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Biologische Vielfalt - NABU-Naturschutzstation Münsterland e.V.

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Streuobstwiese –<br />

einer der artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas<br />

Die aktuelle „Rote Liste der gefährdeten<br />

Biotoptypen“ beschreibt rund<br />

72 Prozent der 690 verschiedenen Lebensraumtypen<br />

in Deutschland als im<br />

Rückgang begriffen oder sogar akut<br />

von der Vernichtung bedroht. In die Kategorie<br />

„stark gefährdet“ fallen Streuobstwiesen.<br />

Es ist als tragisch anzusehen,<br />

dass diese nördlich der Alpen<br />

liegenden „hotspots“ der Biodiversität<br />

bei der Auswahl der FFH Biotoptypen,<br />

anders als die ähnlich entstandenen<br />

Dehesas (Korkeichenhaine) oder die<br />

Johannisbrot-Olivenhaine in Südeuropa,<br />

keine Berücksichtigung gefunden<br />

haben. So liegt die Zuständigkeit für<br />

den Erhalt der Streuobstwiesen oft bei<br />

den örtlichen Naturschutzgruppen, vor<br />

allem weil ein Schutzstatus dieses Lebensraums<br />

in etlichen Bundesländern<br />

nicht durch die Landschaftsgesetze<br />

gegeben ist oder wie in NRW gerade<br />

erst wieder herausgenommen wurde.<br />

Ihren großen ökologischen Wert haben<br />

Streuobstwiesen durch ihren immensen<br />

Artenreichtum. Bis zu 5000 Tier- und<br />

Pflanzenarten kommen bundesweit in diesem<br />

Biotoptyp vor. In die Kombination der<br />

beiden Lebensräume Gehölz und Wiese<br />

sind zahlreiche wald- und waldrandbewohnende<br />

Tierarten eingewandert, die in<br />

der intensiv genutzten Agrarlandschaft ihren<br />

Lebensraum verloren haben. Blütenreiche<br />

Wiesen und blühende Obstbäume<br />

bieten nektarsammelnden Insekten, die<br />

Fruchtstände der Wiesenpflanzen körnerfressenden<br />

Vögeln reichlich Nahrung.<br />

Die Früchte der Bäume locken Vögel,<br />

Säugetiere und Insekten an. Die zahlreichen<br />

Insekten stehen wiederum auf dem<br />

Speiseplan der Vögel, Fledermäuse und<br />

Hornissen.<br />

In den alten hochstämmigen Obstbäumen<br />

bauen Spechte ihre Höhlen, andere Vogelarten<br />

ziehen als Nachmieter ein. Peter<br />

Hlubek hat durch die Kartierung einer 0,8<br />

ha großen Streuobstwiese im Stadtgebiet<br />

Münster gezeigt, dass sie aus ornithologischer<br />

Sicht ein schützenswertes Refugium<br />

darstellt. Insgesamt konnte er 8<br />

Vogelarten als Höhlenbrüter (Hohltaube,<br />

Blaumeise, Kohlmeise, Sumpfmeise, Gartenbaumläufer,<br />

Feldsperling, Star, Dohle)<br />

und 3 Arten als Freibrüter (Buchfink,<br />

Grünling, Ringeltaube) bestätigen. Bei<br />

Singdrossel, Weidenlaubsänger, Heckenbraunelle<br />

und Zaunkönig war ein Brüten<br />

als wahrscheinlich anzusehen. Insgesamt<br />

13 weitere Arten wie Mäusebussard,<br />

Rauchschwalbe, Buntspecht, Gebirgsstelze<br />

oder Kernbeißer nutzen das Gebiet<br />

zur Nahrungssuche. Als Charakterart der<br />

Streuobstwiesen gilt der Steinkauz. Zur<br />

Aufzucht seiner Jungen nutzt er in Münster<br />

die Niströhren, die die Mitglieder der<br />

Eulen-AG gebaut und in den Obstbäumen<br />

aufgehängt haben. Der Bestand der<br />

Steinkäuze konnte sich so von 8 erfolgreichen<br />

Bruten (1994) auf 146 (2005) ausweiten.<br />

Das Braune Langohr, der Kleine Abendsegler<br />

und die Fransenfledermaus haben<br />

ihre Sommerquartiere in den Baumhöhlen.<br />

Während Großer und Kleiner Abendsegler<br />

über den Baumkronen nach fliegenden<br />

Insekten jagen, greifen Langohr<br />

und Fransenfledermaus auch die sitzende<br />

Beute geschickt von den Blättern und<br />

Zweigen ab. Lena Grosche (<strong>NABU</strong> Münster)<br />

konnte neben den genannten Arten<br />

auch die Breitflügel- und die Zwergfledermaus<br />

nachweisen.<br />

Biodiversität auf Streuobstwiesen beinhaltet<br />

aber nicht nur den Lebensraum für<br />

etwa 5000 Tier- und Pflanzenarten, sondern<br />

auch genetische Ressourcen - immerhin<br />

gibt es in Deutschland noch rund<br />

3000 Obstsorten. Allein in Münster ernten<br />

wir über 150 alte Obstsorten auf den<br />

Streuobstwiesen. Wo sonst findet man<br />

den Roten Münsterländer Borsdorfer, Königin<br />

Viktoria, Winterköttelbirne, Mispeln<br />

oder Quitten.<br />

Einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der<br />

Biodiversität leisten somit die Münsteranerinnen<br />

und Münsteraner durch den<br />

Kauf von Streuobst und Streuobstprodukten.<br />

Die ökonomische Inwertsetzung<br />

dieses Lebensraums sichert nicht nur den<br />

Erhalt der alten Obstsorten, sondern direkt<br />

auch den Fortbestand von Steinkauz,<br />

Braunem Langohr und Hornisse. £<br />

Text und Foto: Karin Rietman<br />

NATURZEIT.org 19<br />

<strong>NABU</strong> Münster

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