13.07.2015 Aufrufe

Mit Schärdinand lässt sich's leben - Berglandmilch

Mit Schärdinand lässt sich's leben - Berglandmilch

Mit Schärdinand lässt sich's leben - Berglandmilch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Agrarhandel: „Und an diese Verträge gilt essich zu halten. Die EU hat trotz der Wirtschafts-und Finanzkrisen ihre Märkte offengehalten. Wir erwarten das auch vonNorwegen.“Gut 1000 Kilometer von Brüssel entfernt, inOyeste nahe Bergen, auf der „Kjosas Farm“,hat man andere Sorgen. Gjermund Stuve istMilchbauer. Sein Hof, erreichbar nur übereine steile, enge Zufahrtsstraße, liegt idyllischauf kaum 300 Metern Seehöhe überdem Hardangerfjord, braucht aber den Vergleichzu einem Bergbauernhof in den Alpennicht zu scheuen. Ende der 1990er Jahre hatsich Stuve mit drei Nachbarn zusammengetan.Aus vier kleinen, kaum über<strong>leben</strong>sfähigenBetrieben wurde eine gemeinsameMilchfarm mit heute 45 Hektar Grünland,20 Hektar Weiden sowie einigen Almflächen.Mehr als 50 Kühe stehen im damals neu errichtetenOffenfrontstall. Seinen 20-Prozent-Anteil hat Stuve mittlerweile an die Tochterüberschrieben. Drei Familien und ein Single-Landwirt ziehen an einem Strang, „um effizienterzu sein als die anderen“. Man teilt dieArbeiten im Stall wie auf den Wiesen und amEnde auch den Profit. Der Erfolg gibt ihnenrecht: Die Milchmenge der Rotvieh-Herdemit 8.500 l Stalldurchschnitt betrug anfangs280.000 Liter, mittlerweile liefert man450.000 Liter Milch pro Jahr an Tine, diegrößte Molkereigenossenschaft im Land.Rund 5,20 Kronen je Liter zahlt diese denLieferanten, umgerechnet rund 0,64 Euro.Der Konsument zahlt im Geschäft dafürknapp 1,50 Euro, den Lebensmitteleinkaufdominieren wie in Österreich nur vier großeHandelsketten.Der 2-x-6-Fischgrätenstand wurde jüngstdurch einen Melkroboter ersetzt, den erstenin der Region, erzählt Stuve. Schon bald willman 500.000 Liter produzieren, denn Milchist in Norwegen gefragt, weil es auch davonzu wenig gibt. Dank der Unterversorgung desMarktes wäre noch einiges an Potenzial fürmehr Rohstoffproduktion vorhanden, auchwenn Norwegen – anders als im übrigenEuropa, wo das Quotenende mit 2015 fixiertwurde – an seinem streng regulierten historischenLiefersystem festhalten möchte. DieRegierung entscheidet letztendlich über dieQuoten, kürzt oder erhöht diese je nachMarktnachfrage. Es gibt keine Preisgarantiefür Milch, aber die beiden größten Bauernverbändeverhandeln jedes Jahr mit der Regierungüber einen Zielpreis als Richtwert.Betont optimistisch in Bezug auf ihr „weißesGold“ sind Norwegens Milchbauern nicht.Grund dafür ist einmal mehr das „schwarzeGold“. Stuve: „Uns fehlt der Nachwuchs.Immer weniger Junge wollen im Stall arbeiten.Das Öl aus der Nordsee ist ein besseresGeschäft, jeder giert nach einem Job im Ölbusiness.“Dieses hat mittlerweile enormenEinfluss auf die Volkswirtschaft. Seit demFörderboom herrscht auf dem Arbeitsmarktdauerhaft Mangel an Arbeitskräften. Das hatwiederum zu einem Anstieg der Löhne undGehälter sowie zu einer jährlichen Steigerungder Kaufkraft um vier bis sechs Prozentgeführt: Auch die Preise für Güter undDienstleistungen haben angezogen, selbst derhohe Milchpreis von weit über 60 Cent/Literdeckt längst nicht mehr die Produktionskosten,zu hart sind vielerorts die topografischenund klimatischen Bedingungen, zu klein diemeisten Betriebe. Arbeiten in der Landwirtschaftgilt als wenig attraktiv. Der durchschnittlicheStundensatz liegt bei umgerechnet13 Euro, das sind nur 40 Prozent desdurchschnittlichen Stundenlohns von 34 Euroin der Ölindustrie.Dass sich in Norwegen ähnlich wie auf derKjosas-Farm nach und nach Bauern zusammentunund große, gemeinschaftlich betriebeneHöfe aufbauen, bestätigt auch NilsMelbøe, Milcherzeuger und Funktionär desnorwegischen Bauern- und Kleinbauernverbands.Die protektionistische Haltung der eigenenRegierung in Oslo verteidigt er: „Es istwichtig, einen gewissen Außenschutz für dieInlandsproduktion aufrechtzuerhalten, damitunsere Landwirtschaft auch künftig über<strong>leben</strong>kann.“ Weit entfernt von den staatlichenZielen ist in Norwegen der Biolandbau. Essoll von derzeit fünf Prozent bis 2020 auf15 Prozent gesteigert werden. Bei gerade mal3,5 Prozent Biomilch ein mehr als ambitioniertesVorhaben.Vor zwei Jahren bekamen die Norweger in -des die Probleme ihres abgeschotteten Markteserstmals drastisch vor Augen geführt.Konkret mit fehlender Butter. Tine dominiertden Markt zu 80 Prozent, das Molkereiunternehmenkauft und veredelt den größten Teilder im Land erzeugten 1,55 Mil lionen TonnenKuhmilch. Auch bei der Durchsetzungund Kontrolle des strengen Quotensystemsspielt Tine eine nicht unwesentliche Rolle,sagen Kritiker. Als Norwegens Milchbauern2011 trotz steigender Nachfrage nach Milchproduktenum 20.000 Tonnen oder 13 Prozentweniger Milch abgeliefert hatten, fehltenTine plötzlich bis zu 1000 Tonnen für dieWeihnachtsbutter. Die Lücke konnte auchkaum mit Importen aus den Nachbarländerngefüllt werden. Butter war in diesem Jahr inganz Skandinavien knapp und der Marktzugangauch den Schweden, Dänen und Finnendurch hohe Importzölle versperrt. Im Dezember2011 kostete eine 250-g-Packung importierterButter aus Schweden umgerechnet 39(!) Euro. Geschäfte und Zeitungen warbenplötzlich mit Butterpackungen um Neukundenund Abonnenten. Die Norweger brachenin Scharen auf zu Hamsterkäufen. GrenznaheSupermärkte in Schweden verzeichneten ei -nen 20-mal höheren Butterabsatz als nor mal,neun von zehn Käufern waren Norweger. Imdänischen Fernsehen wurden die Zusehersogar aufgefordert, Butter für Norwegen zuspenden. Dabei war auch viel Hä me für diereichen Nachbarn im Norden zu spüren.Übrigens: Norwegens Nationalkäse ist der„Gudbrandsdalsost“, auch „Gjetost“ genannt.Der braune Karamellkäse aus „Myse“(Molke), „Fløte“ (Obers), „Melk“ (Milch)und „Geitmelk“ (Ziegenmilch) wird auf hellemBrot gegessen und harmoniert besondersmit Marmelade von roten Früchten. 6.000Tonnen verzehren die Norweger davon jedesJahr.Ing. Bernhard Weber ist Chefredakteurvon BLICK INS LAND.<strong>Mit</strong> Schärdinger <strong>lässt</strong> <strong>sich's</strong> <strong>leben</strong>.11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!