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R U - beim Bistum Mainz

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RELIGIONSUNTERRICHTheute 03-04/2005<br />

Fortsetzung Seite 8<br />

Das im Synodenbeschluss grundgelegte und entfaltete Konzept<br />

eines ‚schulischen Religionsunterrichts‘ erweist sich bis heute<br />

als eine tragfähige Verständigungsbasis und als eine argumentativ<br />

transparente und für situationsgebotene Modifizierungen<br />

offene Orientierung. 27 Es bewährt sich als Referenzrahmen für<br />

die Lehrplanentwicklung und für die Erarbeitung didaktisch<br />

profilierter Unterrichtswerke für die verschiedenen Schulstufen.<br />

Programmatische kirchliche Stellungnahmen der jüngeren Vergangenheit<br />

verstehen sich als Fortschreibungen, nicht als Ablösung<br />

der mit dem Synodenbeschluss getroffenen Optionen. 28<br />

Veränderungen der religiösen Situation der Schülerinnen und<br />

Schüler sowie Veränderungen der schulischen Rahmenbedingungen<br />

des Religionsunterrichts fordern andererseits dazu heraus,<br />

das religionsdidaktische und das schulpädagogische Profil<br />

des Konzepts in der Spur des für den Synodenbeschluss maßgeblichen<br />

situationsanalytischen Ansatzes weiterzuentwickeln. 29<br />

Die für die religiöse Tradierung in der Gegenwart charakteristische<br />

und vielfach beobachtbare Ablösung des sozial-kulturellen<br />

Modus der Tradierung durch individuell-lebensgeschichtlich<br />

strukturierte Modi der Aneignung und Transformation religiöser<br />

Überlieferungen erhöht den Stellenwert religiöser Bildungsprozesse.<br />

Das vorherrschende am Paradigma der Vermittlung<br />

orientierte Modell der Religionsdidaktik bedarf in diesem Zusammenhang<br />

der Erweiterung durch ein am Paradigma der<br />

Aneignung orientiertes Modell religionsdidaktischen Handelns.<br />

Schüler sind nicht nur Adressaten, sie sind Subjekte des unterrichtlichen<br />

Lernprozesses. Welche Konsequenzen ergeben sich<br />

daraus für das Konzept eines ‚subjektorientierten‘ schulischen<br />

Religionsunterrichts?<br />

Der Prozess der ‚Enttraditionalisierung‘ führt auch dazu, dass<br />

für nicht wenige Schüler und Schülerinnen der schulische Religionsunterricht<br />

ein Ort der Erstbegegnung mit christlicher Religion<br />

und christlichem Glauben wird. Die christliche Religion<br />

begegnet ihnen in diesem Zusammenhang als eine ‚fremde‘ Religion,<br />

ihre ‚Sprache‘ als eine ‚Fremdsprache‘. Wahrnehmung<br />

schulendes, Sprache erschließendes, erkundend-entdeckendes<br />

Lernen und Lernen in Begegnung gewinnen in diesem Zusammenhang<br />

besonderes Gewicht. Andererseits ist auf eine Aporie<br />

hinzuweisen: Christliche Religion begegnet im schulischen Religionsunterricht<br />

als „Religion (in) der Schule“ 30 . Der Kontext<br />

8<br />

Schule hat konstitutive Bedeutung für die Bestimmung des Inhalts<br />

und des Modus der Darstellung und der Vermittlung von<br />

Religion und christlicher Tradition im Unterricht. Welches sind<br />

aber die elementaren Modi schulischer Vermittlung von Religi-<br />

on? 31<br />

Auch Schule verändert sich. Die Einrichtung von Ganztagsschulen<br />

und die Entwicklung von Schulprogrammen lässt neu nach<br />

dem Ort und den Formen der Präsenz von Religion und ‚schulisch<br />

beheimateter‘ religiöser Praxis im außerunterrichtlichen<br />

Schulleben fragen. Die Einführung verbindlicher Bildungsstandards<br />

für einzelne Unterrichtsfächer regt an, neu über eine pädagogische<br />

Leistungskultur auch im Religionsunterricht nachzudenken.<br />

Der Synodenbeschluss wurde breit rezipiert und angenommen<br />

– nicht zuletzt aufgrund seiner realistischen Sicht der Möglichkeiten<br />

eines ‚Religionsunterrichts in der Schule‘. 32 Auch für die<br />

Weiterentwicklung seines Konzepts dürfte gelten: „Je nach<br />

Situation wird das, was im Unterricht vernünftigerweise angestrebt<br />

werden kann, erheblich verschieden sein […] Eine nüchterne<br />

Einschätzung der Möglichkeiten eines schulischen Religionsunterrichts<br />

entlastet Lehrer und Schüler und kann vor Enttäuschungen<br />

hinsichtlich der Effektivität dieses Unterrichts<br />

schützen.“ 33<br />

Prof. Dr. theol. Werner Simon lehrt Religionspädagogik,<br />

Katechetik und Fachdidaktik Religion an der Johannes-Gutenberg-<br />

Universität <strong>Mainz</strong>.<br />

Anmerkungen<br />

1 Das Statut der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik<br />

Deutschland, in: Ludwig Bertsch u. a. (Hg.), Gemeinsame Synode der Bistümer<br />

in der Bundesrepublik Deutschland. Beschlüsse der Vollversammlung<br />

(Offizielle Gesamtausgabe I), Freiburg/Br. u.a. 1976, 856–861, 856.<br />

2 Der Religionsunterricht in der Schule. Beschluß, in: Ludwig Bertsch (Hg.)<br />

Gemeinsame Synode 1976, a.a.O., 123–152. – Vgl. auch: Ludwig Volz, Der<br />

Religionsunterricht in der Schule. Einleitung, in: Ludwig Bertsch (Hg.), Gemeinsame<br />

Synode, a.a.O., 113–122; Günter Lange, Der Religionsunterricht<br />

in der Schule, in: Dieter Emeis / Burkard Sauermost (Hg.), Synode – Ende<br />

oder Anfang, Düsseldorf 1976, 93–107; Der Religionsunterricht in der Schule.<br />

Arbeitshilfe zum Synodenbeschluß. Herausgegeben von den Schulreferaten<br />

I und II der Erzdiözese München und Freising, München 1979; Alfons<br />

Kaiser, „Der Religionsunterricht in der Schule“. Der Beschluss der „Gemeinsamen<br />

Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland“ aus erziehungswissenschaftlicher<br />

Sicht, München 1980.<br />

3 Vgl. Ludwig Volz, Der Religionsunterricht in der Schule. Einleitung, a.a.O.<br />

Ferner: Werner Trutwin, Die Synodenvorlage über den Religionsunterricht –<br />

Ein Rückblick auf die Diskussion in der vierten Vollversammlung, in: Katechetische<br />

Blätter 99 (1974), 370–378; Ludwig Volz, Notizen zur zweiten

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