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25 Jahre Psychiatrie-Enqute - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Fazit<br />

Peter Lehmann<br />

Ausgaben – mit Almosen abgespeist? Wo ist der Protest, wenn das<br />

Bundesministerium für Gesundheit Millionen für die psychiatrische<br />

(»Anti-«)Stigmatisierungskampagne der biologischen <strong>Psychiatrie</strong><br />

zum Fenster hinauswirft, um selbst die bescheidensten Förderanträge<br />

von Selbsthilfeorganisationen mit dem Argument »Kein Geld«<br />

abzuschmettern? Wo ist der Protest gegen den Skandal, dass sich offenbar<br />

Verbraucherverbände die <strong>Kranke</strong>nkassengelder unter die<br />

Nägel gerissen haben, die eigentlich für Selbsthilfe-Einrichtungen<br />

gedacht sind?<br />

Empowerment, Partnerschaft und Gleichberechtigung sind schöne<br />

Worte. Sie eignen sich für Sonntagsreden. Da Partnerschaft nur unter<br />

Gleichberechtigten denkbar ist, sind alle, die Empowerment und<br />

Gleichberechtigung wirklich wollen, freundlichst aufgefordert, die<br />

rechtliche, soziale und finanzielle Situation von <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffenen<br />

auf allen Entscheidungsebenen zu stärken, bestehende Machtgefälle<br />

zu verringern, Allianzen mit <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffenen einzugehen,<br />

sich öffentlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Verbände<br />

zu äußern.<br />

Da erfahrungsgemäß Menschen an ihren Machtpositionen hängen,<br />

sollten <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffene nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag<br />

warten, sondern gemeinsam daran gehen, eine Gegenmacht<br />

aufzubauen. Dazu müssen sie sich zusammenschließen und<br />

gemeinsam auf den Weg zur Gleichberechtigung machen. Wenn sie<br />

eine Hand voll Nichtbetroffener begleitet, sollten sie sich freuen.<br />

Wenn jene aber in einer Weise von Empowerment reden, dass sie<br />

nur den ursprünglich mit emanzipativem Sprengstoff versehenen<br />

Begriff entschärfen und die Idee in altbekannter psychiatrischer Art<br />

uminterpretieren, verbiegen, entschärfen, eingemeinden – »kooptieren«<br />

ist der Fachbegriff in der internationalen Selbsthilfe- und Befreiungsbewegung<br />

–, dann zeigt dies, wie weit der Weg ist zu einer<br />

Gegenmacht, zu echtem Empowerment, wie wichtig es aber auch<br />

ist, diesen Weg zu beschreiten. Das Ziel müssen allerdings die am<br />

Selbstbestimmungsrecht, am wirksamen Mitbestimmungsrecht, an<br />

echter Partnerschaft interessierten Betroffenen bestimmen, niemand<br />

sonst.<br />

372<br />

Literatur<br />

Von der Entmündigung zum Empowerment<br />

Wenn Psychiater zu viel von Empowerment reden<br />

CHAMBERLIN J.: Erfahrungen und Zielsetzungen der nordamerikanischen<br />

Selbsthilfebewegung. In: KEMPKER K., LEHMANN P. (Hg.): Statt <strong>Psychiatrie</strong>.<br />

Berlin: Antipsychiatrieverlag. 1993: 300–317<br />

KEMPKER K.: Teure Verständnislosigkeit – Die Sprache der Verrücktheit und<br />

die Entgegnung der <strong>Psychiatrie</strong>. Berlin: Antipsychiatrieverlag. 1991<br />

KEMPKER K. (Hg.): Flucht in die Wirklichkeit. Das Berliner Weglaufhaus.<br />

Berlin: Antipsychiatrieverlag. 1998<br />

KEMPKER K.: Mitgift – Notizen vom Verschwinden. Berlin: Antipsychiatrieverlag.<br />

2000<br />

KNUF A., SEIBERT U.: Selbstbefähigung fördern. Bonn: <strong>Psychiatrie</strong>-Verlag.<br />

2000<br />

LEHMANN P.: Schöne neue <strong>Psychiatrie</strong>. Band 1: Wie Chemie und Strom auf<br />

Geist und Psyche wirken. Band 2: Wie Psychopharmaka den Körper<br />

verändern. Berlin: Antipsychiatrieverlag. 1996<br />

PEECK G, VON SECKENDORFF C., HEINECKE P.: Ergebnis der Umfrage unter<br />

den Mitgliedern des Bundesverbandes <strong>Psychiatrie</strong>-Erfahrener zur<br />

Qualität der psychiatrischen Versorgung. In: Sozialpsych. Information<br />

1995, <strong>25</strong>, 4: 30–34<br />

STARK W.: Empowerment. Neue Handlungskompetenzen in der psychosozialen<br />

Praxis. Freiburg: Lambertus Verlag. 1996<br />

WEHDE U.: Das Weglaufhaus – Zufluchtsort für <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffene.<br />

Erfahrungen, Konzeptionen, Probleme. Berlin: Antipsychiatrieverlag.<br />

1991<br />

373

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