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36<br />

kulttour<br />

Früher gab es keinen Computer, keinen Fernseher und auch kein Internet,<br />

das die Freizeit füllen konnte. Deshalb nahmen v<strong>or</strong> allem in der<br />

Winterzeit, wenn die Arbeit im Freien ruhte, Erzählungen eine wichtige<br />

Unterhaltungsfunktion ein. Man traf sich mit Freunden, Nachbarn und<br />

Bekannten zum Beispiel zur Heimarbeit in bäuerlichen Stuben und erzählte<br />

sich – als Arbeitsbegleitung – verschiedenerlei Geschichten. V<strong>or</strong><br />

allem die Los- und Rauhnächte zwischen dem Andreastag am 30. No-<br />

das bairische Eck<br />

Dialektwächterin Isabella Guttenstein<br />

vember und Heiligdreikönig am 6. Januar galten als geheimnisumwitterte<br />

Nächte, die einen beinahe perfekten Rahmen für das Erzählen von Teufels-<br />

und Hexengeschichten oder eben allgemein von Weizgeschichten<br />

boten. Eine der Hauptfunktionen dieser Erzählungen war also sicher<br />

die Unterhaltung. Und doch geht das Bedürfnis, solche Geschichten zu<br />

verbreiten, weit über den Unterhaltungsfakt<strong>or</strong> hinaus. Weizgeschichten<br />

wollen – wie Sagen allgemein – erklären, veranschaulichen und warnen.<br />

Warnen v<strong>or</strong> Verstößen gegen N<strong>or</strong>men und Tabus. Denn Weizgeschichten<br />

besitzen insbesondere auch eine erzieherische Funktion. <strong>Das</strong><br />

schlechte Einschenken im Wirtshaus, die Versetzung von Grenzsteinen,<br />

das Abpflügen des nachbarlichen Ackers<br />

oder der Verstoß gegen die Sonntagsruhe –<br />

solche Vergehen boten Stoff für zahlreiche<br />

Weizgeschichten und werden d<strong>or</strong>t streng<br />

bestraft. Der Grenzfrevler beispielsweise<br />

muss nach dem Tod solange umgehen, bis<br />

Weizgschichtn<br />

der gerechte und ursprüngliche Zustand<br />

Dialekt und Erzählungen<br />

wieder hergestellt ist:<br />

„Jahrzehntelang hört man in den Nächten,<br />

hauptsächlich während der Allerheiligen<br />

– Allerseelenwoche, im Riederin einen Unsichtbaren<br />

rufen: ‚Wo muss ich ihn hinsetzen?’<br />

Er hat zu Lebzeiten einen Grenzstein<br />

verrückt, jetzt muss er ‚weizen’! Ein Betrun-<br />

Hat Ihnen schon mal jemand „Weizgschichtn“ erzählt?<br />

kener geht nachts auf den Harlachberg, als<br />

Die „Weiz“ oder „Weize“ ist eine Strafe für die „Arme<br />

der Grenzsteinversetzer wieder seine Frage stellt. Der Rauschige emp-<br />

Seele“. Wenn die Seele nach dem Tod keine Ruhe<br />

fiehlt ihm, den Grenzstein d<strong>or</strong>thin zu tun, wo er ihn einst genommen<br />

findet und umgehen muss, weil sich der Mensch zu<br />

hat. Von dieser Stunde an hat der Spuk ein Ende.“ (Reinhard Haller:<br />

Lebzeiten durch ein bislang ungesühntes Vergehen<br />

Bodenmaiser Sagen, Grafenau 1993, S. 99)<br />

schuldig gemacht hat, dann bezeichnet man das in<br />

manchen Regionen von Bayern, z.B. im Bayerischen<br />

Und was hat das nun mit Dialekt zu tun? Diese Geschichten leben von<br />

Wald, als „weizen“. Weizgeschichten sind also im engeren Sinne Wieder-<br />

der mündlichen F<strong>or</strong>m und damit auch davon, dass sie im örtlichen Diagängersagen.<br />

Oft werden mit diesem Begriff aber auch alle Erzählungen<br />

lekt erzählt werden. <strong>Das</strong> macht sie ein Stück weit lebensnäher und damit<br />

bezeichnet, die von Übernatürlichem handeln. Weizgeschichten sind also<br />

auch ein bisschen realer. Denn wie bereits erwähnt: diese Erzählungen<br />

Spukgeschichten, aber mit dem Charakteristikum, dass diese Erzählungen<br />

wollen geglaubt werden. Sie leben davon, dass sie zwischen Wahrheits-<br />

v<strong>or</strong> einem realen Hintergrund stattfinden. <strong>Das</strong> heißt, sie werden in einem<br />

anspruch einerseits und Skepsis ob ihrer Glaubwürdigkeit andererseits<br />

tatsächlich existierenden Ort angesiedelt und – so wird suggeriert – sind<br />

stehen. Ob die Menschen diese Erzählungen wirklich geglaubt haben,<br />

einem Menschen passiert, den der Erzähler kennt. Denn diese Geschichten<br />

sei dahin gestellt. Auch die Menschen, die ohne Computer, Fernsehen<br />

wollen v<strong>or</strong> allem eins: Geglaubt werden!<br />

und Internet aufgewachsen sind, haben sich nicht jeden Bären aufbinden<br />

lassen. Aber spannend sind gerade die „alten“ Sagen, die „Weizg-<br />

Wie entstehen bzw. entstanden solche Erzählungen? Als v<strong>or</strong>rangiges<br />

schichtn“ allemal. Denn sie sagen sehr viel aus über die Zeit, aus der<br />

Motiv darf dafür das Bedürfnis nach Erklärung bestimmter, scheinbar<br />

sie stammen.<br />

übernatürlicher Ereignisse gelten. Wenn man zum Beispiel im Dunkeln<br />

ein sich bewegendes Licht entdeckt, dessen Ursprung man nicht er-<br />

In diesem Sinne alles Gute und hören Sie gut zu, wenn Sie mal wieder<br />

klären kann und von dem man sich verfolgt fühlt, kann die Arme Seele<br />

eine alte Geschichte erzählt bekommen. Vielleicht ist es eine „Weizg-<br />

als Erklärung für dieses „Irrlicht“ dienen. Denn die Arme Seele soll dem<br />

schicht“.<br />

Volksglauben zufolge als Licht erscheinen und „umher lichtern“.<br />

Bis zum nächsten Mal!<br />

Ihre Dialektwächterin<br />

Isabella Guttenstein

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