Kalkuliertes Risiko - WIM-Magazin
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SPECIAL: FINANZIERUNG | VERSICHERUNGEN<br />
SANIERUNG VON UNTERNEHMEN<br />
Sind die Konzepte tragfähig?<br />
Wenn ein Betrieb in Schiefl age geraten ist, prüfen die Banken genau, ob sie sich<br />
an der Sanierung beteiligen können. Vor einer Kreditvergabe steht eine mehrstufi ge Analyse.<br />
Von Michael Raab und Andreas Weigert<br />
Geschäftsführer, die mit ihrem Unternehmen<br />
eine Krise durchlaufen, sind<br />
oft erstaunt, wie sich die Einstellung<br />
ihrer Bank(en) ihnen gegenüber verändert.<br />
Sie fühlen sich dann an die bekannte Redensart<br />
erinnert: „Eine Bank ist eine Einrichtung,<br />
die einem so lange Geld leiht, wie man beweisen<br />
kann, dass man keines braucht.“ Aber<br />
gerade in unternehmerischen Krisen besteht<br />
fast immer ein akuter Liquiditätsbedarf, die<br />
Sicherstellung der Finanzierung ist oft die<br />
dringlichste Voraussetzung für den weiteren<br />
Fortbestand des Betriebs.<br />
Wenn der Blick in die Zukunft unsicher ist,<br />
verengen sich tragischerweise auch die Finanzierungsmöglichkeiten.<br />
Denn zu diesem<br />
Zeitpunkt sind die fi nanziellen Mittel der Gesellschafter<br />
oft schon in das Unternehmen<br />
eingebracht worden und die Kreditpotenziale<br />
bei Banken und Lieferanten ausgereizt. Häufi<br />
g ist bereits ein wesentlicher Teil der Lieferantenrechnungen<br />
fällig und es läuft bisweilen<br />
auch schon die Drei-Wochen-Frist zur<br />
Stellung eines Insolvenzantrags. Aufgrund<br />
bestehender Kreditengagements sind die bereits<br />
beim Unternehmen engagierten Banken<br />
in der Regel die einzige Möglichkeit, kurzfristig<br />
frische Liquidität in das Unternehmen<br />
einzubringen und dessen Insolvenz sowie die<br />
private Inanspruchnahme der Geschäftsführenden<br />
Gesellschafter zu vermeiden.<br />
Doch man muss sich<br />
auch in die Lage der Banken<br />
hineinversetzen: Für sie<br />
sind Kreditvergaben an<br />
Krisenunternehmen na-<br />
Foto: angelo.gi/Fotolia.com<br />
30 06 | 09<br />
turgemäß mit erheblichen Risiken verbunden,<br />
die sie genau analysieren müssen. Sie<br />
prüfen die Tragfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit<br />
des Unternehmens und stellen sich<br />
verständlicherweise die Frage, ob sie dem<br />
schlechten Geld gutes Geld hinterherwerfen<br />
sollen. Dann haben sie rechtliche Erfordernisse<br />
zu erfüllen, die sich aus den Basel II-<br />
Vorschriften und aus den „Mindestanforderungen<br />
an das <strong>Risiko</strong>management der<br />
Banken“ („MaRisk“) ergeben. Wird ein Kredit<br />
als problematisch eingestuft, muss der<br />
Kunde an einen auf solche Fälle spezialisierten<br />
Betreuungsbereich der Bank übergeben<br />
werden. Wenn ein Sanierungskredit vergeben<br />
werden soll, ist zwingend auch eine Prüfung<br />
der Sanierungswürdigkeit und -fähigkeit<br />
vonnöten und zwar in Form eines Gutachtens<br />
durch einen geeigneten Dritten. Andernfalls<br />
bestehen für Banken erhebliche<br />
Haftungsrisiken, die sich in Schadenersatzansprüchen<br />
oder sogar der strafrechtlichen<br />
Verfolgung der handelnden Personen niederschlagen<br />
können.<br />
Prinzipiell bestehen im Umgang mit Problemkrediten<br />
für Kreditinstitute verschiedene<br />
Handlungsoptionen:<br />
� Kündigung oder stufenweise Reduktion<br />
der Kreditlinien<br />
� Verkauf der Forderungen an einen Dritten<br />
� „Stillhalten“ im Rahmen des bestehenden<br />
Engagements<br />
� aktive Begleitung der Restrukturierung<br />
des Unternehmens oder<br />
� Initiierung eines Verkaufsprozesses,<br />
um damit<br />
die Basis für einen<br />
außergerichtlichen Vergleich<br />
zu schaffen und<br />
um die Kreditlinien<br />
weitestmöglich zurückzuführen.<br />
Der Unternehmer<br />
wird<br />
als Ziel der Verhandlungen natürlich anstreben,<br />
dass die Bank die Sanierung unterstützt.<br />
Doch dies ist regelmäßig mit einem mehrstufi<br />
gen Entscheidungsprozess auf Seite der<br />
Banken bzw. des Bankenpools verbunden.<br />
Der erste Schritt im Restrukturierungsprozess<br />
ist die bankinterne Vorprüfung, um zu<br />
ermitteln, ob eine Sanierung überhaupt Erfolg<br />
verspricht. Im zweiten Schritt beurteilt<br />
das Kreditinstitut, ob die Restrukturierung<br />
die geeignete Alternative aus seiner Sicht darstellt.<br />
Wurden beide Prüfungspunkte bankintern<br />
bejaht, wird ein externes Expertenurteil<br />
darüber eingeholt, ob das Unternehmen<br />
sanierungswürdig und -fähig ist. Diese Beurteilung<br />
erfolgt in der Regel anhand eines<br />
Restrukturierungsgutachtens gemäß der<br />
„Anforderungen an Sanierungskonzepte“, die<br />
das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) in<br />
der Stellungnahme „IDW FAR 1/1991“ zusammengefasst<br />
hat. Die Inhalte des Gutachtens,<br />
das auf dieser Basis entsteht, lassen sich<br />
in fünf Teile untergliedern:<br />
� Beschreibung des Unternehmens<br />
� fi nanz- und erfolgswirtschaftliche Analyse<br />
� Entwicklung der zukünftigen strategischen<br />
Ausrichtung<br />
� Maßnahmen zur Sanierung und<br />
� Planverprobungsrechnungen, die die monetären<br />
Auswirkungen der zukünftigen<br />
strategischen Ausrichtung und der defi -<br />
nierten Maßnahmen transparent machen.<br />
Bei einem grundsätzlich positiven Urteil<br />
des Gutachters folgt der letzte Prüfungsschritt<br />
der Banken: Es wird ermittelt, in welchem<br />
Umfang die zentralen Interessengruppen<br />
(„Stakeholder“) des Unternehmens zu Sanierungsbeiträgen<br />
bereit sind. Sanierungsbeiträge<br />
können z.B. in Gehaltsverzicht der<br />
Belegschaft, Forderungsstundungen der Lieferanten<br />
oder Preiserhöhungen der Kunden<br />
bestehen. Nur wenn diese Voraussetzungen<br />
für eine erfolgreiche Wende beim Krisenunternehmen<br />
vorliegen, wird eine aktive Begleitung<br />
der Restrukturierung und die Vergabe<br />
eines Sanierungskredits erfolgen. ■<br />
Michael Raab ist Vorstand<br />
und Andreas Weigert Berater bei der<br />
Concentro Management AG, Nürnberg<br />
(raab@concentro.de; weigert@concentro.de).