LINDE TECHNOLOGY #1.10 // Kraftwerkstechnik20Titelthema: Die Co 2 -Managerlöst und in die Brennkammer des Kraftwerks führt. CAR hat einigeVorteile: Es arbeitet bei niedrigem Druck und die Sauerstoffproduktionlässt sich feinfühlig regeln. Nachteil: Wegen der hohen Temperaturbraucht auch CAR zusätzliche Energie, die ein Brenngas liefernmuss, das der Luft beigemischt wird und das den thermischen Prozessaufrecht erhält.In einem Projekt des Department of Energy der USA hat<strong>Linde</strong> 2006 eine CAR-Testanlage gebaut, die 0,7 Tonnen Sauerstoffpro Tag liefert. Die Versuche ergaben, dass der Energiebedarf etwa30 Prozent geringer ausfällt als bei einem kryogenen Luftzerleger –die Investitionskosten wären sogar um die Hälfte niedriger. Doch diegeplanten Demokraftwerke mit CO 2 -Abtrennung müssen auf dieseVorteile erst einmal verzichten, denn bei der Sauerstoffausbeutehat die Testanlage die gesetzten Ziele nicht erreicht. Statt zwei Prozentnahm das Perowskit nur 0,5 Prozent seines Gewichts an Sauerstoffauf – zu wenig für einen großtechnischen Einsatz. Zwar ließesich die Sauerstoffmenge erhöhen, dann allerdings auf Kosten derMaterialstabilität und Lebensdauer. Die geplante zweite Phase desProjekts, der Bau einer Anlage mit zehn Tonnen Sauerstoff pro Tagund Kopplung mit einem Kohlebrenner, wurde deshalb 2008 vorerstgestoppt. „Wir sind vom Potenzial des CAR-Verfahrens nach wie vorüberzeugt, haben aber festgestellt, dass bei der Materialzusammensetzungnoch weitere Grundlagenforschung nötig ist“, erläutert KrishKrishnamurthy, verantwortlich für Energie-Innovationen in der InnovationManagement Abteilung von <strong>Linde</strong>. Diese Aktivitäten laufennun unter anderem an der University of Arizona und bei den Herstellerndes Perowskits.Post-Combustion-Verfahren im TestOxyfuel-Kraftwerke, die Kohle mit reinem Sauerstoff verbrennen, sinddie hohe Schule der CO 2 -Reduzierung. Doch nicht alles, was technischmachbar ist, wird sich durchsetzen. Dem Ansatz von Oxyfuelund IGCC, bei dem die CO 2 -Abtrennung schon vor der Verbrennungansetzt, steht der klassische Post-Combustion-Ansatz entgegen, beidem das Kohlendioxid nach der Verbrennung abgetrennt wird. Vorden Schornstein wird ein Rauchgaswäscher geschaltet, der das CO 2aus dem Abgas herausholt. Ein wichtiger Vorteil: Am Kraftwerk undam Verbrennungsprozess ändert sich nichts, auch ältere Anlagen lassensich nachrüsten. Tests mit dem Post-Combustion-Verfahren findenseit einem halben Jahr in Niederaußem in Nordrhein-Westfalen statt,wo der Energieversorger RWE ein 1.000-Megawatt-Kohlekraftwerkbetreibt. Für den Test wirdein kleiner Teil des Abgases, der einem Zwei-Megawatt-Kraftwerk entspricht, abgezweigt unddurch einen Wäscher geleitet. In einer Trennsäulesteigt das Rauchgas nach oben, währendvon oben eine Flüssigkeit herunterrieselt.Die enthält Amin, ein chemischer Verwandtervon Ammoniak, das große Mengen CO 2 einfängt. In einem zweitenTurm wird das CO 2 mit Dampf wieder aus der Flüssigkeit ausgetrieben.Die Flüssigkeit ist wieder sauber und gelangt in dem geschlossenenKreislauf zurück in den Wäscher. Die Waschflüssigkeit in Niederaußemliefert die BASF, die <strong>Linde</strong>-Tochter <strong>Linde</strong>-KCA-Dresden hatdie Waschanlage nach den Vorgaben des Chemiekonzerns gebaut. ImCO 2 -Abtrennungaus Rauchgasenhilft bei derErdöl-Förderung.Januar <strong>2010</strong> haben beide Unternehmen vereinbart, die Technologiezur Abtrennung von CO 2 aus Rauchgasen gemeinsam zu vermarkten –insbesondere im Nahen und Mittleren Osten, wo das CO 2 zur Ausbeutungvon Erdölfeldern benötigt wird. Um auch andere Kraftwerke mitder Post-Combustion-Wäsche bestücken zu können, ist <strong>Linde</strong> mit MitsubishiHeavy Industries eine Projektpartnerschaft eingegangen. Derjapanische Konzern hat eine eigene Technologieentwickelt, die auf einer anderen Waschflüssigkeitberuht und die <strong>Linde</strong> in den ausgeschriebenenKraftwerksprojekten in der EU anbietenwird. Für beide CO 2 -Waschverfahren gilt: Sie verbrauchenwegen der Regeneration der Waschflüssigkeitmit heißem Dampf viel Energie, derWirkungsgrad des Kraftwerks sinkt wie bei Oxyfuelum etwa zehn Prozent. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“,so Dr. Bernd Holling, bei <strong>Linde</strong>-KCA-Dresden Leiter der Geschäftsentwicklungfür Chemie- und <strong>Gas</strong>anlagen.Mit Pre-Combustion, Oxyfuel und Post-Combustion haben dieKraftwerksbauer die Wahl zwischen drei Strategien für die CO 2 -Reduzierungim Kraftwerk. Weil alle drei Verfahren Vor- und Nachteile
Titelthema: Die Co 2 -ManagerKraftwerkstechnik // LINDE TECHNOLOGY #1.1021Sicher transportieren und speichern:Kohlendioxid aus dem Rauchgas, das in SchwarzePumpe anfällt, wird per Lkw in die 400 Kilometerentfernte Altmark geschafft und dort in einnahezu ausgebeutetes Erdgasfeld verpresst.haben, liegt der Gedanke nahe, sie so zu kombinieren, dass die Nachteileverschwinden und nur die positiven Effekte übrig bleiben. Genaudiesen Ansatz verfolgt RWE npower in England. Statt die Kohle wiein einem Oxyfuel-Kraftwerk mit einem Gemisch aus CO 2 und Sauerstoffzu verbrennen, nutzt dieser Ansatz ein Gemisch aus Luft undSauerstoff, um den Stickstoffanteil zu verringern, nicht jedoch vollständigaus der Luft zu entfernen. Weil dadurch im Abgas kein reinesCO 2 vorliegt, muss dieses von den restlichen <strong>Gas</strong>en über eine Wäschegetrennt werden. Betreiber künftiger Kraftwerke müssten also zweiAnlagen errichten, die Sauerstoffanlage und den Wäscher. „Berechnungenzeigen aber, dass diese Kombination in bestimmten FällenVorteile haben kann durch geringeren Energieverbrauch und größereFlexibilität“, so Krishnamurthy. <strong>Linde</strong> arbeitet eng mit RWE npowerzusammen, um den Prozess zu optimieren.Technologien zur CO 2 -Abscheidung können also einen wichtigenBeitrag leisten, um den Klimawandel zu zügeln, eine Alternativezu regenerativer Energieerzeugung sind sie dennoch nicht. Dennwegen des Wirkungsgradverlusts muss mehr Kohle verfeuert werden,was nicht im Sinne einer nachhaltigen Energiewirtschaft ist. Außerdemsind CO 2 -freie Kraftwerke bestenfalls CO 2 -arm, denn fünf biszehn Prozent des Kohlendioxids aus der Verbrennung gelangen dochin die Atmosphäre – „andernfalls wäre der Aufwand viel zu hoch“,so Bernd Holling. CCS gilt deshalb unter Experten nur als Brückentechnologie– und ist dennoch unverzichtbar. Das sieht auch ManfredVolker Haberzettel, Konzernbevollmächtigter für Technik, Öffentlichkeitsarbeitund Politik beim Energieversorger EnBW so: „Die Abscheidungund Lagerung von CO 2 ist zwar eine Vergeudung von Ressourcen,aber global gesehen ohne Alternative.“Links:www.vattenfall.com/en/ccs/index.htmwww.encapco2.org/CECD/encap_sp5_fitch.pdf