Themenspezifische Planungshilfen - LZG.NRW
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Ortsnahe Koordinierung Häusliche Gewalt und Gesundheit<br />
1.6 Handlungsfelder für eine verbesserte Versorgung von<br />
Gewaltbetroffenen: Beispiele und Anregungen für die<br />
Praxis<br />
Gewalt als Krankheitsursache abklären: Frage nach Gewalt im Rahmen der<br />
Anamnese oder im Behandlungs-Setting<br />
Bei dieser Intervention werden Patientinnen danach gefragt, ob sie möglicherweise<br />
Gewalt erlebt haben. Erfahrungsberichte und Untersuchungen zeigen, dass viele<br />
Frauen nicht von sich aus über erlittene Gewalt reden, wobei Angst und Scham<br />
wesentliche Faktoren sind. Sie befürchten nicht ernst genommen zu werden, sie<br />
haben Schuldgefühle und es fällt ihnen schwer, Vertrauen aufzubauen. Frauen<br />
schweigen häufig oder geben falsche Erklärungen über die Ursache ihrer Verletzung<br />
ab. Sie haben Angst, sofort reagieren zu müssen, wenn sie Hilfe suchen, aber<br />
auch Angst vor einer Eskalation der Gewalt bei Offenlegung oder im Falle einer<br />
Trennung.<br />
Doch Studien in verschiedenen Ländern haben wiederholt bestätigt, dass misshandelte<br />
Frauen direkt nach Gewalt gefragt werden wollen. Auch bei der Begleitforschung<br />
zum S.I.G.N.A.L. haben 80% der befragten Frauen (n=775) eine Routinebefragung<br />
über Gewalt befürwortet, wobei die Zustimmung bei denen, die selbst<br />
Gewalt erlebt haben, noch höher war (86%). Aber nicht jede Frage ist hilfreich.<br />
Frauen brauchen ein sensibles Vorgehen der Professionellen und ein Eingehen auf<br />
ihre Situation ohne Vorurteile, Verurteilung und Schuldzuweisung. Professionelle<br />
müssen auch mit der Frustration umgehen können, dass Frauen sich nicht sofort<br />
öffnen. Die Frage kann trotzdem hilfreich sein, denn Frauen registrieren die<br />
Gesprächsbereitschaft und das Verständnis für ihre Situation. Umgekehrt kann die<br />
fehlende Frage nach den Hintergründen der Verletzung misshandelten Frauen das<br />
Gefühl geben, dass Gewalt nicht als wichtig erachtet wird.<br />
Berufsgruppen, in denen Sensibilisierung und regelmäßiges Fragen nach Gewalt<br />
erfolgen sollte:<br />
- niedergelassene Ärzte und Ärztinnen aller Fachrichtungen,<br />
- medizinisch und pflegerisch Tätige in der Psychiatrie,<br />
- Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten,<br />
- ärztliches Personal in Krankenhäusern, insbes. in der ersten Hilfe,<br />
- Hebammen,<br />
- Pflegekräfte,<br />
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der psychosozialen Beratungsstellen,<br />
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Suchtkrankenhilfe.<br />
Ob es sich empfiehlt, Patientinnen grundsätzlich nach Gewalt zu fragen oder nur<br />
angesichts bestimmter Beschwerden und Symptome, wird unterschiedlich eingeschätzt.<br />
Eine Voraussetzung ist sicherlich, dass die Professionellen gut informiert<br />
sind und sensibel vorgehen.<br />
Qualifiziertes Informationsmaterial bereitstellen und verbreiten<br />
Befragungen in Deutschland (vgl. z.B. Igney 1999; Mark 2000; Wenzlaff, Goesmann,<br />
Heine-Brügerhoff 2001) haben ergeben, dass viele Behandelnde einen<br />
Bedarf an Informationsmaterial sehen. Oft haben sie keine Kenntnis über kommu-<br />
Von sich aus reden nur<br />
wenige Betroffene über das<br />
Erlebte<br />
Sensibles Vorgehen bei den<br />
Fragen<br />
Berufsgruppen die<br />
sensibilisiert werden<br />
müssen<br />
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