12.07.2015 Aufrufe

Download - INSTITUT FÜR AKTUELLE KUNST IM SAARLAND

Download - INSTITUT FÜR AKTUELLE KUNST IM SAARLAND

Download - INSTITUT FÜR AKTUELLE KUNST IM SAARLAND

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

... als der alte liebe Mann oder im Alten Testament als der zornige, strafende.Egal wie. Für mich gibt es diese Art der Existenzform nicht. Ich bin auch kein Betender,insofern in diesem Sinne auch kein Glaubender. Aber was mir viele nicht nur nachsagen,sondern auch in den Arbeiten sehen, ist so etwas wie eine religiöse Grundhaltung, die mirvielleicht die Möglichkeit gibt, Arbeiten zu machen oder gemacht zu haben, die sichwohlfühlen in den unterschiedlichsten Sakralräumen, in Kirchen. Dann müssen die ArbeitenJa irgendwas haben, was man auf der höchsten Ebene spirituell nennen kann. Anders gesagt:Mich interessiert eine interkonfessionelle Gläubigkeit, die beinhaltet, dass es Menschengibt, die an den einen Gott glauben oder die an viele Götter glauben, eine Gläubigkeit,die aber letztlich eine Haltung verkörpert, nicht getreu dem Prinzip: Auge um Auge, Zahnum Zahn. Und ich würde gerne, wenn ich die Mittel hätte, einen Sakralraum nach demanderen bauen, wo Menschen sich so wohl fühlen als seien sie in einer Kirche, die aberüberkonfessionelles Erleben ermöglicht. Und die Kapelle, die ich in dem katholischenKrankenhaus [Elisabeth Krankenhaus in Kirchen/Sieg] gemacht habe, hat selbstverständlichauch Widerstände provoziert, weil ich sie immer überkonfessionell gedacht habe. Andererseitshabe ich überhaupt keine Schwierigkeiten mit der historischen und teils zeitgenössischenKunst in Kirchen. Im Gegenteil. Die sehe ich weder als katholisch noch als evangelisch, diesehe ich als Kunst, die die Kraft hat, mich dorthin zu tragen, wo ich vielleicht hin will. Kirchensind Andachtsräume.27Sie sagen, Ihre Arbeiten müssten etwas Spirituelles haben, da sie sich gut in Kircheneinzufügten.Ja. Oder den Atem, den ein guter Innenraum hat, auch wieder abgeben zu können. Esist nicht nur so, dass die Arbeiten dort integriert werden, sondern dass sie sich behauptenwie eben ein historisches Kunstwerk, das ja, das darf man nicht vergessen, für mein Augeeigentlich nie nur die Schilderung eines biblischen Inhaltes war. Mich interessiert an dieserArt der Kunst, was da passiert, wie das gemacht ist, und ob der Inhalt ein Faktor ist. Abermich interessiert nicht die Kreuzigung als Kreuzigung, sondern der Umgang mit demThema. Was macht diese Figur an dem Untergrund oder an dem Balkenwerk, was machtsie im Raum?Sie haben das Motiv der Kreuzigung aufgegriffen.Ja, ich habe ohne Auftrag vier Kreuze gemacht. Die heißen »Kreuze (Ohne Titel)«.Eins hängt im Internat, ein Vetter von mir hat es dort hinein gekauft. Das gibt meineAnschauung wieder, dass ein Kreuz für Menschen eine Bedeutung haben kann als eineMöglichkeit der Schmerzenswiedergabe. Oder des Triumphes. Es gibt ja die unterschiedlichstenAuslegungen, die ich konfessionslos sehe. Wenn ich diese Kreuze gemacht habe,entsprechen sie meinem damaligen Gestaltungsinteresse, Formen so mit der Farbe zuverknüpfen, dass die Farbe die Form aufhebt und umgekehrt. Also ein Dialog zwischenForm und Farbe, die sich gegenseitig streiten, wohlfühlen usw. Ich habe die Farben soeingesetzt, dass sie die Form nivellieren oder innerhalb des Ganzen einen Raum suggerieren,den es nicht gibt oder einen Raum intensivieren. Anders gesagt: mit und gegen die Form.Diese Art der Kreuze – wenn Sie sich darauf einlassen, können Sie feststellen, dass dieserKorpus, der ja sonst in einer formalen Fixierung dort hängt, in erkennbarer Formgebungerscheint als sei er in Bewegung, als ginge es um eine Beschreibung verschiedener Zustände.Anders ausgedrückt: Die Farbe trägt dazu bei, die Bewegungen zu unterstreichen, nichtnur ein Verharren. Und das ist letztlich auch ein Hinweis darauf, dass es keine Festschreibungeines Zustandes wie z. B. Freude gibt.Sie haben Ihre Skulpturen in Kirchen beschrieben. Und Sie haben von Achtung gesprochen.Empfinden Sie Demut, wenn Sie Ihre Arbeiten in Kirchenräume stellen?Wie ich in meinen Erziehungsaufgaben immer formuliert habe, meine ich mir zuwünschen: Bescheidenheit mit Anspruch. Das ist das Gegenteil von Demut. Und in einerKirche interessiert mich der Behauptungswille, von einer Bescheidenheit getragen, der dasUmfeld achtet. Ich will da keine anderen Bilder erzeugen, sondern lediglich ein Bild hineinstellen,von dem ich meine, das ist in so einem Raum tauglich und auch vielleicht damit verknüpfen,dass man insgesamt in der Kirche darüber nachdenken sollte, welche Kunst heute denGläubigen zugemutet wird. Ich plädiere auch dafür, keine neuen Attribute in Kirchen hineinzu geben, die sich den Gestaltungsmitteln der Romanik verschreiben. Also nachgemachteRomanik, nachgemachte Gotik, nachgemachter Barock, sondern Ausdrucksmittel derheutigen Zeit, damit sich auch das, was zeitlos ist, fortsetzt. Und die wunderbaren historischenWerke, die für die meisten Menschen überhaupt nicht mehr lesbar sind, treten in einenDialog. Wer kennt die Bibel noch so, dass er die Figuren, die er als gegenständlich dort sehen,empfinden und wahrnehmen kann, wer weiß, was dort abgebildet ist, welchen Inhalt sie erzählen?Außer den paar Geschichten, die man vielleicht aus dem Kommunions- oderKreuze (Ohne Titel), 1984Holz und Farbe, 315 x 110 x 16 cmAtelieraufnahmeXXXIV, 1986Holz, Pigment, Kalk, 275 x 37 x 40 cmKoblenz, St. Florin 1991

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!