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credo umbruch - Andrea Molino

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RELIGION und SCHLICHTHEIT<br />

Das, was zu erschaffen wir selbst uns anschicken, wird letztendlich<br />

kompliziert. Unsere Gesellschaft ist kompliziert, unsere Welt ist<br />

kompliziert, der Lauf unseres Lebens ist kompliziert. Indem sie<br />

durch ihre mannigfache Vielfalt Fülle und Mächtigkeit vortäuscht,<br />

überwältigt diese Kompliziertheit oft unseren törichten Geist. Unser<br />

unwissender Intellekt schreibt gerade dem philosophischen<br />

Werk, dessen Inhalt überaus verschlungen ist, besondere Gelehrsamkeit<br />

zu und empfindet Erstaunen. Die Zivilisation, deren gesamte<br />

Läufe und Methoden schwer zu begreifen und verwirrt sind,<br />

deren Maschinerie und Fabriken, Vorbereitungen und Zutaten<br />

reichlich und ausgedehnt sind, verwirrt unser schwaches Gemüt.<br />

Aber der Philosoph ist wahrhaft fähig und mit Geisteskraft versehen,<br />

der die Philosophie leicht machen und erklären kann; die Zivilisation<br />

ist wahrhaft fortgeschrittener, die alle ihre Einrichtungen<br />

durch Schlichtheit geregelt und überall leicht zugänglich machen<br />

kann. Wie auch immer sie äußerlich aussehen möge – gerade<br />

Kompliziertheit ist Schwäche, ist Misserfolg; Vollkommenheit aber<br />

ist Schlichtheit. Religion ist das einzige, höchste Ideal jener Vollkommenheit,<br />

deshalb auch von Schlichtheit.<br />

Aber so groß ist unser Unglück, dass der Mensch ebendiese Religion<br />

mit der größten Kompliziertheit der Welt erfüllt hat. Durch<br />

unzählige Regeln und Gebete, künstliche Ritualhandlungen, komplizierte<br />

Doktrinen und mannigfache Einbildung ist sie so undurchdringlich<br />

und schwer zugänglich geworden, dass in jener<br />

selbst gemachten dunklen Kompliziertheit des Menschen tagtäglich<br />

irgendein Beharrlicher irgendeine neue Gemeinde gründet,<br />

indem er irgendeinen neuen Pfad vorzeichnet. Durch den Zusammenprall<br />

der verschiedenen Gemeinden und Doktrinen sind<br />

auf der Erde Hader und Hass, Unfrieden und Unheil grenzenlos.<br />

Warum ist es so gekommen? Der einzige Grund hierfür ist, dass<br />

wir uns nicht mit ganzem Herzen der Religion ergeben, sondern<br />

versucht haben, die Religion uns entsprechend zu gestalten, dass<br />

wir, um uns die Religion wie andere notwendige Gegenstände die-<br />

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