16 KAPITEL 2. ANMERKUNGEN ZUR QUERFLÖTElogischen Konzept durchführte, sollte ihm später Erfolg bescheren. Durchhäufige Reisen ins Ausl<strong>an</strong>d, Kontakte zu Künstlern und Flötenbauern undseine unermüdliche Interessiertheit im Flötenbau, war Boehm stets über dieNeuerungen von diversen Flötenherstellern, die besonders am Beginn des 19.Jahrhunderts aus Engl<strong>an</strong>d kamen, informiert. Zum Beispiel hörte Boehm1831 den damals wohl bek<strong>an</strong>ntesten Flötenvirtuosen Chr. Nicholson, dessenTon ihm „wegen seiner ungemeinen Stärke auffiel, die ihren Grund in der ungewöhnlichenGröße der Grifflöcher seiner Flöten und der dadurch bewirktenfreien Entwicklung der Töne hatte“.Böhms RingklappensystemBoehm hat die in sich zwingende Konzeption auf ein völlig neu gestaltetesInstrument übertragen und unter Verwendung bereits genutzter Mittel, wiedrehbarer Ringe, perforierter Deckel und offener Klappen, sein „Ringklappensystem“geschaffen. Dieses neuartige System wurde von den meisten Instrumentenbauernsehr kritisch betrachtet und zuerst wurde mehr in Fr<strong>an</strong>kreichakzeptiert, als in den deutschsprachigen Ländern. Selbst Virtuosen und Liebhaberkonnten sich der alten Tradition nur sehr l<strong>an</strong>gsam entziehen. Das neueSystem wurde nicht nur wegen seiner nach außen hin komplizierten Form,sprich dem fast unüberschaubaren Mech<strong>an</strong>ismus, sondern auch wegen seinerEmpfindlichkeit bemängelt. Im Gegensatz zu der vorhergehenden Form, beider alle Klappen einzeln gelagert waren, lassen sich bei den Neuerungen vonBoehm wegen ihrem technischen Zusammenspiel nur mehrere Klappen <strong>an</strong>einzelnen Haltepunkten <strong>an</strong>bringen. Dadurch stieg die „Verletzbarkeit“ diesernoch eher empfindlichen Mech<strong>an</strong>ik. War m<strong>an</strong> vorher gewohnt gewisseReparaturen, wie Bekorkung, Federn, Wickelung und Verstiftung <strong>an</strong> seinemInstrument selbst durchzuführen, so sah m<strong>an</strong> bei diesem komplizierten Klappengebildeunüberwindbare Hindernisse auf sich zukommen.Für die Verbreitung seines Ringklappensystems hat Boehm selbst nursehr wenig beigetragen. Boehm hatte seinen Wunsch, die auf wissenschaftlichenErkenntnissen beruhende Umw<strong>an</strong>dlung des alten Flötentypus vollzogen.1839 hat Boehm all seine Rechte, die den Flötenbau betrafen, seinem PartnerGreve übertragen. In den Jahren d<strong>an</strong>ach w<strong>an</strong>dte er sich vermehrt der Arbeitin der Hüttentechnik zu.Der Weg von der konischen zur zylindrischen FlöteIn Engl<strong>an</strong>d und Fr<strong>an</strong>kreich wurde die konische Flöte mit größter Beliebtheit<strong>an</strong>genommen und kopiert. Boehm hatte aber neue Überlegungen <strong>an</strong>gestellt,um auch die letzten Mängel die die Ansprache und den Kl<strong>an</strong>gcharakter dertiefen und hohen Töne betrafen zu beseitigen. Er wusste g<strong>an</strong>z genau, dass ernur durch das Verändern der Bohrung des Flötenrohres das vorgenommeneZiel erreichen konnte. Zu seinen engsten Mitarbeitern gehörte Schafhäutl,
2.2. DIE MATERIALENTWICKLUNG IM FLÖTENBAU 17Abbildung 2.6: J.J. Qu<strong>an</strong>tz „Versuch einer Anweisung, die Flöte traversierezu spielen“ [Qua83] S. 29der schon vorher Berechnungen für eine verbesserte Flöte <strong>an</strong>gestellt hatte.Boehm verst<strong>an</strong>d es auf eine einzigartige Art und Weise die Praxis nie vonder Theorie zu trennen. So hatte Boehm „eine große Anzahl konischer undzylindrischer Rohre in den verschiedensten Dimensionen und auch vielerleiMetallen und Holzarten gefertigt, um deren Brauchbarkeit bezüglich Tonhöhe,Ansprache und Kl<strong>an</strong>gfähigkeit gründlich untersuchen zu können.“Nach zahlreichen Versuchen stellte sich heraus, dass Holzrohre sehr unbeständigund für genauere <strong>Messungen</strong> eher unbrauchbar waren. So wurdeMetall für die noch ausstehenden Untersuchungen verwendet.2.2 Die Materialentwicklung im FlötenbauIm Frühbarock setzten, wie schon erwähnt, instrumentenbauliche Neuerungenein, die vorwiegend von Fr<strong>an</strong>kreich ausgingen. So trat die vorherrschendeBlockflöte in den Schatten der Querflöte und av<strong>an</strong>cierte allmählich zueinem Orchester- und Liebhaberinstrument. Die Querflöte war somit in einemZeitraum von nur 150 Jahren zahlreichen Veränderungen unterworfen.Neben dem Hinzubauen von Klappen, der Dreiteilung und den mathematischenBerechnungen zur optimalen Intonation, hat m<strong>an</strong> sich auch mit demMaterial des Instrumentes und den damit verbundenen Auswirkungen aufden Kl<strong>an</strong>g beschäftigt.A. B. Fürstenau schreibt in seinem „Die Kunst des Flötenspiels in theoretisch- praktischer Beziehung“ folgendes über den unterschiedlichen Kl<strong>an</strong>gcharakterder einzelnen Holzarten [FüroJ]:„Vor der H<strong>an</strong>d lässt sich wohl <strong>an</strong>nehmen, dass Ebenholz oder Buchsbaumholzdas beste Material seien. Welches von diesen beiden wieder den Vorzugvor dem ändern verdiene, möge schwerlich mit Bestimmtheit zu entscheidensein; nur so viel ist außer Zweifel, dass Ebenholz dem Ton mehr Kraft,Buchsbaum aber mehr Lieblichkeit gebe, und dass ersteres sich fast gar nichtziehe, aber um so leichter zerspringe, während bei letzterem das Umgekehrte