REvIEWS - Webseite von Thomas Neumann
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Alter (irgendwo in den Zwanzigern, schätze ich) der Band.<br />
Und es gibt noch mehr Coversongs: Link Wrays „Rumble“<br />
muss dran glauben, ebenso die Johnny Kidd-Nummer<br />
„Shakin’ all over“, die sich hier nach „Rocky Horror<br />
Picture Show“ anhört. Aber es gibt auch noch andere,<br />
eigene Nummern, und mit denen beweisen STAH mehr<br />
Geschmack: THE CRAMPS treffen hier auf JON SPENCER<br />
BLUES EXPLOSION, mit einem Sänger, der sich ähnlich<br />
aufplustert wie Danko Jones. Wer eine coole Garage-Band<br />
erwartet, ist hier falsch: Das ist krawalliger Action-Rock für<br />
ein Publikum, das nach zu viel Kinderpisse (aka Red Bull-<br />
Wodka) auf Ärger aus ist, und ich bin mir nicht sicher, ob<br />
ich daran ernsthaft Spaß habe. Vielleicht erlaubt sich hier<br />
auch nur jemand einen großen Spaß, ist die Band einfach<br />
in Jackass-Manier auf Action aus, aber wer weiß das schon.<br />
Zumindest gibt die Band selbst das Motto aus „Not here to<br />
join the party, here to pick a fight“. (Wetten, dass dieser Satz<br />
in jeder Rezension zitiert wird?) (6) Joachim Hiller<br />
THE STAGS<br />
Do The Ton<br />
LP | Soundflat | soundflat-records.de || Eine Sängerin<br />
mit unter anderem französischen Texten, Orgel, 60s<br />
Beat. Passt also perfekt ins Soundflat-Programm mit CECI-<br />
LIA & DEN SAUERKRAUTS oder CURLEE WURLEE. Leider<br />
bin, war und werde ich nie ein Fan <strong>von</strong> Instrumentals<br />
sein, und da diese hier etwas zu oft vorkommen, kann<br />
die Platte nicht so ganz bei mir punkten. Es entsteht eher<br />
der Eindruck, als ob hier nur möglichst schnell die Platte<br />
voll gemacht werden sollte. Dafür sprechen auch die<br />
fünf Coverversionen. Zieht man die und die Instrumentals<br />
ab, hätte man also auch eine schöne EP daraus machen<br />
können. Nichtsdestotrotz, die Originalversionen kennt<br />
sowieso kaum jemand (ich auch nicht) und wer sonst auf<br />
das Soundflat Programm steht, kann bedenkenlos zugreifen.<br />
Für Liebhaber gibts auch noch eine auf 200 Stück<br />
limitierte Auflage mit Yps-mäßigem Gimmick, nämlich<br />
einem bedrucktem Halstuch. (6) Finn Quedens<br />
THE SOVEREIGNS<br />
Pick It Up<br />
CD | thesovereigns.de | 19:45 || Die siebenköpfige<br />
Band aus Hamburg beschreibt ihre Musik als „PolitReggaeHardcorePopSkaPunk“<br />
– oder eben einfacher als Ska-<br />
Punk. Als ich „Hardcore“ gelesen hatte, dachte ich die<br />
Sache wäre geritzt und ich würde vielleicht einen würdigen<br />
Nachfolger <strong>von</strong> CHOKING VICTIM in den Händen<br />
halten. Leider (oder auch vielleicht besser so?) handelt<br />
es sich hier eher um schnellen Ska gepaart mit ein<br />
wenig Reggae und einer Prise Punk. Das soll die Qualität<br />
des Albums aber nicht schmälern, und SUBLIME haben<br />
gezeigt, wie populär man mit dieser Musik werden kann.<br />
In den Songtexten werden sowohl der Alltag und das Leben<br />
an sich, aber auch Rebellion und der Drang nach Gerechtigkeit<br />
behandelt. Großes Plus für das Album: Man kann es<br />
kostenlos im Internet runterladen und wer mag, kann die<br />
Band mit dem Kauf der gepressten Version auf einem Konzert<br />
unterstützen. (7) Peter Nitsche<br />
SPOON<br />
Transference<br />
CD | Anti- | anti.com | 56:11 || Erst kürzlich war<br />
SPOON-Kopf Britt Daniel in seiner Funktion als Produzent<br />
des aktuellen WHITE RABBITS-Albums „It’s Frightening“<br />
nicht ganz unschuldig daran, dass die Band aus Brooklyn<br />
dadurch in der Vorhölle schicker Indierock-Belanglosigkeit<br />
landeten. Jetzt legt er konsequenterweise ein neues<br />
SPOON-Album nach, das wirklich fantastisch klingt, aber<br />
bei dem Daniel blöderweise vergessen hat, auch ein paar<br />
vernünftige Songs zu schreiben. Ein etwas sinnentleerter,<br />
streberhafter Exkurs im Arrangieren modernisierter Vintage-Sounds<br />
– Motown-Einflüsse der 60er Jahre hatte ja<br />
bereits auf dem großartigen 2007er-Album „Ga Ga Ga Ga<br />
Ga“ eine große Rolle gespielt – und manierierter Instrumentierungs-Exzesse.<br />
Eine Sammlung <strong>von</strong> Songs, die tendenziell<br />
sogar richtig sexy sind und auch dEUS- und FLA-<br />
MING LIPS-Fans erfreuen dürften, dabei aber selten über<br />
das Level unfertiger, überlanger Demos hinauskommen.<br />
Man kann sich „Transference“ deshalb wirklich wunderbar<br />
immer und wieder anhören, kaum eine Platte in diesem<br />
Jahr wird produktionstechnisch auch nur ansatzweise<br />
einen besseren Sound haben, aber wäre da nicht Daniels<br />
markanter Gesang, wüsste ich jetzt schon nicht mehr, wie<br />
der vorherige Song geklungen hat, was dann doch etwas zu<br />
dürftig ist, oder einfach gerade too sophisticated for me.<br />
(5) <strong>Thomas</strong> Kerpen<br />
TTT<br />
TRIDENT<br />
World Destruction<br />
CD | Regain | regainrecords.com | 49:00 || Gipfeltreffen<br />
in Schweden, so oder so ähnlich kann man das<br />
Sammelsurium an namhaften Künstlern unter dem Banner<br />
TRIDENT nennen. Die Hälfte <strong>von</strong> NECROPHOBIC und<br />
kein geringerer als „Johan Norman“ (DISSECTION) haben<br />
sich hier zu kleinem Schwarzmalerzirkel zusammengefunden,<br />
und das fetzt so richtig. Von der ersten Sekunde an<br />
brennt die Luft und sie schmeckt nach Leder, Metall und<br />
Bier. Man könnte es sich leicht machen und oben genannte<br />
Kapellen als Vergleich heranziehen, und das würde auch<br />
prima passen, aber ich würde gern noch ein wenig die<br />
Kopfhörer auflassen. Ich kann mich nicht so recht entscheiden,<br />
wann genau TRIDENT ihre besten Momente<br />
haben: Wenn es Black Thrash-mäßig nach vorne geht oder<br />
wenn die schweren Death Metal-mäßigen Parts so richtig<br />
moshen oder die geniale Gitarrenarbeit an glorreiche<br />
Zeiten im Hause DISSECTION erinnern? Und waren das<br />
gerade MORBID ANGEL zu ihren Anfangstagen? Nein es ist<br />
„nur“ ein Gipfeltreffen in Schweden. (8) Andre Moraweck<br />
TO ROCOCO ROT<br />
Speculation<br />
CD | Domino | dominorecordco.com | 44:59 ||<br />
Als ich das Berlin/Düsseldorfer-Trio TO ROCOCO ROT<br />
Mitte der Neunziger das erste Mal wahrnahm, erschienen<br />
sie einem zum damaligen Zeitpunkt wie die intelligente,<br />
humanoide Alternative zu Techno, auf halbem Weg<br />
steckengeblieben zwischen Post-Rock und Elektronikmusik.<br />
2010 gibt es sie immer noch, und und nach Labels wie<br />
Kitty-Yo und City Slang ist man inzwischen bei Domino<br />
unter Vertrag, wo sie 2004 das etwas schwache Album<br />
„Hotel Morgen“ veröffentlichten. Bei „Speculation“ zeigen<br />
sich auf jeden Fall sofort die schon damals ausgeprägten<br />
Stärken des Trios Schneider/Lippok/Lippok, die sehr<br />
„warme“ Klangteppiche erzeugen können, mit pulsierenden<br />
Basslinien, die zu Beginn fast etwas <strong>von</strong> JOY DIVI-<br />
SION haben und dem überwiegend abstrakten Gemisch<br />
aus Sound und Groove den nötigen Zusammenhalt geben.<br />
Und so ist auch „Speculation“ überwiegend eine etwas diffuse<br />
Angelegenheit, aber TO ROCOCO ROT gelingen zwischendurch<br />
immer wieder sehr einprägsame, regelrecht<br />
melodische Momente, eine Meisterschaft, die etwa CLUS-<br />
TER immer noch am besten beherrschen, wie sie auf ihrem<br />
aktuellen Album noch mal beweisen konnten, und die für<br />
diese Art Sound echte Pionierarbeit geleistet haben. Interessant<br />
ist in diesem Zusammenhang auch, dass „Specu-<br />
lation“ im FAUST-Studio in Scheer aufgenommen wurde<br />
und deren Hans Joachim Irmler beim letzten Stück Orgel<br />
spielt. Womit sich der Kreis schließt beziehungsweise einmal<br />
mehr zum Ausdruck gebracht wird, wie wegweisend<br />
die in den Siebzigern in Deutschland entstandene<br />
Musik immer noch ist. Was aber nicht die Leistung <strong>von</strong><br />
TO ROCOCO ROT schmälern soll, die schon immer eine<br />
Klasse für sich waren und hier wieder eine sehr schöne, in<br />
sich stimmige Platte abgeliefert haben. (8) <strong>Thomas</strong> Kerpen<br />
TEN VOLT SHOCK<br />
78 Hours<br />
LP/CD | X Mist | x-mist.de || Letztes Jahr ein neues<br />
Album <strong>von</strong> CRAVING, dieses Jahr also die neue TEN VOLT<br />
SHOCK: Es spritzt fast Blut, so sehr freue ich mich, und<br />
nichts ist falsch, nein es<br />
wurde gar alles richtig<br />
richtig richtig gemacht.<br />
Alles alles. Die Labelcoop<br />
<strong>von</strong> X-Mist, Salon Alter<br />
Hammer, Bakery Outlet<br />
Records und Screaming<br />
Mimi Records bringt also<br />
DAS Noiserock Album<br />
des noch jungen Jahres<br />
heraus. Von melancholischen<br />
Intermezzi und<br />
disharmonischen Läufen<br />
ist die Rede im Info,<br />
sicher richtig, dennoch hier noch ein Anglizismus obendrauf:<br />
Old-fashioned Noiserock. Wie die Helden des Genres<br />
ihn spielen. Nur jünger, frischer, besser gar an vielen<br />
Stellen. In optimalen Sound gewandet und Abseits <strong>von</strong><br />
Schwingungen und Strömungen erdacht und umgesetzt.<br />
Geil, geil, supergeil. Noiserock ist zurück auf der Karte, wie<br />
es scheint. Und ich freue mich sehr darüber. Und höre aus<br />
diesem Grunde was? Richtig! TEN VOLT SHOCK, „People<br />
get settled“. Immer und immer wieder. Bis mir alle glauben.<br />
Riesending! Jörkk Mechenbier<br />
TURBO FRUITS<br />
Echo Kid<br />
CD | Ark | arkrecordings.com | 39:23 || Was machen<br />
eigentlich BE YOUR OWN PET, die 2007 und 2008 zwei<br />
ganz ordentliche Alben veröffentlichten? Gar nichts mehr,<br />
denn 2008 war auch schon wieder Schluss für die Band<br />
aus Nashville. Aber Gitarrist und Mastermind Jonas Stein<br />
hatte mit TURBO FRUITS schnell wieder ein neues Projekt<br />
am Start, das mit „Echo Kid“ auch schon beim zweiten<br />
Longplayer angelangt ist. Der Opener hat eine Melodie, die<br />
schwer nach <strong>von</strong> SPIZZ ENERGIs „Captain Kirk“ geborgt<br />
klingt, auch der Rest ist nicht wirklich innovativ, sondern<br />
einfach stürmischer, rotziger Rock’n’Roll, der sich nicht<br />
traut Punk zu sein, der zum BLACK LIPS-Epigonentum<br />
wegen fehlender Verschrobenheit nicht taugt, für Garage zu<br />
sauber ist – und dennoch Spaß macht. Hat was <strong>von</strong> einem<br />
Pizza-Taxi-Laden, der neben Italofood auch mexikanisches<br />
und chinesisches Essen anbietet. Kann im Einzelfall<br />
auch mal lecker sein, muss aber nicht und kommt immer<br />
auf den Versuch an. (6) Joachim Hiller<br />
THUS:OWLS<br />
Cardiac Malformations<br />
CD | Hoob/Discograph | hoobrecords.com | 54:41<br />
|| Das Debütalbum „Cardiac Malformations“ <strong>von</strong><br />
THUS:OWLS, einer 5-köpfigen schwedischen Band um<br />
die Sängerin Erika Alexandersson, überrascht mich mit<br />
einem Mix aus Jazz, Experimentalelektronik und den Mög-<br />
rEvIEws<br />
lichkeiten einer gewaltigen Stimme zwischen SIOUXSIE,<br />
Björk und Suzanne Vega. Die Musiker sind, teilweise weltweit,<br />
in diversen anderen Projekten und Bands aktiv, und<br />
THUS:OWLS wurde als Freundschaftsprojekt gegründet.<br />
Die elf Titel schwanken zwischen der Schwermut einer<br />
nordisch interpretierten New Orleans Begräbnismusik,<br />
jazzigen New Wave, Darkpop sowie unter die Haut gehenden<br />
Balladen. Facettenreicher und besser geht es kaum. (8)<br />
Kay Werner<br />
TRUE<br />
Still Life<br />
CD | Geenger | geengerrecords.com | 38:22 || Was<br />
anderes gefällig? Dann ist das Debüt <strong>von</strong> TRUE sicher in die<br />
engere Wahl zu ziehen, mischt dieser Fünfer aus Kroatien<br />
doch Death Metal inklusive Growls mit Oldschool-Grindcore<br />
Marke alte NAPALM DEATH und einer Tambura, was<br />
im Prinzip so etwas ähnliches wie eine Mandoline ist. Aber<br />
es wird nicht nur geshreddert, auch lange atmosphärische<br />
Passagen mit Rhythmusfundament und Tambura als Melodieinstrument<br />
werden integriert und führen zum Teil zu<br />
Songlängen <strong>von</strong> über acht Minuten. Spannende Angelegenheit,<br />
wenn auch die Tambura eigentlich nur die Stellung<br />
der Leadgitarre übernommen hat. Ein Folkloreinstrument<br />
in dieser Musik im Vordergrund ist zwar interessant,<br />
aber auch gewöhnungsbedürftig. (7) Dr. Oliver Fröhlich<br />
TYLA & THE DOGS<br />
Bloody Hell Fire<br />
2CD | King Outlaw/Cargo | myspace.com/tylaandthedogsdamour<br />
|| In den Achtzigern waren die<br />
DOGS D’AMOUR in gewissen Kreisen schon eine große<br />
Nummer, der spätere Nikki Sudden-Sideman Dave Kusworth<br />
schwang dort vor seiner Zeit bei den JACO-<br />
BITES und BOUNTYHUNTERS die Axt. Lange bevor<br />
GUNS N’ ROSES durchstarteten, gaben die Vier die besten<br />
70s-STONES- und FACES-Imitatoren ab, lehnten sich<br />
aber auch stark an den Junkie-Chic eines Johnny Thunders<br />
oder der Glam-Impertinenz der STOOGES-Jünger HANOI<br />
ROCKS an. Tyla, treibende Kraft und personelle Konstante<br />
der DOGS, ist ja ein ziemlich umtriebiger Musiker<br />
und hat schon eine riesige Latte <strong>von</strong> VÖs auf seinen Gürtel<br />
gestickt. Auf der neuen Doppel-CD, komplett im Alleingang<br />
produziert und veröffentlicht, spielt Tyla nun all das,<br />
was er die letzten 30 Jahre immer schon spielte. Sleaze<br />
Rock ist das Zauberwort, gelegentlich mit Country-, Folkoder<br />
Bluestendenzen verfeinert. Bisweilen klingt mir Tylas<br />
Gesang mir zu gequält und auf Whiskey-Timbre gebügelt,<br />
Tom Waits steht manchmal Pate, manchmal allerdings<br />
auch Kermit. Musste es allerdings gleich eine Doppel-CD<br />
sein? Das hat den Vorteil, dass man eine der beiden CDs<br />
guten Gewissens verlegen kann. Denn es klingt doch alles<br />
unheimlich ähnlich und gleichförmig, und ob ich nun elf<br />
oder 22 Mal den gleichen Song im Regal stehen habe, ist<br />
ja doch unerheblich ... Eher langweilig lautet deshalb das<br />
abschließende Urteil. (6) Gereon Helmer<br />
THESE MONSTERS<br />
Call Me Dragon<br />
CD | Brew | brewrecords.net | 38:30 || Durchaus<br />
bemerkenswert, wie die aus Leeds stammenden THESE<br />
MONSTERS den Begriff „progressive“ für sich beanspruchen.<br />
Durch frühere Aktivitäten in der Musikszene längst<br />
keine Unbekannten mehr, legen die beteiligten Protagonisten<br />
hier ihr Debütalbum vor. Mit jenem möchte man<br />
angeblich Bands wie GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR<br />
und MOGWAI zeigen, wie sowas richtig geht – eine Aussage,<br />
die ich mal auf die Unwissenheit des Infozettel-<br />
Schreibers zurückführe, sucht man Ähnlichkeiten zu den<br />
OX-FANZINE 107