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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Fallbearbeitungsorgung <strong>für</strong> einen anderen in einer nicht ganz unbedeutenden Angelegenheit.4 Sie muss eine Hauptpflicht darstellen, d. h. den typischen<strong>und</strong> wesentlichen Inhalt einer fremdnützig ausgerichteten Geschäftsbesorgungbilden. Des Weiteren muss dem Vermögensbetreuungspflichtigenbei der Erfüllung seiner Pflichten eine gewisse Selbständigkeiteingeräumt worden sein. Statt sich nur in bereits von anderenvorentschiedenen Bahnen bewegen zu dürfen, muss er die Freiheithaben, über das Ob <strong>und</strong> Wie der Geschäftsbesorgung in einem durchden Zweck der Vermögensbetreuung gesteckten Umfang selbst zubefinden. 5A ist die Befugnis, über das Vermögen der Landespolizei NRW zuverfügen <strong>und</strong> dieselbe wirksam zu verpflichten, in den Grenzen derAufgaben übertragen, die er im Beschaffungsamt wahrzunehmen hat.Innerhalb dieser Grenzen entscheidet er über die Auftagsvergabe allein<strong>und</strong> eigenverantwortlich. Da es im Beschaffungsamt maßgeblichum die Auftragsvergabe geht, ist die damit einhergehende Bewirtschaftungzugewiesener Haushaltsmittel auch wesentlicher Inhalt derBerufstätigkeit des A. Rechtsgr<strong>und</strong>lage der somit zu bejahenden Vermögensbetreuungspflichtist der behördliche Auftrag i. S. d. § 266Abs. 1.Insofern A von Amts wegen die Befugnis zusteht, über Vermögender öffentlichen Hand zu verfügen, ist der Missbrauchstatbestand gemäߧ 266 Abs. 1, 1. Alt. einschlägig. Für den Missbrauchstatbestandist charakteristisch, dass sich der Täter im Rahmen seines durch dasGr<strong>und</strong>verhältnis legitimierten rechtlichen Könnens hält, aber dieihm im Innenverhältnis gezogenen Grenzen seines rechtlichen Dürfensüberschreitet. 6 Ein Missbrauch kann folglich nur bejaht werden,wenn A wirksam über Haushaltsmittel disponiert <strong>und</strong> dabei die ihnim Verhältnis zu seiner Arbeitgeberin bindenden Haushaltsgr<strong>und</strong>sätzemissachtet hätte. Dem Sachverhalt sind keine Gründe zu entnehmen,die an der Wirksamkeit des mit B geschlossenen Kaufvertrageszweifeln lassen. A hat zulasten der Landespolizei NRW wirksameine Verbindlichkeit begründet. <strong>Die</strong> vertragliche Übereinkunftmit B war ihm überdies im Innenverhältnis nicht gestattet. Insoweitist entscheidend, dass A verpflichtet ist, das Vermögen der LandespolizeiNRW sparsam <strong>und</strong> wirtschaftlich zu verwalten <strong>und</strong> auf <strong>für</strong>sie günstige Vertragsabschlüsse hinzuwirken. Öffentliche Gelder unterliegenin besonderem Maße einer Zweckbindung, sodass der Abschlusseines Vertrages, dessen Leistungspreis erkanntermaßen weitüber dem anderer Angebote liegt, einen Missbrauch der Vertretungsmachtausmacht.Dem zu betreuenden Vermögen müsste durch den Missbrauch unmittelbarein Nachteil entstanden sein. Im Hinblick hierauf sind Leistung<strong>und</strong> Gegenleistung des Einkaufs kugelsicherer Westen zu saldieren.Bei diesem Vergleich zeigt sich, dass die Polizei <strong>für</strong> den dem Bgezahlten Kaufpreis kein vollständiges vermögenswertes Äquivalenterhalten hat. Erkennbar wird dieses Missverhältnis daran, dass dieMitbewerber die gleiche Leistung zu einem um bis zu € 40.000 geringerenPreis anbieten. Der Vermögensverlust (in Gestalt des überhöhtenPreises) ist bei der Landespolizei NRW, folglich bei demjenigeneingetreten, dessen Vermögen der A zu betreuen hat. Geschädigtes<strong>und</strong> betreutes Vermögen sind mithin identisch.Der objektive Tatbestand der Missbrauchsuntreue ist erfüllt.2. SUBJEKTIVER TATBESTANDA müsste auch vorsätzlich, d. h. mit Wissen <strong>und</strong> Wollen der Tatbestandsverwirklichunggehandelt haben. Mangels entgegenstehenderAngaben im Sachverhalt ist davon auszugehen, dass A mit demHaushaltsgebot der Sparsamkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit beim Einsatzöffentlicher Mittel vertraut ist <strong>und</strong> ihm daher gegenwärtig ist, dass erseinen behördlichen Auftrag missbraucht <strong>und</strong> seiner Arbeitgeberineinen finanziellen Schaden zufügt, wenn er Schutzbekleidung zu weitüberhöhten Preisen einkauft. Der subjektive Tatbestand ist mithinauch erfüllt.II. RECHTSWIDRIGKEIT UND III. SCHULDA handelt rechtswidrig <strong>und</strong> schuldhaft.IV. BESONDERS SCHWERER FALLEin besonders schwerer Fall der Untreue ist nach §§ 266 Abs. 2, 263Abs. 3 Nr. 4 gegeben, wenn der Täter seine Befugnisse als Amtsträgermissbraucht. Wer Amtsträger ist, wird in § 11 Abs. 1 Nr. 2 definiert.Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, dass A als Beamter fungiert.Allerdings ist er unmittelbar in die staatliche Bedarfsverwaltungeingegliedert, die von der Landespolizei selbst wahrgenommenwird, sodass A immerhin im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen<strong>Die</strong>nstverhältnisses tätig wird. Neben der organisatorischen Eingliederungdes Beschaffungsamtes in die Landespolizei <strong>und</strong> der öffentlich-rechtlichenBestellung des A kraft seines <strong>Die</strong>nstvertrages, ist <strong>für</strong>die Einordnung als Amtsträger auch das Auftreten nach Außen bedeutsam.Weil sich nämlich die besondere Strafwürdigkeit der Amtsträgeruntreuegerade mit dem reputationsschädlichen Missbrauchder hoheitlich verliehenen Gewalt gegenüber der Öffentlichkeit begründet,muss ihr gegenüber die fragliche Person auch wie ein „verlängerterArm“ des Staates wirken. Im Hinblick auf diese Kriterien istvon Bedeutung, dass es sich aus der Sicht des B um die Beschaffungvon Sachmitteln <strong>für</strong> die Ausübung von Hoheitstätigkeit, mithin umdie Erfüllung öffentlicher Aufgaben handelt, die offensichtlich voneiner Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert wird, als deren„Ausführungsorgan“ der A erscheint. A ist mithin Amtsträger. Da erdie Untreue innerhalb seiner Zuständigkeit als alleinentscheidungsbefugterAmtswalter des Beschaffungsamtes begeht, missbraucht erseine „Befugnisse“ i. S. d. § 263 Abs. 3 Nr. 4. Ein Missbrauch der„Stellung“ liegt dagegen bei Handlungen innerhalb der Zuständigkeitnicht vor. 7Einen „Vermögensverlust großen Ausmaßes“ i. S. d. § 263 Abs. 3 Nr.2, 1. Alt. führt A dagegen nicht herbei, weil der bei der LandespolizeiNRW eingetretene Vermögensschaden mit € 40.000 unterhalb dervon der h. M. 8 be<strong>für</strong>worteten Grenze von mindestens € 50.000 liegt.V. ERGEBNISA hat sich wegen Untreue in einem besonders schweren Fall gemäß §266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 4 strafbar gemacht.4 BGHSt 33, 244 (250); 41, 224 (228 f.).5 Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Auflage, 2006, § 266, Rn. 23 a.6 BGHSt 5, 61 (63).7 Fischer, StGB, 56. Auflage, 2009, § 263, Rn. 125.8 BGHSt 48, 360 f.; Krüger, in: wistra 2005, 247 (249).<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2011225

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