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10‒2013 - Von Hundert

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100 / 12Expansion und(Selbst-)Exponierung/ Ellen Blumenstein in den KWDie KunstWerke in Berlin haben eine neue Chefkuratorinund schwupps wird alles anders! Da werden die Räume entkernt,ein neues Corporate Design entwickelt, neue Veranstaltungsformateund Kooperationen angekündigt. EllenBlumenstein will die KW zu einem agilen, lebendigen Ortder Diskussion und Produktion machen. Konzeptuelle Stichworte:Institutionskritik, Side-Specifity, (Stadt)Politik, Prozessualität.Blumensteins Interesse gilt den Rändern desKunstfeldes, die wie ein Spiegel die Normativität des Zentrumsoffenlegen. Sie knüpft damit an ihre Aktivitäten im SalonPopulaire und bei Haben und Brauchen an. Mit der KuratorinBlumenstein wurde jemand berufen, der nicht nurder Institution KW durch langjährige Mitarbeit verbundenist, sondern auch die Kunstszene der Stadt sehr gut kennt undbestens vernetzt ist. Es verspricht ein berlinspezifischeres Programm,aber auch ein engagierteres in Bezug auf die BerlinerKulturpolitik zu werden.Gibt sie den KW damit einerseits eine neue Identität, knüpftsie andererseits an das Programm der KW unter Susanne Pfefferan. Auch diese wilderte gerne in den Grenzbereichen derKunst, zeigte Filme, Comics und zuletzt Performance. WasSusanne Pfeffer zudem beherrschte, war die Arbeit mit denAusstellungsräumen – vielleicht weniger institutionskritischals Blumenstein dies in ihrer Auftaktausstellung anstrebt, aberdoch so, dass immer wieder die Architektur und Normativitätder Räume verändert wurde.Blumenstein will aber noch mehr. Sie möchte die InstitutionKW aus- und durchleuchten und sie nimmt sich und ihreRolle als Kuratorin dabei nicht aus. In der Pressekonferenzerklärt sie, es ginge ihr – vor allem in der Auftaktausstellung– auch um die Reflexion der Erwartungen an sie als Kuratorinund ein Transparentmachen der eigenen Arbeit und derenUmstände. Dazu gehört die Abhängigkeit von Drittmit-teln und die daraus resultierende Planungssicherheit für Ausstellungenund Umbauten.Die Reflexion ihrer Kuratorenrolle setzt sie auf zweierleiWeise um: Durch die Kommentare, die Nedko Solakov imganzen Haus verteilt hat und die aus Gesprächen und einemRundgang mit der Kuratorin entsprungen sind. Und demAvatar, den sie sich zugelegt hat (eine Arbeit von Ulf Amindeund Sabine Reinfeld). Sich so in den Mittelpunkt zu stellenist mutig – aber nur konsequent, wenn man die eigene Rolleim Offenlegen der institutionellen Strukturen nicht ausklammernwill. Man sollte es nicht als Platzhirschgetue abtun,sondern als selbstkritische permanente Befragung verstehen,denn Blumenstein macht sich durch diese Haltungauch sehr angreifbar.Dieses „Duchsichtigmachen“ der Kuratorenrolle erinnert michan Roger Buergel und Ruth Noack, die Kuratoren der documenta12. Statt als unangreifbare Autorität aufzutreten, betontensie die Subjektivität ihrer Entscheidungen, versuchtenEindeutigkeiten und Kategorisierungen zu vermeiden. DieseHaltung wiederum wurde als künstlerischer Privatkosmoskritisiert. Dabei wurde jedoch übersehen, dass genau dieseSubjektivierung der Betrachtung den Betrachtern ebenfallsdie Freiheit überträgt, eigene, subjektive Zugänge zur Ausstellungzu finden.Ähnlich wie Buergel/Noack, die die Ausstellung in die Stadtverlängerten und politisch in sie hineinwirkten, die die Ausstellungwährend der Dauer veränderten und den Prozess betontenund die institutionellen Strukturen und Architekturenoffenlegten, geht Blumenstein in ihrem ersten Projekt mitdem Titel „Relaunch“ vor. Mehrere wechselnde, ineinandergreifendeAusstellungen werden von zahlreichen Veranstaltungenflankiert, in denen die neuen Reihen und zukünftigenPartner wie arch+ oder diaphanes vorgestellt werden. Zudemgibt es räumliche Eingriffe, eine neue Grafik. Den Auftaktmachte die Teaser-Ausstellung, in der ein Ausblick aufKommendes geboten wurde. Es folgten: die erste institutionelleAusstellung von Kader Attia, das „Living Archive“ inKooperation mit dem Arsenal, ein Performance-Wochenendezum Thema Wetten.Blumenstein fordert den Besucher mit diesem dichten Programm– die Gefahr der Überforderung liegt nahe, ebensodie der eigenen Überarbeitung. Es wäre Blumenstein zu wünschen,dass sich bei der Reflexion der eigenen Rolle keine blindenFlecken einschleichen, und die kritische Auseinandersetzungmit dem Kunstfeld nicht vor den Arbeitsbedingungenim eigenen Haus und den dort herrschenden Konditionenhaltmacht. Anna-Lena Wenzel„Relaunch: Teasers“, KW, Auguststraße 69, 10115 Berlin,1.5.2013–26.5.2013

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