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Ausgabe 1/2004 - Lagergemeinschaft Auschwitz

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<strong>Lagergemeinschaft</strong> <strong>Auschwitz</strong> - Freundeskreis der <strong>Auschwitz</strong>er 7fenes Haus“ führte. Besuch aus Polenwar oft wochenlang zu Gast undMenschen, vor allem junge Leute, dieAuskunft über <strong>Auschwitz</strong> begehrten,gaben sich ebenfalls die Klinke in dieHand: „Der Schlüssel steckte an derTür, und wenn man kam, waren immerLeute da, und wenn man ging,waren bereits wieder andere da. Eswar ein internationales Flair in diesemHaus“, so Neidhart Dahlen, dermit seiner Frau vor allem in den 80erJahren bei der Zusammenstellung derHilfstransporte mit Lebensmitteln,Medikamenten und medizinischenGeräten eng mit Anni und Hermannzusammenarbeitete.Die Nachricht von Annies Tod erreichteuns am Abend des Ostermontages.Obwohl wir alle von ihrerschweren Krankheit wussten, warenwir überrascht. Tröstlich erscheint da,dass sie sich noch an ihrem Todestagetwas gegönnt hat, als sie mit einerneuen Freundin zum Essen ausgegangenwar. „Immer denke ich, dass ichwieder mal bei Anni vorbeischauenkönnte, obwohl ich weiß, dass sienicht mehr lebt“, wundert sich ElsbietaStamm über sich selbst. So wieihr geht es vielen. Mit Anni Roßmann-Reineckhaben wir eine Freundinverloren und denken oft melancholischdaran, wie sie schimpfenwürde, weil ihr dies und jenes nichtpassen würde.Hans HirschmannSchön und tröstlich ist es, vonFreunden verabschiedet zu werden.Doch:„Es ist keine Schönheit und keinTrost mehr außer in dem Blick,der aufsGrauen geht (und) ihm standhält“(Adorno).Anni Roßmann-Reineck hattediesen Blick, Augen, die das Grauengesehen und in den nächtlichenAttacken und täglichen Heimsuchungenihres Mannes, des ehemaligen<strong>Auschwitz</strong>-Häftlings HermannReineck, miterlebt hatten. DieserBlick auf uns, die Jüngeren gerichtet,ist die letzte Erinnerung an Anni.Anni wusste, wie dunkel nicht nurdie Nacht ist.Sie war eine belesene ,einekritische Zeitgenossin, die ihr sozialesund politisches Engagement gegeneine Gesellschaft ausgebildethatte, die <strong>Auschwitz</strong> verleugnet oderDem Grauen standhaltenals vergangene schreckliche Episodeabgetan und letztlich einem feierlichenGedenken überantwortet hatte.Sie erkannte die Zeichen von<strong>Auschwitz</strong> im Bestehenden. So war siezunehmend schroff, unduldsam, allesandere als eine Botschafterin des stillenGedenkens an <strong>Auschwitz</strong> in Zeitender Versöhnung. Aber in der abweisenden,ironischenArt,in der sie in derErinnerung vor uns steht, wird spürbar,auf welch zarte und verletzlicheWeise sie den anderen, den Opfern,den Ermordeten, zugetan war, derersie sich annahm.Albrecht Werner-Cordt(aus der Rede des Vorsitzenden der <strong>Lagergemeinschaft</strong><strong>Auschwitz</strong> - Freundeskreisder <strong>Auschwitz</strong>er bei der Trauerfeierin Gambach am 20. April <strong>2004</strong>)

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