REvIEWS - Webseite von Thomas Neumann
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zwischen Psychedelic und Noise ihre Heimat finden<br />
würde. Diese Richtung haben die GUNSLINGERS weiter<br />
verfolgt und noch an einem dichteren Song- und Soundgefüge<br />
für das neue Album gearbeitet. „Manifesto Zerø“<br />
walzt einen mit seinen sechs Tracks kurz nach einem schräg<br />
angesagten Intro ohne zu zucken nieder und man erblickt<br />
das Licht der Welt erst wieder nach ein wenig mehr als<br />
dreißig Minuten, um sich zu schütteln und – Nadel wieder<br />
in die Rille. Nochmal. Nochmal. Nochmal. Es ist wie<br />
beim ersten Album – es wird einfach nicht langweilig.<br />
Auch nicht nach zwanzigmal nacheinander Hören. Die<br />
GUNSLINGERS sind keine Eintagsfliege. Super! Das zweite<br />
Album ist der Hammer – das war nicht leicht. Absoluter<br />
Psychedelic Overdrive! (9) <strong>Thomas</strong> <strong>Neumann</strong><br />
GRACE.WILL.FALL / LOWER THAN<br />
ATLANTIS / TALK RADIO TALK /<br />
MNMNTS<br />
Split<br />
10“ | Redfield/Cargo | redfield-records.de || Vier<br />
Bands treffen sich auf einer campino-orangenen 10“<br />
(einer <strong>von</strong> 125, die anderen 375 haben andere Farben),<br />
die schon optisch lecker<br />
anmutet. Süßer Zuckerkram<br />
ist der Inhalt allerdings<br />
nicht, eher so was<br />
wie ein Pfefferbonbon:<br />
Den Anfang machen<br />
die geschätzten Schweden<br />
GRACE.WILL.FALL,<br />
deren letztes Album auf<br />
Midsummer mit seinem<br />
an MODERN LIFE IS<br />
WAR erinnernden Hardcore<br />
ausgesprochen gut<br />
zu gefallen wusste. Es folgen<br />
die Engländer LOWER THAN ATLANTIS (Album dieser<br />
Tage auf Redfield), die düster und druckvoll zur Sache<br />
gehen, aber auch eine gewisse Melodiösität aufweisen und<br />
mit „Far Q“ eine recht atmosphärische Stimmung erzeugen.<br />
Guter Sänger – ich mag rauhe Stimmen. Auf der Flipside<br />
dann TALK RADIO TALK und MNMNTS. Erstere kommen<br />
aus Stade, und spätestens mit ihrem 2008er-Album<br />
auf Swell Creek sollte man sie wahrgenommen haben,<br />
sofern man auf melancholischen, verzweifelten, heiser<br />
gebrüllten Gesang und die dazu passende düstere, langsamere<br />
Version <strong>von</strong> Hardcore steht. „This cave is for heroes“<br />
ist ein neuer Song <strong>von</strong> 2009, und ich bin gespannt, was<br />
man <strong>von</strong> ihnen 2010 noch zu hören bekommt. Zum<br />
Schluss dann noch MNMNTS, die man schätzungsweise<br />
wohl „Monuments“ ausspricht und mächtig groovenden,<br />
pumpenden und doch auch melodiösen Hardcore mit<br />
einer ordentlich Alternative-Rock-Kante sowie – erkenne<br />
ich da eine rote Linie bei dieser 10“? – heiserem, verzweifeltem<br />
Gesang aufwartet. Schöne Musik, schönes Format,<br />
schöne Farben, schönes Artwork. (8) Joachim Hiller<br />
GOLDUST<br />
Destroyer / Borderlines<br />
CD | Let It Burn | letitburnrecords.com | 38:47<br />
|| Nachdem die Münsteraner GOLDUST jüngst <strong>von</strong> Let<br />
It Burn gesignt wurden liegt mit dem insgesamt zweiten<br />
Album der Band nun das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit<br />
vor. Ein weiteres Mal beweisen GOLDUST ein<br />
Händchen für knackige Hardcore-Eruptionen fernab jeglicher<br />
Bollo- oder Metalcore-Attitüde. Äußerst druckvoll<br />
hobelt man sich durch die zwölf neuen Songs, die sich bei<br />
genauem Hinhören auch sehr gut auf einer Deathwish-<br />
Platte gemacht hätten, lässt man doch insbesondere Ähnlichkeiten<br />
zu Bands wie RISE AND FALL und bedingt sogar<br />
den DOOMRIDERS erkennen. Ein Labeleinstand nach Maß<br />
möchte man da auch gleich vermuten, womit man sicher<br />
so falsch gar nicht liegen kann. Wer auch nur Ansatzweise<br />
mit oben genannten Bands etwas anfangen kann, sollte hier<br />
zugreifen. (8) Jens Kirsch<br />
THE GILDED PALACE OF SIN<br />
You Break Our Hearts, We’ll Tear Yours Out<br />
CD | Central Control | dersire.com | 50:58 ||<br />
Zehn Songs zwischen Tom Waits, CALEXICO und Americana<br />
meets dunklen Country Rock, obgleich die Band,<br />
die sich nach einem wegweisenden Country-Rock-<br />
Album der FLYING BURRITO BROTHERS aus dem Jahre<br />
1969 benannt hat, aus Manchester stammt und <strong>von</strong> keinem<br />
Geringeren als Barry Adamson (ex-BAD SEEDS, ex-<br />
MAGAZINE) entdeckt wurde und auch auf seinem Label<br />
Central Control veröffentlicht. Zum Teil sind die Songs sehr<br />
schroff und sperrig und man muss sich bewusst mit ihnen<br />
auseinandersetzen. Der warme Flow, wie man ihn <strong>von</strong> vielen<br />
CALEXICO-Songs kennt, findet sich nur in reduzierte<br />
Form bei dem Trio wieder. Ein findiger Kritiker nennt es<br />
„Noir Western Soundscapes“ und das trifft es ziemlich gut.<br />
Bei der Band kommt alles zum Zuge, <strong>von</strong> der Ukulele und<br />
der Harmonika bis hin zum Glockenspiel – und das meist<br />
etwas schräg in der Kombination. Oft wird auch nicht im<br />
herkömmlichen Sinne gesungen, sondern eher geraunt,<br />
gestöhnt, geschrien: was einem die Weite und Härte der<br />
Steppe eben emotional so alles abverlangt. (7)<br />
Markus Kolodziej<br />
GOLDHEART ASSEMBLY<br />
Wolves And Thieves<br />
CD | Fierce Panda/Cargo | fiercepanda.co.uk | 50:46<br />
|| Sechs junge Musiker aus Englands Hauptstadt veröffentlichen<br />
im März ihren ersten Longplayer. 2008 gegründet,<br />
machte die Band bislang mit Live-Auftritten unter<br />
anderem beim Glastonbury Festival, den Open Airs in Reading<br />
und Leeds auf sich aufmerksam. Aber wenn es nach<br />
dem NME geht, dürften die Protagonisten Jake Bowser<br />
(keys, vox), James Dale (vox, bass), Nicky Francis (drums,<br />
vox), <strong>Thomas</strong> Hastings (vox), John Herbert (vox, git) und<br />
Dominic Keshavarz (lead git, vox) wohl die englischen<br />
FLEET FOXES werden. Diese „Neu-Interpretation“ folkloristischer<br />
Musik wurde in einem selbstgezimmerten Studio<br />
neben den alten Dampfmaschinen des Forncett Industrial<br />
Steam Museums im britischen Norfolk aufgenommene<br />
und <strong>von</strong> Laurie Latham (ECHO & THE BUNNYMEN,<br />
SQUEEZE, IAN DURY & THE BLOCKHEADS) abgemischt.<br />
Elf Songs (plus Interlude), irgendwo zwischen Popballaden<br />
(inklusive choralen Gesängen) und Folk, gut gemacht –<br />
besser gesagt: gut kopiert, aber meine Tasse Tee ist das nicht.<br />
(5) Jürgen Schattner<br />
GARDEN GANG<br />
The Master Plan<br />
MCD | Schlecht & Schwindlig/NMD | schlechtundschwindlig.de<br />
| 9:08 || GARDEN GANG ist eine deutsche<br />
Band aus der Nähe <strong>von</strong> München, 1992 gegründet<br />
und inzwischen mehrfach umbesetzt. Beeinflusst vom<br />
Rock’n’Roll der Fünfziger, <strong>von</strong> der Beatmusik der Sechziger,<br />
vom Punk der Siebziger Jahre und vom New Wave<br />
der späten Achtziger, spielt die Band Punkrock mit ausschließlich<br />
englischen Texten. „Wave’n’Punk & Glam-<br />
Rock-Stomp im orchestral-schimmernden Pop-Gewand“<br />
nehme ich gerne als Zitat <strong>von</strong> der Homepage. Das hier ist<br />
die Vorab-EP zum kommenden Album. Der Titeltrack „The<br />
masterplan“ bedient sich ein wenig bei DAMNED, BOYS<br />
und 999. Das sind schmackhafte Zutaten und das Ergebnis<br />
kann sich auch gut hören lassen. Als Bonus gibt es den<br />
Videotrack „Eurodisneyland tomorrow“, geschrieben <strong>von</strong><br />
TV Smith. Der lässt sich auf meinem Rechner leider nicht<br />
abspielen, schade. Wir sind gespannt auf das Album. (7)<br />
Jürgen Schattner<br />
GUNS ON THE RUN<br />
The Spirit Is Eternal<br />
CD | Warbird | warbirdentertainment.com | 34:18<br />
|| „The Spirit Is Eternal“ ist schon das vierte Album der<br />
Band aus Philadelphia, PA – das Debüt „For Glory“ erschien<br />
2006 auf Blackout Records. Der Vierer bezieht sich in seinen<br />
Einflüssen sowohl auf frühen US-Hardcore wie auf<br />
englischen Oi! und Aussie-Rock à la ROSE TATTOO und<br />
AC/DC, ist in der Ausführung dann aber doch recht simpel:<br />
melodiöser Streetpunk, für Fans <strong>von</strong> GENERA-<br />
TORS, SOCIAL DISTORTION und COCK SPARRER tauglich,<br />
mit einer guten Nase für hymnische Refrains. Das ist<br />
weder innovativ noch ungewöhnlich, aber je öfter man das<br />
Album hört, desto mehr bleibt hängen und man ertappt<br />
sich beim Mitsingen der Refrains. Apropos: Textlich sind<br />
GUNS ON THE RUN der amerikanischen Working Class<br />
verbunden, thematisieren immer wieder das Leben in<br />
einer armen Arbeiterfamilie in heruntergekommenen<br />
Vorstädten, zwischen Arbeitslosigkeit, Alkoholmissbrauch<br />
und Hoffnungslosigkeit, verbunden mit dem Gefühl der<br />
Ohnmacht der großen Politik gegenüber. Manchmal ist das<br />
etwas pathetisch, aber dann doch knapp vorbei an Phrasendrescherei.<br />
(7) Joachim Hiller<br />
Auf der Ox-CD zu hören.<br />
GENERAL FIASCO<br />
Buildings<br />
CD | Infectious/Pias | pias.com | 36:31 || Das nordirische<br />
Teenager-Trio mit den Brüdern Owen und Enda<br />
Strathern ist, so scheint es, auf einem guten Weg. Ihren ersten<br />
Gig hatten sie beim Glasgowbury Festival 2007, dem<br />
größten Festival für unsigned Bands in Nordirland und<br />
danach ging es direkt auf die BBC Introducing Stage beim<br />
Leeds- und Reading-Festival. Dann waren die damals 17bis<br />
18-Jährigen mit Bands wie SNOW PATROL und THE<br />
PIGEON DETECTIVES unterwegs und touren dieser Tage<br />
mit THE BLACK BOX REVELATION durch Deutschland.<br />
Immer schneller scheint sich das Rad zu drehen, immer<br />
jünger die Bands, die aus dem Nichts kommen, tolle Supports<br />
spielen, ihr Debüt veröffentlichen und nach wenigen<br />
Jahren für immer verschwinden. Bei GENERAL FIASCO<br />
fällt mir eine Prognose schwer. Für ihr Alter ist schon sehr<br />
gutes Songwriting und musikalisches Können vorhanden.<br />
Tolle Produktion, schickes Video am Start, aber wer<br />
braucht den x-ten Aufguss all dieser hippen englischen<br />
Post-Punk-Wave-Bands? (6) Jürgen Schattner<br />
GOLDEN HELMETS<br />
Transatlantic<br />
CD | High Noon/Cargo | myspace.com/highnoonrecs<br />
| 32:52 || Ich vermisse in Deutschland eine bumsgeile<br />
Combo, die einem mal wieder richtig die Hüften<br />
kreisen lässt. Eine Band die kaputt gerockte Tanzflächen<br />
hinterlässt, auf denen sich der Schweiß in Pfützen sammelt.<br />
Eine Band, nach deren Konzerten im Taumel der Leidenschaft<br />
uneheliche Kinder gezeugt werden. Die Energie<br />
muss stimmen! In den letzten Jahren konnten das gelegentlich<br />
die HARA-KEE-REES umsetzen oder auch KING<br />
KHAN & HIS SHRINES. Eine Band, die aber oft übersehen<br />
wurde, waren die GOLDEN HELMETS. Meine Güte,<br />
was habe ich <strong>von</strong> denen für grandiose Live-Shows gesehen!<br />
Und jetzt haben sie endlich ihre Debütscheibe „Transatlantic“<br />
draußen. Ein dreckiges Dutzend sexy Tanzflächenfeger<br />
ist drauf, irgendwo zwischen SONICS-Garagepunk, Northern<br />
Soul, Aussie-Punk à la SAINTS und fortgeschrittenem<br />
Farfisa-Wahnsinn. Und die Mischung zündet, auch wenn<br />
es schwer ist die Live-Energie der GOLDEN HELMETS auf<br />
Konserve zu bannen. Die Band bekommt das aber ganz gut<br />
hin, denn mit (Ex-)Musikern der DIRTSHAKES, BATT-<br />
LEDKYES, SHELLS oder auch CURLEE WURLEE sind hier<br />
echte Fachmänner am Werk. Leider ist das Album (ähnlich<br />
wie der ebenfalls grandiose JIZZLOBBERS-Longplayer)<br />
vorerst wohl nur auf CD erhältlich. Vinyl hätte besser<br />
gepasst. Bei Typen, die auf dem Cover Mick Jagger im<br />
Rückspiegel haben, kann man aber generell nichts falsch<br />
machen. Prima Scheibe! (9) Bernd Fischer<br />
GRUPPE 80<br />
s/t<br />
LP/CD | Crauts | myspace.com/gruppe80 | 31:54<br />
|| Ein billiger Trick, aber er hat funktioniert: Aus der CD-<br />
Hülle ragt etwas heraus, was wie ein 50-Euro-Schein aussieht,<br />
und irgendwie ist<br />
der Mensch so gepolt,<br />
dass beim Anblick <strong>von</strong><br />
bei Geld das Hirn den<br />
Händen sofort den<br />
Befehl „Zugreifen!“<br />
erteilt. Im Ox-Büro hat<br />
das mehrfach geklappt,<br />
und wäre es nicht ein<br />
80-Euro-Schein, wir<br />
wären sofort mit der<br />
Kohle in die nächste<br />
Kneipe gegangen. Da wir<br />
nicht bestechlich und<br />
auch nicht beleidigt sind, haben wir die Scheibe trotzdem<br />
auf- beziehungsweise eingelegt und waren, ja, sind begeistert:<br />
Mag ja sein, dass dieser Frühachtziger-NDW-Sound<br />
sich derzeit einer gewissen Beliebtheit erfreut, ich erinnere<br />
nur an HERPES oder 1000 ROBOTA (TREND nicht zu vergessen,<br />
die das schon länger erkannt haben), aber so lange<br />
Neo-NDW kein Massentrend wird und wir nicht gezwungen<br />
sind, die Geschichte zu wiederholen, habe ich überhaupt<br />
nichts gegen bewusst naive Texte mit Augenzwinkern,<br />
gegen simple Synthie-Bleeps und hektisch-stakkatohafte<br />
Musik. Solche nämlich bringen GRUPPE 80 zu Gehör,<br />
die aus Bremen kommen, seit 2008 ihren Spaß an solchen<br />
Sounds entdeckt haben und für ihr Debüt gleich 18 Stücke<br />
eingespielt haben, die <strong>von</strong> DEVO bis FEHLFARBEN, <strong>von</strong><br />
WIRE bis ABWÄRTS, <strong>von</strong> KRAFTWERK bis NOVOTNY<br />
TV eine ganze Menge Einflüsse verwursten. Gerade textlich<br />
erinnert der Fünfer, dem eine gewisse Nähe zu den<br />
ebenfalls in Bremen ansässigen COOL JERKS nachgesagt<br />
wird, an die famosen NOVOTNY TV, und sowieso sind die<br />
GRUPPE 80-Lyrics ein riesiger Spaß, wird doch hier sehr<br />
geschickt mit Klischees gespielt und dennoch Attitüde<br />
ohne Plattitüden vermittelt. Großer Spaß! (9)<br />
Joachim Hiller<br />
GLORYTELLERS<br />
Atone<br />
CD | Southern/Soulfood | southern.com | 34:55 ||<br />
Geoff Farina ist für mich ein persönlicher Problemfall: Mit<br />
KARATE hatte er Mitte der Neunziger Jahre mal sehr stark<br />
begonnen, um später dann immer mehr mit schwachbrüstigem<br />
Jazz-Gedudel zu nerven. Und dabei möchte ich den<br />
Kerl doch lieb haben – seine Stimme habe ich schon immer<br />
gemocht, und so grundsätzlich falsch war sein Songwriting<br />
ja auch nie. KARATE gibt es inzwischen nicht mehr<br />
und „Atone“ ist das zweite Album unter dem Namen GLO-<br />
RYTELLERS. Und auch hier stört direkt der Schlaffheitsgrad<br />
des Ganzen, der auf überwiegend akustischen Gitarrensounds<br />
basiert, gerockt wird also mal wieder nicht. Die<br />
GLORYTELLERS präsentieren sich dabei als eine Folkband<br />
rEvIEws<br />
mit beschwingt lateinamerikanischer Note, was zu einem<br />
sehr entspannten Gesamtbild führt. So ganz kann Farina<br />
zwar nicht <strong>von</strong> leiernden Jazz-Einlagen lassen, aber ich<br />
kann mich diesmal dennoch ganz gut auf das lässige folkloristische<br />
Feeling <strong>von</strong> „Atone“ einlassen, das dann doch<br />
mehr Charme als das oftmals unfokussierte Gedudel <strong>von</strong><br />
KARATE besitzt. Man könnte sogar das Gefühl bekommen,<br />
dass in „Atone“ ein echter Grower steckt. (6)<br />
<strong>Thomas</strong> Kerpen<br />
GOOD WEATHER GIRL<br />
Boon<br />
CD | Hazelwood | hazelwood.de | 34:19 || Was das<br />
Frankfurter Label Hazelwood Vinyl Plastics so sympathisch<br />
macht ist die Begeisterung, die dort bei aller Professionalität<br />
jeder Veröffentlichung zu Grunde liegt. Hier sind alte<br />
Hasen als Überzeugungstäter aktiv, und das hat was mit<br />
Begeisterung zu tun. Begeisterung, die sich einstellte, als<br />
unter anderem der erste Song des Albums in den Untiefen<br />
des World Wide Web aufgestöbert wurde und man ahnte,<br />
was für eine Perle sich unter dieser verrauschten Aufnahme<br />
versteckt. Diverse Gespräche und Mails später landeten die<br />
Urheber dieser so begeisternden, zerbrechlichen, spröden<br />
Songs in Frankfurt, um dieses Album aufzunehmen, und<br />
die beiden Geschwister Dion und Shem Lucas aus London<br />
entpuppten sich als die Sprösslinge <strong>von</strong> Soo Catwoman,<br />
jener Punk-Frau, die wegen ihrer markanten Katzenohren-Frisur<br />
zur vielfotografierten Ikone der frühen<br />
Londoner Punkszene wurde. Da das Girl/Boy-Duo seinen<br />
Plattenvertrag in Unkenntnis dieser Tatsache bekam, ist es<br />
schon beinahe unfair, diese Aufmerksamkeit erregende Tatsache<br />
zu ewähnen, doch dem steht entgegen, dass „Boon“<br />
alle Aufmerksamkeit verdient hat. Mag alle Welt abraven<br />
auf irgendwelche neuen Antifolk-Helden, die mir allesamt<br />
nichts geben, so ist es diese minimalistische, lakonische,<br />
simple Platte mit dem nur wenige Tonlagen erkundenden<br />
Gesang Dions, die mit jedem weiteren Hören mehr fasziniert.<br />
Begleitet wird sie <strong>von</strong> Schlagzeug und Gitarre sowie<br />
etwas Geige, und auch wenn man hier sicherlich die Kirche<br />
im Dorf lassen und Superlative meiden sollte, so ist „Boon“<br />
doch ein faszinierendes, irgendwie anrührendes Werk. (8)<br />
Joachim Hiller<br />
Auf der Ox-CD zu hören.<br />
GAMA BOMB<br />
Tales From The Grave In Space<br />
CD | Earache | earache.com | 30:55 || Das dritte<br />
Album der Iren GAMA BOMB (Nummer zwei für Earache),<br />
die sich dem Thrash der Marke ANTHRAX und Kollegen<br />
verschrieben haben und das mit allem, was dazugehört<br />
– Stretchjeans, Basketballschuhe mit überdimensionaler<br />
Zunge und so weiter. Dabei geht die Band auf „Tales<br />
From The Grave In Space“ handwerklich sehr solide zur<br />
Sache und versteht es auch textlich sehr zu unterhalten.<br />
Sicherlich wird man für Themen wie Zombies, Aliens und<br />
alles, was irgendwie eklig ist, keinen Originalitätspreis für<br />
sich beanspruchen können, aber wer will das auch schon?<br />
In der obligatorischen halben Stunde schroten sich GAMA<br />
BOMB durch zwölf Stücke und zaubern beim Hörer ähnlich<br />
gute Laune wie zuletzt die Spaßvögel <strong>von</strong> MUNICIPAL<br />
WASTE mit deren letzten Album. Nach wie vor boomt der<br />
Oldschool-Thrash-Sektor und solange dabei Platten wie<br />
„Tales From The ...“ entstehen, kann das auch gerne so weitergehen.<br />
(7) Jens Kirsch<br />
GREYLINE<br />
Behind The Masquerade<br />
CD | Black Death | blackdeathrecords.com | 42:38<br />
|| Was sich „Behind The Masquerade“, also hinter der<br />
Maskerade der holländischen Band GREYLINE versteckt,<br />
ist schwer zu sagen. Denn auch die neun Songs auf dem<br />
zweiten Werk verstecken sich gewissermaßen hinter einer<br />
Maske. Nicht umsonst ist die musikalische Vielfalt auf<br />
der knappen Dreiviertelstunde schwer zu durchschauen.<br />
So ist der Abschlusstrack „Mirrors“ eine schweres, tieftrauriges<br />
Monument in elf Minuten; gewissermaßen eine<br />
Reminiszenz an Philip Cope, den Mann, der für den Mix<br />
des Albums zuständig ist. Denn Cope ist nicht nur Gitarrist/Sänger<br />
<strong>von</strong> KYLESA, sondern hat ebenfalls „The Red<br />
Album“ <strong>von</strong> BARONESS produziert. Und beide genannten<br />
Bands dienten den vier Holländern genauso als Inspiration<br />
wie CLUTH oder ISIS. Darf man hier also schweren, tiefschwarzen<br />
Post-Hardcore erwarten? Darf man. Genauso<br />
wie Gothrock-Klänge der Marke THE 69 EYES, Uptempo-<br />
Hardcore-Geschrote oder düstere Westernsounds. Was für<br />
Leute stecken hinter der Maskerade, die solch eine verquere<br />
Musik spielen? Diese Frage kann ich nicht beantworten.<br />
Dafür kann ich aber jedem, der interessiert ist, den<br />
Tip geben, sich auf greyonline.nl das Album kostenlos herunterzuladen<br />
– und bei Gefallen sich das Digipak oder das<br />
Vinyl via Black Death Records anzuschaffen. (8)<br />
Arndt Aldenhoven<br />
BERLIN CITY EP<br />
− 10 inch plus CD −<br />
www.alive-ag.de<br />
www.xno.net<br />
OX-FANZINE 95