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25 Jahre Psychiatrie-Enqute - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Heinrich Kunze<br />

nerung präsent bleiben. Denn ein Vergessen würde die Gefahr der<br />

Wiederholung verstärken. Wer nur die Gegenwart kennt, ahnt nicht,<br />

seit welch kurzer Zeit erst die eines sozialen Rechtsstaates einigermaßen<br />

angemessene Situation erreicht wurde. Herr Häfner hat dies<br />

sowie die weitreichenden historischen Wurzeln eindrücklich in Erinnerung<br />

gerufen. Die Vergangenheit im Bewusstsein zu behalten<br />

ist notwendig, um gegenüber »modernen« Gefahren der Vernachlässigung,<br />

der Entwertung und der Ausgrenzung von Menschen mit<br />

psychiatrischen Erkrankungen sensibel und wachsam zu bleiben. Die<br />

<strong>Psychiatrie</strong>-Reform der letzten Jahrzehnte ist ein komplexer Prozess<br />

auf verschiedenen, miteinander in Wechselwirkung stehenden Ebenen.<br />

Eine nicht abschließende Übersicht der Ziele gibt die Abbildung<br />

1.<br />

Lebensverhältnisse inhuman normalisiert<br />

Ansehen von psychisch <strong>Kranke</strong>n Stigmatisierung Wertschätzung<br />

Bürgerliche und soziale Rechte benachteiligt gleichgestellt<br />

Zwangsmaßnahmen institutionelle Willkür rechtsstaatliche Kontrolle<br />

Behandlungsmöglichkeiten gering erheblich<br />

Krankheitsverständnis eindimensional mehrdimensional<br />

Therapeutische Beziehung patriarchalisch partnerschaftlich<br />

Patienten hilflose Objekte Experten für ihre Behandlung<br />

Angehörige ausgegrenzt aus Behandlung Mitwirkende<br />

Ziel der Hilfe Ausgrenzung Integration<br />

Psychiatrische Angebote wohnortfern wohnortnah<br />

Art der Hilfe stationär vor ambulant ambulant vor stationär<br />

Ausrichtung der Hilfen institutionszentriert personen- und lebensfeldzentriert<br />

<strong>Psychiatrie</strong>-Reform wenigen Experten Kommunen, Ländern, Bund,<br />

getragen von und Politikern Verbände<br />

Abb. 1: <strong>Psychiatrie</strong>-Reform – Ziele der Veränderung<br />

Der Entwicklungshorizont der <strong>Psychiatrie</strong>-Enquete<br />

104 105<br />

Das Prinzip der Humanität gehört an oberste Stelle. Es folgen<br />

Ziele, die sich auf gesellschaftliche und rechtliche Kontextbedingungen<br />

beziehen, auf die erheblichen Fortschritte in der Behandlung<br />

und Rehabilitation, auf Veränderungen in der Einstellung bei<br />

sowie zu Betroffenen (Erkrankte und Angehörige), sowie auf Organisationsformen<br />

von psychiatrischen Hilfen. Diese Veränderungen<br />

im Rahmen der <strong>Psychiatrie</strong>-Reform werden in verschiedenen Vorträgen<br />

und Symposien thematisiert, sie waren schon bei der Vorbereitung<br />

des Kongresses maßgeblich. So wurde zum Beispiel die Zeit<br />

für die Plenarveranstaltung heute Vormittag zwischen den Fachexperten<br />

und Betroffenenexpertinnen und -experten hälftig aufgeteilt.<br />

Bei möglichst vielen der folgenden Veranstaltungen vertreten<br />

Betroffene ihre Erfahrungen selbst. Die <strong>Psychiatrie</strong>-Reform ist ein<br />

überparteiliches Anliegen und wird von unterschiedlichen Organisationen<br />

vorangetrieben, dies kommt auch in der gemeinsamen<br />

Trägerschaft dieses Kongresses durch verschiedene Organisationen<br />

zum Ausdruck.<br />

Ich will nun die wesentlichen Reformlinien darstellen, die mit<br />

der <strong>Psychiatrie</strong>-Enquete eingeleitet wurden und die zukünftigen Aufgaben<br />

darstellen (s. Abb. 2). Die <strong>Psychiatrie</strong>-Reform wird in der<br />

Regel primär auf der sozialrechtlichen, finanziellen und organisatorischen<br />

Ebene durchgeführt. Die hier dargestellten Entwicklungslinien<br />

haben vielfältige direkte oder indirekte Bezüge zu den Veränderungsebenen<br />

der Abbildung 1.<br />

1. Ausgangslage: Die anstaltszentrierte Versorgung<br />

2. Integration der psychiatrischen <strong>Kranke</strong>nbehandlung in die medizinische<br />

Versorgung<br />

a) Behandlung durch niedergelassene Ärzte<br />

b) Integration der Heilfunktion der psychiatrischen Anstalt in die medizinische <strong>Kranke</strong>nhausversorgung<br />

c) Die Zukunft der psychiatrischen <strong>Kranke</strong>nbehandlung (ambulant vor stationär)<br />

3. Leitlinien für Dienste für chronisch psychisch kranke Personen<br />

a) Konzeptionelle Vorgaben der »Enquete« (1975) und der »Empfehlungen« (1988)<br />

b) Die Expertenkommission 1992 bis 1996<br />

c) Kritik des Konzeptes der Rehabilitationskette<br />

d) Konsequenzen: Der personenzentrierte Ansatz<br />

4. Perspektiven: Wie viel Integration ist möglich?<br />

Abb. 2: Der Weg von der anstaltszentrierten Versorgung zum personenzentrierten<br />

Ansatz

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