Themenspezifische Planungshilfen - LZG.NRW
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Ortsnahe Koordinierung Häusliche Gewalt und Gesundheit<br />
1 Häusliche Gewalt und ihre Auswirkungen<br />
auf die Gesundheit<br />
Carol Hagemann-White<br />
Sabine Bohne<br />
Das Gesundheitswesen in Deutschland ist bislang in die Anstrengungen um<br />
Prävention, Intervention und Heilung bei Gewalt im Geschlechterverhältnis erst in<br />
Ansätzen eingebunden. Damit zusammenhängend ist der Wissensstand über<br />
Zusammenhänge zwischen Gewalt und Gesundheitsproblemen hierzulande<br />
unzulänglich und findet in Anamnese, Diagnostik und Behandlung der Professionellen<br />
im Gesundheitswesen immer noch zu wenig Beachtung. Neben den individuellen<br />
Folgen für Betroffene verursacht Gewalt gegen Frauen und Mädchen enorme<br />
Folgekosten, insbesondere für das Gesundheitssystem.<br />
1.1 Begriffsklärung: Was ist häusliche Gewalt?<br />
Im Zuge einer veränderten und kooperativen Interventionspraxis hat sich der<br />
Begriff “Häusliche Gewalt” etabliert. Er bezeichnet Gewalt zwischen erwachsenen<br />
Personen (unabhängig vom Tatort und auch ohne gemeinsamen Wohnsitz), die in<br />
einer gegenwärtigen oder ehemaligen intimen Beziehung oder Lebensgemeinschaft<br />
oder die in einem Angehörigenverhältnis zueinander stehen (vgl. WiBIG Band 4<br />
2004). Der Runde Tisch zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen beim Ministerium<br />
für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit <strong>NRW</strong> definiert häusliche Gewalt<br />
als: „(...) jede Form von Beziehungsgewalt (...) Sie ist nur im Kontext gesellschaftlicher<br />
Strukturen und des Geschlechterverhältnisses verständlich. Opfer sind ganz<br />
überwiegend Frauen und Kinder; Täter sind – auch dort, wo Männer Opfer sind –<br />
ganz überwiegend Männer.“ (Runder Tisch zur Bekämpfung der Gewalt gegen<br />
Frauen beim MFJFG 2001, S. 2). Hauptschauplatz von Gewalt gegen Frauen ist der<br />
soziale Nahraum.<br />
Diese Definitionen machen verschiedene, wichtige Punkte deutlich:<br />
Formen von Gewalt gegen Frauen sind vielfältig;<br />
Gewalt ist kein individuelles Problem, sondern ein gesellschaftliches und wird<br />
durch die Hierarchisierung im Geschlechterverhältnis gefördert;<br />
Frauen widerfährt Gewalt hauptsächlich durch Männer.<br />
1.2 Wer ist von Gewalt betroffen?<br />
Für Deutschland wurden im Sommer 2004 zwei im Auftrag des Bundesministeriums<br />
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erstellte Untersuchungen<br />
abgeschlossen. In einer nationalen repräsentativen Erhebung konnten das Ausmaß,<br />
die Formen und die gesundheitlichen Folgen von Gewalt gegen Frauen in allen<br />
Lebensbereichen erstmals mit zuverlässigen Zahlen beschrieben werden. In einer<br />
parallel erstellten Pilotstudie wurde erstmals untersucht, in welchen Formen und<br />
Lebensbereichen Männer Opfer von Gewalt werden. Bei diesen Untersuchungen<br />
hat sich bestätigt, dass Frauen Gewalt weitaus am häufigsten im häuslichen Bereich<br />
Häusliche Gewalt = jede<br />
Form von Beziehungsgewalt<br />
Opfer sind überwiegend<br />
Frauen<br />
5<br />
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