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10‒2013 - Von Hundert

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Ulrike Mohr, „Welt-Kataster“, 2010Die Berliner Künstlerin Ulrike Mohr beschäftigt sich in einerReihe von Arbeiten mit dem Werkstoff Kohle und dem praktischausgestorbenen Handwerk des Köhlerns, das sie sichselbst angeeignet hat und zur Herstellung künstlerischer Arbeitenpraktiziert. Die für den Raum für Junge Kunst in derAutostadt Wolfsburg konzipierte Arbeit „Welt-Kataster“ beziehtsich auf eine wissenschaftliche Studie, nach der durchdas Eingraben von eigens gebrannter Biokohle in die ErdeKohlendioxid gebunden werden kann. Dies wäre Klimaforschernzufolge eine ökologisch verträgliche Möglichkeit, denCO2-Ausstoß in der Atmosphäre zu reduzieren. Dafür müsstenjedoch unermessliche Mengen an Holz weltweit geköhlertwerden, und noch ist das Verbrennen von Kohle profitablerals das Vergraben. „Welt-Kataster“ besteht aus einem mit weißemPapier bedecktem Tisch, auf dem sich geometrische Objekteaus Holzkohle in unterschiedlicher Form und Größe befinden.Die Anordnung der kleinen Kuben und Quader lässtan architektonische Modelle aus der Stadtplanung denken,an eine dreidimensionale Infografik einer Weltkarte, oder anein Brettspiel, in dem es darum geht, durch Platzierung dereigenen Spielsteine Landstriche strategisch zu besetzen. Mohrverwendete für die Arbeit keine selbstgeköhlerte Kohle, sondernhandelsübliche Heizwahre, die sie durch säuberlichesZuschleifen skulptural bearbeitet hat. In den Kunstkontextüberführt, werden die Kohlestücke – selbstverständlich reinsymbolisch – dem umweltschädlichen Prozess des Verfeuernsentzogen. In ihrer minimalistischen Ästhetik – man denkeetwa an Robert Morris – stellt die Arbeit fundamentale Fragennach der kulturellen und archäologischen Bedeutung vonWäldern, der Vermessung, Verteilung und Nutzung von Land,und nach der zwiespältigen Eigenschaft von Kohlestoffverbindungen,die ja einerseits die molekulare Grundlage allenLebens auf der Erde bilden, gleichzeitig aber auch zu dessenZerstörung beitragen.Dan Peterman, „La Plage (Plastic Bones)“, 2011Seit Mitte der 1980er Jahre arbeitet Dan Peterman als Künstlerund Aktivist an der Schnittstelle von Kunst und Ökologie.Das Thema Recycling und alternative Ökonomien stehendabei im Zentrum seiner auf Nachhaltigkeit und Kollektivitätbasierenden Praxis sowie seines ästhetischen Interesses.In der 2011 für die Berliner Galerie Klosterfelde geschaffenenInstallation beschäftigte sich Peterman wie in vielen vorangegangenenkünstlerischen Arbeiten mit der Wiederverwertbarkeitvon Plastik. Der gesamte Boden der Galerie war mitknochenförmigen Modulen aus recyceltem Plastik bedeckt.Die einzelnen Elemente waren so geformt, dass sie wie Pflastersteineineinander passten, jedoch wichen sie minimalst inForm und Farbe voneinander ab, was mit der Unterschiedlichkeitdes recycelten Ausgangsmaterials und dem willkürlichenProzess des Sammelns, Granulierens, Einschmelzensund Neuformens zu tun hat. Die einzelnen Elemente des modularenMaterialsystems waren lose gelegt und konnten vonden Zuschauern beliebig zu neuen Konfigurationen arrangiertoder gestapelt werden – ein Spielfeld der endlosen Möglichkeiten,bei dem immer ein Teil ins andere passt. Der Titelerinnert an den berühmten Ausspruch der Pariser Situationisten,dass unter dem Asphalt der Strand läge („Sous les pavés,la plage“). Gleichzeitig repräsentieren die „Plastikknochen“mit ihrem Vorrat an Erdölchemikalien den unerschöpflichenKonsumszwang unserer kapitalistischen Industriegesellschaftund die Verschmutzung der Meere und Strände dieser Weltdurch die Mengen an weggeschmissenem Plastik. Der negativenKonnotation setzt Peterman jedoch frei nach RolandBarthes in „Mythologies“ (Paris 1957) das Potenzial von Plastikzur unendlichen Transformation entgegen./ 100 / 31

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