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architecture - Alsecco

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ONE HOUR<br />

22 alsecco aface<br />

verkraften, zudem wird so der Wettbewerb gestärkt. Experten<br />

gehen inzwischen davon aus, dass der Solarstrom bis<br />

2013 den gleichen Preis haben wird wie sonstiger Strom.<br />

Dennoch wäre mir eine weniger starke Kürzung der Vergütung<br />

natürlich lieber gewesen. Dies hätte vor allem den kleineren<br />

und mittleren Betrieben genutzt.<br />

AFACE: Was halten Sie in diesem Zusammenhang von<br />

dem Projekt „Desertec“, mit dem Strom in der Sahara gewonnen<br />

werden soll?<br />

FRANZ ALT: Da bin ich eher skeptisch. Es ist doch viel<br />

intelligenter, die 20 Millionen Dächer in Deutschland für die<br />

Photovoltaik zu nutzen, als Strom aus Afrika zu beziehen.<br />

Statt Energie über tausende Kilometer zu importieren und<br />

uns von arabischen Ölscheichs, russischem Gas oder Gaddafis<br />

Sonne abhängig zu machen, sollten wir eher auf regionale<br />

Strukturen setzen. Neben der Sonne haben wir Wind,<br />

Wasser, Biogas, Resthölzer im Wald, landwirtschaftliche<br />

und forstwirtschaftliche Reststoffe und riesige Mengen an<br />

Bioabfall, die ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt werden<br />

könnten. Hinzu kommt, dass Millionen von dezentralen Solardächern<br />

anders als eine riesige Großanlage in der Sahara<br />

kein Ziel für Terroristen darstellen können. Die großen politischen<br />

Alternativen des 21. Jahrhunderts heißen für mich<br />

Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne. Und dabei gibt es<br />

zahlreiche hoffnungsvolle Zeichen: Das Land Sachsen-Anhalt<br />

hat in diesem Winter zum Beispiel 36 Prozent seines<br />

Stroms über Windräder gewonnen. Wichtig ist aber, dass<br />

wir nicht auf eine einzige Energiequelle setzen, sondern<br />

dass nur der Mix aus Sonne, Wind, Bioenergie, Wasserkraft<br />

und Erdwärme eine hundertprozentige Energiewende<br />

möglich macht.<br />

AFACE: Zur Senkung der CO 2-Emission stehen drei konkrete<br />

Möglichkeiten zur Verfügung: die Erhöhung der Energieeffizienz,<br />

die Energieeinsparung und der Ausbau der<br />

erneuerbaren Energien. Wo sehen Sie hier die deutlichsten<br />

Fortschritte und was gibt es noch zu tun?<br />

FRANZ ALT: Beim Wärmebedarf sind wir technologisch<br />

betrachtet schon am Ziel. Wir können heute Häuser bauen,<br />

die aufgrund optimierter Dämmung und moderner Technologien<br />

ohne herkömmliche Energien auskommen. Anders<br />

sieht die Sache beim Strom aus, hier wird der Bedarf in den<br />

nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich sogar noch ansteigen.<br />

Ich setze daher auf ein intelligentes Zusammenspiel<br />

der drei großen „E“, also Energieeffizienz, Energieeinsparung<br />

und erneuerbarene Energien.<br />

AFACE: Aber es gibt doch das Problem, den benötigten<br />

Strom zu speichern und permanent ohne Unterbrechung<br />

bereitzustellen ...<br />

FRANZ ALT: Nein, das Speicherproblem für Strom aus<br />

erneuerbaren Energien ist theoretisch längst gelöst und in<br />

der Praxis wird es so aussehen: Für den privaten Bereich<br />

gibt es Batterien im Auto oder Speicher im Keller, überregional<br />

können wir auf einen Mix von verschiedenen Energien<br />

und verschiedenen Standorten setzen. Ein gutes Beispiel<br />

dafür ist der Ausbau des Europäischen Stromverbundes.<br />

Denn irgendwo in Europa weht immer Wind oder es scheint<br />

die Sonne. Deshalb brauchen wir neben Windrädern an Land<br />

auch Windmühlen auf See.<br />

AFACE: Welcher Zeitrpunkt schwebt Ihnen für die komplette<br />

Umstellung auf erneuerbare Energien vor?<br />

FRANZ ALT: Die Europäische Kommission geht von 2050<br />

aus und auch China und Indien haben 2060 bzw. 2050 im<br />

Blick. Angesichts des technischen Fortschritts und der Effizienzsteigerungen<br />

der vergangenen Jahre bin ich allerdings<br />

davon überzeugt, dass wir den Umstieg in Deutschland und<br />

Europa schon bis 2040 schaffen können. Die Technik ist<br />

vorhanden, alles andere ist ausschließlich eine Frage des<br />

politischen Willens.<br />

AFACE: Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ist<br />

das Klimathema jedoch derzeit wieder etwas in den Hintergrund<br />

getreten.<br />

FRANZ ALT: Ja, viele Politiker meinen, wir müssten jetzt<br />

erst mal die Finanzen sanieren. Ich halte das für sehr kurzsichtig.<br />

Denn der Klimawandel wird uns nicht nur die nächsten<br />

vier Jahre beschäftigen, sondern ist ein Problem für die<br />

nächsten tausend Jahre. Das wird schnell vergessen. Mit<br />

schuld daran sind auch die Medien. Denn die meisten Journalisten<br />

sind ähnlich wie die meisten Politiker ausschließlich<br />

an Quoten, Auflagen und Wahlen interessiert und blenden<br />

langfristige Entwicklungen gerne aus.<br />

AFACE: Frau Merkel ist immerhin als Klimakanzlerin gestartet<br />

...<br />

FRANZ ALT: Als Physikerin hat sie im Gegensatz zu vielen<br />

anderen Regierungschefs immerhin begriffen, worum es<br />

geht. Was sie davon durchsetzt, ist allerdings eine andere<br />

Frage.<br />

AFACE: Was für weitergehende Maßnahmen würden Sie<br />

sich von der Politik wünschen?<br />

FRANZ ALT: In jedem Fall muss das Erneuerbare-Energien-<br />

Gesetz weitergeführt werden. Außerdem sollte die Debatte

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