REvIEWS - Webseite von Thomas Neumann
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MR 73<br />
MR 73<br />
DVD | EuroVideo | Frankreich 2008 || Regisseur Olivier<br />
Marchal, ein ehemaliger Polizeibeamter und ebenfalls<br />
gut beschäftigter Darsteller, hatte bereits 2002 mit GANGS-<br />
TERS den nicht wirklich erfolgreichen Versuch unternommen,<br />
einen realistischen Kriminalfilm zu drehen. Das war<br />
ihm zwei Jahre später mit dem extrem düsteren 36 QUAI<br />
DES ORFÈVRES (hierzulande als 36 - TÖDLICHE RIVALEN<br />
veröffentlicht) aber um so eindrucksvoller gelungen, ein<br />
Film, der fast schon die Klasse eines HEAT besaß. Mit dem<br />
noch wesentlich niederschmetternden MR 73 versucht<br />
er vier Jahre später, an dessen Qualitäten anzuknüpfen<br />
und gleichzeitig auch das Erbe eines Jean-Pierre Melville<br />
anzutreten, was den Existentialismus seiner Geschichte<br />
angeht. Visuell regiert hier allerdings wieder der kühle stilisierte<br />
Blick eines Michael Mann. Die Hauptrolle übernahm<br />
erneut Daniel Auteuil, einer <strong>von</strong> Frankreichs besten<br />
aktuellen Darstellern. Der spielt den heruntergekommenen<br />
Marseiller Cop Schneider, der seine persönlichen<br />
Dämonen – seine Tochter starb bei einem Unfall und die<br />
Ehefrau wird seitdem künstlich am Leben erhalten – nur<br />
noch durch Alkohol in den Griff bekommt, wenn überhaupt,<br />
und der aufgrund zahlreicher Entgleisungen auf der<br />
Abschussliste steht. Als er zu Beginn des Films sturzbetrunken<br />
und mit vorgehaltener Waffe einen Linienbus kapert,<br />
wird er aufgrund früherer Verdienste und des besagten<br />
schweren Schicksalsschlages nur zur Strafe in den Innendienst<br />
versetzt. Sein bisheriger Fall, die Suche nach einem<br />
sadistischen Serienmörder, der wohlhabende Frauen foltert,<br />
vergewaltigt und anschließend tötet, wird einem Kollegen<br />
übergeben, den Schneider sowieso schon hasst. Dennoch<br />
lässt Schneider trotz weiterer Saufexzesse nicht <strong>von</strong><br />
dem Fall ab, da er darin eine Verbindung zu den Taten des<br />
<strong>von</strong> ihm vor vielen Jahren zur Strecke gebrachten Serienkillers<br />
Charles Subra (Philippe Nahon, der in HAUTE TEN-<br />
SION einen ähnlich sympathischen Zeitgenossen spielen<br />
durfte) zu erkennen glaubt. Der steht gerade kurz vor seiner<br />
Entlassung und hat offenbar inzwischen zu Gott gefunden,<br />
was ihn wieder zumutbar für die Gesellschaft macht.<br />
Das sieht eine junge Frau namens Justine (Olivia Bonamy<br />
aus ILS) allerdings anders, musste sie doch zusammen mit<br />
ihrer Schwester mit ansehen, wie der Killer ihre Eltern<br />
einst vor ihren Augen abgeschlachtet hat. Und die erinnert<br />
sich an den Cop, der Subra damals geschnappt hatte und<br />
bittet ihn um Hilfe, womit sich der Kreis in Marchals Film<br />
in gewisser Weise wieder schließt. Für Schneider allerdings<br />
eher ein Teufelskreis, dem er nur durch radikale Entscheidungen<br />
entkommt, und der ähnlich wie Harvey Keitel in<br />
Abel Ferraras BAD LIEUTENANT durch eine sehr irdische<br />
Hölle gehen muss, um die Erlösung zu finden. Man hat selten<br />
so viele traumatisierte Menschen auf einem Haufen<br />
gesehen wie in MR 73, fast schon zu viele für einen einzigen<br />
Film, in dem Marchal ein wenig hoffnungsvolles, grausames<br />
Bild der Gesellschaft und der menschlichen Natur<br />
zeichnet. Und selbst Schneider, der die ganze Zeit wie ein<br />
geprügelter Hund durch die Gegend läuft, muss erst mal<br />
amoralisch handeln, damit am Ende vielleicht noch etwas<br />
Gutes dabei herauskommt. MR 73 (die Bezeichnung für<br />
einen Revolver der französischen Firma Manurhin, der im<br />
Polizeidienst eingesetzt wird) überfordert den Zuschauer<br />
dabei sogar eventuell etwas mit dieser Ballung menschlichen<br />
Elends und nicht immer vollkommen glaubwürdiger<br />
Storywendungen. Dabei gelingt Marchal aber letztendlich<br />
immer noch ein sehr packender, kraftvoller Polizei-Thriller<br />
mit Neo-Noir-Tendenzen, der sich angenehm <strong>von</strong> dem<br />
abhebt, was gerade die Amerikaner in dieser Hinsicht produzieren,<br />
und der mehr Drama ist als klassischer Whodunit.<br />
Auf DVD mit einem längeren Making Of versehen.<br />
Wobei man sich selbst einen Gefallen tut, den Film im Original<br />
mit deutschen Untertiteln zu schauen, denn so richtig<br />
überzeugend war die deutsche Synchro nicht.<br />
SEX MISSION<br />
DVD | Ostalgica | Polen 1984 || Wer aufgrund des Titels<br />
und des grenzwertigen Covers dieser DVD einen drittklassigen<br />
Softporno-Schinken erwartet, hat leider eine Fehlinvestition<br />
getätigt. Denn Juliusz Machulskis SEKSMISJA ist<br />
eine sehr amüsante Science Fiction-Farce und gehört zu<br />
den wenigen polnischen Produktionen, die auch über die<br />
Landesgrenzen hinaus einen gewissen Kultstatus erlangte.<br />
Einige sich entblößende attraktive polnische Darstellerinnen<br />
gibt es dabei zwar durchaus, aber das macht SEKS-<br />
MISJA immer noch nicht zu an niedere Instinkte appellierender<br />
Exploitation-Ware. Hierzulande erschien Machuls-<br />
kis Film ebenfalls vor Urzeiten bei UFA auf VHS, vor allem<br />
mit einem schickeren Cover, wobei man anmerken muss,<br />
dass die Gestaltung der polnischen DVD ähnlich daneben<br />
ist. Der Film selbst ist die satirische Variante einer typischen<br />
Dystopie, in der sich die beiden Wissenschaftler Albert<br />
Starski und Maksymilian Paradys zu Forschungszwecken<br />
Mitte der Achtziger für drei Jahre einfrieren lassen.<br />
Ihr Tiefschlaf dauert bedingt durch einen Krieg allerdings<br />
bis 2044, und als die beiden wieder aufgetaut werden, finden<br />
sie eine Gesellschaft vor, in der die Männer ausgestorben<br />
sind und die Frauen sich ausschließlich künstlich fortpflanzen.<br />
Die beiden sind also quasi die Hähne im Korb,<br />
eigentlich eine traumhafte Vorstellung, doch ihre weiblichen<br />
Bewacher sehen in ihnen ausschließlich Forschungsobjekte,<br />
die man am besten ihrer Männlichkeit beraubt.<br />
Natürlich versuchen die beiden Herren der Schöpfung<br />
alles, um ihrem unwirtlichen Gefängnis zu entkommen,<br />
und entdecken dabei auch das gut gehütete Geheimnis der<br />
Herrscherin über diesen Frauenstaat. Sonderlich feministisch<br />
ist SEKSMISJA dabei nicht, denn obwohl die bösen<br />
Männer verschwunden sind, die ja für all die Kriege und<br />
das Elend auf der Welt verantwortlich sind, hat sich stattdessen<br />
nur eine totalitäre Regierungsform mit repressiver<br />
sozialer Kontrolle herausgebildet. In Folge müssen die<br />
beiden leicht trotteligen Chauvi-Typen den Frauen wieder<br />
beibringen, was echte Liebe ist. Hartgesottene Feministinnen<br />
werden sich aufgrund der reaktionären Botschaften<br />
<strong>von</strong> SEKSMISJA sicherlich sofort die Pulsadern aufschneiden,<br />
aber man sollte das nicht so verbissen sehen und<br />
SEX MISSION<br />
sich einfach an diesem sehr amüsanten wie rasant inszenierten<br />
Science Fiction-Trash mit dezenten Erotik-Anteilen<br />
erfreuen, der mit sehr bescheidenen Mitteln seine individuelle<br />
Zukunftsversion umgesetzt hat, ohne dass das<br />
Ganze deshalb lieblos wirken würde. Leider basiert die<br />
aktuelle deutsche DVD auf der ebenfalls nur geschnittenen<br />
polnischen Version, liefert die fehlenden Szenen aber<br />
zumindest als Bonusmaterial mit deutschen Untertiteln.<br />
Der Film selbst ist ausschließlich auf deutsch vorhanden<br />
und besitzt das leicht verwaschene 4:3-Bild, das man <strong>von</strong><br />
allen bekannten DVD-Versionen kennt. Aber was erwartet<br />
man auch <strong>von</strong> einem polnischen Film aus den Achtzigern?<br />
Zumal er in einer für Polen politisch recht aufgewühlten<br />
Zeit entstand. Keine völlig befriedigende Veröffentlichung<br />
eines recht sehenswerten Films also, zumal die in den Staaten<br />
erhältliche DVD <strong>von</strong> Polart die vollständige Fassung mit<br />
englischen Untertiteln enthält, die dadurch noch mal circa<br />
acht Minuten länger läuft.<br />
DIE FAHRTEN DES ODYSSEUS<br />
2DVD | Colosseo | Italien 1954 || Schaut man sich das<br />
Remake <strong>von</strong> CLASH OF THE TITANS an oder PERCY JACK-<br />
SON AND THE OLYMPIANS, scheint griechische Mythologie<br />
wieder im Trend zu liegen. Da kann man sich auch<br />
mal wieder einem vermeintlichen Klassiker zuwenden, in<br />
Gestalt <strong>von</strong> Mario Camerinis ULISSE. Basierend auf den<br />
Werken des Dichters Homer, produziert vom einflussreichen<br />
wie viel geschmähten Dino de Laurentiis, mit Kirk<br />
Douglas und Anthony Quinn in den Hauptrollen. Wir erinnern<br />
uns: Odysseus war der König der kleinen Insel Ithaka,<br />
der nach dem Ende des zehnjährigen Trojanischen Krieges<br />
weitere zehn Jahre umherirrte, während sich seine Frau<br />
Penelope aufdringlichen Freiern erwehren musste, die sie<br />
zwingen wollten, einen <strong>von</strong> ihnen zu heiraten, da ihr Mann<br />
offensichtlich tot sei. Der kehrte dann allerdings irgendwann<br />
unerkannt als Bettler zurück und richtete unter<br />
den Freiern ein hübsches Massaker an. Auch bei Camerini<br />
der Höhepunkt des Films, eine immer noch erstaunlich<br />
gewalttätige Szene für einen Film aus dieser Zeit. Bis es<br />
dazu kommt, stehen natürlich die allseits bekannten Irrfahrten<br />
des Odysseus im Mittelpunkt (das Synonym Odyssee<br />
ist ja im Sprachgebrauch fest verankert), der dabei<br />
mit seinen Gefährten dem menschenfressenden Zyklopen<br />
Polyphem begegnet, den sie durch eine List blenden<br />
können. Danach landet er auf der Insel der Zauberin Kirke<br />
(oder auch Circe), die seine Gefährten in Schweine verwandelt<br />
und Odysseus durch einen Zauber „bezirzt“ (noch<br />
so ein Synonym, was würde man ohne die ollen Griechen<br />
nur machen), ein Jahr bei ihr zu bleiben, bis ihm bei einer<br />
Begegnung im Hades seine verstorbene Mutter wieder auf<br />
den rechten Weg bringt. Und natürlich nicht zu vergessen<br />
die Begegnung mit den Sirenen, die Seefahrer durch<br />
ihren Gesang in den Tod locken. Das ist zwar noch nicht<br />
alles, was bei Homer passierte, aber eine Laufzeit <strong>von</strong> gut<br />
100 Minuten und die damalige Tricktechnik setzten dem<br />
Ganzen natürlich Grenzen, vor allem was diverse Seeun-<br />
geheuer betrifft. Und eigentlich ist der Zyklop mit seinem<br />
ziemlich bescheiden aussehenden Auge das einzige Monster,<br />
was man zu Gesicht bekommt. In der Spezialeffekte-<br />
Abteilung wird einem hier nicht viel geboten, ein THE<br />
7TH VOYAGE OF SINBAD ist ULISSE sicher nicht. Dafür<br />
hat Camerini die verschachtelte Erzählweise Homers beibehalten,<br />
mit ihren Parallelhandlungen und Rückblenden.<br />
Ansonsten ist ULISSE eher ein klassischer Sandalenfilm, in<br />
dem Kirk Douglas mit dezent tragischer Note überwiegend<br />
den großen Zampano raushängen lässt, der nicht gerade<br />
ein Ausbund an Bescheidenheit und Selbstreflexion ist. Es<br />
gibt sicherlich Filme, die besser als ULISSE gealtert sind,<br />
Charme und Atmosphäre besitzt das Ganze aber dennoch,<br />
wenn man in der richtigen Stimmung für nostalgische Filmerlebnisse<br />
dieser Art ist. Interessant ist auf jeden Fall, dass<br />
der große Mario Bava an ULISSE beteiligt war (allerdings<br />
mal wieder uncredited), und ich würde jede Wette eingehen,<br />
dass der die Szenen mit Circe und im Hades inszeniert<br />
hat, denn die surreale Ausleuchtung und Farbgebung zeigt<br />
deutlich dessen typische Handschrift. Vor einigen Jahren<br />
gab es <strong>von</strong> e-m-s bereits zwei DVD-Versionen des Films,<br />
ob die neue <strong>von</strong> Colosseo die definitive ist, sei mal dahingestellt.<br />
Zumindest wird mit „digitally remastered“ geworben<br />
und „ungekürzte Fassung“. Mehrwert schafft auf jeden<br />
Fall eine bessere Ton- und Bildqualität und vor allem die<br />
ungefähr um zehn Minuten längere Version auf der zweiten<br />
Disc, die aufgrund der zusätzlichen Szenen aus einer<br />
irgendwo aufgetauchten alten Kinokopie ein schwankendes<br />
Qualitätsniveau besitzt. Zumindest sieht man sofort,<br />
was neu ist. Zwar nichts wirklich spektakuläres, trotzdem<br />
schön, dass der Film dadurch mal in vollständiger Form<br />
erhältlich ist. Auf Disc 1 befindet sich neben der bekannten<br />
kürzeren Fassung auch noch eine Doku über den Film,<br />
und italienische und englische Tonspuren mit deutschen<br />
Untertiteln sind ebenfalls vorhanden – wie sich das gehört.<br />
BLOOD DINER<br />
DVD | Epix | USA 1987 || BLOOD DINER eröffnet auf<br />
dem Label Epix eine Reihe namens „Twilight Classics“, in<br />
der auch noch WAXWORK und SUNDOWN (siehe unten)<br />
erschienen sind. Ansonsten erwartet uns da in Zukunft<br />
eher mittelmäßiges, wie THE UNHOLY oder der Cyberspace-Thriller<br />
NIRVANA mit Christopher Lambert, der<br />
auch <strong>von</strong> der technischen Umsetzung her enttäuscht und<br />
nur deutschen Ton sowie ein matschiges 4:3-Bild zu bieten<br />
hat. Oder direkt üble „Bottom of the barrel“-Erzeugnisse<br />
wie CONVICT 762, SPOILER und C.H.U.D. II - BUD<br />
THE CHUD. Für Wall Of Voodoo-Fans dürfte C.H.U.D. II<br />
allerdings <strong>von</strong> gewissem Interesse sein, hatte doch deren<br />
zweiter Sänger Andy Prieboy in Erwartung eines fetten<br />
Schecks die Musik für diesen Horror-Schrott gemacht,<br />
wobei das folgende Zitat <strong>von</strong> ihm recht aussagekräftig sein<br />
dürfte: „I worked harder on the handful of porno films I<br />
‚scored‘.“ Auch Jackie Kongs BLOOD DINER ist kein wirklicher<br />
cineastischer Leckerbissen, dennoch handelt es sich<br />
dabei um das Highlight in der ansonsten recht mauen Karriere<br />
dieser Dame. Ursprünglich war BLOOD DINER sogar<br />
mal als Sequel zu Herschell Gordon Lewis’ Splatter-Kultfilm<br />
BLOOD FEAST gedacht, entwickelte sich dann aber<br />
sehr schnell zu einer eigenständigen Horror-Parodie, die<br />
man rückblickend aber durchaus als Hommage an diesen<br />
Pionier des schlechten Geschmacks ansehen kann, zumal<br />
es auch reichlich Verweise auf diesen Film gibt. Und so<br />
schafft schon gleich der Anfang die Verbindung zu BLOOD<br />
FEAST, als die Polizei den blutigen Amoklauf des komplett<br />
verrückt gewordenen Ägypters Anwar vor dem Haus seiner<br />
Enkel Michael und George stoppt. Einige Jahre später<br />
haben die beiden dann ein vegetarisches Restaurant eröffnet<br />
und führen dort die schöne Tradition ihres Onkels fort<br />
(der inzwischen im Einmachglas als Gehirn mit Augen<br />
die Enkel herumkommandiert) und wollen die ägyptische<br />
Göttin Sheetar zum Leben erwecken, was in einer<br />
exzessiven blutigen Zeremonie inklusive Jungfrauenop-<br />
BLOOD DINER<br />
VON THOMAS KERPEN<br />
ferung gipfelt. Dazu benötigt man allerdings zuerst noch<br />
bestimmte Leichenteile, die es zu besorgen gilt, während<br />
die anfallenden Reste den begeisternden Fans vegetarischen<br />
Essens zugeführt werden, ein amüsanter Seitenhieb<br />
auf allzu unreflektierte vegetarische Lebensweise als Folge<br />
modischer Lifestyle-Trends. Dabei darf man sich nichts<br />
vormachen, BLOOD DINER ist übelster, geschmacklosester<br />
Trash, bei dem jede Menge Zuschauer die Flucht ergreifen<br />
werden, doch auch in diesem Bereich gibt es kleine<br />
Perlen, zu denen Kongs Film definitiv gehört. Die Effekte<br />
REVIEWS<br />
MOVIES<br />
sind selbst bei Troma kaum mieser, aber die durchgängige<br />
Unernsthaftigkeit und Überdrehtheit des Ganzen sichert<br />
BLOOD DINER in diesem Bereich einen der obersten Listenplätze.<br />
Es fällt wirklich schwer, seinem völlig beknackten<br />
Charme, den auch die deutsche Synchro nicht beschädigen<br />
kann, nicht zu erliegen. Auf VHS war BLOOD DINER<br />
bisher immer nur in einer um sechs Minuten Splatter massakrierten<br />
Fassung erhältlich (ein Adolf Hitler-Lookalike<br />
flog ebenfalls raus). Von Dragon gab es dann hinsichtlich<br />
der FSK-Freigabe nur eine halblegale, aber dafür ungeschnittene<br />
DVD in recht guter Qualität, und jetzt plötzlich<br />
erscheint eine vollständige, offizielle „ab 16“-DVD,<br />
die damit in jedem Kaufhaus offen erhältlich ist – verstehe<br />
das, wer will. Besitzer der Dragon-DVD müssen sich zwar<br />
nicht unbedingt um ein Update bemühen, zumal die ein<br />
schöneres Cover hatte, denn die Ausstattung hier ist ähnlich<br />
mager, auch wenn das Bild etwas verbessert wurde. Auf<br />
jeden Fall schön, dass man das in Deutschland noch erleben<br />
darf. Inzwischen ist ja sogar ein jahrelang indizierter<br />
Film wie John Carpenters THE THING ungeschnitten „ab<br />
16“ erhältlich.<br />
SUNDOWN - RÜCKZUG DER VAMPIRE<br />
DVD | Epix | USA 1990 || Anthony Hickoxs zweiter<br />
Film, ebenfalls in der „Twilight Classics“-Reihe auf DVD<br />
erschienen, in Widescreen und insgesamt ansprechender<br />
Qualität. Hierzulande bisher nur auf VHS in grässlichem<br />
Vollbild zu haben, ungeschnitten war er trotz „FSK<br />
16“ aber schon immer. Mit dabei die wundervolle Deborah<br />
Foreman (seltsamerweise ihre letzte Rolle in einem Spielfilm),<br />
die man hier fast mit Sheryl Lee verwechseln könnte.<br />
Wobei Bruce Campbell als Robert Van Helsing und David<br />
Carradine als Jozek Mardulak/Count Dracula natürlich die<br />
im Mittelpunkt stehenden Protagonisten sind. Noch deutlicher<br />
eine Horror-Parodie als Hickoxs Regiedebüt WAX-<br />
WORK, zumal er seine Vampirgeschichte in ein Western-<br />
Setting verlegt hat und sich diesmal mehr bei Leone und<br />
Walter Hill bedient als bei klassischem Horror. Plus einiger<br />
popkultureller Anspielungen, wie etwa, dass seine drei<br />
Tankstellen-Vampire mit Strohhüten und langen Bärten<br />
(einer da<strong>von</strong> Schauspiel-Veteran M. Emmet Walsh aus<br />
BLOOD SIMPLE) sehr an ZZ Top erinnern. Der Schauplatz<br />
<strong>von</strong> SUNDOWN ist ein abgelegenes Wüstenkaff, in dem<br />
Vampire inzwischen mit Hilfe spezieller Sonnencreme<br />
auch am Tag aktiv sein können und sich <strong>von</strong> künstlich hergestelltem<br />
Ersatz-Blut ernähren. Doch da die beiden dort<br />
lebenden rivalisierenden Vampir-Gruppierungen unterschiedliche<br />
Vorstellungen da<strong>von</strong> haben, wie es mit ihrer<br />
Gattung weitergehen soll („This is no life for a vampire!“),<br />
gipfelt alles in einem blutigen Machtkampf. Daran sieht<br />
SUNDOWN<br />
man gut, dass Autorinnen wie Stephenie Meyer oder Charlaine<br />
Harris offenbar auch irgendwo ihre Ideen herhaben.<br />
An sich eine recht amüsante Angelegenheit, die nur etwas<br />
an ihrer Überlänge leidet und trotz der Vampir-Thematik<br />
relativ blutleer und harmlos ausfällt. Vielleicht liegt es auch<br />
daran, dass Hickox zu viel auf einmal will und diese Reizüberflutung<br />
hinsichtlich der Vermengung unterschiedlicher<br />
Genres allzu verkrampft wirkt. Auch Bruce Campbell,<br />
als unbeholfener Nachfahre des Vampirjägers Van Helsing<br />
(„Once a bloodsucker, always a bloodsucker.“), kann<br />
sein komödiantisches Talent nur begrenzt entfalten und<br />
wird eher zur Nebenfigur degradiert, dafür ist Schmalzlocke<br />
Maxwell Caulfield um sehr präsenter. Insgesamt gibt<br />
es hier sowieso viele zu viele Figuren und Nebenhandlungen,<br />
wodurch der Film immer wieder extrem ausfranst.<br />
Aber Hickox hat es zumindest versucht, und auch<br />
wenn SUNDOWN nicht der heilige Gral der Horrorkomödie<br />
wurde, hat er immer noch genug an Witz und Einfallsreichtum<br />
zu bieten, um ihn aus dem Genre-Mittelmaß<br />
hervorzuheben. Möglicherweise überambitioniert, aber<br />
gerade dadurch neben WAXWORK einer der besseren Einträge<br />
in Hickoxs bisherigem Schaffen.<br />
WAXWORK<br />
DVD | Epix | USA 1988 || Anthony Hickoxs Regiedebüt<br />
WAXWORK hieß bei uns eigentlich REISE ZURÜCK<br />
IN DER ZEIT und war, wie so viele Video-Releases dieser<br />
Zeit, trotz „FSK 18“ erheblich geschnitten. Wie im Fall <strong>von</strong><br />
BLOOD DINER existierte bereits eine ungeprüfte DVD <strong>von</strong><br />
Dragon, inzwischen ist aber auch eine vollständige, offizielle<br />
„ab 16“-DVD erhältlich. Der Brite Anthony Hickox<br />
ist übrigens der Sohn <strong>von</strong> Douglas Hickox, der mit THE-<br />
ATER OF BLOOD einen der herrlichsten Filme mit Vincent<br />
Price gedreht hatte. Der Sohnemann ist dementsprechend<br />
auch nicht völlig untalentiert, dümpelt aber eher im<br />
OX-FANZINE 113