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Ausgabe 1/2004 - Lagergemeinschaft Auschwitz

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32 <strong>Lagergemeinschaft</strong> <strong>Auschwitz</strong> - Freundeskreis der <strong>Auschwitz</strong>erSascha Feuchert: Zum neuen Buch von Götz Aly: Im Tunnel.Das kurze Leben der Marion Samuel 1931-1943Götz Aly bleibt auch in seinem neuestenBuch seinen diversen Berufentreu: Der habilitierte Politologe, Historikerund Absolvent der DeutschenJournalistenschule mit späterer Tätigkeitals Redakteur bei der „taz“ undder „Berliner Zeitung“ hat mit „ImTunnel. Das kurze Leben der MarionSamuel 1931-1943“ eine klassische (historische)Reportage vorgelegt.Im November 2002 erhielt Aly dieMitteilung, dass er mit dem „Marion-Samuel-Preis“ der „Stiftung Erinnerung“(Lindau) ausgezeichnet werdensollte - und seine Neugier war geweckt:Von der Auszeichnung, derenerster Träger immerhin Raul Hilbergwar, hatte Aly schon gehört, doch: Werwar die Namensgeberin dieses Preises?Viel fand er nicht, als er recherchierte:Bezeichnenderweise stieß Alyauf einen eigenen, mittlerweile vergessenenArtikel im Internet. Was er dalas, konnte ihn nicht befriedigen:„Dort stand spekulativ, aber, wie ichheute weiß, richtig: Marion Samuelwird - schon wegen ihres Alters - ‚unmittelbarnach der Ankunft’ in <strong>Auschwitz</strong>‚mit Zyklon B vergiftet wordensein’. ‚Ihr Vater wird in einem der BerlinerBetriebe als einer der so genanntenRüstungsjuden Zwangsarbeit verrichtethaben. Sie wurden damals gegenjunge Polen ausgetauscht, die nachBerlin deportiert wurden.’“ Auch vonden Preisstiftern, Walter und IngridSeinsch, war nicht mehr zu erfahren:Sie hatten den Namen des jüdischenMädchens aus dem Gedenkbuch fürdie deportierten deutschen Juden ausgesucht:Mehr als das Geburtsdatumund den Tag ihres Abtransports vonBerlin nach <strong>Auschwitz</strong> konnte mandort nicht entnehmen - gerade auchdeshalb wurde Marion Samuel ausgewählt,die so Hunderttausende ermordetejüdische Kinder, über die kaumetwas bekannt ist, symbolisiert.Aly nahm sich vor, diesem Kind seineGeschichte zurückzugeben. MittelsZeitungsannoncen fahndete er nachBekannten und Verwandten, recherchiertein Washington, suchte in Arolsenbeim Suchdienst des Roten Kreuzes:Waser ermittelte, blieb wenig, dochentstand eine erzählbare Geschichte.Die Familie des Vaters Ernst stammteaus Ueckermünde in Vorpommern:Seine Eltern betrieben dort ein Ladengeschäft,das bald den neuen Machthabernin die Hände fiel. Die Familiewurde in alle Winde zerstreut, einigengelang die Flucht, die meisten wurdenim Holocaust getötet. Nicht viel anderserging es der Familie der Mutter Cilly:Ihr „Berliner Warenhaus“ in Arnswaldemussten sie an die örtliche Sparkasseverkaufen, die Familie zerfiel ebensoin ihre Bestandteile. Ein Bruder Cillyskonnte noch rechtzeitig nach Amerikaauswandern, eine Schwester überlebtein Deutschland mit viel Glück, weil siemit einem Christen verheiratet war.Der Rest auch dieser Familie wurdevergast, erschossen oder fiel den Bedingungenin östlichen Lagern zumOpfer.Aly kann einiges aus Vermögenserklärungenentnehmen oder ausEntschädigungsunterlagen. Deutlichwird damit einmal mehr, wie sehr derHolocaust für die Deutschen auch ein

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