Wege ins Unsichtbare
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Wege ins Unsichtbare
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Jean fühlt, wie er errötet.<br />
Frankenhäuser schmunzelt. „Ihr habt doch sicher auch solche<br />
Fälle?“<br />
„Bei uns in Zürich wird streng kirchlich geahndet, wenn jemand<br />
gegen die Sittlichkeit verstösst, aber ich kann dir wirklich nicht sagen,<br />
wie so ein Mädchen den Kopf im Geheimen aus der Schlinge<br />
ziehen könnte, nein wirklich, ich habe mir das noch nie überlegt ...<br />
man spricht auch in Kreisen der Medizin nicht darüber, das wäre<br />
zu anstössig.“<br />
„Das ist es! Ich empfehle euch unsere Lösung, wirklich! Die<br />
Patientin kommt anonym in die Klinik und hinterlässt keine Spur.<br />
Wenn sie stirbt, wird eine Meldung gemacht an eine Adresse, die<br />
die Betroffene beim Eintritt in die Klinik in einem versiegelten Brief<br />
abzugeben hat. So ist rechtlich alles in Ordnung.“<br />
„Und das Kind?“<br />
„Kommt <strong>ins</strong> Findelhaus und danach zu einer Amme, falls es die<br />
ersten Wochen überlebt.“<br />
Jean geht. Er ist sich seiner Gefühle nicht sicher. Er möchte<br />
vergessen. Alles. Was er sah, was er hörte. Heute Abend wird er<br />
im vertrauten Kreise der Schweizer essen und danach musizieren.<br />
Endlich kann er wieder seine Geige spielen und singen. Ein Stück<br />
Heimat. Heute braucht er das.<br />
Gegen Mitternacht erst kehrt er heim. Seine Zimmerwirtin liegt<br />
schon im Bett, als er durch ihr Zimmer huscht. Mit einer lässigen<br />
Geste wirft sie das Leintuch von sich und entblösst ihre Brust.<br />
Eigentlich ist Jean müde. Aber Lachen, Albern und Wein haben<br />
ihn aufgeweicht. In seiner Kammer schlüpft er aus den Kleidern.<br />
Dann geht er zu ihr.<br />
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