sind zudem durch Gewalt verursachte<br />
Schwangerschaftskomplikationen, Verletzungen beim Fötus und ein niedriges<br />
Geburtsgewicht von Neugeborenen (Cokkinides u.a. 1999).<br />
Die Folgen reichen bis zur<br />
Behinderung<br />
Die Beziehung zum eigenen<br />
Körper und zum Selbst<br />
gehen verloren<br />
13<br />
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