R U - beim Bistum Mainz
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RELIGIONSUNTERRICHTheute 03-04/2005<br />
Jugendliche eine dreifache Minderheitenerfahrung machen: als<br />
Jugendliche in einer alternden Gesellschaft, als christliche Jugendliche<br />
in der Gesellschaft aber auch als Jugendliche in der<br />
Kirche. In diesem Zusammenhang bietet eine solche Großveranstaltung<br />
Erfahrungs- und Erlebnisräume, die es sonst kaum<br />
gibt. Man erfährt sich als eine Masse, die sogar eine Großstadt<br />
in einen Ausnahmezustand versetzen kann.<br />
RU heute: Das Fernsehen zeigte vom Papst begeisterte junge Menschen,<br />
die Veranstalter und Verantwortlichen lobten die disziplinierten,<br />
friedlichen und geradezu asketisch ausharrenden Jugendlichen.<br />
Passen diese Eindrücke und Beschreibungen zu den aktuellen<br />
Erkenntnissen der empirischen Jugendforschung?<br />
Professor Ziebertz: Hier muss man deutlich sagen, dass in Köln<br />
kein repräsentativer Querschnitt Jugendlicher präsent war. In<br />
Köln sind Mitglieder der Geistlichen Gemeinschaften, lokaler<br />
Pfarrjugendgruppen und der Jugendverbände im BDKJ zusammen<br />
gekommen, also allesamt kirchengebundene bzw. kirchennahe<br />
Jugendliche. Wir haben die Einstellungen der WJT-Teilnehmer<br />
in Toronto untersucht und können sie mit Querschnittsuntersuchungen<br />
unter allen Jugendlichen vergleichen. Das<br />
Ergebnis zeigt sehr klar, dass der WJT eine kirchliche Veranstaltung<br />
ist, wo zu 90 Prozent die kirchlich (katholisch) engagierte<br />
oder zumindest gebundene Jugend zusammen kommt. Die Beziehung<br />
dieser jungen Leute zu religiösen Fragen ist wesentlich<br />
dichter und ausgeprägter als <strong>beim</strong> Durchschnitt. Vor allem unterscheiden<br />
sie sich durch eine im Großen und Ganzen positive<br />
Einstellung zur Kirche. Dahingegen ist das Image der katholischen<br />
Kirche in repräsentativen Stichproben sehr schlecht.<br />
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Natürlich ist die Gruppe der WJT-Teilnehmer nicht homogen,<br />
denkt man etwa an Opus-Dei-Anhänger und Kondom-Verteiler.<br />
RU heute: Eine Veranstaltung, die über Jahrzehnte von den neuen<br />
geistlichen Bewegungen getragen worden ist, wurde in Köln nun<br />
auch vom BDKJ und seinen traditionellen Gliedverbänden mitgestaltet:<br />
Wird der WJT die katholische Jugend- und Verbandsarbeit<br />
verändern?<br />
Professor Ziebertz: Der BDKJ ist in der katholischen Jugendszene<br />
in Deutschland eine Größe. Darum wäre es ein verzerrtes<br />
Bild vom Gastgeberland gewesen, hätte er gefehlt. Dass der BDKJ<br />
stark beteiligt hat, war sicher für ihn selber gut, aber es hat auch<br />
dem WJT genutzt. Wer sagt denn, dass die Spiritualität der geistlichen<br />
Gemeinschaften, die man sicher nicht über einen Kamm<br />
scheren darf, den Reichtum christlich spiritueller Ausdrucksmöglichkeiten<br />
ausschöpft? Der Papst selbst hat in Köln eine Spiritualität<br />
angemahnt, die das Wort nicht vergisst: „An ihren<br />
Früchten werdet ihr sie erkennen!“ Wenn sich also eine mehr<br />
verinnerlichte Spiritualität und eine stärker sozial bzw. politisch<br />
akzentuierte Spiritualität begegnen, würde ich das als ein Zeichen<br />
des Reichtums verstehen. Und vielleicht kann man ja voneinander<br />
lernen – und zwar beidseitig. Der BDKJ muss aber<br />
keine „Geistliche Gemeinschaft“ werden.<br />
RU heute: Wie kann der Religionsunterricht<br />
nach die Erlebnisse des WJT<br />
aufgreifen und verarbeiten, damit etwas<br />
von der religiösen Begeisterung im<br />
Schulalltag spürbar bleibt?