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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Fallbearbeitungmutung des § 424 HGB eingreift. Somit ist dem S gem. § 275 I BGBdie Erfüllung seiner Verpflichtung subjektiv unmöglich geworden.cc) VertretenmüssenDaneben müsste der S den Umstand, aufgr<strong>und</strong> dessen die Unmöglichkeitals Pflichtverletzung eingetreten ist, auch gem. §§ 280 I S. 2,276 BGB zu vertreten haben. Den S trifft vorliegend jedoch selbstkein Verschulden an der Unmöglichkeit der Leistung im Sinne des §276 BGB, auch ein Auswahl- oder Organisationsverschulden ist nichtersichtlich. Allerdings hat der Angestellte B in fahrlässiger Art <strong>und</strong>Weise die Adressen verwechselt, was zur Falschlieferung <strong>und</strong> im Ergebniszur Unmöglichkeit der Leistung geführt hat. <strong>Die</strong>ses Verschuldenseiner Leute muss sich der S gem. § 428 HGB, der als lex specialis§ 278 BGB verdrängt, wie eigenes Verschulden zurechnen lassen.dd) SchadenWie oben dargestellt, hat der W jedoch nach der h. M. aufgr<strong>und</strong> desbestehenden Kaufpreisanspruches keinen Schaden. <strong>Die</strong>ser Schadenhat sich durch § 447 I BGB auf den A verlagert. Auch hier könntenwieder die allgemeinen Gr<strong>und</strong>sätze über die Drittschadensliquidationeingreifen, wenn nicht eine Spezialregelung einschlägig wäre.Für die Anwendbarkeit der Drittschadensliquidation dürfte der A,der den Schaden hat, keinen eigenen Anspruch gegen den S haben.<strong>Die</strong>s ist vorliegend problematisch, da hier ein eigener Ersatzanspruchdes A gegen S aus § 421 I S. 2 HGB i.V.m. §§ 280 I, III, 283 BGB inBetracht käme. Gem. § 421 I S. 2 HGB hat nämlich ebenfalls der vertraglicheEmpfänger des Gutes das Recht, bei Beschädigung, verspäteterAblieferung oder Verlust des Gutes die sich aus demFrachtvertrag ergebenden Ansprüche im eigenen Namen geltend zumachen, obwohl er selbst nicht Vertragspartei ist. Hierbei handelt essich nach h. M. um einen eigenen materiellrechtlichen Anspruch desEmpfängers <strong>und</strong> nicht um bloße Prozessstandschaft. 37 A kann folglich,obwohl er nicht Vertragspartei ist, gem. § 421 I S. 2 HGB i.V.m.§§ 280 I, III 283 BGB den vertraglichen Schadensersatz von S verlangen<strong>und</strong> hätte somit als Geschädigter einen eigenen Anspruch. Allerdingsbestimmt § 421 I S. 3 HGB, dass auch der Absender, also hierder W, zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt bleibt, unabhängigdavon, ob er im eigenen oder fremden Interesse handelt. ImErgebnis können somit sowohl der W als auch der A den Schadennach § 421 I S. 2, S. 3 HGB bei S geltend machen. <strong>Die</strong>se Regelung des§ 421 I S. 2, S. 3 HGB stellt einen gesetzlich geregelten Fall der Drittschadensliquidationdar <strong>und</strong> verdrängt damit als Spezialregelung dieallgemeinen Gr<strong>und</strong>sätze der Drittschadensliquidation. 38 Dementsprechendhat der W trotz des eigenen Anspruches des A die Möglichkeitden Schaden des A nach § 421 I S. 2, S. 3 HGB i.V.m §§ 280 I,III, 283 BGB zu liquidieren. Der Umfang des zu ersetzenden Schadensergibt sich aus § 429 I HGB, wonach der Wert des Gutes zur Zeitder Übernahme der Beförderung zu ersetzen ist. Gem. § 429 III HGBrichtet sich dieser Wert nach dem Marktpreis des Gutes, wobei hiernach der Vermutung des § 439 III S. 2 HGB der Verkaufspreis als derMarktpreis anzusehen ist. Vorliegend beträgt dieser Großhandelsverkaufspreisder Espressomaschinen € 25.000. S muss gem. § 429 IIIHGB nur diese € 25.000, nicht aber den potentiellen Verkaufspreisdes A (Einzelhandelspreis) in Höhe von € 31.250 ersetzen.b) Schadensersatzanspruch aus § 831 BGBDer W könnte einen Schadensersatzanspruch aus § 831 BGB gegenden S haben. Hierzu müsste der B Verrichtungsgehilfe des S sein <strong>und</strong>bei Ausführung der Verrichtung einem Dritten durch unerlaubteHandlung einen Schaden zugefügt haben. Indem der B eine Tätigkeit<strong>für</strong> den S ausführt <strong>und</strong> an dessen Weisungen geb<strong>und</strong>en ist, handelt essich bei ihm um einen Verrichtungsgehilfen im Sinne des § 831BGB. 39 Durch die Adressenverwechslung hat der B eine Ursache <strong>für</strong>den Eigentumsverlust des W als unerlaubte Handlung im Sinne des§ 823 I BGB gesetzt. <strong>Die</strong> anschließende Veräußerung der Maschinendurch K war auch keine höchst ungewöhnliche <strong>und</strong> unvorhersehbareFolge der Adressenverwechslung, sodass dem B der Verlust der Espressomaschinenauch haftungsrechtlich im Sinne der Adäquanztheoriezuzurechnen ist. 40 Gr<strong>und</strong>sätzlich wird das Verschulden desGeschäftsherrn bei Vorliegen des Tatbestandes gem. § 831 I S.1 BGBvermutet. 41 Fraglich ist jedoch, ob der S den Entlastungsbeweis nach§ 831 I S. 2 BGB führen kann. Vorliegend hat der S den B mit der imVerkehr erforderlichen Sorgfalt ausgewählt <strong>und</strong> überwacht, sodassihm der Entlastungsbeweis im Sinne des § 831 I S. 2 BGB gelingt <strong>und</strong>die Ersatzpflicht nicht eintritt.3. ZWISCHENERGEBNIS: GEGENANSPRUCH I.S.D. § 320 I BGBAufgr<strong>und</strong> des Umstandes, der zur Unmöglichkeit der Erfüllung desAnspruchs des A gegen W aus § 433 I 1 BGB geführt hat, hat der WErsatzansprüche sowohl gegen K als auch S erlangt. <strong>Die</strong>se Ansprüchehat W gem. § 285 BGB an den A herauszugeben, indem er diese anA gem. § 398 abtritt. Eine solche Abtretung ist freilich bezüglich desAnspruches des W gegen S aus §§ 280 I, III, 283 BGB unnötig, daA diesen Anspruch gem. § 421 I S. 2, S. 3 HGB unmittelbar selbstgeltend machen kann. Bezüglich der Ansprüche des W gegen K bestehthingegen ein Anspruch auf Abtretung aus § 285 I BGB. <strong>Die</strong>serAnspruch ist ein Gegenanspruch im Sinne des § 320 I BGB.II. SONSTIGE VORAUSSETZUNGEN DES § 320 BGBDer A ist nicht vorleistungspflichtig im Sinne des § 320 I BGB. Dakeine Anhaltspunkte da<strong>für</strong> ersichtlich sind, dass der A nicht am Vertragfesthalten möchte oder nicht Willens ist zu leisten, ist auch dieungeschriebene Voraussetzung der eigenen Vertragstreue 42 vorliegendgegeben. Der W hat seine Ersatzansprüche gegen K auch nochnicht an den A abgetreten. Somit steht dem A die Einrede des nichterfüllten Vertrages gem. § 320 I BGB zu. In der Erklärung des A, erwolle nicht zahlen bzw. mit Gegenansprüchen aufrechnen, kann imWege der Auslegung auch die Erhebung dieser Einrede gesehen werden.D) GESAMTERGEBNISW kann von A die Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 II BGB verlangen.<strong>Die</strong>s gilt freilich gem. §§ 320, 322 BGB nur Zug um Zug gegenAbtretung seiner Ersatzansprüche gegen K aus §§ 989, 990 I BGB,§ 816 I BGB <strong>und</strong> § 687 II BGB i.V.m. §§ 678, 681, 667 BGB gem. §§285, 398 BGB an A.39 Looschelders, Schuldrecht BT, 6. Auflage, S. 240.40 Looschelders, Schuldrecht BT, 6. Auflage, S. 240.41 Medicus/Lorenz, Schuldrecht BT, 15. Auflage, S. 466.42 Looschelders, Schuldrecht AT, 8. Auflage, S. 128.37 Oetker, in: JuS 2001, 833 (836 f.).38 Canaris, Handelsrecht, 24. Auflage, S. 504 ff.; Oetker, in: JuS 2001, 833 (840); siehe hierzu auch Herber,in: NJW 1998, 3297 (3302); siehe zur Abgrenzung von der Drittschadensliquidation auch Becker,in: AcP 2002, 722 (723 f.).234<strong>Iurratio</strong>Ausgabe 4 / 2011

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