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16<br />
10/2008<br />
p a g i n i e r u n g A k t u e l l<br />
Über allem steht die regel<br />
Majestätisch dominiert<br />
es oberhalb Burgeis im<br />
Obervinschgau. Kloster<br />
Marienberg ist nicht nur<br />
das älteste noch erhaltene<br />
Benediktinerstift<br />
Südtirols, es ist mit 1336<br />
m.ü.M. auch das höchstgelegene<br />
Benediktinerkloster<br />
Europas. Seit Frühjahr 2008<br />
gibt es ein Museum über das<br />
Benediktinerleben und ein<br />
Gästehaus. Wir hatten die Ehre,<br />
einen ganzen Vormittag mit Abt<br />
Bruno Trauner zu verbringen.<br />
um 1146 wurde mit dem Bau des ersten<br />
Klosters Marienberg in Burgeis<br />
begonnen (gegründet worden war<br />
es 1096 im Engadin von Erhard von Tarasp).<br />
Am 13. Juli 1160 wurde die Krypta<br />
der ersten Kirche geweiht. Bis 1816<br />
gehörte das Kloster zur Diözese Chur.<br />
Abt Bruno ist die Geschichte seines Klosters<br />
so vertraut wie seine eigene. Die<br />
Daten kommen wie von selbst.<br />
blütezeit vom barock bis Anfang<br />
des 20. jahrhunderts<br />
In den ersten 300 bis 400 Jahren war das<br />
Kloster von kaum mehr als einem Dutzend<br />
Mönchen bewohnt – wie heute auch. Bis<br />
zur Reformation und den Bauernkriegen<br />
war die Geschichte ein dauerndes Auf und<br />
Ab – Plünderungen, Überfälle. Nach dem<br />
30jährigen Krieg wurde das Kloster von<br />
Matthias Lang reorganisiert. Er gilt als<br />
der zweite Gründer Marienbergs, denn<br />
ab da begann eine Blütezeit, die sich bis<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts erstreckte.<br />
Der Abt bruno<br />
Seit 25 Jahren steht Abt Bruno Trauner<br />
der Klostergemeinschaft Marienberg<br />
als Abt vor. Er übt sein Amt mit der heiteren<br />
Würde und der Nachsichtigkeit<br />
eines Vaters aus.<br />
„Man soll sich als Stellvertreter Christi<br />
im Kloster an die Lehre des Evangeliums<br />
halten, die Brüder führen und<br />
ihnen geistige Nahrung zuführen. Dazu<br />
braucht es Gespür für den rechten<br />
Augenblick und man darf kein sturer<br />
Gesetzesakrobat sein. Auf die Gemeinschaft<br />
soll man hören, offen und zugäng-<br />
lich sein. Und vor allem – und das gelingt<br />
mir persönlich am besten – immer<br />
Mensch bleiben.“<br />
Der Abt glaubt fest an die benediktinische<br />
Lebensweise. „Denn was 1500<br />
1724 wurde das Gymnasium in Meran<br />
gegründet (1928 verstaatlicht). „Vor hundert<br />
Jahren zählte das Kloster 50 Mönche,<br />
die absolute Höchstzahl. Die Schule<br />
leitete eine Glanzzeit ein, allerdings nicht<br />
im Sinne der Regel, da zwei Drittel der<br />
Mönche außerhalb des Klosters beschäftigt<br />
waren,“ erzählt Abt Bruno. Berühmte<br />
Namen gehörten zur Gemeinschaft:<br />
Jahre bestanden hat, wird auch weiter<br />
bestehen. Die Geschichte zeigt uns,<br />
dass es immer ein Auf und Ab gab. Wir<br />
sind das Rückgrad der Kirche.“<br />
der Geschichtsforscher Albert Jäger, der<br />
Schriftsteller und Dichter Beda Weber<br />
(Abgeordneter 1848 in der Paulskirche),<br />
der Orientalist Luis Zingerle.<br />
Die regel bestimmt den tagesablauf<br />
Heute besteht die Gemeinschaft aus<br />
zwölf Brüdern, deren Leben wie vor<br />
hunderten von Jahren von der Regel des<br />
hl. Benedikt bestimmt wird. Die Brüder<br />
treffen zum ersten Chorgebet, der Vigil,<br />
um 5.45 Uhr zusammen. Abt Bruno:<br />
„Die Gebetszeiten werden pünktlich auf<br />
die Sekunde eingehalten.“<br />
Ausnahmen kann und darf es geben<br />
und, so Abt Bruno: „Der hl. Benedikt<br />
schrieb die Regel auf der Grundlage der<br />
Discretio, des richtigen Maßes nieder.“<br />
„Die Ordnung“, erklärt Abt Bruno, „gibt<br />
den Halt. Die Klöster sind das Rückgrad<br />
der Kirche.“<br />
Zwischen den Gebetszeiten organisiert<br />
sich jeder Bruder autonom gemäß seiner<br />
Tätigkeit. Mittag- und Abendessen<br />
werden in Stillschweigen eingenommen.<br />
Nach dem gemeinsamen Abend-<br />
gebet, den Komplet um 20 Uhr, sinkt<br />
das Schweigen über das Kloster.<br />
„ich steh am Fenster und schau ins tal . . .“<br />
Welche Aufgabe hat ein Kloster heute?<br />
Abt Bruno: „Ich steh am Fenster und<br />
schau ins Tal. Alles hat sich verändert.<br />
Neue Straßen, neue Häuser, Pisten –<br />
aber etwas fehlt: die Seele und genau das<br />
ist unsere Aufgabe und dafür braucht es<br />
eine Struktur.“ Der Entschluss zum Bau<br />
eines Museums bzw. Tagungszentrums<br />
und Gästehauses in den leerstehenden<br />
Wirtschaftsgebäuden war nur eine logische<br />
Konsequenz.<br />
„Uns war wichtig, nicht irgendein Bildungshaus<br />
oder Museum zu bauen“, betont<br />
Abt Bruno. „Ziel war die Schaffung<br />
Schleis 65 - 39024 Mals und Wohntextilien in Prad<br />
Tel. 0473 831 681 - Fax 0473 830 177<br />
Mobil 335 54 19 624 - abart.lo@rolmail.net<br />
Lieferung und Verlegung der Holzböden im<br />
Kloster sowie Vorhänge und Plisse<br />
einer Oase der Stille, wo Menschen sich<br />
zurückziehen können; die Schaffung eines<br />
Ortes, der den Menschen die Lebens-<br />
werte dieses Klosters nahe bringt.“<br />
kein x-beliebiges bildungshaus<br />
oder Museum<br />
Das Museum und Gästehaus (Abt-Hermann-Haus)<br />
entstand aus den vom Verfall<br />
bedrohten Wirtschaftsgebäuden.<br />
„Am 4. August 2004 rollten die Bagger<br />
den Berg zum Kloster hinauf und mir<br />
fiel ein Stein vom Herzen“, erinnert sich<br />
Abt Bruno. Am 7. Juli 2007 wurde das<br />
Klein aber fein ist das Museum des Klosters<br />
Marienberg: Ein Spaziergang durch<br />
die Geschichte und durch eine Lebenskultur,<br />
die Jahrhunderte nahezu unverändert<br />
überstanden hat, aufbereitet in sechs<br />
Räume nach dem Konzept „Weniger ist<br />
Mehr“ und rigoros in schwarz – weiß,<br />
den Farben der Benediktiner.<br />
Abt Bruno hat uns persönlich durch<br />
die Schauräume geführt. Raum 1 stellt<br />
den Menschen Benedikt vor, sein Leben,<br />
seine Regel, die Ausbreitung der<br />
Museum eröffnet; das Abt-Hermann-<br />
Haus ein Jahr später. 2008 konnten<br />
rund 20.000 Besucher gezählt werden.<br />
„Die Struktur muss jetzt wachsen und<br />
reifen, wir müssen lernen, damit umzugehen<br />
und damit zu leben.“ Neun<br />
Einzel- und zehn Doppelzimmer stehen<br />
den Gästen bereit, eine Küche, ein Speisesaal<br />
und zwei Tagungsräume. Die Gäste<br />
können, soweit die Regel es zulässt,<br />
den Tagesablauf der Mönche mitleben.<br />
Info: Abtei Marienberg, 39024 Burgeis/Mals,<br />
Geöffnet täglich außer sonntags<br />
von 10 bis 17 Uhr (im Dezember<br />
10 bis 15 Uhr)<br />
ein Museum im benediktinerhabit<br />
Klöster. Raum 2 zeigt das von „ora et<br />
labora“ dominierte Leben der Benediktiner,<br />
anschaulich dargestellt anhand<br />
von sieben antiken Uhren, eingestellt<br />
auf die Zeiten des festen Tagesablaufs<br />
im Kloster und durch einen im Kloster<br />
aufgenommenen Film.<br />
ein Spaziergang durch jahrhunderte<br />
Im Raum 3 werden die kostbare hand-<br />
geschriebene Kloster-Chronik von