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70Inwiefern lassen Sie sich auf Inhalte ein?Ja, wenn z.B. ein Hinterhof von mir entdeckt wurde, wo ausrangierte Kapitelle standenund ich stelle auf einen absichtsvoll erhöhten Sockel eine Skulptur, die in freiesterÜbersetzung ein vergleichbares Volumen trägt, haben Sie in der von mir in den Hof getragenenArbeit ein Menschenmaß. Der Sockel verkörperte also einen abstrakten Körper alsSäule und obendrauf ein Volumen. Und die Wahl der Proportionen ist die Entscheidung,die man trifft, damit es stimmt für’s Auge. Die nächste Bezugsebene ist, dass Kapitelle immerAbschluss einer Säule oder eines Pfeilers sind. Meine Arbeit ist in Augenhöhe undkann als Kopf assoziiert werden. [caput, das Haupt] So haben Sie zusätzliche Bedeutungsebenen.– Wenn ich jetzt an einem Hochchor der oberen Pfarre in Bamberg in leer gelassenenNischen eine Skulptur stelle, die man von unten kaum wahrnehmen kann, erfülltsie zunächst das Erinnerungsbild: Früher standen da Figuren. Ich ziehe den Blick nachoben und diene insofern der Architektur, verweise aber gleichzeitig auf meine Arbeit. Sogibt es Wechselspiele. – Auf einem Platz kann ich eingehen auf das Pflaster, gleichzeitigkann der Blick für den Wahrnehmenden von dort auf Fassaden gehen, die Fenstergesimseund Rundungen haben und letztlich konzentrieren im wahrsten Sinne des Wortes Rundungenvielleicht auch eine Kugelform wie die, die ich auf dem Boden hatte. – Oderwenn ich ins Wasser gehe, wo alles im Fließen ist, und ich probiere mit großem Aufwandeinen neun Meter hohen Stahlstab, um ein Profil durch die Gegenkraft einer Skulptur inden rechten Winkel zu drücken, gibt es viele Wahrnehmungsfelder, die mit gesehen werden.Und wenn Sie probieren, an dieser Stelle den für uns alle so wichtigen rechtenWinkel ins Lot zu setzen, setzt das je nach Erfahrungswelt alles Mögliche in Bewegung.Wittener Angelehnte, 1995Holz, 855 x 42 x 35 cmKapelle Weitendorf, Wismar, 1997Große Angelehnte, 1988Holz, 900 x 30 x 30 cmSynagoge Duisburg Innenhafen, 2000Ihre Arbeiten an und in Kirchen. In Ihrem Bamberger Katalog haben Sie einen Brief desSchulleiters in Marienstatt abgedruckt. 24 Er schreibt, dass das Zweite Vaticanum vor1968! zum Dialog der Kirche mit der modernen Welt und Kunst aufrief. In Ihrer Arbeitleben Sie den Dialog mit der Kirche, mit Ihrer kulturellen Tradition. Sie haben in vielenKirchen gearbeitet. Ich würde gerne St. Kilian in Heilbronn herausgreifen. 25 Zunächst erstaunt,dass Sie dem Seyfer-Altar eine Skulptur entgegensetzen. Oder dass Sie Skulpturenin Nischen setzen, in Raum eindringen, der Heiligenfiguren oder Madonnen zugedacht ist.Sie setzen eine Skulptur auf ein Kapitell, stellen »Gesockelte Fragmente« in den Raum.Wichtig scheint mir, dass Sie in diesen ‚abgesegneten’ geheiligten Raum eindringen, Teile‚besetzen’. Warum St. Kilian? Wie stimmen Sie sich auf diesen Ort ein? Warum wählenSie eine bestimmte Nische, ein Gegenüber des Altars?Bevor ich auf St. Kilian eingehe, nochmals zurück zu meiner Krankenhaus-Kapelle inKirchen/Sieg und vielleicht noch zu meinen Einlassungen in Wismar. Es gibt eine breitePalette der Einlassungen in solchen Räumen, die ich jetzt verallgemeinernd Sakralräumenenne. Vielleicht der größte Gegensatz zu vorgefundenen Räumen ist die Tatsache, dassich eingeladen wurde, in einem Krankenhaus eine Kapelle [Elisabeth-Krankenhaus] zumachen. Ich hatte das Glück, in diesem unmöglichen Kellerraum, für den der Erbauer desKrankenhauses eine Kapelle vorgesehen hatte, eine eigene Architektur einzuschreiben,ausgehend von einer Arbeit der Werkgruppe »Kreuze (Ohne Titel)«. Mein Ansatz war, indem für alle Konfessionen freien (katholisch geführten) Krankenhaus Überkonfessionelleshineinzubringen, und zwar unter dem Aspekt des Andachtsraumes. Meine Vorstellungvon einem Sakralraum, der Andachtsraum sein kann, ist, dass dort auch Andersreligiöseeinen Ort finden, in dem sie verweilen können. Ich habe versucht, diesem Ort ein Geprägezu geben. Dann hatte ich das Glück, in der Nähe von Wismar eine funktionslos gewordeneKapelle der Gotik nutzen zu können, ein Siechenhaus [für Kranke, Sterbende], dasheute ein Kunstverein nutzt. Eine kleine, sehr bescheidene, aber hochwertige Architektur,die ich im Chor mit zwei Stücken »Teil aus einem Ganzen« gestaltet habe. Sonst habe ichin der kleinen Kirche nur noch ein Wandstück und außen an einer im Sinne der Statik unddes rechten Winkels gebogenen Wand eine Angelehnte gemacht, außerdem einen fehlendenStein ersetzt mit einem Erinnerungsstück an einen Kopf, wie man sie früher zurAbwehr der Dämonen hatte.»Die Angelehnte« in Wismar – ist damit die Schwäche der siechen Menschen gemeint?Nein. ‘Die Angelehnte’ spielt mit der Erscheinungsform der Architektur. Die Angelehnte,die z.B. vom Landesmuseum Mainz angekauft ist, hat eine ganz andere Form. Immerverweisen die Skulpturen auf sich und auf die Zusammenhänge, die dort neu entstehen.Das ist ja insgesamt die Gefährdung, wenn Sie in den kirchlichen Raum gehen, der so mitBildern besetzt ist, die sich Inhalten verschreiben, die im positiven wie im negativen Sinn»ideologisch« sind. – In Duisburg habe ich an ein gotisches Portal zwei Arbeiten gestellt,die der protestantische Pfarrer dort in Verbindung brachte mit Ekklesia und Synagoge. Ichhabe mich damals das erste Mal intensiv mit dem jüdischen Glauben beschäftigt. Seitdemheißen die Arbeiten »Ekklesia« und »Synagoge«. Und in Bamberg, wo es zwei historische

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